Lebensformen und Sexualität - Vielfalt versus Konstrukte von Normalität und Abweichung


Hausarbeit, 2005

21 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Sexualität und Lebensformen

3. Heterosexualität

4. Homosexualität
4.1. Was ist Homosexualität?
4.2. Wie entsteht Homosexualität?

5. Andere sexuelle Präferenzen
5.1. Sadismus und Masochismus
5.2. Exhibitionismus
5.3. Fetischismus und Objektophilie

6. Lesbisch schwule Aufklärung

7. Fazit

Literatur

1. Einleitung

Bereits seit Beginn der Menschheit ist der gleichgeschlechtliche Trieb sowohl in der Tierwelt als auch in den zwischenmenschlichen Beziehungen existent.

Dessen Natürlichkeit bzw. die Anerkennung der Homosexualität neben der Heterosexualität als gleichberechtigte Lebensform ist seit Jahrhunderten bis in die heutige Zeit ein sehr umstrittenes Thema. In vielen Wissenschaften – wie zum Beispiel Medizin, Soziologie oder zum Teil auch noch in Erziehungswissenschaften – gilt die Homosexualität als eine Form des abweichenden Verhaltens. Diese Sichtweise dient dem Zweck die genannte These perspektivisch zu analysieren. Primär ist hierbei zu klären, was unter abweichendem Verhalten zu verstehen ist und inwiefern die Homosexualität dieser Verhaltensform zugeordnet ist.

Besonders in den letzten Jahren ist das Thema Homosexualität immer mehr an die Oberfläche gerückt, wie zum Beispiel durch Medien, Gesellschaft und Aufklärungskampagnen und wird offen thematisiert. Es scheint, als sei Homosexualität kein Tabuthema mehr. Folgende Gegebenheiten sollen dies bestätigen: Der §175 StGB, durch den homosexuelle Handlungen an Männern unter achtzehn bestraft wurden, wurde abgeschafft, homosexuelle Paare dürfen heiraten und sogar Kinder adoptieren, in Zeitungen sind die Partnerrubriken „Er sucht Ihn“ und „Sie sucht Sie“ nicht mehr wegzudenken und in den Kinos sind homosexuelle Themen wie zum Beispiel „der bewegte Mann“ und „Philadelphia“ immer öfter Thema. Im Fernsehen sind die Homosexuellen in den Serien wie „Marienhof“, „Gute Zeiten Schlechte Zeiten“ und natürlich „Lindenstraße“ kaum noch wegzudenken.

Doch ist es wirklich so, dass die Gesellschaft die homosexuelle Lebensweise toleriert? Wurden die alten Sichtweisen, dass Homosexualität eine Abweichung ist, wirklich ad acta gelegt? Kann die Pädagogik dazu beitragen, die alten Sichtweisen zu überwinden und Homosexuelle als „normale Menschen“ in unsere Gesellschaft und unsere Herzen verankern? Doch zuvor muss man sich die Frage stellen, ob die Wissenschaften sich je einig darüber sein werden, was Homosexualität überhaupt ist und welchen Ursprung sie haben könnte. Außerdem kann dann gleich noch geforscht werden, wie andere sexuelle Präferenzen entstehen und wo die Grenze zu Perversionen liegt. Denn andere sexuelle Präferenzen sind heutzutage auch keine Seltenheit mehr.

2. Sexualität und Lebensformen

Es ist sicher keinem in unserer heutigen Gesellschaft entgangen, dass sich unsere Lebensformen, Beziehungen und Lebensläufe verändert haben. Diese sind vielseitiger geworden und nicht mehr nur in der traditionellen Familienform – also Vater, Mutter, Kind – vorzufinden. In der traditionellen Form besteht eine Beziehung aus Männlein und Weiblein, die heiraten und Kinder erzeugen und bekommen. Man kann fast behaupten, dass diese Art der sexuellen Orientierung von Geburt an so verankert ist. Doch heutzutage gibt es immer mehr gleichgeschlechtliche Paare oder bisexuelle Menschen. Diese Tatsache belegt, dass „die sexuelle Orientierung im Lebenslauf nicht immer als festgelegt betrachtet werden kann“ (Hartmann in: Timmermanns, 2004, S. 60).

Es haben sich zwar die Ansichten von einer traditionellen Bindungsform gelockert, doch denken die modernen Menschen sie „unterliegen dem Zwang, sich im Symbolsystem Zweigeschlechtlichkeit zu orientieren und identifikatorisch zu verorten“ (Stein-Hilbers, 2000, S. 120) und nur so können sie zur Frau oder zum Mann werden. Deshalb werden andere Lebensformen trotz gelockerter Sichtweisen dennoch nicht als selbstverständlich angesehen.

Nicht jeder Mensch erkennt seine sexuelle Identität als etwas Gegebenes, denn es gibt Andere, deren sexuelle Identität wechselt und sie nicht mehr die gleiche sexuelle Lebensform pflegen wie noch vor einiger Zeit. Es gibt eben solche, die als Frau geboren werden und sich nur mit Männern einlassen und solche, „deren sexuelles Begehren sich wandelbarer zeigt als das anderer“ (Hartmann in: Timmermanns, 2004, S. 60). Somit scheint „die Annahme einer von Natur aus gegebenen Geschlechtlichkeit und sexuellen Orientierung unhaltbar“ (ebd.). Vielmehr stehen die Wissenschaften nun vor der Frage wie Geschlecht und Sexualität konstruiert werden.

Zu dieser Frage muss man zwei Ansätze mit einbeziehen. Zum einen den konstruktivistischen und zum anderen den dekonstruktivistischen. Der konstruktivistische Ansatz besagt, dass unser Geschlecht nicht von Natur aus festgelegt ist und unveränderlich, sondern dass wir „[..] alltäglich damit beschäftigt [sind], es über Körperinszenierungen, Interaktionen und Praktiken herzustellen“ (Hartmann in: Timmermanns, 2004, S. 60). Der dekonstruktivistische Ansatz lässt keine anderen Lebensformen als die Mann-Frau Beziehungen zu. Gleichgeschlechtliche Beziehungen werden kritisch betrachtet.

Eines ist sicher: egal in welcher Zeit wir uns befinden, jede Gesellschaft stößt auf Tabus, Verbote, Grenzen und sogar Ausgrenzungen, um Macht aufzubauen oder gar zu erzwingen. Und gerade beim Thema der Sexualität spielt Macht eine große Rolle, „weil „Sexualität“ jeden Menschen lebenslang betrifft und weil dementsprechend Sanktionen in diesem Bereich jeden Menschen lebenslang zu bedrohen vermögen“ (Dethloff, 1995, S. 13). Diese Machtstrukturen sind durch die Last der Tradition verankert. Denn die Tradition der Beziehung zwischen Mann und Frau und somit deren „Ehe und Familie gelten als „Keimzelle“ des Staates“ (Stein-Hilbers, 2000, S. 14), da sich unser Staat nur so reproduzieren kann.

Doch selbst die Eltern wissen oft gar nicht wie diese Traditionen entstanden sind oder warum sie deren „oft lustfeindliche und diskriminierende[n] Inhalte“ (Dethloff, 1995,
S. 13) weitergeben sollen oder welchen Sinn sie überhaupt haben. Somit verankern sich sexuelle Normen und Riten, obwohl wir gar nichts über Entstehung oder Erwerb wissen.

Wie bereits erwähnt ist die sexuelle Identität bei manchen Individuen wandelbar. Somit entdecken sie im Verlauf ihrer Entwicklung und Sozialisation ihre sexuelle Ausrichtung, Objekte und Praktiken, die sie sexuell erregen oder ihnen Lust vermitteln. Dass Menschen eine sexuelle Identität entwickeln ist selbstverständlich. Diese Tatsache ist wohl dann von Natur aus mitgegeben worden, doch sie „muß individuell und kollektiv entwickelt werden“ (Stein-Hilbers, 2000, S. 9). Die Entwicklung der Sexualität geschieht in einem lebenslangen Prozess, der schon in der Kindheit beginnt und mit dem Tod endet. Kinder erwerben „sexuelles Wissen“ zunächst im Kreise der Familie. Später dann kommen Erfahrungen durch sexuelle Kontakte im Teenager- und Erwachsenenalter hinzu. Diese so genannte sexuelle Sozialisation wird zusätzlich noch durch „Klasse, Ethnizität, Alter, regionale und biographische Erfahrungen“ (ebd.) beeinflusst.

Sexualität hat in unserer heutigen Gesellschaft eine hohe Bedeutung. Durch sie wird das gesamte Dasein bestimmt, das sich in Form von Beziehungen, Paarbildungen und Familien ausdrückt, denn „Sexualität wird heute als Grundlage einer Liebesbeziehung zwischen Erwachsenen begriffen“ (Stein-Hilbers, 2000, S. 14). In Bezug auf die Paarbildung gilt die heterosexuelle Beziehung als legitime und die homosexuelle als abweichende Lebensform. Doch auf Heterosexualität und Homosexualität als Lebensformen werde ich in den nächsten zwei Kapiteln noch genauer eingehen.

Der Begriff Sexualität wurde erst um 1800 in die Fachliteratur aufgenommen und zu einem späteren Zeitpunkt in die Alltagssprache mit aufgenommen. Doch bis heute ist nicht ganz klar, „wie der Begriff inhaltlich zu füllen ist, welche Verhaltens- und Erlebnisweisen, Gefühle, Phantasien, und Ausdrucksformen darunter zu subsumieren sind“ (Stein-Hilbers, 2000, S. 15).

3. Heterosexualität

Wenn man nach dem Begriff der Heterosexualität fragt, bekommt man wahrscheinlich zur Antwort, dass es einfach eine normale Beziehung oder ein Interesse zwischen einem Mann an oder zu einer Frau darstellt. Es herrscht quasi ein Interesse sexueller und emotionaler Art am anderen Geschlecht. In unserer heutigen Gesellschaft gilt Heterosexualität als die Norm und ist selbstverständlich. Was als natürlich und normal zählt wird von der Gesellschaft bestimmt. Heterosexualität wird „in unserer Gesellschaft sogar noch belohnt“ (Sielert, 1993, S. 166). Wenn Heterosexualität als Norm gilt, so ist Homosexualität abnormal und wird höchstens toleriert und somit „[bestätigt] der Begriff Toleranz [..] die Norm „heterosexuell““ (Hartmann in: Timmermanns, 2004, S. 81).

Bei Heterosexualität wird wohl kaum einer fragen, woher sie kommt. Denn, wie bereits erwähnt, stellt man Heterosexualität nicht in Frage. Man denkt sie ist angeboren und in unserer Gesellschaft die etablierte Form der Sexualität und somit die Norm. Doch es lassen sich Gründe aufführen, die zur Entstehung der Heterosexualität geführt haben können.

Hierbei kann man zum Beispiel ein Kindheitstrauma nennen. Angenommen es wurde in der Kindheit etwas Schlimmes mit dem eigenen Geschlecht erlebt, so kann es passieren, dass das eigene Geschlecht später zurückgewiesen wird und sogar Angst vor diesem entsteht. Durch diese Angst „sinkt das Verlangen danach ins Unterbewußte und kommt als heterosexuelle Neurose wieder zum Vorschein“ (Sielert, 1993, S. 166).

Ein weiteres Beispiel wie Heterosexualität entstanden sein könnte ist die pathologische Bedingtheit. Die meisten Heterosexuellen sind davon überzeugt, dass sie so geboren wurden. Aber das ist nicht ganz korrekt so zu denken, „denn wie wir alle, sind auch Heterosexuelle das Produkt der Beziehung zwischen ihrer eigenen Substanz und der Umgebung“ (ebd.).

Man könnte auch die kulturelle Enteignung als Ursache für heterosexuelle Ausrichtung betrachten. Viele heterosexuelle Menschen wurden so erzogen, dass es verpönt und einfach nicht erlaubt war seinen eigenen Körper zu entdecken oder gar Gefallen an ihm zu finden. Dadurch wurden viele verwirrt und psychisch gestört und wiesen somit ihren eigenen Körper und ihr eigenes Geschlecht zurück.

Als weitere Ursache käme auch die Angst vor dem Aussterben in Frage. Nur aus einer Paarung mit dem anderen Geschlecht können Nachfolger erzeugt werden. Der Wunsch seine Generation fortzusetzen kann zur Hingabe zum anderen Geschlecht führen.

Doch man sollte die Gründe nicht nur in der Psyche suchen, sondern auch auf die physischen Faktoren eingehen. So geht eine These davon aus, dass Heterosexualität hormonell bedingt sein kann. Denn „statt einem normalen Verhältnis der zwei Haupthormone haben Heterosexuelle einen Überschuß des einen und einen Mangel des anderen Hormons“ (Sielert, 1993, S. 167), wodurch sie keine befriedigende Beziehung zur eigenen geschlechtlichen Identität aufbauen können.

Wie schon festgestellt wurde ist Heterosexualität heutzutage Normalität. Dadurch sind wir mehr oder weniger gezwungen uns eindeutig einem Geschlecht zuzuordnen und dieses Geschlecht zu verkörpern. Dabei ist eben die Art der sexuellen Geschlechterwahl oder auch die Wahl der sexuellen Praktiken sehr wichtig. So „[gilt] Heterosexualität [..] als eindeutiger Nachweis der eigenen Geschlechtszugehörigkeit, der eigenen Männlichkeit bzw. Weiblichkeit“ (Stein-Hilbers, 2000, S. 120).

[...]

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Lebensformen und Sexualität - Vielfalt versus Konstrukte von Normalität und Abweichung
Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Veranstaltung
Sexualpädagogik
Note
2,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
21
Katalognummer
V40770
ISBN (eBook)
9783638392051
Dateigröße
568 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Lebensformen, Sexualität, Vielfalt, Konstrukte, Normalität, Abweichung, Sexualpädagogik
Arbeit zitieren
Nadja Rueth (Autor:in), 2005, Lebensformen und Sexualität - Vielfalt versus Konstrukte von Normalität und Abweichung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40770

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