Erwachsenenbildung im Spannungsfeld von pädagogischer Zielsetzung und marktwirtschaftlicher Organisation

Die Volkshochschule als traditioneller Bildungsträger zwischen bildungspolitischem Selbstverständnis und ökonomischer Dienstleistung


Diplomarbeit, 2005

152 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Zur Bedeutung des Begriffes Erwachsenenbildung
2.1 Volksbildung
2.2 Erwachsenenbildung
2.3 Weiterbildung im Kontext lebenslangen Lernens
2.4 Definition

3. Historische Entwicklung der Erwachsenenbildung –
ein skizzierter Überblick seit 1960

3.1 Die „Realistische Wende“
3.2 Die Etablierung der Erwachsenenbildung durch Gesetzes-
verankerung in den siebziger Jahren
3.3 Die „Qualifizierungsoffensive“ der achtziger Jahre
3.4 Die Expansion des Erwachsenenbildungsbereiches in den
neunziger Jahren
3.5 Fazit

4. Der quartäre Bildungssektor und seine
Trägerbereiche

4.1 Die Struktur des quartären Bildungssektors
4.2 Trägerbereiche der Erwachsenenbildung
4.2.1 Staatlicher Trägerbereich
4.2.2 Kommunaler Trägerbereich
4.2.3 Gewerkschaftlicher Trägerbereich
4.2.4 Trägerbereiche der Wirtschaft
4.2.5 Privatwirtschaftlicher - Kommerzieller Trägerbereich
4.2.6 Konfessioneller Trägerbereich
4.3 Fazit

5. Erwachsenenbildung zwischen pädagogischer Zielsetzung und marktwirtschaftlicher Organisation unter Berücksichtigung öffentlicher Verantwortung
5.1 Pädagogische Zielsetzung im Wandel der Zeit: Bildung versus Qualifizierung in der Erwachsenenbildung?
5.1.1 Schlüsselqualifikationen als intermediärer Ansatz?
5.2 Teilnehmerorientierung in der Erwachsenenbildung
5.2.1 Marktorientierung
5.2.2 Vom Teilnehmer zum Kunden
5.2.2.1 Bedarf und Bedürfnis
5.3 Finanzierung in der Erwachsenenbildung
5.3.1 Auswirkungen
5.4 Anforderungen an die Träger von Erwachsenenbildung
5.4.1 Qualitätssicherung
5.4.2 Zertifizierung
5.5 Politische oder ökonomische Steuerung des Erwachsenen- bildungsbereichs?
5.5.1 Mittlere Systematisierung
5.5.2 Öffentliche Verantwortung
5.5.3 Gesetzliche Regelungen
5.6 Fazit

6. Die Volkshochschule als traditioneller Bildungsträger zwischen bildungspolitischem Selbstverständnis und ökonomischer Dienstleistung? Eine Vorwortuntersuchung
6.1 Gegenstand der Untersuchung
6.2 Fragestellung und Vorgehensweise
6.3 Auswertung der Vorworte aus den Programmen der VHS Marburg
6.3.1 Vorstellung der Kriterien
6.3.2 Kriterienspezifische und inhaltliche Auswertung der
6.3.2.1 Sommersemester 1977 bis Wintersemester 1979/1980
6.3.2.2 Sommersemester 1980 bis Sommersemester 1987
6.3.2.3 Sommersemester 1998 bis Wintersemester 2004/2005
6.4 Fazit

7. Schlussbetrachtung

8. Anhang

9. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In den vergangenen Jahren sind die Konsequenzen des gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Strukturwandels, insbesondere in Bezug auf die Bildungspolitik und den Weiterbildungssektor im Allgemeinen sowie der Erwachsenenbildung im Besonderen, verstärkt zum Gegenstand bildungspolitischer Diskussionen und wissenschaftlicher Untersuchungen geworden.

Angesichts einer steigenden Technisierung der gesellschaftlichen und arbeitsmarktlichen Realität, bei einer anhaltenden arbeitsmarktpolitischen Krise, rückt berufliche Erwachsenenbildung respektive Weiterbildung als existenzsichernde Maßnahme zunehmend in den Fokus bildungsorientierter Aktivitäten. Komplexer werdende Lebens- und Arbeitsbedingungen erfordern Wissen und Kompetenzen, die zukünftig über Berufs- und Lebensgestaltungschancen und damit auch über einen gesellschaftlichen Fortschritt entscheiden.

Zum anderen steht Erwachsenenbildung vor der politischen Aufgabe, Chancengerechtigkeit und das lebensbegleitende Lernen zu fördern, einen Ausgleich entgangener Bildungschancen zu ermöglichen, interkulturelle Kompetenzen zu vermitteln und einen Beitrag zur politischen Bildung zu leisten.

Öffentlich organisierte Erwachsenenbildung bedarf jedoch staatlicher Finanzierung, ordnungspolitischer Steuerung und öffentlicher Verantwortung, aus der sich Bund und Länder, aufgrund der Verknappung öffentlicher Haushalte und sinkender Finanzbudgets, zunehmend zurückziehen.

Damit rückt eine Ökonomisierung der Weiterbildung in den Vordergrund, Begriffe wie Wirtschaftlichkeit, Effizienz und Effektivität erhalten zunehmenden Stellenwert in der Debatte über die Entwicklung der öffentlichen Weiterbildung.

In Anbetracht dieser Situation stellt sich die Frage, welche Auswirkungen sich für die Entwicklung auf den Weiterbildungssektor generell, die bildungsspezifischen Inhalte der Erwachsenenbildung und die Weiterbildungseinrichtungen im Besonderen ergeben.

Das Ziel dieser Arbeit ist demzufolge die Untersuchung, ob sich Erwachsenenbildung in einem Spannungsfeld von pädagogischer Zielsetzung und marktwirtschaftlicher Organisation befindet und inwieweit sich diese Divergenz auf die Volkshochschule als traditionellem Bildungsträger – zwischen bildungspolitischem Selbstverständnis und ökonomischer Dienstleistung – abbilden lässt.

Dabei ist zunächst eine Einordnung der Begrifflichkeiten in ihren theoretischen Zusammenhang von Bedeutung, der mit einer Beschreibung des gegenwärtigen Standes die Grundlage für weitere Überlegungen und Ausführungen bildet (Kapitel 2).

Eine Analyse des Bildungssektors und seiner gegenwärtigen Ausgestaltung kann nicht ungeachtet einer Betrachtung der historischen Entwicklung der Erwachsenenbildung erfolgen, da die Vermutung nahe liegt, dass spezifische inhaltliche und strukturelle Phänomene des Bildungssektors gesamtgesellschaftlich und historisch begründet sind.

An diese Darstellung (Kapitel 3) schließt sich die Klärung der Frage an, was unter dem quartären Bildungssektor zu verstehen ist, welche Struktur ihn kennzeichnet, aus welchen Trägerbereichen er sich derzeit zusammensetzt, und soll als Überblick über die bestehende Trägerlandschaft dienen (Kapitel 4).

Kapitel 5 setzt sich mit der Frage auseinander, inwieweit sich Erwachsenenbildung in ihrer klassischen Bildungsstruktur gegenwärtig den Herausforderungen einer zunehmend marktwirtschaftlichen Organisation stellen muss und welche Rolle die öffentliche, bildungspolitische Verantwortung in diesem Zusammenhang einnimmt, da die Annahme besteht, dass gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Wandlungsprozesse auf pädagogische Zielsetzungen im Allgemeinen und erwachsenenspezifische Inhalte – von der Bildung zur Qualifizierung – im Besonderen Einfluss nehmen, mit dem Ziel, eine Einschätzung bezüglich des gegenwärtigen Standes der Situation der Erwachsenenbildung im Weiterbildungssektor treffen zu können.

Ausgehend von dieser Problemstellung schließt sich die Frage an, in welcher Hinsicht die Volkshochschule als traditioneller Bildungsträger von dieser erwarteten Entwicklung betroffen ist. Die Analyse wird anhand einer Vorwortuntersuchung exemplarisch an der VHS Marburg[1] durchgeführt, da die Vermutung besteht, dass bei der VHS Marburg als bekannteste, traditionelle Weiterbildungseinrichtung alle wesentlichen themenspezifischen, bildungs- und organisationsrelevanten Kriterien zu finden sind, mit der Frage ob und in welcher Art sich, aufgrund eines gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Strukturwandels, Veränderungsprozesse für die VHS Marburg ergeben.

In Kapitel 6 sollen aus diesem Grund 34 Vorworte der Programmhefte der VHS Marburg, beginnend ab 1977 bis 2005, kriterienspezifisch und inhaltlich ausgewertet werden. Aus dieser Auswertung der Vorworte sollen – wenn möglich – Rückschlüsse auf die institutionsspezifische, bildungsinhaltliche und bildungspolitische Entwicklung der VHS Marburg einerseits und auf die institutionsspezifische, bildungsinhaltliche und bildungspolitische Entwicklung der Erwachsenenbildung im Gesamtkontext andererseits gezogen, sowie abschließend beleuchtet werden.

Hinsichtlich der bestehenden arbeitsmarktpolitischen und finanzpolitischen Krise, bei ausbleibendem wirtschaftlichem Wachstum, lassen sich an dieser Stelle Zweifel über eine kontinuierliche Weiterführung staatlich finanzierter und gesetzlich garantierter Erwachsenenbildung im Sinne klassischer, bildungspolitischer Inhalte formulieren. Aufgrund dieser Überlegungen schließt das Kapitel mit einem kurzen Ausblick, welche Entwicklungen angesichts dieser gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zu erwarten sind.

2. Zur Bedeutung des Begriffes Erwachsenenbildung

Eine Betrachtung der Erwachsenenbildung im Spannungsfeld von pädagogischer Zielsetzung und marktwirtschaftlicher Organisation erfordert zunächst eine genauere Analyse der Bedeutung des Begriffes der Erwachsenenbildung und eine Annäherung an den Begriff `Erwachsenenbildung´, der einen Wandel der Bildungsinhalte repräsentiert und verdeutlichen soll.

Die Entstehung der modernen Erwachsenenbildung ist unmittelbar mit der Epoche der Aufklärung verknüpft um, wie in der Forderung Kants nach der Befreiung des Menschen aus seiner „ selbstverschuldeten Unmündigkeit[2] formuliert, eine die individuelle Entwicklung in eigenständiger Lebensführung anzustreben und Verantwortung für gesellschaftliche Belange zu übernehmen[3].

Im historischen Kontext betrachtet zeigt sich vorzugsweise ein Wandel in den Zielvorstellungen und Aufgaben der Erwachsenenbildung, die sich begrifflich manifestieren und unterschiedliche „alters- und zeitbezogenen Dimensionen“[4] einbeziehen:

„- Volksbildung als altersunspezifische, Kinder, Jugendliche und Erwachsene umfassende Volksaufklärung (1800);
- Erwachsenbildung als altersspezifische, in Abgrenzung zum Schülerstatus operierende Institutionalform (1900)
- Weiterbildung/lebenslanges Lernen als altersübergreifender, lebenslaufumfassender Sozialmodus (1960er und 1970er Jahre).“[5]

Eine detaillierte Betrachtung dieses inhaltlichen Wandels soll Inhalt des folgenden Kapitels sein, das mit einer Definition der Erwachsenenbildung im Rahmen dieser Diplomarbeit schließt.

2.1 Volksbildung

Die volksbildnerischen Aktivitäten um 1800 beziehen sich auf sehr unterschiedliche wirtschaftliche und soziale Kontexte. Bildungsinhalte der bürgerlichen Selbstbildung, handwerklichen Fortbildung und bäuerlichen Volksaufklärung erhalten ihren Aufgabencharakter aus ihrer konkreten, situativen Einbettung. Insbesondere im bäuerlichen Umfeld stehen der lokale Bezug, die Notwendigkeiten vor Ort und die Aufrechterhaltung der dörflichen Lebenswelt im Vordergrund. Die Aufklärungsbestrebungen orientieren sich daher stark an den partikularen Lebenswelten der Adressaten[6]. Der gesellschaftliche Lernbedarf vollzieht sich im „örtlichen Mikrokosmos“[7] und zeichnet sich durch eine milieuspezifische Aufgabenstellung, eine zeitlich begrenzte Dauer und einen altersunspezifischen Zuschnitt aus. Kinder, Jugendliche und Erwachsene sind das Medium einer Aufklärungsabsicht, die sich an der Reproduktion lokaler Milieus, an der Aufrechterhaltung kollektiver Verhaltensnormen, sowie an der Durchsetzung neuer technischer Entwicklungen orientieren, mit dem Ziel eine störungsfreie Funktionalität zu erhalten.[8]

2.2 Erwachsenenbildung

Um 1920 gewinnt der Begriff `Erwachsenenbildung´ durch die Übersetzung des englischen „»adult education«“[9] in der bildungspolitischen Diskussion an Bedeutung. Damit rückt der Erwachsene mit seiner individuellen Lebenssituation und –welt erstmals in den Vordergrund[10]. Erwachsenenbildung soll primär „(organisierte) Bildungsarbeit mit und für Erwachsene(n)“[11] sein und ihn, im Sinne von Zensur und Beurteilung, vom Schülerleben abgrenzen. Ausgangspunkt der didaktischen Bestrebungen ist die eigene Lebenswelt, auch in biographischer Hinsicht. Nicht der erwachsenenpädagogische Erziehungsprozess steht im Vordergrund, sondern die Anerkennung und Stärkung des Erwachsenen in seiner ganzheitlichen Bestimmung.[12]

Bezogen auf die historischen Gegebenheiten etabliert sich der Begriff `Erwachsenenbildung´ erst nach 1945 endgültig und löst den „ideologisch befrachteten Begriff »Volksbildung«“[13] ab.

2.3 Weiterbildung im Kontext lebenslangen Lernens

In den sechziger und siebziger Jahren findet die Vorstellung einer Notwendigkeit „lebenslangen Lernens“[14] Eingang in die deutsche Bildungspolitik, da ein gesamtgesellschaftliches Interesse an der Weiterbildung wirksam wird.

Diese neue Begriffsdefinition erhält ihre Festschreibung im Kontext der Bildungsreform, formuliert im „Strukturplan für das Bildungswesen“[15] durch den deutschen Bildungsrat, mit dem Ziel, Weiterbildung als quartären, gleichberechtigten Bildungsbereich zu integrieren[16].

Zu diesem Zeitpunkt etabliert sich `Weiterbildung´ als Oberbegriff gegenüber der bestehenden `Erwachsenenbildung´, wobei die synonyme Verwendung der Begriffe auffällig ist.

Erwachsenenbildung ist vorwiegend auf den unmittelbaren Empfänger, den lernenden Erwachsenen ausgerichtet, Weiterbildung hingegen beinhaltet den „Prozess des lebenslangen allgemeinen, politischen und beruflichen Lernens“[17]. Daraus resultiert, dass Weiterbildung nicht ausschließlich auf berufliche Qualifizierung beschränkt ist.

2.4 Definition

Bezug nehmend auf die vorausgehenden Ausführungen soll im Rahmen der vorliegenden Diplomarbeit die nachstehende Definition von Weiterbildung respektive Erwachsenenbildung[18], formuliert vom Deutschen Bildungsrat (1970), zugrunde gelegt werden: “Weiterbildung wird hier als Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluß einer unterschiedlich ausgedehnten ersten Bildungsphase bestimmt.“[19]

3. Historische Entwicklung der Erwachsenenbildung – ein skizzierter Überblick seit 1960

3.1 Die „Realistische Wende“

Bezeichnend für die sechziger Jahre, ist der Begriff der „realistischen Wende“[20], den H. Tietgens prägte und der für einen Umbruch in der Erwachsenenbildung steht[21].

Eingeleitet wird dieser Umbruch 1960 durch das „Gutachten des Deutschen Ausschusses für das Erziehungs- und Bildungswesen“[22], das den damals gegenwärtigen Stellenwert und damit das Verhältnis von Erwachsenenbildung zu den „Anforderungen der Ökonomie, Hilfe für den einzelnen sowie Fragen der Institutionalisierung von Erwachsenenbildung“[23] thematisierte. Es soll eine Verbindung zwischen der „humanistische[n, Einfügung d. Verf.] Tradition der deutschen Erwachsenenbildung mit den Anforderungen der modernen Arbeitswelt“[24] hergestellt werden, wobei der Bildungsbegriff sich an der Idee der Aufklärung orientiert und auf die Gefahr einer „kognitivistischen Verengung“[25] aufmerksam macht.

„Gebildet im Sinne der Erwachsenenbildung wird jeder, der in der ständigen Bemühung lebt, sich selbst, die Gesellschaft und die Welt zu verstehen und diesem Verständnis gemäß zu handeln ... Diese Helle des Bewußtseins darf nicht als abgesonderte Rationalität mißverstanden werden. Gebildet ist nicht der Kopf, sondern der Mensch. Obwohl Bildung der Bücher bedarf und nicht ohne Anstrengung des Denkens entsteht, beruht sie doch wesentlich auf den unvertauschbaren eigenen Erfahrungen“ (Zit. n. Knoll/Siebert 1967, S. 28f.).“[26]

Erwachsenenbildung wird in diesem Zusammenhang als Selbstbildung definiert, die durch die Reflexion der eigenen Person und des gesellschaftlichen Umfeldes ermöglicht wird.

Das Gutachten des `Deutschen Ausschusses für das Erziehungs- und Bildungswesen´ weist eine gewisse Ambivalenz bezüglich des Althergebrachten und der Neugestaltung von Erwachsenenbildung auf. Dies hat zur Folge, dass der Schwerpunkt auf eine sachliche Umgestaltung in der praktischen Umsetzung von Erwachsenenbildung gelegt wird.

Nach dieser Modifikation fokussiert sich der Blick auf „institutionelle und curriculare Probleme“[27]. Die Inhalte der Erwachsenenbildung werden somit neu definiert.[28]

Zeigt sich Erwachsenenbildung in der Vergangenheit „überwiegend okkasionell und personabhängig“[29], so erfolgt nun eine zukunftorientierte Planung, die sich in Gesetzesinitiativen und Planungsaktivitäten fast aller Bundesländer niederschlägt. Damit erfährt Erwachsenenbildung eine politische Aufwertung, wie eine Einbindung in die staatliche Wirtschafts- und Sozialpolitik belegt. Eine zukunftorientierte Ausrichtung der Erwachsenenbildung soll „systematisch geplante, abschlussbezogene Bildungsangebote“[30] zum Inhalt haben.[31]

Wie die praktische Umsetzung dieser Neuorientierung der Erwachsenenbildung Eingang in einen gesellschaftlichen Kontext findet, wird das folgende Kapitel aufzeigen.

3.2 Die Etablierung der Weiterbildung durch Gesetzesverankerung in den siebziger Jahren

Markant für die siebziger Jahre ist die Expansion von Bildungsinstitutionen unter sozialdemokratischer Regierung, mit dem Ziel der Reduktion von Bildungsbenachteiligungen[32]. Zugleich ist jedoch eine Zunahme der gesellschaftlichen Kritik, trotz steigender politischer Demokratisierung, feststellbar. Politische Emanzipation, Demokratisierungsdiskurse und die Diskussion sozialwissenschaftlicher, gesellschaftlicher und gesellschaftskritischer Fragen prägen die Thematik eines gesellschaftlichen Wertewandels in den siebziger Jahren, auch bedingt durch die Auswirkungen der Studentenbewegungen, im Sinne einer emanzipierten politischen Bildung[33].

Mit dem Strukturplan des Deutschen Bildungsrates von 1970 und dem Bildungsgesamtplan der Bund – Länder – Kommission von 1973 zeichnet sich ein Höhepunkt in der Entwicklung der Erwachsenenbildung ab. Die Forderung einer Integration der Weiterbildung – gekennzeichnet durch die Ablösung der Erwachsenenbildung als Oberbegriff, zugunsten des Weiterbildungsbegriffes – als gleichberechtigter quartärer Bildungsbereich, neben dem Primär-, Sekundär- und Tertiärbereich, steht im Vordergrund.[34]

„Es ist notwendig, die institutionalisierte Weiterbildung als einen ergänzenden, nachschulischen, umfassenden Bildungsbereich einzurichten. Weiterbildung als Fortsetzung oder Wiederaufnahme früheren organisierten Lernens bildet mit vorschulischen und schulischen Lernprozessen ein zusammenhängendes Ganzes.“[35]

In diesem Kontext der Bildungsreform findet auch die Vorstellung von der Notwendigkeit des „lebenslangen Lernens“[36] Eingang in die deutsche Bildungspolitik, da ein gesamtgesellschaftliches Interesse an der Weiterbildung wirksam wird und vor dem Hintergrund von „soziokulturellen und ökonomischen Entwicklungsprozessen“[37] zu betrachten ist.

Zwischen 1970 und 1975 werden in Länderhoheit Erwachsenenbildungs- und Weiterbildungsgesetze erlassen, die für den gesamten Bereich der öffentlichen Erwachsenenbildung Verbindlichkeit erhalten[38].

Um die genannten Zielsetzungen zu verdeutlichen, werden im Folgenden – am Beispiel der Bundesländer Bremen, Hessen und Bayern – die wesentlichen Ausschnitte daraus zitiert:

„Bremen:

㤠1 Stellung und Aufgaben der Weiterbildung

(1) Weiterbildung ... hat die Aufgabe, in der Form organisierten Lernens nach Beendigung der Vollzeitschulpflicht individuelle und gesellschaftliche Bildungsanforderungen zu erfüllen. …

(2) Weiterbildung soll jeden insbesondere dazu befähigen:

1. soziale und kulturelle Erfahrungen, Kenntnisse und Vorstellungen kritisch zu verarbeiten, um die gesellschaftliche Wirklichkeit und seine Stellung in ihr zu begreifen und zu ändern;
2. die berufliche Qualifikation in ihrer gesellschaftspolitischen Bedeutung zu bewerten, zu erhalten, zu steigern oder zu ändern;
3. (...);
4. Verhaltensweisen zu erlernen, um in ihren Ursachen erkannte gesellschaftliche Konflikte zu steuern und überwinden zu können und
5. die durch soziale Herkunft, durch gesellschaftliche Entwicklungen und durch Bildungsprozesse entstandenen und neu entstehenden Ungleichheiten abzubauen.

Die Angebote der Weiterbildung sollen die vorstehenden Aufgaben miteinander verbinden.“[39]

„Hessen:

„Ziel der Erwachsenenbildung ist es, Erwachsene und Heranwachsende in die Lage zu versetzen, ihre Kenntnisse und Fähigkeiten zu erweitern, zu erneuern und zu vertiefen, um den Anforderungen gerecht zu werden, vor die sie in Leben, Beruf und gesellschaftlicher Tätigkeit gestellt sind. Die Erwachsenenbildung umfasst allgemeine, berufliche und politische Weiterbildung.“ (§1 (1) Erwachsenenbildungsgesetz)“.[40]

„Bayern:

„Erwachsenenbildung (Weiterbildung) ... verfolgt das Ziel, zur Selbstverantwortung und Selbstbestimmung des Menschen beizutragen. Sie gibt mit ihren Bildungsangeboten Gelegenheit, die in der Schule, in der Hochschule oder in der Berufsausbildung erworbene Bildung zu vertiefen, zu erneuern und zu erweitern; ihr Bildungsangebot erstreckt sich auf persönliche, gesellschaftliche, politische und berufliche Bereiche. Sie ermöglicht dadurch den Erwerb von zusätzlichen Kenntnissen und Fähigkeiten, fördert die Urteils- und Entscheidungsfähigkeit, führt zum Abbau von Vorurteilen und befähigt zu einem besseren Verständnis gesellschaftlicher und politischer Vorgänge als Voraussetzung eigenen verantwortungsbewussten Handelns. (...).“ (Art.1)“.[41]

Diese Beispiele dokumentieren die Integration allgemeiner und beruflicher Bildung in der Erwachsenenbildung. Zukünftig werden diese beiden Bildungsinhalte nicht mehr als getrennte Bildungsbereiche vermittelt.

Zusammenfassend lauten die Zielsetzungen der allgemeinen, beruflichen und politischen Erwachsenenbildung, auch bundeslandübergreifend: Kritikfähigkeit, Teilhabe am gesellschaftlichen und politischen Leben, Aufbau fachlicher Kompetenzen, selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Handeln, Training der Konfliktfähigkeit und die Überwindung von sozialer Ungerechtigkeit.

Im Mittelpunkt dieser Zeit steht ebenso die aufkommende Diskussion zwischen Arbeitgeberverbänden und den Gewerkschaften bezüglich der Inhalte des Bildungsurlaubes und der grundsätzlichen Gewährung desselben. Die inhaltlichen Schwerpunkte der Arbeitgeberverbände liegen auf der „beruflichen, möglichst lediglich zur inner- oder überbetrieblichen organisierten Weiterbildung“[42], während die Gewerkschaften den Focus auf die politische Bildung, bei weiterführender Entlohnung, legt.[43]

Vor diesem gegensätzlichen Hintergrund entstehen zwischen 1970 und 1975 die, in fünf Bundesländern verabschiedeten „Bildungsurlaubsgesetze“[44]:

„- in Berlin das »Gesetz zur Förderung der Teilnahme an
Bildungsveranstaltungen« vom 16.7.1970
- das »Hamburgische Bildungsurlaubsgesetze« vom 21.1.1974
- das »Hessische Gesetz über den Anspruch auf Bildungsurlaub« vom 24.6.1974
- das »Niedersächsische Gesetz über den Bildungsurlaub für Arbeitnehmer«
vom 17.12.1974
- das »Bremische Bildungsurlaubsgesetz« vom 18.12.1974.“[45]

Diese Gesetze versetzen Arbeitnehmer in die Lage – von der Arbeit freigestellt – bei anerkannten Trägern der Erwachsenenbildung ihren beruflichen beziehungsweise politischen Bildungsambitionen nachzugehen.

3.3 Die „Qualifizierungsoffensive“ in den achtziger Jahren

Kennzeichnend für die achtziger Jahre ist die langsam beginnende Digitalisierung. Damit beginnt ein neuer Zeitabschnitt in der fortschreitenden Industrialisierung. Was zunächst als positiver technischer Fortschritt begrüßt wird, zeigt bald auch negative Auswirkungen wie Umweltzerstörung und ökologische Katastrophen.[46]

Strukturen und Inhalte der Erwachsenenbildung werden nicht nur durch diese neuen Entwicklungen beeinflusst, sondern auch durch politische und staatliche Interventionen geprägt. Die öffentliche Verpflichtung von Staat und Politik soll reduziert werden, „marktwirtschaftliche Konkurrenz und eine verstärkte Funktionalisierung der Weiterbildung für arbeitsmarktpolitische Erfordernisse„[47] stärker in den Vordergrund treten.

Konkret zeigt sich das am Beispiel der Novellierung ausgewählter Erwachsenenbildungsgesetze, mit dem Ziel einer Reduzierung von öffentlichen Ausgaben hinsichtlich bestehender Angebote in der Erwachsenenbildung.[48]

Der Staat wurde, zu diesem Schluss kommen Knoll, Pöggeler und Schulenberg, im Falle der Erwachsenenbildung nicht in dem Maße in die Pflicht genommen, wie beispielsweise hinsichtlich des Schulwesen, so dass hier, angesichts einer ungünstigen Finanzlage von Bund, Ländern und Gemeinden finanzielle Kürzungen leichter möglich sind.[49]

Um Arbeitnehmer in die neuen Technologien einzuführen, wird Mitte der achtziger Jahre, in Kooperation von Bundesregierung und Arbeitgeberverbänden, eine „Qualifizierungsoffensive“[50] propagiert und vorangetrieben. Diese Maßnahme gilt der zunehmenden Technisierung und der damit verbundenen Umstrukturierung von Produktion und Handel ebenso, wie der Reduzierung von struktureller Arbeitslosigkeit. Dies steigert die Ausgaben für Fortbildung und Umschulung von „2,5 Mrd. DM (1980) auf 8,1 Mrd. DM (1988)[51], die jedoch durch die „9. Novelle des AFG 1989“[52] wieder reduziert werden.

Um die oben genannte Steigerung der Ausgaben in einen interpretierbaren Zusammen zu stellen, ist es sinnvoll die Verteilung der Gesamtausgaben von Erwachsenenbildung - „1988 53 Mrd. DM“[53] - genauer zu betrachten. Es entfallen „26,7 Mrd.“[54] auf die „Arbeitgeber der gewerblichen Wirtschaft“[55], „12,2 Mrd.“[56] auf die „Landwirtschaft, freie Berufe, Kirchen, Gewerkschaften, Verbände u.a.“[57]. Dagegen brachte die Bundesanstalt für Arbeit, die schon erwähnten „8,1 Mrd.“[58] auf, „Länder und Gemeinden 2,9 Mrd.“[59] und „2,5 Mrd.“[60] die Teilnehmer von Weiterbildungsveranstaltungen.

Ein abnehmendes Interesse von Staat und Politik an der Gestaltung der Weiterbildung im Allgemeinen und des Weiterbildungsbereiches im Besonderen wird deutlich. Die staatliche Bildungspolitik forciert zunehmend eine marktwirtschaftliche Orientierung der Erwachsenenbildung und sieht den eigenen Handlungsbedarf in der Regel nur bei entstehenden arbeitsmarktpolitischen Problemen. Erwachsenenbildung entwickelt sich zu einem Produkt, das dem marktwirtschaftlichen Prinzip von Angebot und Nachfrage und damit einem pluralistischen System der Erwachsenenbildung unterliegt. Der Staat betont damit seine subsidiäre Funktion.[61]

Die nachfolgenden Zitate sollen die bildungspolitischen Vorstellungen der Bundesregierung verdeutlichen:

„Staatliches Handeln muß sich auch in der Weiterbildung am Prinzip der Subsidiarität ausrichten.“ (Wilms, 1986, S. 24)“

„Das Prinzip der Subsidiarität hat auch für die Weiterbildung Gültigkeit: Dort, wo Weiterbildung von sich aus in der Eigenverantwortung der Teilnehmer stattfinden kann, ist sie ohne staatliche Reglementierung und nach Möglichkeit auch ohne staatliche Finanzierung zu halten.“ (Der Bundesminister für Bildung und Wissenschaft, 1985b, S. 4)“.[62]

„Die Pluralität und Offenheit von Weiterbildung ist am ehesten durch den Wettbewerb unterschiedlicher Träger zu gewährleisten, die dynamisch und anpassungsfähig auf neue Anforderungen reagieren. Dies setzt möglichst große Handlungsfreiheit der einzelnen Träger und Einrichtungen voraus.“ (Wilms, 1985, S. 252)“.[63]

Bezogen auf die Weiterbildungsbeteiligung bleibt festzustellen, dass berufliche Weiterbildung von „10% der Erwachsenen 1979 auf 18% 1988“[64] überproportional expandierte. An zweiter Stelle folgte die allgemeine Weiterbildung mit einer Steigerung „von 12% auf 18%“[65], während die politische Bildung „von 2% auf 1%“[66] sinkt und nur noch eine Außenseiterposition einnimmt.

Es bleibt ergänzend anzumerken, dass sich in den achtziger Jahren die so genannte „»alternative«“[67] Erwachsenenbildung zunehmend etabliert, begründet durch das Aufkommen neuer sozialer Bewegungen. Beispiele hierfür sind die „Ökologie-, Friedens-, Frauen-, Dritte-Welt- und Gesundheitsbewegung“[68], die sich nicht an die Vorgabe und Rahmenbedingungen von herkömmlichen Bildungsinstitutionen halten, da eine „Pädagogisierung und Entfremdung von Bildungsbemühungen“[69] befürchtet wird.

Abschließend sei noch eine stärkere „Aufwertung informeller, selbstinitiierter Bildungsaktivitäten“[70] erwähnt. Informelle Erwachsenenbildung umfasst ergänzend „alle `anderen´ Formen beruflicher Weiterbildung wie z. B. den Besuch von Fachmessen und Kongressen, die Lernförderung am Arbeitsplatz sowie die Mediennutzung für Bildungszwecke“[71].

3.4 Die Expansion des Erwachsenenbildungsbereiches in den neunziger Jahren

Die neunziger Jahre sind entscheidend geprägt durch die Folgen der Wiedervereinigung von West- und Ostdeutschland, einer stark expandierenden Informations- und Kommunikationsindustrie sowie von Bestrebungen hinsichtlich einer `Europäisierung´ und `Globalisierung´ der Märkte, die sich in vielen Bereichen des politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens widerspiegeln.

In den fünf neuen Bundesländern der ehemaligen DDR findet nach der `Wende´ eine grundsätzliche Umstrukturierung der Erwachsenenbildung statt. Vorrang hat die Anhebung des beruflichen Qualifikationsniveaus sowie die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit[72].

Beispielsweise werden Anfang der neunziger Jahre „mehr als 400 „Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften“ mit ca. 200.000 Teilnehmern“[73] gegründet. Auf Grundlage einer befristeten Beschäftigung, bei gleichzeitiger Qualifizierung, ist es das Ziel, die Teilnehmer - mit zum Teil unbekannten Arbeitsprozessen in Bezug auf „Recycling, Umweltschutz, Tourismus, Altstadtsanierung“[74] - fachlich zu fördern, um mit diesen Maßnahmen eine Verbesserung der regionalen Infrastruktur, einer Anhebung der beruflichen Qualifikation und damit einer Verbesserung der Arbeitsmarktsituation zu erwirken.[75]

Auch bei den Volkshochschulen, als klassischem Weiterbildungsträger zeigt sich, dass berufliche Qualifikation im Vordergrund steht. Hier nehmen vor allem die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien eine wesentliche Rolle ein. Des Weiteren siedeln sich zunehmend Erwachsenenbildungsträger auf privatwirtschaftlicher Ebene an. Infolge der Kürzung staatlicher Mittel und deren Verteilung auf die steigende Zahl von Leistungsanbietern wird ein verschärfter Konkurrenzkampf unter den Weiterbildungs- und Beschäftigungsträgern vermutet.[76]

Mit der fortschreitenden Europäisierung, Internationalisierung und Globalisierung des europäischen Marktes zeigt sich auch ein struktureller Wandel der Inhalte von Erwachsenenbildung, wie die Beispiele der Förderung von „Kooperations- und Innovationsprojekte[n, Einfügung d. Verf.]“[77] durch die Europäische Union deutlich machen.

Nachstehende Tendenzen und Entwicklungen in der Erwachsenenbildung der neunziger Jahre sind auszugsweise feststellbar:

- Inhaltsvermittlung durch Dozenten in traditionellen Lehrveranstaltungen weichen dem `Selbstlernen´, so dass die Teilnehmer „autodidaktische Phasen, lernen in informellen Gruppen, institutionelle Bildungsbeteiligung und individuelle Beratung selbständig kombinieren“[78] können.
- Durch die sich weiter entwickelnden Informationstechnologien zeigt sich ein Zuwachs an Lernaktivitäten mithilfe multimedialer Programme.
- Diese Entwicklung (auto)didaktischer Lernformen findet zunehmend ihren Platz in Unternehmen. Die Kultur der „lernenden Organisationen“[79] ermöglicht eine schnelle und flexible Anpassung des Unternehmens an die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, basierend auf einer wachsenden Kompetenz der MitarbeiterInnen. Um hieraus tragfähige Qualitätsstandards abzuleiten, bedarf es erprobter Konzepte wie beispielsweise dem „Total Quality Management“[80]. Insbesondere Bildungseinrichtungen sind als Partner sowohl für die Vorbereitung auf, als auch für die Anpassungsfortbildung in der betrieblichen Realität gefragt.
- Infolgedessen gewinnt Erwachsenenbildung nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht, sondern auch regional an Bedeutung. Ein innovatives Bildungsangebot, orientiert an den spezifischen Bedürfnissen ortansässiger Unternehmen, stärken und fördern das fachliche und soziale `Know How´ der Region grundsätzlich, und erweisen sich nicht zuletzt auch als „Standortfaktor und Wettbewerbsvorteil“[81].[82]

Weitergehend zeigt sich, dass ein fließender Übergang zu anderen gesellschaftlichen Handlungszusammenhängen wie der „Gesundheitsförderung, der Arbeitsmarktpolitik, des staatlichen Krisenmanagement, des Freizeit- und Kulturbetriebes“[83] stattfindet.

3.5 Fazit

Ein Blick auf die maßgeblichen Stationen der Erwachsenenbildung bestätigt die weit gefächerte Bedeutung von Erwachsenenbildung als Instrument persönlicher, fachlicher, kultureller, sozialer und gesellschaftlicher Qualifizierung außerhalb traditioneller Bildungssysteme und erhält als Spiegel gesellschaftlichen Wandels einen hohen bildungsprägenden Stellenwert.

Die Entwicklung und der Einsatz neuer Informations- und Kommunikationstechnologien führen in nur wenigen Jahren zu einem entscheidenden Wandel in der Arbeitswelt, Kultur und Freizeit und ziehen grundlegende Veränderungen im Leben, Handeln und Denken des Menschen nach sich.

Die Entwicklung und Einführung dieser Technologien bleibt somit auch nicht ohne Auswirkungen auf den Erwachsenenbildungsbereich, da die Erwartungen an die Weiterbildung, als einem Instrument zur Lösung der durch die rasante technologische Entwicklung eingeleiteten Probleme, enorm gestiegen sind. Diese Erwartungen zeigten sich als eine Folge der öffentlichen Anerkennung und Funktionalisierung der Weiterbildung im Sinne gesellschaftlicher Interessen.

Während in den sechziger Jahren die Begrifflichkeit der `realistischen Wende´ eine pragmatischere Sicht der Erwachsenenbildung, hinsichtlich einer Anpassung fachlicher Wissenserweitung, ausgerichtet an der wirtschaftlichen Entwicklung, in den Mittelpunkt rückt, sind die siebziger Jahre durch den Abbau von Bildungsbenachteiligungen und der Forderung des Deutschen Bildungsrates, Erwachsenenbildung als gleichberechtigten quartären Bildungssektor zu integrieren, gekennzeichnet. Hier findet erstmals der Begriff des `lebenslangen Lernens´ Eingang in die deutsche Bildungspolitik mit dem Ergebnis, dass allgemeine, berufliche und politische Erwachsenenbildung nicht weiter als getrennte Bildungsbereiche definiert werden sollen. „Weiterbildung umfaßt sowohl eine primär beruflich orientierte Fortbildung und Umschulung als auch die nicht primär unter beruflichen Vorzeichen stehende Erweiterung der Grundbildung sowie die politische Bildung“[84].

Ein neues Denken zeichnet sich ab, das berufliche Aus- und Weiterbildung und damit beruflichen Aufstieg und Chancengleichheit sowie Individualität und politische Emanzipation vereinen soll.

Trotz der wachsenden Vielfalt der Weiterbildungsmöglichkeiten und der Pluralität der Trägerschaft, gewinnt die Weiterbildung ihre Legimitation aus einer Funktionszuweisung, die „im Sinne weiteren wirtschaftlichen Wachstums und internationaler Konkurrenzfähigkeit eine möglichst schnelle und reibungslose Abstimmung zwischen Beschäftigungssystem und Bildungssystem herzustellen“[85] hat.

Die zunehmende Technisierung des gesellschaftlichen Lebens bewirkt in den achtziger Jahren politische und staatliche Interventionen. Ein Ergebnis dieser Interventionen zeigt sich in der `Qualifizierungsoffensive´, die von Bundesregierung und Arbeitgeberverbänden propagiert wird.

Ziel ist es Arbeitnehmer an die Anforderungen der neuen Technologien, die erheblichen Einfluss auf strukturelle Veränderungen in der Wirtschaft nehmen, heranzuführen.

Entscheidende Einflussgrößen sind in den neunziger Jahren die Vereinigung von Ost- und Westdeutschland, die neue `Informationsgesellschaft´, die gesellschaftliche `Europäisierung und Globalisierung´ sowie die Entwicklung hin zu einer `multikulturellen Gesellschaft´, die sich unmittelbar auf das Angebot von Weiterbildungsinhalten, unter den Gesichtspunkten einer Anhebung des beruflichen Qualifikationsniveaus und der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, auswirken.

Weitergehend verdeutlicht Kapitel 3, dass sich die Erwachsenenbildung als quartärer Bildungssektor nicht eigenständig entwickelt hat, sondern zunehmend arbeitsmarktpolitisch bestimmt wurde. Daraus ableitend wird deutlich, dass Erwachsenenbildung erst durch politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Umschwünge, denen signifikante gesellschaftliche Problemstellungen zugrunde liegen, Aufmerksamkeit erfährt.

Abschließend ist eine stetig wachsende Anzahl von Erwachsenenbildungseinrichtungen und Trägerorganisationen mit steigender Teilnehmerzahl bei einem rückläufigen staatlichen Engagement feststellbar.

Da sich Erwachsenenbildung heute in nur kleinen Teilbereichen als vom Staat finanziertes und geordnetes System zeigt, ist eine tendenzielle Entwicklung zur marktorientierten Erwachsenenbildung wahrscheinlich.

4. Der quartäre Bildungssektor und seine Trägerbereiche

4.1 Die Struktur des quartären Bildungssektors

Eine genauere Betrachtung der institutionell-organisatorischen Struktur der Erwachsenenbildung lässt zum einen, im Gegensatz zu anderen Bildungsbereichen, eine Vielzahl unterschiedlicher gesellschaftlicher Organisationen und kommerzieller Unternehmen, neben staatlichen und kommunalen Institutionen erkennen, zum anderen besteht zusätzlich ein kaum eingrenzbares Feld von Lernzusammenhängen mit informellen Charakter bezüglich der institutionellen und organisatorischen Ausprägung.

Dieser Anbieterpluralismus wird von staatlicher Seite aufrechterhalten, da er als Strukturprinzip den ordnungspolitischen Vorstellungen von Pluralität und Subsidiarität entspricht.[86]

Jede Trägerorganisation beziehungsweise jede Bildungsinitiative hat in sich verschiedenartige Organisations- und Entscheidungsstrukturen, wie auch unterschiedlichen Regelungen in Bezug auf den Zugang zu Bildungsangeboten[87], mit dem Ziel unterschiedliche Adressaten- und Teilnehmergruppen anzusprechen.

Die allgemein beschreibende Systematisierung von Erwachsenenbildung gliedert sich in die berufliche Weiterbildung – bestehend aus beruflicher Fortbildung und Umschulung - und die allgemeine Erwachsenenbildung – bestehend aus der Grundbildung – im Sinne eines Erwerbs allgemein bildender Inhalte - und der politischen Bildung[88].

Da nach H. Siebert Weiterbildung jedoch in einen „Prozess des lebenslangen allgemeinen, politischen und beruflichen Lernens“[89] eingebettet ist und sich damit nicht ausschließlich auf berufliche Qualifizierung reduziert, sollten beide Bereiche komplementär betrachtet werden.

Eine weitere beschreibende Systematisierung der Erwachsenenbildung, die sich jedoch an den „ Rechtsformen der Trägerschaft[90] ausrichtet, orientiert sich an den Zugangskriterien und beschreibt damit primär Formen von offener und geschlossener Weiterbildung.

Spezifische Angebote der `offenen Weiterbildung´ stehen grundsätzlich jeder/m Interessentin/en zur Verfügung - unterscheiden sich jedoch in einer öffentlichen oder nicht-öffentlichen Form der Trägerschaft des Anbieters, nach staatlicher Zuständigkeit, Rechtsstatus und Finanzierung differenziert - während `geschlossene Weiterbildung´, in spezifischer Trägerschaft, nur einem definierten Personenkreis zugänglich ist.[91]

Kennzeichnend für geschlossene Weiterbildungsangebote sind die in der Regel an den internen Betriebserfordernissen ausgerichteten Weiterbildungsinhalte. Beispielhaft seien hier der öffentliche Dienst, Betriebe und Verbände genannt.

Die Rechtsform öffentlicher Weiterbildungseinrichtungen, deren Träger Bund, Länder und Kommunen sind, müssen unter dem Aspekt der Finanzierung staatlich anerkannt und mit öffentlichen Mitteln gefördert sein, im Gegensatz zu nicht-öffentlichen Weiterbildungseinrichtungen.

Unter nicht-öffentlichen Trägern sind die freien Träger, wie zum Beispiel Kirchen, Gewerkschaften u.a. sowie kommerzielle Einrichtungen zu verstehen.

Daneben existiert des Weiteren die „ informelle Weiterbildung[92], die sich außerinstitutionell ausrichtet und der geschlossenen sowie der offenen Weiterbildung zuzurechnen ist.[93]

Neben dieser formal ausgerichteten Ordnung, kann eine weitere Differenzierung des Erwachsenenbildungsbereiches in der Bereitstellung der Bildungsangebote nach unterschiedlichen Interessen erfolgen:

1. Die „erwerbswirtschaftliche[n, Einfügung d. Verf.] Interessen“[94], unter denen sich kommerzielle Anbieter einordnen lassen, wie zum Beispiel Fernlehrinstitute oder Einrichtungen der beruflichen Bildung.
2. Die „Ausrichtung an spezifisch gesellschaftlichen Inhalten“[95], von Bildungseinrichtungen der Gewerkschaften, Kirchen und Berufs- und Wirtschaftsverbänden.
3. Die „öffentliche[n, Einfügung d. Verf.] Interessen“[96], vertreten durch Bildungseinrichtungen in öffentlicher beziehungsweise „quasi-öffentlicher“[97] Trägerschaft. Hierzu zählen beispielsweise die Volkshochschulen, Umschulungszentren und berufliche Schulen.
4. Die „organisationsinternen Interessen“[98], erfasst in Bildungsangeboten, die zum unmittelbaren Nutzen der Anbieter erbracht werden, wie zum Beispiel die innerbetriebliche Fortbildung, Anpassungs- und Aufstiegsfortbildung oder die Anlernqualifizierung in Betrieben.
5. Die „problem- und situationsbezogenen, handlungsorientierten Interessen“[99], zu denen die informellen, außerinstitutionellen oder autonomen Erwachsenenbildungsangebote zählen, erbracht durch Initiativen, Vereine oder Interessengruppen.[100]

Diente die Darstellung der Struktur des quartären Bildungsbereiches einer Übersicht über den Bildungssektor im Allgemeinen, so sollen die nachstehenden Kapitel eine genauere Betrachtung der Trägerbereiche in der Erwachsenenbildung im Besonderen zum Inhalt haben.

4.2 Trägerbereiche der Erwachsenenbildung

Organisationen oder Institutionen werden als Träger bezeichnet, wenn die, dem Träger zugehörigen, Institute und Einrichtungen zur Weiterbildung auf der Basis einer rechtlich und finanziell gesicherten Grundlage tätig sind.[101]

4.2.1 Staatlicher Trägerbereich

Weiterbildungsangebote in staatlicher Trägerschaft werden in der Regel von den Fachschulen, Fachhochschulen und Hochschulen wahrgenommen.

Seit 1976 sind die Hochschulen durch das „Hochschulrahmengesetz (HRG)“[102] zur Weiterbildung verpflichtet. „Die Hochschulen dienen dem weiterbildenden Studium und beteiligen sich an Veranstaltungen der Weiterbildung“ (HRG § 2(3))“[103].

Vertiefung und Erweiterung von beruflicher Fachbildung sowie die Förderung von Allgemeinbildung fallen in das Aufgabengebiet der Fach- und Fachhochschulen.

Des Weiteren unterhalten die Städte und Kommunen Einrichtungen des `zweiten Bildungsweges´ wie beispielsweise die Abendgymnasien, Abendrealschulen und so genannte Kollegs.

Für die politische Bildung in staatlicher Trägerschaft sind die „Bundeszentrale und Landeszentralen für politische Bildung“[104] zuständig.[105]

4.2.2 Kommunaler Trägerbereich

Im kommunalen Trägerbereich ist als bekannteste Erwachsenenbildungseinrichtung exemplarisch die Volkshochschule zu nennen. 1997 gab es in Deutschland 1.002 zentrale Volkshochschulen mit rund 4.000 Außenstellen in Stadtteilen und ländlichen Bezirken[106]. Als öffentliche Einrichtungen, in enger Verbindung zu den Kommunen, sind sie dem „Grundsatz der Offenheit“[107] verpflichtet und mit der Bereitstellung von relevanten, gesamtgesellschaftlichen Bildungsangeboten - unabhängig von persönlichen Mitgliedschaften, politischen Auffassungen oder formalen Schulabschlüssen - beauftragt[108].

Didaktisches Grundprinzip der Volkshochschulen ist eine teilnehmerorientierte Ausrichtung bezüglich der Weiterbildungsinteressen und -bedürfnisse sowie „das Bereitstellen von angemessenen Möglichkeiten zur Entfaltung ihrer geistigen, personalen, kommunikativen Potenziale“[109]. Ist eine Thematik von so genannter öffentlicher Relevanz, so ist es auch Aufgabe der Volkshochschulen Weiterbildungsbedarfe und –bedürfnisse zur ermitteln, zu aktivieren und zu decken[110].

Der Anspruch auf Gewährleistung einer „Weiterbildungs-Chancengleichheit“[111], setzt ein vielseitiges, und für jedermann erschwingliches, Angebot voraus. Diese Grundanforderung impliziert zum einen die Vermittlung von Wissen und Kompetenzen im Kontext der Berufs- und Lebensgestaltungschancen und zum anderen die Vermeidung persönlicher und sozialer Ausgrenzung bezüglich ständig komplexer werdenden Lebens- und Arbeitsbedingungen in der Gesellschaft.

In ihrem Selbstverständnis als Bildungseinrichtung unterscheiden sich die Volkshochschulen von anderen Erwachsenenbildungseinrichtungen durch ihre „integrative Funktion, im Sinne der gesellschaftlichen und sozialen Einbindung von Menschen aus verschiedenen Kulturen, Religionen, Parteien aber auch aus verschiedenen Berufsgruppen, Bildungsschichten, Einkommensklassen usw. in die Weiterbildungskommunikation und in das demokratische Gemeinwesen“[112]. Als Folge dieses integrativen Gedankens wird berufliche Weiterbildung mit allgemeiner Weiterbildung in Beziehung gesetzt und damit die strikte Trennung von fachlichen und allgemeinen Weiterbildungsinhalten überwunden[113].

Die merkbar enge Anbindung von Volkshochschulen an die Gemeinden drückt sich auch in ihrer „institutionellen Verfasstheit“[114] aus, da Volkshochschulen von den Gemeinden in unterschiedlichen Rechtsformen getragen werden.[115]

Zur Verdeutlichung folgende Tabelle:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Deutsches Institut für Erwachsenenbildung 1996, S. 10f. In: Wittpoth 1997, S. 110

Die grundlegende Finanzierung der Volkshochschulen setzt sich in der Regel zusammen aus „ Zuschüssen von Gemeinde, Kreis, Land, der Bundesebene und anderen sowie Eigeneinnahmen[116], wobei sich die Gemeinden bundesweit mit „30%“[117] beteiligen und der Anteil der Teilnehmergebühren bei „34%“[118] liegt.

Betrachtet man die Teilnahmezahlen nach den Trägerbereichen in der allgemeinen Weiterbildung selektiert, so zeigt sich, dass die Volkshochschulen im Jahr 2000 mit „27%“[119], gefolgt von den privaten Instituten mit „11%“[120] die dominierende Trägergruppe in der allgemeinen Weiterbildung ist.

Hinsichtlich der erbrachten Bildungsveranstaltungen wurden diese 1997 von rund 190.000 nebenberuflichen MitarbeiterInnen durchgeführt, wohingegen die Planung und Organisation in den Händen von knapp 8300 hauptberuflichen pädagogischen MitarbeiterInnen lag. Hier zeigt sich in allen Bereichen durchgängig ein relativ hoher Frauenanteil.[121]

Volkshochschulen sind auf Länderebene in Landesverbänden organisiert und auf Bundesebene wird ihre Bildungsarbeit vom Deutschen Volkshochschulverband unterstützt[122].

4.2.3 Gewerkschaftlicher Trägerbereich

Der Ursprungsgedanke gewerkschaftlicher Bildungsarbeit ist die emanzipatorische Bildungsarbeit, mit dem Ziel individueller und kollektiver Emanzipation. Die beschäftigungsabhängigen ArbeitnehmerInnen sollen befähigt werden „die Interessen ihrer Klasse (kollektive Emanzipation) und ihre eigenen Interessen (individuelle Emanzipation) vor allem im Betrieb, aber auch in der Gesellschaft“[123] zu vertreten.

Die Dachverbände der Gewerkschaften, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Deutsche Angestelltengewerkschaft (DAG), positionieren sich vornehmlich in der beruflichen Weiterbildung.

Bildungsveranstaltungen werden in der Regel in eigenen Bildungswerken und Fachschulen durchgeführt.[124]

Für den DGB ist das „Berufsfortbildungswerk (bfw)“[125] als Träger beruflicher Weiterbildung zu nennen, für die DAG die „Deutsche – Angestellten – Akademie e. V. (DAA)“[126], das „DAG –Bildungswerk“[127] und das „DAG – Technikum“[128].

J. Wittpoth weist aufgrund der Mittelkürzungen in der beruflichen Weiterbildung und der „Änderungen der Finanzierungsmodalitäten im Rahmen des AFG“[129], auf die daraus resultierenden, verschlechterten Arbeitsbedingungen der Träger von beruflicher Weiterbildung hin. „Wir sind gewissermaßen auf der anderen, der `Schatten´- Seite des Feldes angekommen, bei den Angeboten, die sich überwiegend an unterprivilegierte Gruppen der Gesellschaft wenden. Und gerade hier ist die Situation der jüngsten Zeit durch Einbrüche gekennzeichnet.“[130]

Dies betrifft zum einen die durch Schließung von Berufsbildungseinrichtungen und Reduzierung von neuen Maßnahmen betroffenen Träger – hier das bfw - zum anderen die unmittelbar betroffenen Zielgruppen. „Die Dauer von Umschulungen wurde gekürzt, die Förderung von Maßnahmen zur Verbesserung der Vermittlungsaussichten für Arbeitslose ganz gestrichen, die für den Erfolg einer Maßnahme oft notwendige sozialpädagogische Betreuung stark eingeschränkt, Lehrgangsgebühren werden häufig nur noch zu 70% übernommen“[131].

Das berufliche Weiterbildungsangebot des bfw gliedert sich in „Umschulungen, Aufstiegs- und Anpassungsfortbildung, Berufsfortbildung, Berufsvorbereitung, berufliche Erstausbildung, berufliche Orientierung sowie – in sehr geringem Umfang – allgemeine und politische Bildung“[132].

Steht anfänglich bei der DAG die Anpassungsfortbildung für kaufmännische Angestellte im Vordergrund, fokussiert sich der inhaltliche Schwerpunkt der Bildungsaktivitäten Anfang der siebziger Jahre auf die Wiedereingliederung von Arbeitslosen[133].

Eine genauere Betrachtung der Weiterbildungsaktivitäten der DAG von 1995 ergibt, dass die Anpassungsfortbildung mit „54%“[134] die größte Gewichtung erfährt, gefolgt von Umschulungsmaßnahmen mit „21%“[135], der Aufstiegsfortbildung mit „10%“[136], der Berufsausbildung mit „6%“[137] und der Allgemeinen Bildung mit „9%“[138].

Bei dem Weiterbildungspersonal zeigt sich ein vergleichsweise geringer Anteil an hauptberuflichen MitarbeiterInnen gegenüber einem hohen Anteil nebenberuflicher MitarbeiterInnen[139].

4.2.4 Trägerbereiche der Wirtschaft

Für die Weiterbildung in der Wirtschaft sind neben Betrieben, „Industrie- und Handelskammern, die Handwerkskammern und zahlreiche Verbände der Wirtschaft, der Arbeitgeber und der freien Berufe“[140] als Bildungsträger tätig.

Eine einheitliche Weiterbildungsorganisation ist in der Wirtschaft nicht gegeben und auch nicht beabsichtigt, da „das in der Weiterbildung unabdingbare marktwirtschaftliche Grundprinzip der freien Konkurrenz von betrieblichen und außerbetrieblichen Trägern und Angeboten“[141] aufrechtzuerhalten ist und staatliche Reglementierungen abgelehnt werden[142].

Die Betriebe sind, bezogen auf die Häufigkeit durchgeführter Maßnahmen, die wichtigsten Träger beruflicher Weiterbildung. Etwa die Hälfte aller Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung werden auf Veranlassung beziehungsweise in Trägerschaft von Betrieben durchgeführt[143].

Ergänzend bleibt anzumerken, dass die Trägergruppe der Arbeitgeber und der Betriebe in der allgemeinen Weiterbildung eine eher untergeordnete Stellung einnehmen, neben den gesellschaftlichen Organisationen jedoch mit „9%“[144] noch im vorderen Bereich vertreten sind.

Die Inhalte der betrieblichen Weiterbildung werden in der Regel über interne und externe Weiterbildungsmaßnahmen vermittelt. Dabei sind sie abhängig von der Ausprägung der Innovationskonzepte und arbeitsorganisatorischen sowie personalwirtschaftlichen Entscheidungsstrukturen in den Betrieben. Sie gestalten sich für die jeweiligen Zielgruppen – in Bezug auf die Aufgaben betrieblicher Funktions- beziehungsweise Tätigkeitsbereiche - unterschiedlich[145].

Die Zielsetzung betrieblicher Weiterbildung insgesamt beinhaltet eine möglichst effektive Anpassung der Qualifikation der Beschäftigten an die erforderlichen technischen und arbeitsorganisatorischen Innovationen[146].[147]

[...]


[1] Diese Begrenzung musste aufgrund des vorgegeben Rahmens dieser Arbeit erfolgen.

[2] Kant 1783, S. 9

[3] vgl. ebd., S. 17

[4] Seitter 2000, S. 133

[5] Ebd.

[6] Im Folgenden wird aus Gründen der Lesbarkeit die männliche Form verwendet, beide Geschlechter sind jedoch in den Ausführungen gemeint.

[7] ebd.

[8] Vgl. ebd., S. 133f; Vgl. Nuissl/Pehl 2004, S. 13f

[9] Lenz 1979, S. 43

[10] vgl. ebd.

[11] Seitter 2000, S. 135

[12] Vgl. ebd.

[13] Lenz 1979, S. 43

Die Ablösung des Begriffes `Volksbildung´ ergab sich aus dem Wortmissbrauch durch den Faschismus in Deutschland.

[14] Seitter 2000, S. 137

[15] ebd.

[16] vgl. ebd.

[17] Siebert 2001, S. 704; Vgl. Deutscher Bildungsrat 1972, S. 57

[18] Die beiden Begrifflichkeiten Erwachsenenbildung und Weiterbildung werden in dieser Diplomarbeit synonym verwendet.

[19] Deutscher Bildungsrat 1972, S. 197 J. Weisser macht bei der Definition des Deutschen Bildungsrates zu recht darauf aufmerksam, dass die Erwachsenenbildung einerseits eine Begrenzung bezüglich einer Grundausbildung erfährt, jedoch auf weitere Einschränkungen verzichtet. Andererseits wird das Gebiet der Erwachsenenbildung inhaltlich auf organisiertes Lernen beschränkt. Dieser inhaltlichen Abgrenzung kann aus heutiger Sicht nicht mehr zugestimmt werden, da auch `nicht – organisiertes Lernen´ durchaus als Erwachsenenbildung definiert werden kann (vgl. Weisser 2002. S. 19).

[20] Lenz 1979, S. 30

[21] vgl. ebd.

[22] Heger 1998, S. 414

[23] ebd.

[24] Siebert 1999, S. 61

[25] ebd.

[26] Knoll/Siebert 1967, S. 28f. In: Siebert 1999, S. 61

[27] Heger 1998, S. 414

[28] Vgl. ebd.

[29] Siebert 1999, S. 61

[30] ebd., S. 62

[31] Vgl. ebd., S. 61f

[32] vgl. Dröll 1999, S. 40

[33] vgl. Siebert 1999, S. 63f

[34] Vgl. Nuissl 1999, S. 392

[35] Deutscher Bildungsrat 1972, S. 51

[36] Kade 1997, S. 480. Lebenslanges Lernen wird einerseits in den Kontext von ökonomischen Entwicklungsprozessen gestellt, der zwangsläufiges Lernen impliziert, und andererseits sozial geprüfte Lebensbedingungen in ihrer Verhältnismäßigkeit zwischen eigener Lebensrealität und der Umwelt ergänzt, verdeutlicht und weiterführend verändert (vgl. Kade/Seitter 1998, S. 52f).

[37] ebd.

[38] vgl. Hufer 1992, S. 23ff

[39] Ebd., S. 28

[40] Ebd.

[41] Ebd.

[42] ebd., S. 31

[43] Vgl. ebd., S. 30f

[44] ebd., S. 32

[45] Ebd.

[46] Vgl. Diemer/Peters 1998, S. 83

[47] Siebert 1999, S. 69

[48] Vgl. ebd., S. 68f

[49] Vgl. Knoll/Pöggeler/Schulenberg 1983, S. 76f

[50] Siebert 1999, S. 69

[51] ebd.

[52] ebd.

[53] ebd.

[54] ebd.

[55] ebd.

[56] ebd.

[57] ebd.

[58] ebd.

[59] ebd.

[60] ebd.

[61] Vgl. Hufer 1992, S. 49f

[62] Ebd., S. 49

[63] Ebd., S. 50

[64] Siebert 1999, S. 69

[65] ebd.

[66] ebd.

[67] Siebert 2001, S. 706

[68] ebd.

[69] Nuissl 1999, S. 397

[70] Siebert 2001, S. 706

[71] Wittpoth 1997, S. 70

[72] Siebert 1999, S. 74 „Ein zusätzlicher Schub, inklusive beträchtlicher Missbrauchserscheinungen, erfolgte nach 1990 in den neuen Bundesländern. In einer von Beliebigkeit und Intransparenz gekennzeichneten Situation entwickelte sich verstärkt der Ruf nach Kontrolle und Qualitätsnachweisen.“(Beer 2001, S.25)

[73] ebd.

[74] ebd.

[75] Vgl. ebd.

[76] Vgl. ebd., S. 74f

[77] ebd., S. 75

[78] ebd.

[79] ebd., S. 75f

[80] ebd., S. 76

[81] ebd.

[82] Vgl. ebd., S. 74ff

[83] ebd., S. 76

[84] Deutscher Bildungsrat 1972, S. 53

[85] Ahlheim 1986, S. 13

[86] Vgl. Diemer/Peters 1998, S. 55

[87] vgl. Nuissl, S. 396

[88] vgl. Wittpoth 1997, S. 69

[89] Siebert 2001, S. 704

[90] Wittpoth 1997, S. 70

[91] Vgl. Kade 1997, S. 481f

[92] Wittpoth 1997, S. 70

[93] Vgl. ebd., S. 69f

[94] Heger 1998, S. 417

[95] ebd.

[96] ebd., S. 418

[97] ebd.

[98] ebd.

[99] ebd.

[100] Vgl. ebd., S. 417ff

[101] Vgl Diemer/Peters 1998, S. 57 Grundsätzlich sei hier angemerkt, dass es im Rahmen dieser Diplomarbeit nicht möglich ist, eine vollständige Darstellung aller Erwachsenenbildungseinrichtungen in den unterschiedlichen Trägerbereichen aufzuzeigen. Jedoch ist es von Bedeutung, die wesentlichen Gesichtspunkte zu dieser Thematik abzubilden.

[102] Wittpoth 1997, S. 94

[103] ebd.

[104] Diemer/Peters 1998, S. 58

[105] Vgl. ebd.

[106] vgl. Dohmen 1999, S. 458

[107] Wittpoth 1997, S. 110

[108] vgl.Dohmen 1999, S. 457

[109] ebd.

[110] vgl. ebd.

[111] ebd.

[112] ebd.

[113] vgl. ebd. Bereits 1951 wurde bei dem 1. Deutschen Volkshochschultag auf die Notwendigkeit der Integration von beruflicher Weiterbildung in das Weiterbildungsangebot aufmerksam gemacht. In folgender Stellungnahme heißt es: „Die Volkshochschule hat die Aufgabe, praktische Lebenshilfe auf allen Gebieten zu geben. Sie darf daher eines der wichtigen Anliegen - die Existenzsicherung durch den Beruf – nicht außer acht lassen ...Hier stellt sich der Volkshochschule die Aufgabe, von der Berufsarbeit aus weiterführende Interessen zu wecken und größere Zusammenhänge zu erschließen. Dies sollte geschehen unter dem Gesichtspunkt der Persönlichkeitsbildung und nicht im Sinne irgendwelcher Ausrichtung oder spezialistischer Fachschulung. Methodisch sollte nicht die stoffliche Wissensvermittlung, sondern das Hinführen zu selbstständigen Arbeiten richtunggebend sein. Die Durchführung berufsfördernder Kurse rechtfertigt sich daher a) als unmittelbar praktisch notwendige Lebenshilfe, b) als methodischer Ansatzpunkt für die Bildungsaufgaben der Volkshochschule.“(Tietgens 1979, S. 21).

[114] Wittpoth 1997, S. 110

[115] Vgl. ebd.; Vgl. Nuissl/Pehl 2004, S. 25

[116] Deutsches Institut für Erwachsenenbildung 1996, S. 10f. In: Wittpoth 1997, S. 110

[117] ebd.

[118] ebd.

[119] Kuwan u.a. 2003, S. 231

[120] ebd.

[121] Vgl. Dohmen 1999, S. 459

[122] vgl. Diemer/Peters.1998, S. 58

[123] Derichs-Kunstmann 1999, S. 473

[124] Vgl. Nuissl/Pehl 2004, S. 25; Vgl. Dröll 1999, S.19f

[125] Wittpoth 1997, S. 98

[126] ebd., S. 101

[127] ebd.

[128] ebd., S. 102

[129] ebd., S. 98

[130] Ebd.

[131] Berufsfortbildungswerk 1994, S. 6. In: Wittpoth 1997, S. 99

[132] Wittpoth 1997, S. 99

[133] vgl. ebd., S. 101

[134] ebd., S. 102

[135] ebd.

[136] ebd.

[137] ebd.

[138] ebd.

[139] vgl. ebd., S. 101

[140] Diemer/Peters 1998, S. 60

[141] Siegers 1993, S. 9. In: Dröll 1999, S. 18

[142] vgl. Schlaffke 1999, S. 479

[143] vgl. Nuissl/Pehl 2004, S. 28

[144] ebd.

[145] vgl. Wittpoth 1997, S. 78f

[146] vgl. ebd.

[147] Es liegt nahe, dass unternehmenspolitische Interessen bei der Auswahl der Teilnehmer und deren Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen maßgeblich sind, nicht die individuellen Qualifikationsbedürfnisse der Beschäftigten. Die Ermittlung eines Bedarfes an Weiterbildung erfolgt in der Regel über Vorgesetzte oder Führungskräfte und basiert auf subjektiven Einschätzungen und Einstellungen, auch um „die Hierarchien im Betrieb zu reproduzieren und Führungspositionen zu legitimieren“(Weisser 2002, S. 142f). In der Regel haben niedrigqualifizierte sowie un- oder angelernte Beschäftigte geringere Chancen zu einer qualifizierten Weiterbildung als Beschäftigte in Führungspositionen, dequalifizierte Tätigkeitsbereiche und Positionen erweisen sich als bildungshemmend. (Vgl. ebd.; Vgl. Meueler 2002, S. 59). Bezogen auf den Sachverhalt der Zugangsmöglichkeiten, stellt J. Wittpoth fest, dass im Zusammenhang des postulierten Rechtes auf Weiterbildung, durchaus Einschränkungen gegeben sind. Beispielhaft wird hier die berufliche Weiterbildung angeführt: Da „53% der Teilnahmefälle auf die Arbeitgeber/Betriebe und 10% auf Private Institute entfallen, gibt es bereits bei mehr als der Hälfte der Angebote klare Zugangsbarrieren. Im einen Fall (Arbeitgeber) entscheiden nicht die Weiterbildungsinteressierten, sondern deren Vorgesetzte über die Teilnahme. Im anderen Fall (Private Institute) haben die Preise oft eher prohibitiven Charakter, das heißt sie verhindern eine Teilnahme, solange die Kosten nicht vom Arbeitgeber getragen werden.“(Wittpoth 1997, S. 75; Vgl. Ahlheim 1986, S. 13f).

Ende der Leseprobe aus 152 Seiten

Details

Titel
Erwachsenenbildung im Spannungsfeld von pädagogischer Zielsetzung und marktwirtschaftlicher Organisation
Untertitel
Die Volkshochschule als traditioneller Bildungsträger zwischen bildungspolitischem Selbstverständnis und ökonomischer Dienstleistung
Hochschule
Philipps-Universität Marburg  (Institut für Erziehungswissenschaften)
Note
2
Autor
Jahr
2005
Seiten
152
Katalognummer
V40219
ISBN (eBook)
9783638387880
ISBN (Buch)
9783638731683
Dateigröße
4196 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Erwachsenenbildung, Spannungsfeld, Zielsetzung, Organisation, Thema Erwachsenenbildung
Arbeit zitieren
Wolfram Pauls (Autor:in), 2005, Erwachsenenbildung im Spannungsfeld von pädagogischer Zielsetzung und marktwirtschaftlicher Organisation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/40219

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