Das Fachkonzept Sozialraumorientierung als eine Perspektive für die Soziale Arbeit mit älteren Menschen


Hausarbeit, 2018

19 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

1. Das Fachkonzept Sozialraumorientierung
1.1 Definition des Sozialraums
1.2 Die fünf Prinzipien der Sozialraumorientierung

2. Die LebensphaseAlter
2.1 Demografischer Wandel und Veränderungen der LebensphaseAlter
2.2 Konkurrierende Altersbilder

3. Perspektiven der Verbindung von Sozialraumorientierung und der Arbeit mit älteren Menschen
3.1 Der Sozialraum imAlter
3.2 Realisierung des Konzeptes Sozialraumorientierung

Fazit

Literaturverzeichnis

Einleitung

Im Zuge des demografischen Wandels und der daraus folgenden Realität - einer unverkennbaren Zunahme der älteren Bevölkerung - kommt es zu besonderen Schwierigkeiten und Herausforderungen, die es gesamtgesellschaftlich bestmöglich zu bewältigen gilt. Hierzu bedarf es einer aktiven Gestaltung der äußerlichen Lebens- und Sozialräume (vgl. Bleck u.a. 2015, S.1). Aufgrund des ebengenannten demografischen Wandels sind sowohl Wissenschaft als auch Politik zunehmend an den Lebensbedingungen und -lagen imAlter. Gleichzeitig rücken auch Handlungsansätze und Problemstellungen der Altenhilfe im Kontext von Sozialpolitik und Sozialer Arbeit in das Zentrum der Aufmerksamkeit (vgl. Strube u.a. 2015, S.185). Die Soziale Arbeit wird sich zukünftig immer intensiver mit der Frage beschäftigen müssen, wie und mit welcher konzeptionellen Ausgestaltung angemessen auf die veränderten Bedürfnisse der älteren Bevölkerung reagiert werden kann (vgl. Schubert u.a. 2015, S.147). Parallel dazu können auch sozialräumliche Handlungsansätze in der Wissenschaft sowie in der Praxis Sozialer Arbeit eine stetig wachsende Beachtung verzeichnen (vgl. Fehren 2009, S.286).

Im Zuge dieser Hausarbeit geht es nun darum, den Wandel und die Bedeutsamkeit der LebensphaseAlterherauszustellen und das Fachkonzept der Sozialraumorientierung als eine bereichernde Perspektive für die Soziale Arbeit mit älteren Menschen vorzustellen. Einleitend wird diesbezüglich zunächst allgemein das Konzept der Sozialraumorientierung vorgestellt. Dabei liegt ein besonderes Augenmerk auf der Definierung des Sozialraums sowie der Erklärung des Fachkonzepts an sich. Um ein möglichst allumfassendes Verständnis des Konzeptes zu ermöglichen, werden die fünf Grundprinzipien der Sozialraumorientierung gesondert ausdifferenziert und deklariert. Im Folgenden geht es dann zunächst allgemein um die LebensphaseAlterund deren Einordnung im Kontext des demografischen Wandels. Darüber hinaus werden komprimiert verschiedene Altersbilder dargestellt, um die Heterogenität und Diversität desAlterszu verdeutlichen. Angeknüpft wird mit der Verbindung der Sozialraumorientierung mit der LebensphaseAlter. Hierzu werden vorab bereits einige Vorzüge und Perspektiven einer Verankerung der Sozialraumorientierung in der Arbeit mit älteren Menschen herausgestellt. Um dies sowohl zu belegen als auch weiter zu vertiefen geht die Hausarbeit im Folgenden auf den Sozialraum älterer Menschen intensiver ein, worin sich auch die zuvor beschriebene Heterogenität desAltersverdeutlicht. Im Weiteren befasst sich die Arbeit dann konkreter mit der konzeptionellen Umsetzung und Ausgestaltung des Konzeptes der Sozialraumorientierung in Bezug auf die Anforderungen und Bedürfnisse der älteren Bevölkerung. So ist es möglich, ein abschließendes aussagekräftiges Fazit über die Relevanz und Perspektiven des Konzeptes der Sozialraumorientierung für die LebensphaseAlterzu ziehen. Diesbezüglich werden in diesem Fazit die zuvor herausgearbeiteten Inhalte und Argumente noch einmal resümiert und miteinander in Verbindung gesetzt. Daraufhin folgt eine abschließende Einschätzung sowie ein Resümee bezüglich der zuvor erörteten Bedeutsamkeit der Zusammenführung der Sozialraumorientierung mit der Sozialen Arbeit mit älteren Menschen.

1.Das Fachkonzept Sozialraumorientierung

Die Sozialraumorientierung ist ein weitreichendes Konzept, mit Bezug auf den sozialen Raum, welches eine besondere Herangehensweise an die Einzelfallarbeit innerhalb der Sozialen Arbeit fordert. So wird eine Brücke zwischen Fall- und Feldarbeit realisiert, welche es ermöglicht, das Konzept in jeglichen Arbeitsfeldern der Sozialen Arbeit einzusetzen (vgl. Groppe 2011, S.97). Hauptsächlich wird es in der Jugendhilfe sowie im Rahmen kommunaler Quartiersmanagementprozesse angewendet. Allerdings zeigt sich, aufgrund seiner aktuellen Relevanz, eine zunehmende Ausweitung auf andere Arbeitsfelder, wie unter anderem das der Altenhilfe (vgl. Fehren 2009, S.286). Die Sozialraumorientierung reflektiert kritisch verschiedene Raumvorstellungen und verlangt zudem die Berücksichtigung der Lebenswelten[1]und Interessen ihrer Adressatinnen und Adressaten (vgl. Schultze u.a. 2013, S.4). Sie orientiert sich dabei hauptsächlich am Willen dieser und weniger am konkreten Raumbezug – wie es der Begriff selbst vermuten lassen könnte. Dieser ist der Ausrichtung auf die individuellen und persönlichen Interessen der Menschen deutlich nachgeordnet (vgl. Fehren 2009, S.289). Das Ziel besteht also keineswegs darin, Menschen gezielt zu verändern oder zu beeinflussen, sondern es sollen mit Fokus auf den sozialen Raum Lebensumstände im Sinne der Bedürfnisse und Interessen des Einzelnen gestaltet werden (vgl. Hinte 2007, S.34). Diesbezüglich knüpft die Sozialraumorientierung an jenen Umständen an, um diese in Zusammenarbeit mit den Betroffenen und auf Grundlage ihrer Wahrnehmungen und Interessen zu optimieren (vgl. ebd. 2007, S.34). Mithilfe der Orientierung am sozialen Raum ermöglicht die Sozialraumorientierung eine Verbindung zwischen der Lebenswelt der Individuen und des politisch-administrativen Systems (vgl. Fehren 2009, S.291). Diese sog. Lebensweltorientierung ist gebunden an eine Umstrukturierung von Steuerungssystemen und Institutionen. Durch die Bearbeitung der Differenz vonFallundFall-Umwelt, agiert die Sozialraumorientierung ebenso fallbezogen wie auch fallunspezifisch (vgl. Budde u.a. 2006, S.28).

1.1 Definition des Sozialraums

Der Sozialraum kann in mehrfacher Hinsicht definiert werden: Auf der einen Seite wird der Sozialraum durch die Individuen selbst bestimmt, indem sie nicht auf bloße Umstände und Gegebenheiten reagieren, sondern vielmehr eine subjektive und individuelle Wahrnehmung dieser haben und ihnen unterschiedliche Bedeutungen zuschreiben (vgl. Hinte 2007, S.30). „Je nach subjektiver Definition, Ausstattung und Gruppenzugehörigkeit werden also höchstindividuell Sozialräume definiert.“ (ebd. 2007, S.32). Auf der anderen Seite fungiert der Sozialraum als Steuerungsgröße, welcher jeweils von den Institutionen definiert wird (vgl. ebd. 2007, S.32). Der Begriff des Sozialraums findet sich also auch in sozialgeografischen Bezügen, unter anderem im Kontext der Sozialplanung, der Verwaltungswissenschaft oder auch der Soziologie. Sozialräume gelten in diesem Verständnis als Planungsräume, dessen sozial-strukturelle Konditionen es zu untersuchen und gegebenenfalls zu verändern gilt (vgl. Deinet 2015, S.80). Das genannte räumliche Maß berücksichtigt allerdings nicht umfassend genug die vielen und genauso facettenreichen individuellen Definitionen von Sozialräumen. Dennoch ist dieses zweckmäßig und plausibel gewählt und dient als Brücke zwischen der notwendigen Kategorisierung der Verwaltung und den individuellen lebensweltlichen Raumdefinitionen (vgl. Hinte 2007, S.32). Folglich müssen sich die Definitionen des Sozialraums als Steuerungsgröße (also desGebiets) einerseits und des subjektiv bestimmten Sozialraums der Individuen andererseits nicht unversöhnlich gegenüberstehen (vgl. ebd. 2007, S.33).

1.2 Die fünf Prinzipien der Sozialraumorientierung

Die Sozialraumorientierung will nicht, wie bereits herausgearbeitet, mittels unzähliger Methoden und pädagogischer Absichten Menschen verändern, sondern Lebenswelten gestalten und Menschen in prekären Lebensumständen unterstützen (vgl. Hinte 2006, S.9). Hierzu orientiert sie sich hauptsächlich an den folgenden fünf Prinzipien:

Das erste Prinzip beinhaltet die Orientierung an den Interessen und am Willen der Menschen. Der Wille gilt hierbei als notwendiger Ausgangspunkt und Motivation einer Person, sein Leben oder auch sein Wohnumfeld selbstverantwortlich und mittels eigener Ressourcen und Potentiale zu gestalten. Demgegenüber zeichnen sich Wünsche durch das Fehlen eigener Aktivität und dafür durch die geforderte Tätigkeit anderer aus, weshalb die Sozialraumorientierung ausdrücklich von dem Willen spricht (vgl. Hinte 2007, S.46). Der Wille sollte primär durch eigene Aktivität und Anstrengung, gestützt durch professionelle Unterstützung sowie sozialstaatliche Leistungen, realisierbar sein. Er fungiert somit als Basis für Kooperation und die Realisierung sozialräumlicher Strategien (vgl. ebd. 2007, S.50f.).

Das zweite Prinzip umfasst die Unterstützung von Eigeninitiative und Selbsthilfe: So muss eine sozialräumliche Haltung auf die Selbstverantwortung des Einzelnen für seine Lebensumstände und deren Bewältigung orientiert sein (vgl. ebd. 2007, S.52). Menschen entwickeln ein Gefühl von Selbstwert, wenn sie aus eigener Kraft aktiv etwas leisten und nicht, wenn sie nur in eigener Passivität und in Abhängigkeit einer Fachkraft zu Fortschritten beziehungsweise positiven Veränderungen gelangen (vgl. ebd. 2007, S.54). Folglich geht es nicht darum, über das Leben von Menschen zu verfügen, sondern ihnen mittels angemessener Unterstützung eine Hilfe zur Selbsthilfe anzubieten und sie dazu zu motivieren, Eigeninitiative aufzubringen und ihre eigenen Potentiale zu nutzen (vgl. ebd. 2007, S.58).

Im dritten Prinzip geht es um die Konzentration auf die Ressourcen. Zum einen sind hier die persönlichen und sozialen Ressourcen des Individuums und zum anderen die Ressourcen des Sozialraums gemeint. Erstere kollidieren mit der Neigung der Sozialen Arbeit sich auf die Defizite von Menschen zu konzentrieren, da die Sozialraumorientierung diese Defizitorientierung meidet und sich auf die individuellen Stärken und Ressourcen der Menschen fokussiert, um ihre Potentiale bestmöglich auszunutzen (vgl. ebd. 2007, S.60). Die Ressourcen der Sozialräume sind sehr variabel und sowohl materiell als auch infrastrukturell geprägt. Sie bieten ebenfalls zahlreiche Potentiale und umfassen diverse Netzwerke (vgl. ebd. 2007, S.67).

Das vierte Prinzip erfasst die zielgruppen- und bereichsübergreifende Sichtweise: Charakterisierend für die Sozialraumorientierung ist, dass sie eine ganzheitliche und übergreifende Strategie verfolgt, welche auch individuelle Kontexte erfasst (vgl. ebd. 2007, S.72). Der Einzelne wird somit nicht einfach als Ebenbild einer Gruppe beziehungsweise seiner Kohorte betrachtet, sondern als eigenständiges und autarkes Individuum mit individuellen Motiven und Interessen (vgl. ebd. 2007, S.72f.). Hinte fasst dies treffend zusammen: „Unter Verzicht auf vorgängige Etikettierungen wird also die Aufmerksamkeit auf den gesamten Stadtteil und die gesamte Wohnbevölkerung gerichtet“ (ebd. 2007, S.73). Diese umfassende und kontextbezogene Sicht äußert sich auch in dem Bestreben, Bereiche abseits der Sozialen Arbeit miteinzubeziehen – wie etwa die Stadtplanung oder diverse Bereiche der Politik (vgl. ebd. 2007, S.73).

Das fünfte und letzte Prinzip derKooperation und Koordinationverweist auf ein weitläufiges und bereichsübergreifendes Konzept. Es handelt sich um ein Zusammenspiel administrativer Verfahren zur Optimierung der Infrastruktur und gezielter Mobilisierung von Motivationen und Potentialen betroffener Personen. Die Sozialraumorientierung ist demzufolge auf die Bereitschaft der Kooperation verschiedener Institutionen und Akteure, insbesondere auf die der Bewohnerinnen und Bewohner, angewiesen (vgl. ebd. 2007, S.75).

2. Die Lebensphase Alter

Es lässt sich nicht eindeutig festlegen bzw. abgrenzen, wann die LebensphaseAltererreicht wird. Einfluss hierauf haben unter anderem allgemeine gesellschaftliche Gepflogenheiten (vgl. Kruse 2017, S.19f.). Zudem variieren die physischen und kognitiven Fähigkeiten imAltervon Individuum zu Individuum. Außerdem sollte man, wenn man von der LebensphaseAlterspricht, auch das subjektive Alterserleben der Individuen miteinbeziehen und keine festgesetzten Altersgrenzen ziehen (vgl. ebd. 2017, S.20), denn „aus dem chronologischen Alter eines Menschen kann nicht auf dessen subjektives Alter geschlossen werden“ (ebd. 2017, S.58). Vergleichsweise ist dasAlteraber generell besonders anfällig für Krankheit und Pflegebedürftigkeit (vgl. ebd. 2017, S.19). Auch diverse Verluste bezüglich der eigenen Person (hinsichtlich kognitiver und physischer Fähigkeiten) als auch im sozialen Kontext (zum Beispiel das Versterben nahestehender Personen) sind fester Bestandteil desAlters. Dennoch bietet dieser Lebensabschnitt auch zahlreiche Perspektiven und Gewinne, welche teilweise auch durch eben genannte Verluste angestoßen werden, indem sie neue Sichtweisen auf das Leben eröffnen können (vgl. ebd. 2017, S.19). Einen weiteren Risikofaktor imAlterstellt die soziale Isolation und die oftmals darauffolgende Vereinsamung dar. Gefährlich ist hierbei, dass Einsamkeit und Isolation – besonders aufgrund der erhöhten Verletzlichkeit imAlter– Depressionen begünstigen können (vgl. ebd. 2017, S.233).

[...]


[1]¹ Die Lebenswelt eines Menschen ist maßgeblich gekennzeichnet durch seinen Alltag und systematisiert durch die erlebte Zeit, den erlebten Raum sowie die erlebten sozialen Relationen. DenDingenwird aufgrund individueller Erfahrungen und Interessen eine unterschiedliche Relevanz zugeschrieben (vgl. Thiersch u.a. 2011, S.168).

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Das Fachkonzept Sozialraumorientierung als eine Perspektive für die Soziale Arbeit mit älteren Menschen
Hochschule
Universität Duisburg-Essen  (Soziale Arbeit)
Veranstaltung
Konzepte sozialraumorientierter Arbeit
Note
1,0
Autor
Jahr
2018
Seiten
19
Katalognummer
V412009
ISBN (eBook)
9783668634268
ISBN (Buch)
9783668634275
Dateigröße
539 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sozialarbeit, Soziale Arbeit, Sozialraum, Sozialraumorientierung, Konzepte, Fachkonzept, Alter, Ältere, demografischer Wandel, Lebensraum, Lebenswelt
Arbeit zitieren
Kim Liss (Autor:in), 2018, Das Fachkonzept Sozialraumorientierung als eine Perspektive für die Soziale Arbeit mit älteren Menschen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/412009

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