Kant über das Schöne in seiner "Kritik der Urteilskraft"


Essay, 2015

15 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Kritiken bei Kant

2. Zielsetzung der dritten Kritik

3. Die Einleitung

4. Der Zusammenhang

5. Das erste Moment: Qualität

6. §1: Der Subjektbezug

7. Das interesselose Wohlgefallen

8. Zum §2

9. Zum §3

10. Zum §4

11. Zum §5

12. Das zweite Moment: Quantität

13. §6: Die These vom intersubjektiven Geltungsanspruch

14. §7: Vergleich des Geschmacksurteils mit Urteilen über das Angenehme und das Gute

15. §8: Der intersubjektive Geltungsanspruch hat einen rein subjektiven Charakter

16. §9: Auf welcher Grundlage beruht das Geschmacksurteil

17. Literaturnachweis

1. Kritiken bei Kant

In der Vorreder der Kritik der Urteilskraft erinnert an seine Kritik der reinen Vernunft und die Kritik der praktischen Vernunft. Er erläutert, das es sich bei der Kritik der reinen Vernunft um theoretische Vernunft handelt, d.h. innerhalb welcher Grenzen wir apriorische Erkenntnis

oder Wissen haben können und welche Rolle dabei die Vernunft spielt. Die Kritik der praktischen Vernunft hält dabei bereits ein positives Ergebnis bereit. Für Kant kann die Vernunft allein praktisch, d.h. handlungsbestimmend werden. Wer aus Pflicht handelt, der gehorcht dem kategorischen Imperativ unabhängig davon, welche Neigungen er gerade hat - ob er Durst empfindet, Lust auf ein Eis hat etc. Kant führt daraufhin die Urteilskraft ein, indem er sie eine Vermittlerin zwischen Verstand und Vernunft nennt. Ebenso wie diese ist sie eine Erkenntnistheorie.

2. Zielsetzung der dritten Kritik

Zielsetzung der dritten Kritik soll die Klärung sein, ob die Urteilskraft ein apriorisches Prinzip mit sich führt und ob sie Lust und Unlust ein Gesetz vorschreibt. Die Fragestellung wird besser verständlich, wenn die beiden erwähnten Erkenntnisvermögen Verstand und Vernunft näher betrachtet werden. Vernunft ist a priori gesetzgebend, als sie uns unabhängig von aller Erfahrung den kategorischen Imperativ vorschreibt - wer sich nicht an diesen hält, der ist nach Kant nicht vollkommen vernünftig. Verstand ist gesetzgebend, da er die Verstandesbegriffe und -kategorien enthält, welche Bedingungen der Möglichkeit der Erfahrung sind. Sie ermöglichen synthetische Erkenntnis a priori, also ein Wissen, das sich auf die Welt bezieht und doch unabhängig von aller Erfahrung ist, d.h. Verstand ist a priori gesetzgebend für das Erkenntnisvermögen insgesamt. Kant deutet an, das die Urteilskraft Lust und Unlust a priori ein Gesetz vorschreiben könnte. Daraus ergäbe sich folgendes Bild:

3. Die Einleitung

In der Einleitung kommt Kant zu der Erkenntnis, dass es einen Übergang vom Verstand zur Vernunft geben muss. Kant führt hier die Urteilskraft ein und bezeichnet sie gleich in der Überschrift als „Verbindungsmittel der zwei Teile der Philosophie zu einem Ganzen“[1]. Kant führt die Urteilskraft mithilfe zweier Gedanken ein. Der erste Gedanke ist, das die Urteilskraft neben Vernunft und Verstand ein weiteres oberes Erkenntnisvermögen darstellt, im Gegenteil z.B. zur Sinnlichkeit, welche als ein unteres oder niederes Erkenntnisvermögen definiert ist. Der zweite Gedanke ist der, das der Mensch über drei sogenannte Seelenvermögen verfüge: das Erkenntnisvermögen, das Begehrungsvermögen und das Gefühl von Lust und Unlust. Für das erstgenannte Erkenntnisvermögen sei der Verstand gesetzgebend, für das Begehrungsvermögen die Vernunft. Die Annahme Kants ist, das für das Gefühl von Lust und Unlust die Urteilskraft gesetzgebend sei.

4. Der Zusammenhang

Der Begriff der Urteilskraft nach Kant wird in der Einleitung definiert. Dort nimmt er eine Unterscheidung der bestimmten und der reflektierenden Urteilskraft vor und bestimmt, das lediglich die bestimmte Urteilskraft mit einem eigenen apriorischen Prinzip verbunden ist, dem Prinzip der Zweckmäßigkeit. Dieses Prinzip besagt grob, das die Natur so betrachtet werden solle, als ob sie von einem Verstand mit dem Ziele hervorgebracht worden sei, dass der Mensch die Natur als einheitlich erkennen kann. Wenn die Erwartung, die Natur sei einheitlich, in der Tat eingelöst wird, dann empfinden wir nach Kant Lust bzw. ein Wohlgefallen. Kant unterteilt die Kritik der Urteilskraft in eine Kritik der ästhetischen Urteilskraft und eine Kritik der teleologischen Urteilskraft. „[Die ästhetische Urteilskraft ist] das Vermögen, die formale Zweckmäßigkeit (sonst auch subjektive genannt) durch das Gefühl der Lust oder Unlust [...] zu beurteilen [...]“[2], während die teleologische Urteilskraft als „das Vermögen, die reale Zweckmäßigkeit (objektive) der Natur durch Verstand und Vernunft zu beurteilen […]“[3] definiert wird. Grob zusammengefasst findet in beiden Fällen eine Beurteilung nach Zwecken statt, wobei die ästhetische Urteilskraft einer subjektiven Zweckmäßigkeit zuzuordnen und auf der Seite des Erkenntnissubjekts angesiedelt ist, während beim Prinzip der teleologischen Urteilskraft eine Zweckmäßigkeit einem Ding (Objekt) zugeschrieben werden kann. Die Kritik der Urteilskraft zerfällt in die Abschnitte der Analytik und Dialektik. In der Analytik analysiert Kant zwei Arten von Urteilen, nämlich Urteile, denen zufolge etwas schön ist („Analytik des Schönen“[4] ) und Urteile, denen zufolge etwas erhaben ist („Analytik des Erhabenen“[5] ). Die Analytik des Schönen gliedert sich wiederum in zwei Teile, in welchen Kant den Geschmack und das Geschmacksurteil definiert. Demnach ist Geschmack das Vermögen „der Beurteilung des Schönen“[6] und ein Geschmacksurteil liegt entsprechend dann vor, wenn etwas als schön bezeichnet wird. Die Dialektik hingegen behandelt den Begriff des Scheins. In ihr geht es darum zu zeigen, dass bestimmte Aussagen aus der Analytik nur scheinbar in einem Spannungsverhältnis stehen.

Kant unterteilt die Analytik des Schönen in vier Momente, welche sich aus seiner sogenannten Urteilstafel ergeben.Die Urteilstafel entsteht, indem Kant vom Inhalt eines Urteils absieht und nur seine Form betrachtet. So kann festgestellt werden, ob ein Urteil bejahend oder verneinend, singulär oder allgemein ist. Kant kennt in der Urteilstafel vier Titel des Urteils mit jeweils drei Momenten, wodurch die Form eines Urteils vollständig beschrieben werden kann, indem angegeben wird, welches Moment einem Urteil unter welchem Titel zukommt. In der Kritik der Urteilskraft knüpft Kant nur oberflächlich an die vier Titel und die entsprechenden Momente an und diskutiert zuerst den Titel der Qualität , um herauszufinden, welche Qualität einem Gegenstand zugeschrieben werden muss, um ihn schön nennen.

5. Das erste Moment: Qualität

Kant fasst seine Analyse zum ersten Moment wie folgt zusammen: „Geschmack ist das Beurteilungsvermögen eines Gegenstandes oder einer Vorstellungsart durch ein Wohlgefallen, oder Mißfallen, ohne alles Interesse. Der Gegenstand eines solchen Wohlgefallens heißt schön.“[7] Kant stellt diesbezüglich zwei Hauptthesen auf: a) Ein Gegenstand ist nur dann schön, wenn er gefällt. In einem Urteil über das Schöne beziehen wir also eine Vorstellung auf den Urteilenden bezogen, auf das Subjekt. b) Das Wohlgefallen am Schönen ist interesselos und nicht auf den Willen bezogen. Dadurch unterscheidet sich das Wohlgefallen am Schönen durch das Wohlgefallen am Angenehmen und Guten.

6. §1: Der Subjektbezug

Kant selber formuliert seine erste These wie folgt: „Das Geschmacksurteil ist ästhetisch“[8], wobei Kant den Begriff der Ästhetik in einem technischen Sinne verwendet und dem der Logik entgegensetzt. Verdeutlichen lässt sich dies an einem Beispiel, in welchem wir von einem Urteil ausgehen, welches mit dem Satz »Diese Rose hier ist schön.« ausgedrückt wird.

Nach Kant nimmt dieses Urteil auf eine Vorstellung Bezug, das Bild, den Eindruck, den der Betrachter von der Rose hat. Diese Vorstellung bezieht der Betrachter in dem besagten Urteil nicht auf den Gegenstand, sondern drückt aus, dass er Lust an der Rose empfindet, welches Kant später mit dem Begriff des Wohlgefallens gleichsetzt. Mit dem Geschmacksurteil wird also die Aussage getroffen, dass dem Betrachter die Rose gefällt. Das Wohlgefallen ist aber das individuelle Wohlgefallen des Betrachters und daher bezieht er die Rose in dem Urteil auf sich selbst. In diesem Sinn ist der Bestimmungsgrund des Urteils subjektiv. Wenn die Schönheit der Rose in diesem Beispiel begründet werden soll, muss auf das Wohlgefallen des Betrachters zurückgegriffen werden.

7. Das interesselose Wohlgefallen

Nach Kant müssen unterschiedliche Arten von Wohlgefallen unterschieden werden, da nicht immer, wenn dem Betrachter ein Gegenstand gefällt, dieser nach Kant schön genannt werden darf. Kant versucht das Urteil über das Schöne weiter einzugrenzen. Entscheidend ist dabei der Begriff des Interesses. Nach Kant ist das Wohlgefallen am Schönen ohne Interesse und in diesem Sinne frei. Den Argumentationsgang zu dieser Behauptung liefert Kant in den Paragraphen 2 bis 5. Zusammengefasst sieht dieser Argumentationsgang wie folgt aus:

– §2: Kant versucht zu zeigen, dass das Wohlgefallen am Schönen nicht mit einem Interesse verbunden ist. Im Folgenden betrachtet er das Angenehme und das Gute, um das Schöne durch die Kontrastierung besser zur Geltung kommen zu lassen.
– §3: Kant definiert das Angenehme und folgert, dass das Angenehme notwendig mit einem Interesse verbunden ist.
– §4: Kant definiert das Gute und folgert, dass das Gute notwendig mit einem Interesse verbunden ist.
– §5: Kant stellt das Schöne, das Angenehme und das Gute abschließend gegeneinander.

8. Zum §2

Kant definiert den Begriff des Interesses als ein „Wohlgefallen […], was wir mit der Vorstellung der Existenz eines Gegenstandes verbinden.“[9] Der Begriff des Interesses weise auf den Begriff des Willens zurück (Begehrungsvermögen). Kant folgert daraus, dass ein richtiges Geschmacksurteil, also ein Urteil, demzufolge etwas schön ist, nur auf Gründen beruhen darf, die unabhängig von einem Interesse sind.

9. Zum §3

Kant möchte in den §§3-4 nur zeigen, dass das Angenehme und das Gute mit Interesse verbunden ist und daher nicht mit dem Schönen identifiziert werden kann. Kant definiert das Angenehme wie folgt: „Angenehm ist das, was den Sinnen in der Empfindung gefällt.“[10] Das Angenehme ist nach Kant also an die menschlichen Sinne und die sinnliche Natur des Menschen gebunden. Die Empfindung definiert Kant in zweierlei Sinnen:

a) ein bestimmter Sinn, in dem man Lust empfinden könnte und daher geneigt ist, den Begriff der Empfindung so weit zu fassen, dass auch Lust eine Empfindung ist und

b) ist für Kant eine Empfindung die Vorstellung eines Gegenstandes, welche aus der Sinnlichkeit kommt.

a) ist subjektiv (Lust ist nur eine Bestimmung des Subjekts), b) objektiv (Empfindung im Sinne einer Vorstellung von einem Ding). Das Angenehme bei Kant ist eine Empfindung im objektiven Sinn. Angenehm ist also für Kant nicht die Lust selber, sondern ein Gegenstand, der den Betrachter im Sinne einer Empfindung affiziert und zu dem er eine Neigung empfindet. Daraus folgert Kant, dass das Angenehme mit einem Interesse verbunden ist und somit nicht interesselos gefällt.

10. Zum §4

Kant definiert »gut« wie folgt: „Gut ist das, was vermittelst der Vernunft, durch den bloßen Begriff, gefällt.“[11] Außerdem denkt der Betrachter nach Kant immer einen Zweck mit, wenn er etwas als gut beurteilt, wodurch also ein Interesse belegt ist. Damit unterscheidet sich auch das Gute vom Schönen. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass wenn der Betrachter einen Gegenstand als gut beurteilt, dann beurteilt er ihn als Exemplar einer bestimmten Gattung als gut. Demgegenüber müsste er einen Gegenstand nicht in eine Gegenstandsklasse einordnen können, um ihn als schön zu beurteilen.

11. Zum §5

Hier fasst Kant seine bisherigen Überlegungen zum Schönen, Angenehmen und Guten zusammen. Um auszudrücken, dass das Geschmacksurteil frei von Interesse ist, sagt Kant, es sei kontemplativ. Im Geschmacksurteil, wenn also der Betrachter einen Gegenstand schön nennt, wird der Gegenstand bloß betrachtet, nicht auf den Willen bezogen. Später nennt Kant das Wohlgefallen am Schönen frei, da kein Interesse im Spiel sei. Freiheit im Geschmacksurteil macht er am Beispiel des Hungers fest, da man alles esse, wenn man hungrig ist und erst dann ein Geschmacksurteil getroffen werden kann, wenn der Hunger befriedigt ist. Schließlich behauptet Kant, dass das Schöne nur für den Menschen gilt, da der Mensch ein Vernunftwesen mit einer sinnlichen Natur ist. Das Angenehme gebe es auch für Tiere, da dies nur von der Sinnlichkeit abhängt während reine Vernunftwesen nicht für das Schöne, wohl aber für das Gute empfänglich seien.

[...]


[1] Immanuel Kant, „Kritik der Urteilskraft“ in: Werke in zwölf Bänden, Band 10 , Frankfurt a.M.: Surhkamp 1977, S. 84.

[2] Kant, Kritik der Urteilskraft, S. 104.

[3] Ebd., S. 104.

[4] Ebd., S. 113.

[5] Ebd., S. 164.

[6] Ebd., S. 181.

[7] Kant, Kritik der Urteilskraft, S. 123f.

[8] Ebd., S. 113.

[9] Kant, Kritik der Urteilskraft, S. 116.

[10] Kant, Kritik der Urteilskraft, S. 117.

[11] Ebd., S. 119.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Kant über das Schöne in seiner "Kritik der Urteilskraft"
Hochschule
Merz Akademie - Hochschule für Gestaltung Stuttgart
Veranstaltung
Künstlerische Forschung
Note
1,0
Autor
Jahr
2015
Seiten
15
Katalognummer
V403533
ISBN (eBook)
9783668630369
ISBN (Buch)
9783668630376
Dateigröße
585 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kant, Schöne, Kritik der Urteilskraft, Qualität, Subjektbezug, interesselos, Wohlgefallen, Quantität, intersubjektiv, Geltungsanspruch, Geschmacksurteil
Arbeit zitieren
Rüdiger Specht (Autor:in), 2015, Kant über das Schöne in seiner "Kritik der Urteilskraft", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/403533

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