Das synoptische Problem und seine Lösung


Hausarbeit, 2004

15 Seiten, Note: Sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Was ist das synoptische Problem?

2 Die verschiedenen historischen Theorien zur Lösung des synoptischen Problems
2.1 Die Urevangeliumshypothese (um 1750)
2.2 Die Fragmententheorie (um 1800)
2.3 Die Traditionshypothese (um 1800)
2.4 Die Benutzungshypothese als Wegbereiter der Zweiquellentheorie

3 Die klassische Zweiquellentheorie als aktuelle Lösung des synoptischen Problems
3.1 Markus als Quelle für Matthäus und Lukas
3.1.1 Die Perikopenreihenfolge
3.1.2 Die Sprache
3.1.3 Sachliche Verbesserungen
3.1.4 Die Wortstatistik
3.1.5 Das Markussondergut
3.2 Eine zweite gemeinsame Quelle für Matthäus und Lukas: die Logienquelle „Q“

4 Die Logienquelle „Q“
4.1 Zeit und Ort der Entstehung von „Q“
4.2 Sprache und Art der Überlieferung
4.2.1 Griechisches oder aramäisches Original?
4.2.2 Mündliche oder schriftliche Überlieferung?

5 Die Zweiquellentheorie: Begründungen und Probleme
5.1 Dubletten
5.2 Doppelüberlieferungen
5.3 Minor agreements
5.4 Sondergut
5.4.1 Markussondergut
5.4.2 Sondergut von Matthäus und Lukas
5.5 Die Lukanische Lücke

6 Die schematische Darstellung der Zweiquellentheorie

7 Ergebnis

8 Literaturverzeichnis

1 Was ist das synoptische Problem?

Die synoptische Frage behandelt das literarische Verhältnis der drei synoptischen Evangelien von Matthäus, Markus und Lukas zueinander. Es fällt nämlich auf, dass manche Erzählungen bzw. größere Erzähleinheiten in allen drei Evangelien fast wortgleich niedergeschrieben sind, andere Perikopen wiederum werden nur von einem oder von zwei Evangelisten überliefert. Deshalb wird davon ausgegangen, dass ihre Entstehungsgeschichte auf irgendeine Weise zusammenhängt.

Zum einen sind Inhalt und Anordnung des Stoffes bei allen drei Synoptikern ähnlich. Zu Beginn wird immer die Verhaftung Johannes des Täufers angeführt, darauf folgt die Geschichte Jesu von der Taufe bis zur Leidensgeschichte. Dabei stellt das Petrusbekenntnis eine Zäsur dar. Der gesamte Stoff wird in episodenhaften Einzelgeschichten vermittelt.

Zum anderen stimmen Matthäus, Markus und Lukas in vielen Einzelheiten überein. So sind Texte teilweise annähernd identisch. Wortwahl und Satzbau weisen große Übereinstimmungen auf. Daraus folgert man, dass es sich nicht um zwei oder drei unabhängige Augenzeugenberichte handeln kann. Denn dass diese nicht rein zufällig gleichlautend sind, erscheint durchaus plausibel, vor allem, weil dies nicht nur stellenweise, sondern in vielen längeren Texten der Fall ist.

Dennoch stehen dieser Gleichheit ausgeprägte Unterschiede im sprachlichen Ausdruck wie auch Widersprüche gegenüber: Am deutlichsten zu erkennen beim Stammbaum Jesu oder dem Wohnort von Jesu Eltern.

Es stellt sich also die Frage, worin dieses eigenartige Nebeneinander von zugleich enger Verwandtschaft und doch starker Verschiedenheit begründet liegt. Dieser Frage nach der „concordia discors“ soll in dieser Hausarbeit nachgegangen werden und mögliche Lösungsansätze aufgezeigt werden.

2 Die verschiedenen historischen Theorien zur Lösung des synoptischen Problems

Zur Klärung des Verhältnisses der Synoptiker zueinander gab es in der Geschichte mehrere Lösungsversuche und Hypothesen.

Die Forschung um die Synopse begann in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Viele der damals entwickelten und später weiterentwickelten Theorien und Hypothesen wurden schnell wieder abgelehnt. Die wichtigsten dieser historischen, heute allerdings überholten Theorien, sind Urevangeliumshypothese, Fragmententheorie, Traditionshypothese und Benutzungshypothese.

Im folgenden Teil sollen diese vier alten Theorien dargestellt und auf ihre Brauchbarkeit hin untersucht und bewertet werden.

2.1 Die Urevangeliumshypothese (um 1750)

Vornehmlich zwei Wissenschaftler beschäftigten sich mit dieser Ansicht. Es waren GottholdEphraimLessing (1729-1784) und JohannesGottfriedEichhorn (1752-1827).

Die Grundlage dieser Hypothese bildet ein Aramäisch verfasstes Evangelium (Urevangelium) welches heute jedoch nicht mehr erhalten ist. Dieses Aramäisch verfasste Evangelium stellte das ganze Leben Jesu dar. Die vier Evangelien in der Bibel stellen demnach unabhängige Übersetzungen dieses Urtextes dar.

Gotthold Ephraim Lessing vertrat die Meinung, Matthäus, Markus, und Lukas hätten eine auf hebräisch vorliegende Urschrift so gut sie es konnten übersetzt. Dadurch erklärt er sprachliche Übereinstimmungen den Wortschatz betreffend. Die Unterschiede begründet er mit teilweise unvollständigen Exemplaren dieser Urschrift. Lessing nahm an, dass Markus nur eine lückenhafte Vorlage zur Verfügung stand.

Johannes Gottfried Eichhorn nahm ebenfalls ein aramäisches Urevangelium an. Neben verschiedenen Fassungen dessen sollen die Synoptiker außerdem andere Quellen neben diesem Urevangelium benutzt haben. Damit erklärt er die Unterschiede in den drei Evangelien.

Durchsetzen konnte sich diese Urevangeliumshypothese nicht, da die Schwierigkeiten, die sich bei Beschäftigung mit den drei Evangelien ergeben, mit einer Schrift erklärt werden, die es heute nicht mehr gibt und deren Existenz bisher nicht nachzuweisen ist. Es gibt sehr starke Abweichungen (z.B. bei der Versuchung Jesu) und bei Markus fehlen einige Geschichten gänzlich. Die Theorie ist somit nicht zu bestätigen und deshalb unhaltbar.

2.2 Die Fragmententheorie (um 1800)

Die Fragmententheorie oder auch Diegesenhypothese wurde von F.D.E.Schleiermacher (1768-1834) entwickelt.

Am Anfang stehen viele Einzelgeschichten die so genannten Fragmente. Sie wurden von den Verfassern der Evangelien in unterschiedlicher Auswahl und Reihenfolge gesammelt und aufgeschrieben.

Die Evangelien als Sammlung von einzelnen Perikopen anzusehen ist heute wenig umstritten. Es stellt sich dennoch die Frage, worin die übereinstimmende Reihenfolge der Einzelgeschichten begründet liegt.

Auf diese Frage gibt die Diegesenhypothese keine Antwort. Deshalb gibt auch diese Fragmententheorie keine eindeutige Antwort auf unsere Frage nach dem synoptischen Problem. Dennoch ist diese Hypothese in den heutigen Forschungen anerkannt.

2.3 Die Traditionshypothese (um 1800)

Während Lessing, Eichhorn und Schleiermacher von einer schriftlichen Basis ausgehen, bildet bei der Traditionshypothese von Johann Gottfried Herder ein nicht schriftliches sondern ein mündlich überliefertes Traditionsgut die Ausgangssituation.

Bei den Aposteln hat sich also früh ein mündliches Evangelium herausgebildet. So wird die Übereinstimmung der Perikopenreihenfolge erklärt.

Erst als auch Kirchenprovinzen ein Evangelium haben wollten kam es, so Herder, zur Verschriftlichung. Die Evangelisten nahmen nun, jeder für sich, Ergänzungen vor, um das Werk der entsprechenden Zielgruppe anzupassen. So werden die großen Unterschiede erklärt.

Johann Karl Ludwig Gieseler erweitert diese These indem er ein mündlich tradiertes aramäisches Urevangelium der Jünger Jesu annimmt. Dieses Urevangelium wurde dann aus Missionsgründen schriftlich ins Griechische übersetzt und dabei den Bedürfnissen der einzelnen Gemeinden angepasst.

Die Traditionshypothese kann durchaus den großen inhaltlichen Konsens der Evangelien erklären. Für die großen wörtlichen Übereinstimmungen bietet sie jedoch keine plausible Erlärung.

2.4 Die Benutzungshypothese als Wegbereiter der Zweiquellentheorie

Schon der Kirchenvater Augustinus nahm an, dass die drei Synoptiker voneinander literarisch abhängen.

Augustinus stellte Matthäus vor Markus und Lukas, was bis heute in ähnlicher Form vertreten wird.

Johann Jakob Griesbach war für die Reihenfolge Matthäus – Lukas – Markus. Dabei waren seiner Ansicht nach Matthäus und Lukas die Vorlage für Markus. Denn:

„Das Markusevangelium ist fast vollständig im Matthäus- und / oder Lukasevangelium enthalten, es folgt entweder der Ordnung des Matthäus oder des Lukas. […] Die erheblichen Auslassungen und Kürzungen erklären sich aus der Absicht des Markus, von vornherein ein Exzerpt aus den beiden anderen Evangelien zu schaffen.“ [1]

Karl Lachmann (1793-1851) brachte mit der Annahme der Markuspriorität im Rahmen der Benutzungshypothese einen großen Fortschritt. Hierbei ist Markus Grundlage vor Matthäus und Lukas. Matthäus und Lukas stimmen innerhalb des mit Markus gemeinsamen Stoffes vor allem in der Reihenfolge nur soweit überein, als sie mit Markus übereinstimmen. Weichen sie von Markus ab, sind sie verschieden. Lachmann nimmt außerdem an, dass Matthäus in das Markusevangelium Jesusworte eingefügt hat.

„Der Weg für die Zweiquellentheorie wurde 1838 gebahnt, als unabhängig voneinander die Arbeiten von Christian Gottlob Wilke (1788-1854) und Christian Herrmann Weisse (1801-1866) erschienen. Wilke begründete umfassend die Markuspriorität, denn Matthäus und Lukas gehen in dem mit Markus gemeinsamen Stoff überein, in dem darüber hinausgehenden Stoff erweisen sie sich hingegen als individuelle Schriftsteller. Allerdings wies Wilke das nur Matthäus und Lukas gemeinsame Gut nicht einer zweiten Vorlage neben Markus zu. Matthäus habe es aus dem Lukasevangelium übernommen, wobei ungeklärt bleibt, woher Lukas dieses Material hat.

Als eigentlicher Begründer der Zweiquellentheorie kann Christian Herrmann Weisse gelten, der nicht nur wie Wilke die Markuspriorität nachwies, sondern zeigte, dass Matthäus und Lukas über Markus hinaus unabhängig voneinander eine verloren gegangene Spruchsammlung nutzten. Hinzu kommt das jeweilige Sondergut bei Matthäus und Lukas.

Die Zweiquellentheorie endgültig durchzusetzen, gelang erst Heinrich Julius Holtzmann und Paul Wernle.“ [2]

[...]


[1] Schnelle, U., Einleitung, 199f.

[2] Schnelle, U., Einleitung, 199f.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Das synoptische Problem und seine Lösung
Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Veranstaltung
Methoden der NT-Exegese
Note
Sehr gut
Autor
Jahr
2004
Seiten
15
Katalognummer
V40706
ISBN (eBook)
9783638391603
Dateigröße
536 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit stellt das synoptische Problem zunächst umfassend dar und bietet im Ergebnis eine mögliche Lösung an.
Schlagworte
Problem, Lösung, Methoden, NT-Exegese
Arbeit zitieren
Christian Meding (Autor:in), 2004, Das synoptische Problem und seine Lösung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40706

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