Die Agogé. Das spartanische Erziehungssystem


Seminararbeit, 2017

17 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das Erziehungssystem Spartas in historischen Quellen
2.1 Xenophon - Der spartanische Sympathisant

3. Die Etappen der Agogé
3.1 Die Auslese und das Vorschulalter
3.2 Die Gruppenerziehung und die „Grundausbildung“
3.3 Die Tugenden eines guten Hopliten
3.4 Die Härte der Ausbildung
3.5 Die Krypteia und das Ende einer harten Ausbildung
3.6 Die Päderastie innerhalb der Agogé

4. Die Erziehung der Mädchen in Sparta

5. Fazit eines außergewöhnlichen Erziehungssystems

6. Literatur und Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Die Mythen umrankte Schlacht der glorreichen „300“ bei den Thermopylen[1], zwischen dem spartanischen König Leonidas und dem persischen König Xerses, ist vielen noch aus dem Geschichtsunterricht bekannt. Sparta als anfänglich bescheidenes Dorf auf der griechischen Halbinsel Peloponnes hat es innerhalb von weniger als zwei Jahrhunderten zur florierenden und eine der stärksten Polis [2] in ganz Griechenland geschafft. Nicht nur die athletischen Erfolge Spartas waren in ganz Griechenland bekannt, sondern auch das besonders harte und brutale Erziehungssystem die Agogé und die daraus resultierende militärische Machtstellung. Viele uns bekannte historische Persönlichkeiten, wie zum Beispiel Platon, Xenophon und Aristoteles, schrieben der Agoge´, welche einen Spartaner zum Spartiaten machte, die Grundlage für den Erfolg der Polis zu und darüber hinaus, sahen sie in dem Erziehungssystem ein Modell, welches auch in anderen Städten hätte Anwendung finden können.[3] Die Agogé galt im antiken Griechenland als das Musterbeispiel einer totalen staatlichen übernommenen Erziehung und war Basis für den spartanischen Kosmos[4].

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Erziehungssystem Spartas. Die Agogé, wie das spartanische Erziehungssystem hieß, war verpflichtend für jeden Spartiaten der die Vollbürgerschaft erlangen wollte. Sie war ausschließlich den männlichen Kindern vorbehalten und nur der gesündeste und stärkste Nachwuchs durfte diese Erziehung genießen. In meiner Arbeit werde ich nicht nur auf die einzelnen Stationen der Erziehung eingehen, sondern auch auf spezifische Themen wie zum Beispiel die Päderastie innerhalb der Agogé. Die Quellenlage zum Erziehungssystem Spartas ist im Allgemeinen schwierig. Die meisten Quellen stammen aus der Zeit, in der Sparta bereits an Macht verloren hat und längst nicht mehr die Polis war, welche zur militärischen Führung Griechenlands gehörte. Bei diesen Quellen ist davon auszugehen, dass dies Beschreibungen sind, welche nicht die Agogé des antiken Spartas darstellen, sondern ein Musterbeispiel wiedergibt.[5] Es sei noch zu erwähnen, dass es keine bekannten spartanischen Autoren gibt, die etwas über dieses Thema verfasst haben. Alle bekannten Aufzeichnungen stammen von antiken Autoren nicht spartanischer Herkunft. In meinen Ausführungen werde ich verstärkt auf die Quelle von Xenophon eingehen.

2. Das Erziehungssystem Spartas in historischen Quellen

Wie schon in der Einleitung kurz erwähnt, ist die Quellenlage über das spartanische Erziehungssystem kritisch zu betrachten. Aus den bereits oben genannten Gründen ist es schwierig ein realistisches Bild der Agogé zu rekonstruieren. Dem Leser sollte bewusst sein, dass eine objektive Betrachtung der Agogé nur schwer realisierbar ist. Gerade das spartanische Erziehungssystem bietet an vielen Stellen Diskussionsbedarf. Zu den wichtigsten Quellen über das spartanische Erziehungssystem zählen die Ausführungen von Xenophon und Plutarch.[6] Ersteren werde ich in diesem Kapitel näher beschreiben.

2.1 Xenophon - Der spartanische Sympathisant

Xenophon stammte wahrscheinlich aus wohlhabendem Hause und verbrachte seine Kindheit und Jugend während der Zeit des Peloponnesischen Krieges. Sein erstes eigenes Auftreten innerhalb des Militärs fand während dem Feldzug des Kyros statt, auch wenn er hier nach eigener Aussage keine militärische Funktion innehatte. Nach dem Tod des Kyros schloss er sich mit dem Spartaner Cheirisophos zusammen und führte die griechischen Söldner zurück nach Trapezus, wo er sich in die Dienste des Thrakerkönigs Seuthes stellte.

Nachdem er in Kleinasien auf den Spartanerkönig Agesilaos getroffen war, kämpfte er 394 mit ihm auf spartanischer Seite gegen Athen und Boiotia.[7] Dies könnte ein Grund für seine Verbannung aus seiner Heimatstadt gewesen sein, doch auch die zuvor geleistete Hilfe beim Feldzug des Kyros könnte bereits zu seiner Verbannung geführt haben. Nach der Niederlage Spartas bei Leuktra im Jahre 371 ließ Xenophon sich in Korinth nieder, wo er wahrscheinlich selbst nach der Aufhebung seiner Verbannung aus Athen 365 noch bis zu seinem Tod verweilte. Seine letzte Schrift, die Póroi, liefert das letzte bekannte Datum seines Lebens, das Jahr 355, wie lange genau er danach noch gelebt hat, ist unbekannt.

In seinem politisch-didaktischem Werk Lakedaimonion politeia erklärt der Athener die Macht und den Ruhm Spartas mit Hilfe des Gesetzgeber Lykurg, hierbei geht er näher auf die verschiedenen Einrichtungen ein, sowohl auf das Erziehungssystem, dass der Athener sehr lobt, als auch auf die unterschiedlichen staatlichen Institutionen. Er legt ebenfalls besonders die militärische Organisation dar und schließt sein Werk letztendlich mit der Aussage ab, dass sich die Führer Spartas seiner Meinung nach mittlerweile nicht mehr an die lykurgische[8] Verfassung halten würden.[9]

Xenophon und Plutarch sind in ihren Ausführungen allgemein eher pro-spartanisch eingestellt, Xenophon soll laut Quellen sogar seinen eigenen Sohn nach Sparta geschickt haben, damit dieser die Agogé durchläuft.[10] Aristoteles war einer der wenigen, der eine negativ angehauchte Spartakritik verfasst hat.[11] Es gibt derzeit einige Forschungen zum Thema der Agoge und auch zur Familie in Sparta. Das bekannteste Werk stellt wohl die Monographie „Geschichte der Erziehung im klassischen Altertum“ von H. I. Marrou und die Monographie „Die Spartaner“ von C. W. Weber dar.[12]

3. Die Etappen der Agogé

Das Erziehungssystem in Sparta oblag in kompletter Form dem Staat. Die Eltern übernahmen nur eine sekundäre Rolle. Im Mittelpunkt der Erziehung stand dabei nicht so wie heute, die Schülerinnen und Schüler zu mündigen und kritischen Staatsbürgern zu erziehen oder ihnen einen breites Spektrum an Allgemeinwissen zu vermitteln, sondern vielmehr die körperliche Abhärtung, Ausdauer und die Fähigkeit Schmerzen zu ertragen. Schon von Kindern im Vorschulalter wurde absoluter Gehorsam verlangt und erwartet. Das Ziel, so kann gesagt werden, war es die männliche Jugend zu Soldaten zu erziehen.[13] Diese auf das körperliche geprägte Erziehung galt allerdings nur für Jungen.[14] Der weibliche Nachwuchs hatte ganz andere Aufgaben im spartanischen Kosmos. Sie wurden dahingehend erzogen, die administrativen Aufgaben der Familie zu bewältigen, näheres hierzu in einem späteren Kapitel.

Nach Marrou ist die Agogé in drei Abschnitte unterteil, in vier wenn das Vorschulalter mitzählt. Nach seinen Ausführungen ist der erste Abschnitt im Alter von 8. – 11. Jahren. In diesem werden die Jungen tatsächlich als „kleine Jungen“ bezeichnet. Im zweiten Abschnitt, im Alter von 12. – 15. Jahren, ist die Bezeichnung „Knaben“ gebräuchlich. Der dritte und letzte Abschnitt im Alter von 16. – 20. Jahren ist das „Jünglingsalter“.[15]

3.1 Die Auslese und das Vorschulalter

Die Agogé galt als eine unfreie Erziehung durch den Staat und fernab des Elternhauses. Jedoch trifft das, zumindest in den ersten Lebensjahren, nicht vollständig zu. Ob ein Neugeborenes den strengen Anforderungen des Staates entsprach oder nicht wurde unmittelbar nach der Geburt festgestellt. Bereits wenige Momente nach der Geburt fand der Eingriff durch den Staat statt.[16] Die Freude über die Geburt des eigenen Kindes, wie wir sie heute kennen, ging in Sparta mit gemischten Gefühlen einher.[17] Der Vater musste das Neugeborene an einem bestimmten Ort tragen, wo es dann vom Ältestenrat begutachtet wurde. Sie entschieden ob das Kind am Leben gelassen wurde oder nicht.[18] Wurde das Kind für würdig erachtet, überlies der Ältestenrat die Erziehung, zumindest für die ersten sieben Lebensjahre, den Eltern. Wenn jedoch der Rat das Kind für lebensunfähig erachtete, sei es durch Behinderung oder durch andere Äußerlichkeiten die der Rat für abnormal hielt, war das Neugeborene in die sogenannte Apothetai [19] zu werfen.[20] Dem Rat nach, war ein missgestaltetes Kind ein Fluch der Götter und eine Bestrafung, also eines Lebens nicht würdig. Diese Ideologie des reinen Staates fand sich auch in der NS –Ideologie wieder.[21] Sobald ein Kind die kritische Überprüfung durch den Rat bestanden hatte, empfing es in den ersten sieben Lebensjahren eine rein elterliche Erziehung, sofern diese Definition gebraucht werden kann. Tatsächlich wurden die Kinder die meiste Zeit von Ammen aufgezogen, welche die Kleinkinder auf ihre spätere Laufbahn, bei männlichen Kindern war es die Agogé und bei den weiblichen die häusliche Erziehung, vorzubereiten hatten. Die Ammen selber kamen meist aus den Rängen der Heloten.[22] Abhärtung gehörte vor allen bei den Jungen bereits früh zur Tagesordnung. So durften Speisen nicht abgelehnt werden und teilweise mussten die Kinder mehrere Stunden in Dunkelheit allein verbringen. Jeder Regelverstoß wurde streng bestraft und sei es nur wenn das Kind weinte. Das Implementieren von Gehorsamkeit hatte in den ersten Jahren oberste Priorität.[23] Carl Weber schließt nicht aus, dass die Strenge bei der frühen Erziehung nur zum Schein vor den Nachbarn und dem Staat aufrecht erhalten wurde. Bei verschlossenen Türen soll die Erziehung durch die Eltern nicht anders abgelaufen sein, als wie wir sie uns heute als Ideal vorstellen.[24] Eine liebevolle Erziehung durch die Eltern und ein Zusammenleben wie es für uns heute Normalität ist. Nach den ersten sieben Lebensjahren gingen die erzieherischen Laufbahnen von Jungen und Mädchen auseinander. Die weitere Erziehung erfolgte geschlechterspezifisch. Die Mädchen blieben unter der Obhut der Mütter und die Jungen wurden in ein „Internat“ gegeben, fernab des Elternhauses und in staatlicher Obhut. Hier gehen die Meinungen in der Forschung auseinander. E. B. Castle beschreibt in seiner Monografie „Die Erziehung in der Antike“, dass die Jungen noch bis zur Vollendung ihres elften Lebensjahres im elterlichen Haus verblieben und nur zu gegeben Anlässen, wie zum Beispiel sportlichen Aktivitäten und ausgewählten Trainingseinheiten, innerhalb der Kaserne verweilten.[25] Baltrusch, Weber und Marrou jedoch gehen davon aus, dass die Kinder bereits ab dem achten Lebensjahr unter strenger staatlicher Aufsicht ihre weitere Jugend in einem Internat ähnlichen Komplex verbrachten. Nach meinen Recherchen habe ich mich für die Einteilung nach Baltrusch, Weber und Marrou entschieden und werde dies auch im weiteren Verlauf der Arbeit berücksichtigen.

[...]


[1] Engstelle in Mittelgriechenland zwischen dem Meer und dem Kallidromogebierge

[2] Staatstaat

[3] Vgl. Baltrusch, E.: Sparta, S. 63.

[4] Vgl. Weber, C. W.: Die Spartaner, S.216.

[5] Vgl. Baltrusch, E.: Sparta, S. 63.

[6] Ebd.

[7] Als Boioter bezeichnet man die ursprünglichen Bewohner von Boiotia, einer Landschaft in Mittelgriechenland zwischen Attika und Phokis._ Die Boiotier waren Einwanderer aus Thessalien, welche für ihre Waffen berühmt waren

[8] Lykurg gilt nach unterschiedlichen antiken Quellen, unter anderem Plutarch (Parallele Leben), als einer der großen Gesetzgeber Spartas. Den Überlieferungen zur Folge hat Lykurg mit der Verabschiedung der „Großen Rhetra“ dazu beigetragen, die Streitigkeiten zwischen Volk und dem Königtum Spartas zu schlichten.

[9] Vgl. Schütrumpf, Sp. 638.

[10] Vgl. Kennel, N.M.: The gymnasium of virtue, S.16.

[11] Vgl. Hermann-Otto, S.19.20.

[12] Vgl. Christ, K.: Griechische Geschichte S.53.

[13] Vgl. Marrou, H.-I.: Geschichte der Erziehung, S.40.

[14] Vgl. Baltrusch, E.: Sparta, S. 65.

[15] Vgl. Marrou, H.-I.: Geschichte der Erziehung, S.39.

[16] Vgl. Clauss, M.: Sparta, S. 142.

[17] Ebd.

[18] Vgl. Weber, C. W.: Die Spartaner, S.217.

[19] Tiefes Loch am Tygetos-Gebirge

[20] Vgl. Weber, C. W.: Die Spartaner, S.217.

[21] Ebd.

[22] Staatssklaven

[23] Vgl. Weber, C. W.: Die Spartaner, S.218.

[24] Ebd.

[25] Vgl. Castle, E. B.; Die Erziehung in der Antike, S. 18 ff.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Die Agogé. Das spartanische Erziehungssystem
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Note
1,5
Autor
Jahr
2017
Seiten
17
Katalognummer
V412493
ISBN (eBook)
9783668638266
ISBN (Buch)
9783668638273
Dateigröße
560 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
agogé, erziehungssystem
Arbeit zitieren
Marcel Maximilian Arnemann (Autor:in), 2017, Die Agogé. Das spartanische Erziehungssystem, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/412493

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