Die Utopia des Thomas Morus im Vergleich zum frühneuzeitlichen England


Seminararbeit, 2005

13 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Die Utopia als staatskritisches Werk
1.1 Einleitung
1.2 Der utopische Staat

2. Utopia und die soziale Realität Englands
2.1 Familie
2.2 Medizinische Versorgung
2.3 Landwirtschaft und die Probleme der Bauern
2.4 Verbrechensbekämpfung und Armengesetzgebung

3. Abschluss

4. Quellen- und Literaturverzeichnis
4.1 Quellenverzeichnis
4.2 Literaturverzeichnis

1. Die Utopia als staatskritisches Werk

1.1 Einleitung

Im Jahre 1516 veröffentlicht der englische Humanist Thomas Morus (1478-1535) ein Werk, das eine neue literarische Ära einleiten sollte. Mit der „Utopia“, oder wie sie im Original heißt „De optimo rei publicae statu deque nova insula Utopia“[1], schuf Thomas Morus eine Schrift, deren Typus viele weitere Arbeiten nachfolgender Schriftsteller prägte. Die Schwierigkeit der Utopia besteht in der eindeutigen Interpretation, warum Morus dieses Buch geschrieben hat. Einig sind sich viele Wissenschaftler zumindest in dem Punkt, dass die „Utopia“ aktuelle gesellschaftliche Probleme zu Anfang des 16. Jahrhunderts in England anprangert.[2] Dieser Eindruck wird durch einen spiegelbildlichen Gegensatz der vorherrschenden sozialen Zustände in der Utopia geschaffen. Außerdem werden im ersten Buch der Utopia, die Probleme der sozialen Lage im frühneuzeitlichen England in einem fiktiven Gespräch zwischen Thomas Morus, Kardinal Morton und Hythlodeus noch genauer erwähnt und diskutiert.[3] Somit stellt die Utopia keine reine Phantasiewelt dar, sondern schlägt Modelle und Grundsätze vor, die beispielsweise die Behandlung von Armen und Kranken, die Betonung von Bildung und Erziehung und eine intelligente Kriegspolitik betreffen. Als soziales Grundprinzip gilt die Abschaffung des Privateigentums, um eine gerechte Aufgabenteilung und Gleichheit unter den Bürgern Utopias zu gewährleisten. Auch die humanistisch gebildeten Rezipienten des 16. Jahrhundert verstanden die Utopia nicht als ein literarisches Werk, sondern empfanden die aufgezeigten Gegensätze als gesellschaftskritisch.[4]

In meiner vorliegenden Arbeit vergleiche ich den von Morus aufgezeigten fiktiven Staat mit den zeitgenössischen politisch-sozialen Verhältnissen. Ich zeige in dem ersten Teil einen Einblick in die allgemeine Struktur des utopischen Staates auf, um dann im zweiten Teil die realen Missstände gegenüberzustellen. Dabei konzentriere ich mich auf die sozialen Aspekte der Utopia und inwieweit diese als ein wichtiges Element zur Bewältigung der damaligen Probleme hilfreich gewesen wären.

1.2 Der utopische Staat

Das Werk „Utopia“ ist in 2 Bücher aufgeteilt.

In dem ersten Buch findet ein ausführliches Gespräch über die sozialen Probleme des frühneuzeitlichen Englands statt. Die Wissenschaftler sind sich heute auch einig, dass die in dem Gespräch vertretene Meinung auch der von Morus entspricht. Da er das erste Buch nachträglich verfasst hat, wollte er seine Absicht der Utopia in diesem Buch verdeutlichen.[5] Im zweiten Buch schildert der Weltreisende Hythlodeus seine Eindrücke dieses fiktiven Staates. Zu Anfang beschreibt Hythlodeus die Insel wie folgt:

„Die Insel der Utopier dehnt sich in der Mitte, wo sie am breitesten ist, zweihundert Meilen weit aus, ist eine weitere Strecke lang nicht viel schmäler und spitzt sich dann gegen die beiden Enden hin allmählich zu.“[6]

Gegründet wurde die Insel von einem Herrscher namens Utopus, der die Insel vom Festland Europas trennen ließ. Die Insel ist durch „tückische Klippen“[7] sicher vor einem fremden Eindringen geschützt und nur die Utopier selber kennen den ungefährlichen Weg dorthin. Insgesamt besteht der Staat aus 54 Städten, die alle dezentralistisch umschlossen sind. Die Hauptstadt ist Amaurotum, in der Hythlodeus auch gelebt haben will. Jede Stadt ist in seinem Aussehen und der herrschenden Gesetzgebung identisch. Das Gleichheitsprinzip gilt auch für die Rechte und Pflichten der dort lebenden Bürger, somit wird niemand benachteiligt, sofern er tugend- und gewissenhaft seine Zeit in der Gemeinschaft verbringt. Eine herrschende Obrigkeit in Form eines Fürsten wird jedes Jahr von den so genannten Syphogranten gewählt. Die Syphogranten sind Vorsteher aus jeweils 30 Familienverbänden, die den Fürsten auf Lebenszeit wählen, „es sei denn er entpuppt sich als tyrannischer Herrscher“[8]. Unter diesen Umständen kann der Fürst von den Syphogranten abgesetzt werden.

Ein Großteil der Männer und Frauen soll sich „das Gewerbe des Ackerbaus“[9] aneignen, da dieses am leichtesten zu erlernen ist, jedoch soll jeder noch ein weiteres Gewerbe beherrschen. Zudem gilt eine allgemeine Bildungsfreiheit unabhängig vom Geschlecht. Da es kein Privateigentum gibt, sind Wertgegenstände wie Schmuck, Edelsteine und eine Währung im Allgemeinen überflüssig. Handel mit anderen Staaten wird nur betrieben, um Geld als Sicherheit für schlechte Ernteerträge zu erwirtschaften. Krieg wird nicht aus kapitalistischen Gründen geführt, sondern nur wenn z.B. befreundete Staaten oder eigene Staatsbürger im Ausland angegriffen werden.[10] Bei Kapitaldelikten unterlassen die Utopier den Warenverkehr mit dem jeweiligen Handelspartner. Die beiden obersten Verbrechensdelikte sind Ehebruch und Diebstahl. Beides wird mit Sklaverei bestraft, wobei den Sklaven in Utopia eine relativ humane Behandlung zukommt.[11] Beim wiederholten Vergehen gegen diese ungeschriebenen Gesetze[12], wird allerdings auch die Todesstrafe eingesetzt.

Krankenhäuser sind aus hygienischen Gründen außerhalb der Städte angelegt, damit „ nichts Unreines und Schmutziges, (...)“[13] in die Stadt gebracht wird. Hier ist vor allem die bemerkenswerte medizinische Behandlung der kranken Bürger zu erwähnen, welche mit einem hohen Aufwand und viel Einfühlsamkeit gesund gepflegt werden. Hierauf komme ich in Punkt 2.2 ausführlicher zu sprechen.

[...]


[1] Thomas Nipperdey: Reformation, Revolution, Utopie, Göttingen 1975, Seite 113

[2] Richard Saage: Politische Utopien der Neuzeit, Darmstadt 1991, Seite 18

[3] Morus: Utopia, Seite 7-41

[4] Jenny Kreyssig: Die Utopia des Thomas Morus, Frankfurt am Main 1988, Seite 1

[5] Thomas Nipperdey: Reformation, Revolution, Utopie, Göttingen 1975, Seite 114

[6] Morus: Utopia, Seite 42

[7] Morus: Utopia, Seite 42

[8] Morus: Utopia, Seite 48

[9] Morus: Utopia, Seite 49

[10] Morus: Utopia, Seite 88-90

[11] Morus: Utopia, Seite 81

[12] Anm. In der Utopia gibt es keine Gesetzgebung. Der „moralische Druck“, den die Utopier

untereinander ausüben, ersetzt jede Form von Polizei oder Gericht. Als Voraussetzung geht

Morus von „tugend- und gewissenhaften“ Bürgern aus.

[13] Morus: Utopia, Seite 72

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Die Utopia des Thomas Morus im Vergleich zum frühneuzeitlichen England
Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover  (Historisches Seminar)
Veranstaltung
Das Mittelalter als Vorläufer des Wohlfahrtsstaates
Autor
Jahr
2005
Seiten
13
Katalognummer
V40788
ISBN (eBook)
9783638392174
Dateigröße
636 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Utopia, Thomas, Morus, Vergleich, England, Mittelalter, Vorläufer, Wohlfahrtsstaates
Arbeit zitieren
Demir Cesar (Autor:in), 2005, Die Utopia des Thomas Morus im Vergleich zum frühneuzeitlichen England, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40788

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