Jesus von Nazareth. Eine ungeschriebene Oper Richard Wagners?

Vortrag mit Musikbeispielen aus "Lohengrin" und "Parsifal"


Ausarbeitung, 2008

28 Seiten


Leseprobe


EIN VON RICHARD WAGNER

AUFGEGRIFFENER GEDANKE JESU ÜBER

DEN ZUSAMMENHANG VON UNGLAUBEN UND KRIEG, VORGESEHEN ZUR VERWENDUNG IM 2. AKT ODER 4. AKT DES DRAMAS UND/ODER DER OPER „JESUS VON NAZARETH“ VON

RICHARD WAGNER -

EINE PARABELHAFTE AUSSAGE, DIE IN

UNSERE KRIEGSBEDROHTE GEGENWART MEHR ALS DEUTLICH PASST:

„Je weiter also mein Wort gelehrt sein wird, und die Welt lebt doch nicht nach ihm, desto größer wird die Sünde und das Leiden der Welt werden: Völker werden wider Völker streiten, und die Mächtigen der Erde werden die Menschen um ihrer Selbstsucht willen zur Schlachtbank führen“.

Richard Wagner (1813-1883) -

Chronologie der Werke

(geordnet nach Fertigstellung ihrer Partituren)

1833 Die Feen

1835 Das Liebesverbot

1840 Rienzi

1841 Der Fliegende Holländer

1844 Tannhäuser

1846-48 Lohengrin

1848 Jesus von Nazareth - ein dichterischer Entwurf

1854 Das Rheingold

1856 Die Walküre

1859 Tristan und Isolde

1867 Die Meistersinger von Nürnberg

1869 Siegfried

1874 Götterdämmerung

1882 Parsifal

CD-Zuspielung

Lohengrin -

3. Akt, Szene: Lohengrin,

König Heinrich der Vogler, Chor:

die Gralserzählung:

„Im fernen Land, unnahbar euren

Schritten“

CD 3, Nr. 10, 6‘20

Text

In fernem Land, unnahbar euren Schritten,

liegt eine Burg, die Monsalvat genannt;

ein lichter Tempel stehet dort inmitten,

so kostbar als auf Erden nichts bekannt;

drin ein Gefäß von wundertät’gem Segen

wird dort als höchstes Heiligtum bewacht.

Es ward, dass sein der Menschen reinste pflegen,

herab von einer Engelschar gebracht.

Alljährlich naht vom Himmel eine Taube,

um neu zu stärken seine Wunderkraft:

Es heißt der Gral, und selig reinster Glaube

erteilt durch ihn sich seiner Ritterschaft.

Wer nun dem Gral zu dienen ist erkoren,

den rüstet er mit überirdischer Macht;

an dem ist jedes Bösen Trug verloren,

wenn ihn er sieht, weicht dem des Todes Nacht;

selbst wer von ihm in ferne Land entsendet,

zum Streiter für der Tugend Recht ernannt,

dem wird nicht seine heil’ge Kraft entwendet,

bleibt als sein Ritter dort er unerkannt.

So hehrer Art doch ist des Grales Segen,

enthüllt muss er des Laien Auge fliehn;

des Ritters drum sollt Zweifel ihr nicht hegen,

erkennt ihr ihn – dann muss er von euch ziehn.

Nun hört, wie ich verbot’ner Frage lohne:

Vom Gral ward ich zu euch daher gesandt:

Mein Vater Parzival trägt seine Krone,

Sein Ritter ich – bin Lohengrin genannt.

Kernteil

eine ungeschriebene Oper Richard Wagners?

Ein dichterischer Entwurf aus dem Jahre 1848

Meine Damen und Herren,

ich möchte Ihnen mit „Jesus von Nazareth“ „einen dichterischen Entwurf“ aus dem Jahre 1848 vorstellen. In dieser Schrift geht es um Jesus Christus als Sozialrevolutionär. Wagners Grundgedanke dabei ist: Das „Gesetz des Eigentums“ schafft erst die „Sünde wider das Eigentum“; also gibt es keine Sünde, wo dieses Gesetz nicht exi-stiert! Wagner säkularisiert Jesus und löst ihn so aus der jüdischen Tradition, indem Wagner Jesus sich nicht mehr als den „Sohn Davids“ verstehen, sondern sich als „Sohn Gottes“ erkennen lässt. Während Judas und Barrabas einen jüdischen Aufstand gegen die römische Besatzungsmacht erwägen, wählt Jesus das Selbstopfer. Interessant ist die Haltung Wagners in Bezug auf spätere Vorschläge, aus dem dichterischen Entwurf ein Libretto zu erarbeiten und es zu komponieren: Wagner lehnte dieses Ansinnen auf das heftigste ab:

„ Jesus, von einem Tenor gesungen, ist geschmacklos“ -

eine Haltung, die uns inkonsequent zu sein scheint, hat er doch z.B. - um in diesem Stoff zu bleiben - mit „Lohengrin“ und „Parsifal“ hervorragende Tenor-Partien komponiert!

Kommen wir zurück zur Datierung; hier gibt es einige Unsicherheiten: mitunter wird dieser Entwurf in das Jahr 1849 datiert; aber die Zitatvorlage des dichterischen Entwurfs „Jesus von Nazareth“ geht auf das Jahr 1848 zurück. Für Januar 1849 ist indessen die Vollendung der Niederschrift des Dramenentwurfs „Jesus von Nazareth“ belegt. Später, im weiteren Verlauf dieses Jahres, hätte Wagner hierfür kaum Zeit gehabt, weil er am Dresdener Aufstand ab 3. Mai 1849 teilgenommen hat, nachdem am 8. April Wagners - von Michail Alexandrowitsch Bakunin beeinflusster - Aufsatz „Die Revolution“ in August Roeckels „Volksblättern“ erschienen war. Bakunin wünschte Wagner zur weiteren Ausführung seines „Jesus von Nazareth“ Glück, gleichzeitig bittet er aber Wagner inständig, Jesus als „ ‚schwach‘ erscheinen zu lassen. In betreff der Musik riet er mir [die Änderung ] nur eines Textes an: der Tenor solle singen: ‚Köpfet ihn!‘, der Sopran ‚Hänget ihn!‘ und der Basso continuo: ‚Feuer, Feuer!‘“(„Mein Leben“). Danach, seit 16. Mai 1849 steckbrieflich gesucht, flieht er über Zürich nach Paris, um sich dort künstlerisch zu etablieren. Das gelingt ihm nicht, und Wagner zieht sich wieder nach nach Zürich zurück. Ende desselben Jahres beendet er die Reformschrift

„Das Kunstwerk der Zukunft“.

Nein, bleiben wir beim Jahr 1848 als Entstehungsjahr. Übrigens erscheint „Jesus von Nazareth“ im Druck posthum 1887 beim Leipziger Verlag Breitkopf & Härtel - d.h. erst 4 Jahre nach Wagners Tod.

Das kleine Werk - genau 100 Seiten umfassend - gliedert sich in drei Teile:

I. Dichterischer Entwurf (22 Seiten)

II. Ausführungen (46 Seiten)

III. Zitate (32 Seiten).

– Im Teil I. entwirft Wagner die Handlungsabfolge für ein fünfaktiges Drama: der Weg Jesu Christi von Tiberias in Galiläa bis zum Kreuzestod in Jerusalem am Freitag vor dem Sabbat: dem späteren Karfreitag;

- ich komme später hierauf zurück.

– Im Teil II. skizziert Wagner die philosophischen Grundlagen seiner Jesus-Interpretation:

- über Liebe und Gesetz,

- über Macht und Sünde,

- über Eigentum und Tod.

Den Textpartien, die von einzelnen Sentenzen bis zu konzentrierten, traktat-ähnlichen Passagen reichen, hat Wagner eine Markierung vorangestellt, in welchem der 5 Akte er sie zu verarbeiten gedachte.

Einige Beispiele (Auswahl)

Über die Glaubens-Zuversicht oder die Zuversicht des Glaubens:

IV. „Ihr müsst glauben - durch den Glauben gelangt ihr zum Wissen“ (...) Ich diene euch allen und gehe für euch in den Opfertod; wenn ihr w i s s e n werdet, gleich mir, werdet ihr auch t u n gleich mir.“

Über das Dienen Gottes in der Einsamkeit des Anachoreten oder in der Nähe der Menschen:

I. Johannes (den Täufer) trieb es hinaus aus den Städten in die Wüste; mich aber treibt der Geist aus der Wüste in die Städte (zu den Menschen).“

Über den Kern des Abendmahl-Mysteriums (=gewisse Form des Kannibalismus)

II./IV. „Ihr versteht mich nicht, denn noch bin ich außerhalb eurer; drum geb ich euch mein Fleisch und Blut, dass ihr es esst und trinkt, damit ich euch innewohnen möge“

Über die christliche Vorstellung der Dreifaltigkeit, aber auch - übertragen auf „Parsifal“ - die Generationenfolge:

Titurel - Amfortas /

Amfortas - Parsifal /

Parsifal -Lohengrin.

II. Gott ist der Vater, und der Sohn und der heilige Geist: denn der Vater zeugt den Sohn durch alle Zeiten, und der Sohn zeugt wieder den Vater des Sohnes in alle Ewigkeit: dies ist das Leben und die Liebe, dies ist der heilige Geist.“

[...]

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Details

Titel
Jesus von Nazareth. Eine ungeschriebene Oper Richard Wagners?
Untertitel
Vortrag mit Musikbeispielen aus "Lohengrin" und "Parsifal"
Veranstaltung
Vortrag
Autor
Jahr
2008
Seiten
28
Katalognummer
V412002
ISBN (eBook)
9783668638877
Dateigröße
534 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Ein dichterischer "Entwurf ohne Noten" aus dem Jahre 1848, ein Szenarium über "Jesus als Sozialrevolutionär"
Schlagworte
Jesus von Nazareth, Lohengrin, Parsifal, Gral
Arbeit zitieren
Kraft-Eike Wrede (Autor:in), 2008, Jesus von Nazareth. Eine ungeschriebene Oper Richard Wagners?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/412002

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