Gamshut versus Gore-Tex-Trendsport Wandern?


Zwischenprüfungsarbeit, 2004

30 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriffsklärung
2.1 Spazierengehen
2.2 Wandern
2.3. Trekking
2.4 Bergwandern
2.5 Bergsteigen

3. Entwicklung des Wanderns

4. Warum ist Wandern so attraktiv?
4.1 Naturerlebnis
4.2 Unbeschwertes Leben
4.3. Gesundheit
4.4 Sport
4.5 Entspannung
4.6. Begegnung
4.7 Einbeziehung aller Sinne
4.8 Wellness
4.9 Trendig ?

5. Was ist Trendsport?

6. Merkmale von Trendsportarten
6.1 Stilisierung
6.2 Beschleunigung
6.3 Virtualisierung
6.4 Extremisierung
6.5 Eventorienierung
6.6 Sampling

7. Anwendung der Trendsportdefinition auf Wandern
7.1 Stilisierung
7.2 Beschleunigung
7.3 Virtualisierung
7.4 Extremisierung
7.5 Eventorientierung
7.6 Sampling

8. Das neue Wanderpublikum
8.1 Individualisten
8.3 Genießer
8.3 Gebildete Besserverdiener

9. Vorlieben des neuen Wanderers:

10. Die Marktsituation

11. Fazit: Ist Wandern Trendsport?

12. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Wandern gehört seit eh und je zu den beliebtesten Urlaubsaktivitäten der Deutschen und erlebt in Zeiten von Handys, Laptops, Multi-Media-Events, Börsenzahlen und Konsumhypes- wahrscheinlich nicht zufällig- eine Renaissance. Die Zahlen der Wanderanhänger steigen und das Bild von rentnernden Wandergruppen mit Gamshut, Kniebundhosen und einem fröhlichen „Im Frühtau zu Berge“ auf den Lippen verblasst langsam. Stattdessen treten vermehrt Pärchen, die rucksackbepackt und mit Jack Wolfskin- Gore-Tex- Jacke durch ferne Wildnissen streifen, in Erscheinung.

Rund 20 Mio. deutsche Bürger geben an, mehr oder weniger regelmäßig zu wandern und in den letzten Jahren können Wanderreiseveranstalter hohe Zuwächse verzeichnen[1]. Im Bereich des Outdoorsports erreicht nur noch das Radfahren diese Größenordnung, während das angeblich so trendige Inline-Skating ebenso wie das Mountainbiking nur eine vergleichsweise kleine Rolle spielen. Im Urlaub üben 70% aller Deutschland- und Österreich-Gäste den sanften Fußsport aus, mehr als alle Biker, Skater und Kletterer zusammen (vgl. BRÄMER 2002a).

Auch Zeitschriften und Lifestyle- Magazine beschäftigen sich neuerdings intensiv mit dem Thema, das Wirtschaftsmagazin „Impuls“ zum Beispiel redet vom „Megatrend Wandern“.

Die vorliegende Arbeit soll untersuchen, ob Wandern wirklich „voll im Trend“ liegt (DEUTSCHER WANDERVERBAND (Hrsg.), 6) und ob es, sollte dem so sein, deshalb auch gleichzeitig als „Trendsportart“ (BRÄMER 2001c) bezeichnet werden kann. In einer Untersuchung des neuen Wanderpulikums und der derzeitigen Marktsituation und des Marktvolumens soll versucht werden, die Wanderer in ihren Eigenschaften und Vorlieben näher zu bestimmen. Ziel ist es hierbei die Stilisierung der Wanderer zu untersuchen.

Anhand des in der Sportwissenschaft vorherrschenden qualitativen Ansatzes zur Trendsportdefinition von Prof. Dr. Jürgen Schwier und der von ihm beschriebenen Merkmale wird versucht das Wandern in den Trendsportkontext einzuordnen. Mit Hilfe der anschließenden Beschreibung des modernen Wanderers und des Wandermarktes soll die Situation des Wanderns genauer untersucht werden, um einen profunderen Einblick in die Sportart zu erlangen, bevor der Versuch unternommen wird, eine Antwort auf die Frage zu finden, ob man Wandern als Trendsport bezeichnen kann.

2. Begriffsklärung

Wandern ist laut BROCKHAUS (1999, 545) die

„Bezeichnung für vielfältige Formen der aktiven Erholung zu Fuß, per Fahrrad, mit Boot, Skiern oder auf dem Pferd; es dient der Gesundheit, ist ein Naturerlebnis und wird aus sozialen und kulturellen Gründen betrieben.“

Aus touristischer Sicht lassen sich Wanderformen unter Zuhilfenahme von Fortbewegungsmitteln inzwischen in eigene Tourismusformen einteilen (z.B. Fahrradtourismus, Wasserwandern, Reittourismus, usw.). Dementsprechend soll hier das Wandern als aktive, landschaftsorientierte Erholungsform zu Fuß verstanden werden (vgl. LEDER, 2003, 321), dass nicht das bloße Überwinden einer Wegstrecke von einem Punkt zu einem anderen darstellt, sondern gekennzeichnet ist durch seinen Erholungs- und Freizeitwert. Begriffe wie Walking, Trekking, Bergwandern oder Spazierengehen fallen somit auch unter den Wanderbegriff im allgemeinen Sinne. Um eine differenziertere Untersuchung vornehmen zu können, sollen im Folgenden jedoch die verschiedenen Formen des Wanderns definiert werden, auch wenn die Übergänge oft fließend sind und selbst die Ausübenden sich häufig selbst nicht richtig zuordnen könnten.

2.1 Spazierengehen

Spaziergänger gehen in einem moderaten Tempo und legen zwischen 2-5 Km pro Stunde zurück. Das Gelände ist innerörtlich oder ortsnah, so dass die Wege harte und bequeme Beläge haben und mit vielen Wegweisern und Ruhebänken versehen sind. Spaziergänge sind weder zeitlich noch örtlich gebunden, so dass sie spontan als Ausgleich zum langen Sitzen, zum „frische Luft schnappen“, zum „Beine vertreten“ oder zum Hund ausführen genutzt werden und weder Vorbereitungen noch eine besondere Ausrüstung erfordern (vgl. NEUMEYER & DICKS 2004, 282).

2.2 Wandern

Wandern bedingt als mehrstündige Tour ein zügigeres Tempo und eine gewisse körperliche Anstrengung. In der Regel sind einfache Vorbereitungen zu treffen, z.B. die Auswahl des Wanderziels und eine mehr oder weniger lange Anfahrt. Die Landschaft, die von Wanderern aufgesucht wird, ist oft bergig mit ursprünglichem, naturnahem und abwechslungsreichem Charakter in mittlerer Höhenlage. Die Wege sind häufig schmal und ungehärtet, es finden sich in der Regel einige Markierungen, Bänke und Ruheplätze (vgl. NEUMEYER & DICKS, 282).

2.3. Trekking

Der Begriff wurde zunächst durch den Bergtourismus im Himalaja (speziell Nepal) geprägt und beschreibt mehrere Tage oder Wochen dauernde Touren im Hochgebirge, die zu Fuß bewältigt werden und mit einer relativ hohen körperlichen Beanspruchung verbunden sind. Die Trekker passen sich den einfachen Lebensbedingungen in der Natur an und tragen ihr Gepäck (Zelt, Verpflegung, usw.) selber. Ursprünglich verbarg sich hinter dem Begriff der Wunsch, fremde Kulturen und Völker in der sie umgebenden Landschaft kennen zu lernen und Abenteuer zu erleben (vgl. HAUCK 1997, 10). Dank großer technischer Fortschritte (leichtere Kocher, Zelte usw.)ist das Trekking inzwischen für breitere Bevölkerungsschichten möglich geworden. Heute wird der Begriff „Trekking“ umgangssprachlich für viele Wanderaktivitäten verwendet, um vom verstaubten Wanderimage Abstand zu nehmen.

2.4 Bergwandern

Unter Bergwandern wird eine Art des Trekkings in den deutschsprachigen Alpen auf Bergwegen unterhalb der Gletscherregion verstanden (vgl. BREMER 2001). Der deutsche Begriff wird für mehrtägige Touren verwendet, bei denen die für das Trekking typischen Ausrüstungsgegenstände, wie Zelt und Kocher häufig entfallen, da meist in Hütten übernachtet wird. In den letzten Jahren wird nicht mehr ausschließlich vom Fuße des Berges zum Gipfel gewandert, sondern vermehrt von Hütte zu Hütte, das heißt, dass Strecken- und Weitwanderungen an Attraktivität für die Wanderbegeisterten gewinnen.

2.5 Bergsteigen

Bergsteigen beschreibt eine Sportart, die im höheren Gelände (z.B. in Gletschergebieten) ausgeübt wird und das Überwinden großer Höhen abseits begehbarer Wege beinhaltet. Traditionell umfasst es eine Kombination aus Bergwandern und leichtem bis mittelschwerem Klettern, die der Erholung dienen kann oder bis hin zu Leistungssport betrieben wird.

Weitere verwandte Begriffe sind Hiking (englische Form für Wandern) und Walking (schnelles Gehen, wobei die Arme beim gesamten Bewegungsablauf rhythmisch mitschwingen) (vgl. BREMER 2001).

3. Entwicklung des Wanderns

Früher wanderten die Menschen eher zweckorientiert, d.h. mit einem bestimmten Ziel. Bevor sich der Tourismus etwa Mitte des 19. Jahrhunderts zu entwickeln anfing, wurden Reisen, egal ob aus Pilger-, Handels-, Kriegs-, oder anderen Gründen, überwiegend zu Fuß unternommen (vgl. FREYER 1998, 5f.). Zwar unternahm der italienische Schriftsteller und Humanist Franscesco Petrarca bereits 1336 eine zweckfreie Wanderung auf den Mount Ventoux, jedoch dauerte es noch bis ins 19. Jahrhundert, bis die Menschen unter dem Einfluss der Romantik ein ausgeprägtes Natur- und Landschaftsempfinden entwickelten (vgl. NEUMEYER & DICKS 2004, 284). In dem Versuch, die erholungssuchenden Einwohner der expandierenden Industriegebiete auf die Mittelgebirge aufmerksam zu machen, gründeten Ende des 19. Jahrhunderts Gastwirte Heimat- und Wandervereine, die sich zunächst vorrangig touristischen Belangen widmeten. Auch die ersten dauerhaft markierten Wanderwegenetze entstanden durch die neu gegründeten Vereine. Einen ideologischen Überbau lieferte die 1901 gegründete Wandervogelbewegung: Ihnen ging es vor allen Dingen um offenere, natürlichere Lebensformen, die Entdeckung von Heimat und Natur sowie die Stärkung von Körper und Seele durch ausdauernde Fußreisen (vgl. BRÄMER 2001b, 65).

Dem bis weit in das 20. Jahrhundert hineinreichenden ersten wandertouristischen Boom schloss sich die Phase des Massentourismus an. Der Bedarf an Fußreisen wuchs jedoch nur mäßig, dank eines dickeren Geldbeutels lockten fremde Ziele. Der Drang in die Ferne verdrängte das Wandern aus dem touristischen Blickfeld (vgl. BRÄMER 2001b, 65), besonders nachdem sich der Markt durch billige Pauschalangebote in alle Welt ausbreitete. Trotzdem wanderten viele Deutsche weiterhin regelmäßig in ihrer Freizeit und im Urlaub. Die einen zog es erst gar nicht in die weite Ferne, den anderen wurde es als „Ölsardine am Strand“ schnell langweilig. Vielleicht lag es auch am gesteigerten Umweltbewusstsein in den achtziger und neunziger Jahren oder an den zunehmenden Überstunden, dass das Wandern nie ausstarb.

Da die Ausübung des Wanderns meist als bewusste Entscheidung geschieht, obwohl diverse adrenalinfördernde Alternativen zur Verfügung stehen, ist der heutige Wandergast ein anderer als noch zu Zeiten, wo sich ihm noch nicht viele andere Möglichkeiten boten. Heute unternehmen etwa zwei Drittel aller Urlauber in Deutschenland gelegentlich Wanderungen, die Hälfte von ihnen sogar häufig. Der Trend des Wanderns scheint sich nicht nur auf Deutschland zu beschränken: eine LEADER-Studie geht von 50 % wandernden Briten und 30 % wandernden Schweden aus und macht einen „ausgeprägten Anstieg dieser Freizeitbeschäftigung in allen Ländern“ (EUROPÄISCHE BEOBACHTUNGSSTELLE LEADER 2001, 9) aus. Darüber hinaus kommen zu den Vereinswanderern immer mehr Individualwanderer, die auf eigene Faust unterwegs sind.

Interessant ist, dass, im Vergleich zu den meisten momentan populären Sportarten, die Zahl der Wanderanhänger ganz ohne gezielte Konsum- und Medienkampagnen wieder zu wachsen begonnen hat.

Nach Angaben der regelmäßig durchgeführten Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse (AWA) steigt die Quote der Wanderliebhaber unter den Deutschen seit Mitte der neunziger Jahre trotz des bereits hohen Niveaus kontinuierlich an (NEUERBURG 2001, 32).

Tabelle 1 : Ausgeübte Sportarten der Bundesbürger

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Allensbacher Werbeträger Analyse (AWA) 2001. In: NEUERBURG 2001, 32

Tabelle 2: Trendsportarten im Vergleich

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: BRÄMER 2001, 67[2]

Nach Angaben der AWA ist mittlerweile die 34-Millionen-Marke erreicht, was mehr als 50% der erwachsenen und jugendlichen Bevölkerung bedeuten würde (vgl. NEUERBURG 2001, 33).[3] Zudem ist die Kontinuität des Wanderns gestiegen; mehr als die Hälfte der in der Profilstudie 2002 befragten Wandergäste gaben an, im Vergleich zu früher mehr zu wandern, während nur 10% seltener unterwegs waren (vgl. BRÄMER 2001b, 67)[4]. Bei der im September 2003 in Düsseldorf erstmals ausgerichteten Wander- und Trekkingmesse wurden die Erwartungen der Organisatoren mit fast 24.000 Besuchern weit übertroffen (vgl. NEUMEYER & DICKS 2004, 285).

4. Warum ist Wandern so attraktiv?

Im folgenden Abschnitt soll dem Leser verdeutlicht werden, was die Sportart Wandern so attraktiv und interessant macht, um eventuelle Potentiale zu erkennen und das Verständnis zu erhöhen, was so viele Menschen am Wandern reizt.

4.1 Naturerlebnis

Die Natur nimmt in der Freizeit einen immer höheren Stellenwert an, während sie von der Industriegesellschaft immer weiter zurückgedrängt wird. 80 % aller Bundesbürger halten die Devise „zurück zur Natur“ für „in“ (BRÄMER 1993) und ein ebenso hoher Prozentsatz der Jugendlichen denkt, ohne die Natur nicht leben zu können. Als fundamentaler Lebenswert rangiert die Natur zusammen mit Liebe, Freundschaft und Freiheit an vorderster Stelle, und der Wunsch nach dem Naturerlebnis ist in den letzten Jahren zu einem wichtigen Urlaubsmotiv geworden (vgl. BRÄMER 2001c). Für den Wanderer ist die Berührung mit der Natur mit Abstand der wichtigste Grund sich auf den Weg zu machen. Im Rahmen einer Profilstudie klassifizierten sich 1999 75% der befragten Aktivwanderer als „Naturgenießer“ (vgl. DEUTSCHER TOURSIMUS VERBAND 2002, 8-9)[5].

[...]


[1] Der DAV Summit Club zum Beispiel konnte im vergangenen Jahr ein Plus von 7% in den Alpenregionen verzeichnen.

[2] Auch wenn die Zahlen etwas voneinander abweichen, wird trotzdem deutlich, dass Wandern im Vergleich zu anderen Sportarten sehr hohe Anhängerzahlen aufweisen kann.

[3] Zwar wandern nach anderen Angaben nur 7- 15 Millionen (vgl. BRÄMER 2001, 64), Schwankungen, die wahrscheinlich auf die Befragungsform und die fließenden Übergänge zurückzuführen sind Vorstellbar wäre, dass sich bei der AWA- Umfrage z.B. auch Spaziergänger als Wanderer bezeichnen oder jeder der schon mal gewandert ist, sich als Wanderer bezeichnet.

[4] Diese Entwicklung bestätigt die Tendenz, das Wandern mehr als Sportart anzusehen und nicht als Ausflugsaktivität.

[5] Die Wissenschaft beschäftigt sich seit kurzem mit der Frage, in welchem Maße die Natur für die psychische Gesundheit (mit-)verantwortlich ist. So wird unter anderem die Frage untersucht, ob die auffällige Bindungslosigkeit Jugendlicher mit der Naturferne ihrer Lebenswelten zusammenhängt (vgl. BRÄMER 2003).

Ein sehr wichtiger Aspekt in der Erziehung von Kindern und Jugendlichen ist, dass erst durch den Kontakt mit der Natur ein Bewusstsein für diese entsteht. Diese unabdingbare Vorraussetzung für das Engagement zum Umweltschutz entsteht erst durch das intensive Erleben und den direkten Kontakt Das Wandern eignet sich also besonders gut zur Umwelterziehung, indem es Natur konkret erlebbar macht und damit maßgeblich zur Schaffung von Umweltbewusstsein beiträgt.

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
Gamshut versus Gore-Tex-Trendsport Wandern?
Hochschule
Georg-August-Universität Göttingen
Note
2
Autor
Jahr
2004
Seiten
30
Katalognummer
V40593
ISBN (eBook)
9783638390804
ISBN (Buch)
9783640615223
Dateigröße
644 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gamshut, Gore-Tex-Trendsport, Wandern
Arbeit zitieren
Neele Onnen (Autor:in), 2004, Gamshut versus Gore-Tex-Trendsport Wandern?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40593

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