Eine Meta-Meta-Perspektive auf komplexitätsreduzierende Mechanismen in Unternehmensnetzwerken


Diplomarbeit, 2004

98 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


0 Gliederung

Abbildungsverzeichnis

Ehrenwörtliche Erklärung

1 Einleitung
1.1 Einführung in die Thematik und Zielsetzung der Arbeit
1.2 Aufbau der Arbeit

2 Unternehmensnetzwerke
2.1 Unternehmensnetzwerke als spezielle Form der zwischenbetrieblichen Kooperation
2.2 Typen von Unternehmensnetzwerken

3 Management und Steuerung von Unternehmensnetzwerken
3.1 Steuerungsebenen von Unternehmensnetzwerken
3.2 Spannungsfelder im Management von Unternehmensnetzwerken
3.2 1 Das Spannungsfeld zwischen Autonomie und Interdependenz
3.2.2 Das Spannungsfeld zwischen Kooperation und Wettbewerb
3.2.3 Das Spannungsfeld zwischen Stabilität und Flexibilität/Dynamik
3.2.4 Das Spannungsfeld zwischen Spezialisierung/Differenzierung und Integration
3.2.5 Das Spannungsfeld zwischen Reziprozität und einseitigem Machtvorteil
3.2.6 Das Spannungsfeld zwischen Herrschaft und Ökonomie
3.3 Besondere Managementaufgaben in Unternehmensnetzwerken

4 Mechanismen zu Steuerung von Unternehmensnetzwerken

5 Komplexität und deren Zusammenhang mit Unternehmensnetzwerken
5.1 Zum Begriff ´Komplexität´
5.2 Der Zusammenhang zwischen Komplexität und Unternehmensnetzwerken

6 Komplexitätsmanagement in Unternehmensnetzwerken unter Zuhilfenahme komplexitätsreduzierender Mechanismen
6.1 Die Bedeutung eines Komplexitätsmanagements in Unternehmensnetzwerken
6.2 Die Bedeutung komplexitätsreduzierender Mechanismen in Unternehmens-netzwerken

7 Komplexitätsreduzierende Mechanismen in Unternehmensnetzwerken
7.1 Unmittelbar beziehungsrelevante Mechanismen zur Komplexitätsreduktion
7.1.1 Vertrauen
7.1.2 Macht
7.1.3 Abhängigkeiten
7.1.4 Kultur
7.2 Mittelbar beziehungsrelevante Mechanismen zur Komplexitätsreduktion
7.2.1 Reputation
7.2.2 Vertrag
7.2.3 Ressourcen
7.2.4 Kontrolle
7.2.5 Wissen und Lernen
7.2.6 Institutionen
7.3 Der Zusammenhang zwischen den komplexitätsreduzierenden Mechanismen und den Steuerungsebenen sowie den besonderen Managementaufgaben in Unter-nehmensnetzwerken

8 Eine Analyse komplexitätsreduzierender Mechanismen in Unternehmensnetz-werken aus verschiedenen theoretischen Perspektiven.
8.1 Überblick über die theoretischen Ansätze
8.1.1 Die Transaktionskostentheorie
8.1.2 Die Spieltheorie
8.1.3 Die Principal-Agent-Theorie
8.1.4 Die Rational-Choice-Theorie
8.1.5 Die Ressourcenabhängigkeitstheorie
8.1.6 Die Systemtheorie von Niklas Luhmann
8.1.7 Die Strukturationstheorie von Anthony Giddens
8.2 Komplexitätsreduzierende Mechanismen in ausgewählten Theorien – eine Analyse
8.2.1 Vertrauen und Macht
8.2.1.1 Vertrauen in der Spieltheorie
8.2.1.1.1 Das klassische Gefangenendilemma
8.2.1.1.2 Das Gefangenendilemma in Unternehmensnetzwerken
8.2.1.1.3 Vertrauen als Mittel zur Reduktion von Komplexität
8.2.1.2 Vertrauen in der Systemtheorie von Niklas Luhmann
8.2.1.3 Vertrauen in Spiel- und Systemtheorie – ein Vergleich
8.2.1.4 Macht in der Strukturationstheorie von Anthony Giddens
8.2.1.5 Vertrauen und Macht als komplexitätsreduzierende Mechanismen in Unternehmensnetzwerken – ein Vergleich
8.2.2 Abhängigkeiten in der Principal-Agent-Theorie
8.2.3 Kultur in der Spieltheorie
8.2.4 Vertrag in der Systemtheorie von Niklas Luhmann
8.2.5 Institutionen
8.2.5.1 Institutionen in der Rational-Choice-Theorie
8.2.5.2 Institutionen in der Strukturationstheorie
8.2.6 Ressourcen in der Ressourcenabhängigkeitstheorie
8.2.7 Wissen in der Strukturationstheorie
8.2.8 Kontrolle in der Principal-Agent-Theorie
8.2.9 Reputation in der Transaktionskostentheorie
8.3 Zusammenfassende Darstellung komplexitätsreduzierender Mechanismen in Un-ternehmensnetzwerken aus der Sicht verschiedener theoretischer Perspektiven
8.4 Abschließende Beurteilung der Mechanismen und der Theorien

9 Schlussbemerkungen

10 Anhang
Anhang 1: Übersicht über die Betrachtung unmittelbar beziehungsrelevanter kom-plexitätsreduzierender Mechanismen in verschiedenen theoretischen Perspektiven
Anhang 2: Übersicht über die Betrachtung mittelbar beziehungsrelevanter komple-xitätsreduzierender Mechanismen in verschiedenen theoretischen Perspektiven

11 Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Die Betrachtung der Komplexität von bzw. in Unternehmensnetz-werken

Abb. 2: Zusammenfassender Überblick über Differenzierungskriterien und Typologisierungen von Unternehmensnetzwerken aus der Sicht verschiedener Autoren

Abb. 3: Überblick über in der Literatur behandelte Steuerungsmechanismen in Unternehmensnetzwerken

Abb. 4: Übersicht über die Zuordnung komplexitätsreduzierender Mechanismen zu verschiedenen Aufgaben des Netzwerkmanagements

Abb. 5: Übersicht über die Zuordnung komplexitätsreduzierender Mechanismen zu verschiedenen Ebenen des Netzwerkmanagements

Abb. 6: Erträge der Akteure in Abhängigkeit von den gewählten Handlungs-möglichkeiten bei einer einmaligen Entscheidung

Abb. 7: Vergleich zwischen der Spieltheorie und der Systemtheorie Luhmanns bezüglich Vertrauen

Abb. 8: Die Dimensionen des Sozialen in der Strukturationstheorie

Abb. 9: Institutionen in der Strukturationstheorie

Abb. 10: Rekursive Regulation

Abb. 11: Wege rekursiver Regulation

Abb. 12: Interdependenzen in der Strukturationstheorie

Abb. 13: Entlohnungsfunktion des Groves-Schemas

Ehrenwörtliche Erklärung

Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig angefertigt habe und nicht auf andere als die zulässigen Hilfsmittel zurückgegriffen habe. Alle Stellen, die wörtlich oder sinngemäß aus veröffentlichten oder nicht veröffentlichten Schriften entnommen wurden, sind als solche gekennzeichnet. Die Arbeit hat in gleicher oder ähnlicher Form noch keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegen.

1 Einleitung

„There is little doubt that the future will see the development of more and more networked organizations. They are an effective response to the many changes taking place in the bu-siness environment, particularly because they can create the advantages of large organiza-tions without creating the large organization itself.”[1]

Dieses Zitat von J. R. Galbraith aus dem Jahre 1998 verdeutlicht, dass Unternehmensnetz-werke im Wirtschaftsgeschehen gegenwärtig und zukünftig zunehmend von Bedeutung sein werden. Galbraiths Aussage wird auch dadurch untermauert, dass die Interorganisati-onsperspektive derzeit einen „[...] ´Mainstream´ organisationstheoretischer Forschungsbe-mühungen [...]“ darstellt.[2] Aufgrund der vielfältigen Chancen und Vorteile[3], die Unterneh-mensnetzwerke unter den heutigen, hochgradig veränderlichen Umweltbedingungen auf-zeigen bzw. aufweisen, werden sie in der Literatur vielfach „[...] als die für das 21. Jahr-hundert relevanteste Form der Organisation [...]“ bezeichnet.[4] Aus diesem Grunde widmet sich diese Arbeit der Analyse dieser bedeutenden Organisationsform ökonomischer Aktivi-täten.

1.1 Einführung in die Thematik und Zielsetzung der Arbeit

Die vorliegende Arbeit beleuchtet Unternehmensnetzwerke bezüglich ihrer Komplexität. Unternehmensnetzwerke sind durch eine enorm hohe Komplexität gekennzeichnet.[5] Nach Sichtung der Literatur wurde schnell deutlich, dass, aufgrund der großen Zahl an Veröf-fentlichungen zum Thema Netzwerk und der darin beschriebenen vielfältigen Ausgestal-tungsmöglichkeiten dieser Organisationsform, auch die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Gebilde des Unternehmensnetzwerkes an sich schon ein hochkomplexes The-menfeld darstellt.

Demzufolge soll das Konstrukt der Komplexität im Zusammenhang mit Unternehmens-netzwerken auf zwei Ebenen analysiert werden. Dies wird in Abb. 1 verdeutlicht. Dabei stehen drei Zielstellungen im Mittelpunkt, deren gemeinsamer Zweck in der Reduktion der enorm hohen Komplexität in bzw. von Unternehmensnetzwerken besteht. Als erstes soll auf einer dem Gebilde des Unternehmensnetzwerkes übergeordneten Ebene die Komplexi-tät bei der Beschäftigung mit der Organisationsform des Netzwerkes reduziert werden, in-dem ein Überblick über Typologisierungs- bzw. Kategorisierungsmöglichkeiten von Un-ternehmensnetzwerken gegeben wird. Zweitens soll aufgezeigt werden, welche Mechanis-men zur Komplexitätsreduktion in Unternehmensnetzwerken in der Literatur erwähnt wer-den. Drittens soll ein Beitrag zur Reduktion der Komplexität bei der wissenschaftlichen Bearbeitung von komplexitätsreduzierenden Mechanismen in Unternehmensnetzwerken geleistet werden. Dazu werden diese Mechanismen bezüglich ihrer komplexitätsreduzie-renden Wirkung auf der Grundlage einiger ausgewählter Theorien analysiert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Die Betrachtung der Komplexität von bzw. in Unternehmensnetzwerken

1.2 Aufbau der Arbeit

In Kapitel 2 wird die Aufmerksamkeit zunächst auf die Organisationsform des Unterneh-mensnetzwerkes gelenkt. Zuerst wird eine Charakterisierung des Begriffs ´Unternehmens-netzwerk´ erfolgen, wobei ein Netzwerk als eine spezifische Form der zwischenbetriebli-chen Kooperation beschrieben wird. Als wichtigstes Merkmal dieser Organisationsform im Rahmen dieser Arbeit wird das soziale Beziehungsgeflecht zwischen den am Netzwerk be-teiligten Unternehmen bzw. Personen herausgestellt. Anschließend wird mit Hilfe einer Typologisierung verschiedener Netzwerkformen ein erster Versuch zur Reduktion der Komplexität bei der Betrachtung von Unternehmensnetzwerken unternommen. Wogegen sich Kapitel 2 mit einer Betrachtung von Unternehmensnetzwerken von außen beschäfti-gen wird, wird in den folgenden Kapiteln die Betrachtungsperspektive in das Innere des Netzwerkes verlegt.

Kapitel 3 wird sich mit dem Management von Unternehmensnetzwerken beschäftigen. Es werden vier zentrale Managementaufgaben beschrieben, die auf vier verschiedenen Steue-rungsebenen durchzuführen sind. Zudem spielt beim Netzwerkmanagement die Ausbalan-cierung einiger charakteristischer Spannungsfelder eine bedeutende Rolle, die ebenfalls nä-her erläutert werden. Das Netzwerkmanagement wird im Rahmen dieser Arbeit deswegen thematisiert, da die diesbezüglichen Ausführungen im Zusammenhang mit der Komplexität und dem Komplexitätsmanagement in Unternehmensnetzwerken bedeutsam sind.

In Kapitel 4 werden dann einige Steuerungsmechanismen vorgestellt, die im Rahmen des Netzwerkmanagements zur Anwendung kommen. In diesem Zusammenhang wird eine Ü-bersicht erstellt, die aufzeigt, von welchen Autoren diese Mechanismen in der Literatur be-handelt werden. Diese Übersicht bildet den Ausgangspunkt für die Untersuchung der Re-duktion der Komplexität in Unternehmensnetzwerken.

Das Kapitel 5 wird sich anschließend dem Phänomen der Komplexität widmen. Nachdem der Begriff ´Komplexität´ genauer erläutert worden ist, wird verdeutlicht, inwieweit es sich dabei um ein Merkmal von Unternehmensnetzwerken handelt.

Als Nächstes wird in Kapitel 6 die Bedeutung eines Komplexitätsmanagements in Unter-nehmensnetzwerken als Teilaufgabe des Netzwerkmanagements hervorgehoben. In diesem Zusammenhang wird insbesondere der Wert komplexitätsreduzierender Mechanismen he-rausgestellt.

In Kapitel 7 werden dann verschiedene komplexitätsreduzierende Mechanismen beschrie-ben. Dabei wird es sich um einige der in Kapitel 4 erwähnten Steuerungsmechanismen handeln, denen in der Literatur eine komplexitätsreduzierende Wirkung zugeschrieben wird. Ferner werden die betrachteten Mechanismen bezüglich ihrer Bedeutung für die vier zentralen Managementfunktionen und die vier Steuerungsebenen betrachtet.

In Kapitel 8 erfolgt eine Analyse der in Kapitel 7 beschriebenen komplexitätsreduzieren-den Mechanismen aus verschiedenen organisationstheoretischen Perspektiven. Zunächst werden die ausgewählten theoretischen Ansätze vorgestellt. Danach werden die komplexi-tätsreduzierenden Mechanismen beispielhaft anhand einiger ausgesuchter Theorien unter-sucht. Anschließend werden alle Kombinationen aus Theorien und Mechanismen in einer tabellarischen Übersicht zusammengefasst. Den Abschluss dieses Kapitels bildet schließ-lich eine Beurteilung der genannten Mechanismen und der ausgesuchten Theorien.

Die Arbeit schließt mit einer zusammenfassenden Beurteilung der gewonnenen Erkennt-nisse und einem Ausblick auf zukünftige Forschungsbemühungen ab.

2 Unternehmensnetzwerke

In der Literatur existieren viele Definitionen, die Unternehmensnetzwerke aus verschiede-nen Blickwinkeln beleuchten.[6] In Folgenden wird zunächst eine Abgrenzung des Begriffs Unternehmensnetzwerk für die weitere Arbeit vorgenommen. Anschließend wird im Rah-men der ersten Zielstellung, die mit der vorliegenden Arbeit verfolgt wird, eine Typologi-sierung der vielfältigen Ausgestaltungsmöglichkeiten von Unternehmensnetzwerken zur Reduktion der Komplexität bei der Beschäftigung mit dieser Organisationsform erfolgen.

2.1 Unternehmensnetzwerke als spezielle Form der zwischenbetrieblichen Kooperation

Gemäß Diego Gambetta sind „[...] grundlegende Formen der Kooperation unvermeidbar [...], wenn eine Gesellschaft überhaupt lebensfähig sein soll [...] Die grundlegendste Form menschlicher Kooperation [ist] die Enthaltung von gegenseitiger Verletzung [...].“[7]

Auch im Zusammenhang mit Netzwerken ist das Phänomen der Kooperation von zentraler Bedeutung, da dieser Begriff allen Definitionen von Unternehmensnetzwerken übergeord-net ist.[8] Semlinger sieht Kooperation sogar als „[...] das für Unternehmungsnetzwerke kon-stitutive Strukturmerkmal [an], das die eigenständige Qualität [dieser Organisationsform] begründet.“[9] Obwohl sich bisher kein einheitlicher Kooperationsbegriff durchsetzen konn-te, ist allen Begriffsdefinitionen gemeinsam, dass sie Kooperation als eine Form der Zu-sammenarbeit zwischen verschiedenen und gleichen Ebenen beschreiben.[10] Dabei sind in-nerbetriebliche Kooperationen verschiedener Bereiche desselben Unternehmens und zwi-schenbetriebliche Kooperationen mehrerer Unternehmen zu unterscheiden.[11]

Bei Unternehmensnetzwerken handelt es sich definitionsgemäß um eine spezifische Art der zwischenbetrieblichen Kooperation.[12] Voraussetzung für das Entstehen einer zwi-schenbetrieblichen Kooperation ist die Erkenntnis, dass die Zweckmäßigkeit des eigenen Verhaltens vom Verhalten anderer abhängt. Eine zwischenbetriebliche Kooperation ist da-durch gekennzeichnet, dass sich mindestens zwei rechtlich und wirtschaftlich selbständige Unternehmen vertraglich zur Abstimmung, Verknüpfung oder gemeinsamen Ausübung betrieblicher Funktionen und Aktivitäten entschließen, um eine größere Wirtschaftlichkeit und Rentabilität der einzelnen Unternehmen zu erzielen. Dabei sind die individuellen Leis-tungsbeiträge der Unternehmen im Voraus nicht exakt festgelegt, sondern werden indirekt durch den Beziehungskontext reguliert und in gegenseitigem Einvernehmen sowie durch die Selbststeuerung der Akteure aufeinander ausgerichtet. Die Netzwerkunternehmen sind dazu bereit, zur Erwirtschaftung eines gemeinsamen Kooperationserfolges ihre Entschei-dungsfreiheit zugunsten der Verfolgung gemeinsamer Ziele in bestimmten Bereichen frei-willig einzuschränken, sich zumindest partiell unter kollektive Ziele unterzuordnen und da-

mit auf die Ziele und Interessen der anderen Partnerunternehmen Rücksicht zu nehmen.[13]

Zudem sind Unternehmensnetzwerke dadurch gekennzeichnet, dass mindestens drei, meist jedoch mehr als zehn Partner zusammenarbeiten, die Unternehmen ihre Funktionen ab-stimmen, aber nicht zusammenlegen und die Zusammenarbeit nicht nur auf einen einmali-gen Leistungsaustausch beschränkt ist.[14]

Folglich wird ein Unternehmensnetzwerk für die weitere Arbeit als eine soziale, interorga-nisationale, netzwerkförmige Form der zwischenbetrieblichen Kooperation betrachtet. Mit-chell definiert ein soziales Netzwerk als “[…] a specific set of linkages among a defined set of actors, with the additional property that the characteristics of these linkages as a whole may be used to interpret the social behaviour of the actors involved.”[15] Auch Cas-son/Cox definieren Netzwerke als “[...] a set of linkages which either directly or indirectly connect every member of a group to every other member of the group.”[16] Ähnlich wie Mit-chell und Casson/Cox versteht Aderhold unter Netzwerken „[...] akteursbezogene Bezie-hungsgeflechte [...], die den Zugang zu neuen Potentialen [ermöglichen].“[17] Ferner defi-niert Kappelhoff soziale Netzwerke als „[..] eine Menge sozialer Akteure und den zwi-schen diesen Akteuren bestehenden sozialen Beziehungen. Sind diese Akteure Organisatio-nen, handelt es sich um ein interorganisationales Netzwerk.”[18] Im Fall von Unternehmens-netzwerken sind diese Organisationen Unternehmen. Auch Giddens und Windeler schen-ken in erster Linie dem Beziehungszusammenhang zwischen den Netzwerkunternehmen Aufmerksamkeit. Giddens definiert Netzwerke als „[...] systems in which social relations are of predominant importance [..].“[19] Ähnlich bezeichnet Windeler Unternehmensnetz-werke als „[...] soziale Systeme, die vornehmlich aus Geschäftsinteraktionen und –bezie-hungen zwischen (autonomen) Unternehmungen zusammengesetzt sind [..]“.[20]

In Anlehnung an die genannten Definitionen soll somit im Folgenden das soziale Bezie-hungsgeflecht zwischen den Netzwerkunternehmen im Mittelpunkt der Analyse der Kom-plexität in und von Unternehmensnetzwerken stehen.

Bei den Akteuren in Netzwerken handelt es sich zwar definitionsgemäß um Unternehmen, es gilt jedoch zu bedenken, dass letztendlich Menschen Träger zwischenbetrieblicher Ko-operationen sind. Somit sind auch die in den Netzwerkunternehmen handelnden Men-schen, ihre Interessen, Bedürfnisse, Einstellungen, Wertvorstellungen und Kenntnisse so-wie die zwischen ihnen bestehenden sozialen Beziehungen für die Zusammenarbeit und die Komplexität in Unternehmensnetzwerken von wesentlicher Bedeutung.[21]

2.2 Typen von Unternehmensnetzwerken

Unternehmensnetzwerke existieren in unterschiedlichen Ausprägungsformen. Diese lassen sich anhand verschiedener Kriterien zu Typen mit ähnlichen Merkmalen zusammenfassen.

Der wohl bekannteste Typisierungsversuch ist bei Sydow zu finden. Er unterscheidet be-züglich der Kriterien ´Steuerungsform´ und ´Stabilität der Mitgliedschaft bzw. der Netz-werkbeziehungen´ vier Typen interorganisationaler Netzwerke. Strategische Netzwerke werden von Unternehmen unterschiedlicher Größe gebildet und von einem oder mehreren fokalen (Groß-)Unternehmen ´hierarchisch´ geführt.[22] Die Zusammenarbeit der räumlich häufig sogar international verteilten Mitgliedsunternehmen ist durch eine formale, vertrag-lich-geregelte Struktur manifestiert. Die Beziehungen der Mitgliedsunternehmen unterein-ander sind zeitlich stabil. Strategische Netzwerke finden sich beispielsweise in der in der Automobilindustrie und in der Mikroelektronik. Regionale Netzwerke bestehen aus kleine-ren und mittleren, in räumlicher Nähe angesiedelten Unternehmen, die mittels Kooperation eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Position im Verhältnis zu großen Unternehmen anstreben. Regionale Netzwerke sind durch eine fehlende strategische Netzwerkführer-schaft und eine große Bedeutung emergenter, informaler Strukturen gekennzeichnet. In-folge wechselnder Interorganisationsbeziehungen sind sie in der Regel wenig stabil. Das Management erfolgt vorwiegend unter Nutzung der Integrationskraft regionaler Kulturen und Institutionen. Als Beispiele können die Emilia Romagna in Norditalien und das Silicon Valley in Kalifornien angeführt werden. Das Hauptmerkmal von Projektnetzwerken liegt in der zeitlich befristeten Zusammenarbeit der Unternehmen und der entsprechend hohen Fluktuation der Netzwerkmitglieder. Die Beziehungen zwischen den Netzwerkunterneh-men bleiben jedoch nach Projektabschluss insoweit latent vorhanden, als bei neuen Projek-ten an diese angeknüpft werden kann. Projektnetzwerke werden überwiegend von einer fo-kalen Unternehmung geführt. Beispiele für Projektnetzwerke finden sich in der Bau-, Film- und Fernsehindustrie. Virtuelle Unternehmen sind zeitlich befristete, auf Projektbasis initi-ierte Unternehmenszusammenschlüsse, die sich durch einen massiven Einsatz interorgani-sationaler Informations- und Kommunikationssysteme auszeichnen. Die Netzwerkbezie-hungen sind durch einen geringen Verbindlichkeitsgrad gekennzeichnet. Auf eine Institu-tionalisierung der Zusammenarbeit wird weitgehend verzichtet. Virtuelle Unternehmen sind in erster Linie in der IT-Branche zu finden.[23]

Windeler erweitert die Typologisierung von Sydow. Er gibt zu bedenken, dass die zeitlich-räumliche Lokalisierung der Netzwerkunternehmen (regional oder international) noch nichts über die Steuerungsform aussagt. Er weist darauf hin, dass auch eine Kooperation international verteilter Unternehmen durch das Fehlen einer zentralen Autorität gekenn-zeichnet sein kann, ebenso wie ein regionales Netzwerk über eine strategische Netzwerk-führerschaft verfügen kann. Somit sieht er die zeitlich-räumliche Struktur des Netzwerks und die Steuerungsform als zwei getrennt zu betrachtende Unterscheidungsmerkmale an. Zudem charakterisiert er Unternehmensnetzwerke nach der zeitlichen Stabilität der Netz-werkbeziehungen, der Art der Entstehung und dem dominanten Netzwerkzweck.[24]

Kiesel/Klink unterscheiden nach der vorherrschenden Kommunikations- und Verknüp-fungsstruktur vier Typen von Unternehmensnetzwerken. Bei der Baum-Typologie ist jedes Netzwerkmitglied mit mindestens einem, in der Regel jedoch mit mehr als zwei weiteren Mitgliedern verbunden. Dabei ähnelt die Anordnung der einzelnen Netzwerkmitglieder dem Zweiggeflecht eines Baumes. In dem von einem Mitglied ausgehenden Informations- und Kommunikationsfluss entstehen in mindestens zwei Zweigen redundante Daten. In der Stern-Typologie sind die einzelnen Netzwerkmitglieder direkt an eine zentrale Netzwerkin-stanz angeknüpft. Bei dieser Instanz , die in alle Kommunikationen eingebunden ist, laufen alle vorhandenen Informationen zusammen und werden von dort aus koordiniert. Durch die sternförmige Struktur ist eine Kommunikation zwischen einzelnen Netzwerkmitglie-dern ausgeschlossen. Die Bus-Typologie ist dadurch gekennzeichnet, dass jedes Netzwerk-mitglied über einen zentralen Kommunikationsstrang mit allen anderen Netzwerkmitglie-dern verbunden ist. In der Ring-Typologie verläuft der Kommunikationsfluss von einem Netzwerkpartner zum anderen. Die Mitglieder sind kreisförmig angeordnet, wobei immer zwei Netzwerkmitglieder miteinander verknüpft sind.[25]

Wildemann unterscheidet Unternehmensnetzwerke anhand der Stellung der Netzwerkun-ternehmen in der Wertschöpfungskette und der Branche, in der sie tätig sind. Horizontale Netzwerke sind Kooperationen von Unternehmen der gleichen Wertschöpfungsstufe (z. B. regionale und internationale Netzwerke). Bei vertikalen Netzwerken handelt es sich um netzwerkförmige Verbindungen von Unternehmen unterschiedlicher Wertschöpfungsstu-fen (z. B. Zulieferer-Abnehmer-Beziehungen). In lateralen Netzwerken arbeiten Unterneh-men aus verschiedenen Branchen kooperativ zusammen (z. B. Komponentenhersteller, die durch die Nutzung der Stärken der Kooperationspartner die Möglichkeit erhalten, als Ge-neralunternehmer aufzutreten).[26]

Mildenberger klassifiziert Unternehmensnetzwerke mit Hilfe einer dreidimensionalen Ty-pologie. Anhand der ersten Dimension ´Transaktionsinhalt´ werden Netzwerke bezüglich ihrer funktionalen Ausrichtung in F&E-, Beschaffungs-, Produktions- und Distributions-netzwerke unterschieden. Die zweite Merkmalsdimension `Dominierendes Organisations-muster´ bezieht sich auf die Steuerungsform des Netzwerkes nach der Art der Führung. Mildenberger unterscheidet hierarchisch gesteuerte und heterarchisch gesteuerte Unter-nehmensnetzwerke. „[...] Hierarchische Unternehmensnetzwerke [sind] durch die dauerhaf-te Dominanz eines Netzwerkpartners oder einer institutionalisierten Netzwerkzentrale ge-kennzeichnet [...]. Heterarchische Unternehmensnetzwerke dagegen sind durch das Fehlen einer auf Dauer angelegten Organisations- und Führungsstruktur geprägt. In Abhängigkeit von den Charakteristika der konkreten Problem- oder Entscheidungssituation übernimmt jeweils der dafür geeignetste Netzwerkpartner die Führung des Netzwerks.“[27] Hinsichtlich der dritten Dimension `Zeit- und Strategiefokus´ wird zwischen projektorientierten und poolorientierten Unternehmensnetzwerken differenziert . Bei projektorientierten Unterneh-mensnetzwerken handelt es sich um temporäre Unternehmenszusammenschlüsse zur Lö-sung umweltinduzierter komplexer Problemstellungen, die die Leistungsfähigkeit der ein-zelnen Partner übersteigen. Nach Projektabschluss löst sich das Netzwerk entweder auf o-der tritt unter Veränderung der Größe, der Strukturen und/oder der Inhalte wieder neu zu-sammen. Lediglich ein gedanklicher Organisationskern ist permanent vorhanden. Dagegen zeichnen sich poolorientierte Unternehmensnetzwerke durch langfristige, stabile Mitglied-schaftsbeziehungen aus. Im Mittelpunkt der Zusammenarbeit steht die optimale Kombina-tion der Kernkompetenzen der einzelnen Partnerunternehmen sowie die effiziente Organi-sation der überbetrieblichen Arbeitsteilung.[28]

Grandori/Soda differenzieren Unternehmensnetzwerke nach dem Formalisierungsgrad, dem Zentralisierungsgrad und der gewählten Kombination von Koordinationsmechanis-men. In einem Social Network wird auf eine formell-vertragliche Regelung der Beziehun-gen zwischen den Partnerunternehmen verzichtet. Stattdessen sind soziale Normen und Kontrollmechanismen wie Prestige, Status, Freundschaft, Macht und Karrierechancen von enormer Bedeutung. Social Networks sind personenorientiert und –abhängig. Sie können eine symmetrische, horizontale oder asymmetrische, vertikale Form aufweisen. In Gegen-satz dazu ist in Bureaucratic Networks die Zusammenarbeit durch vertragliche Vereinba-rungen geregelt. Bureaucratic Networks können wiederum in symmetrische und asymmet-rische Typen eingeteilt werden. Zur ersten Klasse sind unter anderem Kartelle und Konsor-tien zu rechnen, zur zweiten gehören Vertreternetzwerke, Lizenzpartnerschaften und Fran-chising. Bei einem Proprietary Network handelt es sich um eine formalisierte Form des Bureaucratic Networks mit ergänzenden unternehmensübergreifenden eigentumsrechtli-chen Regelungen. Beispiele für diese Netzwerkform sind Joint Ventures und Capital Ventures.[29]

Alter/Hage unterscheiden ebenfalls zwischen drei Typologisierungsmerkmalen. Dabei han-delt es sich um die Art der Zusammenarbeit, die Anzahl der Kooperationsmitglieder und die Kooperationsintensität. Symbiotische Unternehmensnetzwerke werden von Unterneh-men gebildet, die verschiedenen Branchen entstammen und sich bezüglich ihrer Ge-schäftstätigkeit nur geringfügig ähneln. Im Gegensatz dazu bestehen kompetitive Unterneh-mensnetzwerke aus Netzwerkunternehmen innerhalb der gleichen Branche, die Ähnlichkei-ten bezüglich ihrer Produkte, Produktionsverfahren und/oder Serviceangebote aufweisen. Bezüglich der Anzahl der Netzwerkakteure sind bilaterale Verbindungen zwischen zwei oder drei Unternehmen und aus vielfältigen Unternehmen bestehenden multilaterale Ver-bindungen zu unterscheiden.[30] Im Hinblick auf die Art und die Anzahl der in die Zusam-menarbeit eingeschlossenen Funktionen kann zwischen einer geringen (z. B. Austausch von Ressourcen und Informationen), einer begrenzten (z. B. Erfüllung eines bestimmten Zwecks) und einer weitreichenden Kooperationsintensität (z. B. gemeinsame Produktion) differenziert werden.[31]

Lorenzo/Ornati typisieren Netzwerke nach ihren Grenzen und der Art der personellen Ver-

flechtungen. Im Fall eines internen Netzwerkes[32] schließen sich ehemals funktional und hierarchisch getrennte Unternehmenseinheiten eines Unternehmens zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und der Innovationsstärke netzwerkförmig zusammen. Bei externen Unternehmensnetzwerken dagegen handelt es sich um eine Vernetzung mehrerer unabhän-giger Unternehmen. Die Führung des Netzwerks wird von einem starken zentralen Unter-nehmen übernommen, welches Verknüpfungen zu allen anderen Netzwerkunternehmen aufweist. Bei einem interpersonellen Netzwerk werden die Beziehungsstrukturen der Mit-arbeiter, die das Unternehmensnetzwerk bilden, analysiert. Dabei geht es um den intra- bzw. interorganisatorischen Austausch von Informationen, Wissen, Ideen, Schulungspro-grammen und Personen.[33]

Klein erkennt vier Typen von Unternehmensnetzwerken. In einem fokalen Netzwerk bindet eine zentrale, dominante Organisation die Unternehmen in eine enge und wohlkoordinier-te Beziehung ein. Das fokale Unternehmen prägt die strategische Ausrichtung der Zusam-menarbeit sowie die Ausgestaltung der operativen Beziehungen, die häufig noch durch fi-nanzielle Beziehungen verstärkt werden. Die Beziehungen der Unternehmen innerhalb des Netzwerks weisen in der Regel eine sternenförmige Struktur auf. Die intensiven operativen Beziehungen und die Kontrollstrukturen des Netzwerks ähneln denen großer integrierter Unternehmen. Im Mittelpunkt eines Tausch-Netzwerks steht der pareto-optimale wirt-schaftliche Austausch zwischen den beteiligten Unternehmen. Tausch-Netzwerke unter-stützen den Informationsfluss zwischen den Beteiligten und die Etablierung eines stabili-sierten Umfeldes, in dem die wechselseitigen Verpflichtungen längerfristig ausgeglichen werden können. Die Partner sind nur relativ lose miteinander verbunden, auf eine Integra-tion organisatorischer Prozesse wird häufig verzichtet. In Clubs kooperieren weitgehend gleichberechtigte Partner, die zum gegenseitigen Nutzen eine Poolung komplementärer Ressourcen vornehmen. Wie im Tausch-Netzwerk basiert die Zusammenarbeit auf Rezi-prozität, die durch Vertrauen und vertrauensbildende Maßnahmen verstärkt wird. Zur Be-grenzung der Komplexität und der Heterogenität der Interessen erfolgt eine sorgfältige Auswahl der Teilnehmer und eine Beschränkung des Teilnehmerkreises. Im Mittelpunkt von Lern-Netzwerken steht der Austausch von Wissen und gemeinsames Lernen. In der Regel bestehen zwischen den beteiligten Unternehmen weitgehend gleichberechtigte Be-ziehungen. Da der Austausch von Wissen und die Entwicklung gemeinsamer Lösungen tief in die Kernbereiche der Unternehmen hineinreichen, verwischen in Lern-Netzwerken die Grenzen der einzelnen Unternehmen. Die Zusammenarbeit wird durch enge, technisch ver-mittelte Kommunikationsverbindungen unterstützt.[34] Die genannten Typologisierungen und deren Hauptunterscheidungsmerkmale werden in Abb. 2 noch einmal zusammenge-fasst.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Zusammenfassender Überblick über Differenzierungskriterien und Typologisierungen von

Unternehmensnetzwerken aus der Sicht verschiedener Autoren

Die Darstellung der verschiedenen Ausgestaltungsmöglichkeiten und die daraus folgende Kategorisierung von Unternehmensnetzwerken dient dazu, Licht in diese vielfältig ausge-staltbare Organisationsform zu bringen und die Komplexität bei der Beschäftigung mit Un-ternehmensnetzwerken zu reduzieren. Der Überblick über die vielfältigen Möglichkeiten der Ausgestaltung von Unternehmensnetzwerken macht deutlich, dass der Komplexitäts-begriff bei der Betrachtung von Unternehmensnetzwerken eine wesentliche Rolle spielt.[35] Zudem werden Unternehmensnetzwerke in der Literatur mehrfach als dynamische Gebilde bezeichnet, die sich im Laufe der Zeit an sich verändernde Umweltbedingungen anpas-sen.[36] Demzufolge wird sich auch der Charakter eines Unternehmensnetzwerkes im Zeitab-lauf verändern. Diese Veränderung kann soweit gehen, dass ein Netzwerk im Laufe seiner Existenz mehreren Typen zuzurechnen ist. Insofern ist das Phänomen der Komplexität bei der Beschäftigung mit Unternehmensnetzwerken sogar in zweifacher Hinsicht von Bedeu-tung – einerseits hinsichtlich der Verschiedenartigkeit und andererseits bezüglich der Ver-änderlichkeit der Netzwerktypen.

3 Management und Steuerung von Unternehmensnetzwerken

Unabhängig von der Art und der Ausgestaltung eines Unternehmensnetzwerkes kommt dem Management eine zentrale Bedeutung zu. „Netzwerke sind komplexe Gebilde und er-fordern daher auch eine komplexe Steuerung.“[37] „Beim Management von Unternehmungs-netzwerken [...] geht es im Kern um die Organisation der Aktivitäten und Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmungen.“[38] Eine bewusste Steuerung ist notwendig, da zum einen die Netzwerkunternehmen nicht über alle erforderlichen Informationen verfü-gen, um ihr Handeln mit dem ihrer Netzwerkpartner insoweit abzustimmen, dass die Zu-sammenarbeit störungsfrei ablaufen und eine gemeinsame Zielabstimmung stattfinden kann und zum anderen, da sich arbeitsteilige Systeme, zu denen Unternehmensnetzwerke zweifellos zu zählen sind, selten von selbst auf ein gemeinsames Ziel ausrichten.[39]

Netzwerkmanagement bzw. -steuerung bedeutet die erfolgreiche Handhabung vier zentra-ler Managementfunktionen auf vier verschiedenen Steuerungsebenen unter besonderer Be-rücksichtigung einiger für Unternehmensnetzwerke typischer Spannungsfelder.

3.1 Steuerungsebenen von Unternehmensnetzwerken

Unter ´Netzwerksteuerung´ ist sowohl die Steuerung des interorganisationalen Netzwer-kes als auch die der einzelnen Netzwerkunternehmen zu verstehen.[40] Dabei ist zu beachten, dass im Netzwerk und in den einzelnen Unternehmen auf einer organisationalen Ebene und auf einer individuellen Ebene gehandelt wird, wobei zwischen diesen beiden Ebenen Be-rührungspunkte existieren. Einerseits werden Unternehmensnetzwerke durch das Handeln und die Sinnzuweisungen von Personen aufrecht erhalten, d.h. sie sind auf interpersonelle Beziehungen und Deutungen angewiesen. Andererseits können diese Personen wiederum nur innerhalb ihres organisatorischen Kontextes handeln und sind in ihrem Handeln und in ihrer Wahrnehmung durch diesen mehr oder weniger eingeschränkt.[41] Außerdem wird das Verhalten der Netzwerkakteure durch gesellschaftliche Rahmenbedingungen beeinflusst. Beim Netzwerkmanagement sind somit vier zentrale Steuerungsebenen zu unterscheiden.[42]

Auf der Ebene der institutionellen Kontexte bzw. der gesellschaftlichen Institutionen geht es um die Steuerung von Netzwerken durch die Veränderung von Akteurskonstellationen, Technologien, (staatlichen) Regulationen und verschiedenen Praktiken sowie um Mög-lichkeiten der gezielten Beeinflussung von Umweltveränderungen durch das Netzwerk.

Im Mittelpunkt der Ebene des interorganisationalen Netzwerks steht die Steuerung des Zu-sammenspiels der Netzwerkunternehmen, d. h. die Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Beziehungen der Unternehmen untereinander und deren Koordination im Beziehungs-zusammenhang.

Die Ebene der einzelnen Unternehmen berücksichtigt die wechselseitigen Verschränkun-gen zwischen Unternehmens- und Netzwerkmanagement, d.h. die Frage, wie die Netz-werksteuerung das Management einzelner Unternehmen berührt und wie das Management einzelner Unternehmen die Netzwerksteuerung ermöglicht bzw. begrenzt.

Im Zentrum der Ebene des Individuums steht der Einfluss, der von einzelnen Unterneh-mens- und Netzwerkmitgliedern ausgehen bzw. auf diese ausgeübt werden kann. Diese In-dividuen handeln vor dem Hintergrund ihrer Persönlichkeiten, Erfahrungen und Erwartun-gen und sind in Netzwerken in einen sogenannten ´doppelten Handlungsrahmen´ einge-bettet – in den Handlungsrahmen des Unternehmens, für das sie arbeiten und in den Hand-lungsrahmen des gesamten Netzwerks. Auf der einen Seite werden die Individuen durch die Unternehmens- und Netzwerkaktivitäten beeinflusst. Auf der anderen Seite prägen ihre eigenen Aktivitäten entscheidend sowohl die Gestaltung des jeweiligen Unternehmens als auch die des Netzwerkes.

Die institutionelle Ebene kann eher als ´externe´ Steuerungsebene bezeichnet werden, wo-gegen die anderen drei Ebenen ´interne´ Steuerungsebenen sind. Die Geschehnisse in Un-ternehmensnetzwerken können nur unter Beachtung aller Steuerungsebenen und den zwi-schen ihnen bestehenden wechselseitigen Verknüpfungen verstanden und adäquat gesteuert werden. Dabei können gesellschaftliche Institutionen, Netzwerke, Netzwerkunternehmen und Individuen sowohl als Steuerungssubjekte als auch als Steuerungsobjekte fungieren.

3.2 Spannungsfelder im Management von Unternehmensnetzwerken

Beim Netzwerkmanagement spielen die in Netzwerken besonders ausgeprägten Span-nungsverhältnisse zwischen Autonomie und Interdependenz, Kooperation und Wettbe-werb, Stabilität und Flexibilität/Dynamik, Spezialisierung/Differenzierung und Integration, Reziprozität und einseitigem Machtvorteil sowie Herrschaft und Ökonomie eine wichtige Rolle.[43] Für ein erfolgreiches und langfristiges Bestehen müssen Unternehmensnetzwerke alle genannten Merkmale erfüllen und miteinander im Gleichgewicht halten. Sydow be-zeichnet die Ausbalancierung der Spannungsverhältnisse auf allen vier Managementebe-nen sogar als die zentrale Managementkompetenz.[44]

3.2.1 Das Spannungsfeld zwischen Autonomie und Interdependenz

Unternehmen, die sich in Netzwerken zusammenschließen, behalten ihre rechtliche und eingeschränkt auch ihre wirtschaftliche Selbständigkeit. Aufgrund der eigenen Rechtsper-sönlichkeit, der weitgehenden strategischen Entscheidungsfreiheit, der Freiwilligkeit der Zusammenarbeit, der prinzipiellen Austrittsmöglichkeit aus dem Netzwerk und dem mehr oder weniger gleichberechtigten Status aller Beteiligten bleibt die Autonomie der einzelnen Unternehmen somit weiterhin bestehen. Innerhalb des Netzwerks erfolgt jedoch eine Ab-stimmung und Verknüpfung betrieblicher Funktionen und Aktivitäten und eine Speziali-sierung jedes Netzwerkpartners auf bestimmte Aufgaben. Damit gibt jedes Unternehmen einen Teil seiner Handlungs- und Entscheidungsfreiheit – seiner individuellen Autonomie-potentiale – zu Gunsten des Netzwerkes und damit zu Gunsten der Neugewinnung kollek-tiver Autonomiepotentiale auf. Dadurch entstehen gegenseitige, mehr oder weniger gleich-wertige, Abhängigkeiten bzw. Interdependenzen zwischen den Netzwerkpartnern.[45]

3.2.2 Das Spannungsfeld zwischen Kooperation und Wettbewerb

Wie bereits in Abschnitt 2.1 erörtert wurde, handelt es sich bei Unternehmensnetzwerken um eine spezifische Form der Kooperation. Dabei geben die kooperierenden Unternehmen ihre wirtschaftliche Selbständigkeit zur Erwirtschaftung eines gemeinsamen Kooperations-erfolges auf und beschränken freiwillig ihren Handlungsspielraum auf einzelbetrieblicher Ebene, um die Verhaltensvarietät und den Handlungsspielraum im Kollektiv zu erweitern. Somit wird im Falle einer Kooperation eine Erweiterung des (kollektiven) Handlungs-spielraums durch die Einengung des (individuellen) Handlungsspielraums erkauft. Dieses Phänomen wird als ´Paradoxon der Kooperation´ bezeichnet.[46] Indem mit Hilfe der Koope-ration der Wettbewerb zwischen den beteiligten Unternehmen eingeschränkt wird, eröffnen Unternehmensnetzwerke ein Potential zur Reduktion der Abhängigkeit vom Marktgesche-hen.[47] Dessen ungeachtet existieren Kooperation und Wettbewerb in Netzwerken in der Regel nebeneinander. Dies ist in dreifacher Hinsicht möglich. Zum einen kann die Ko-operation nur auf bestimmte Aktivitäten beschränkt sein, sodass zwischen den Netzwerk-unternehmen bezüglich anderer Aktivitäten weiterhin Konkurrenz herrscht. Eine zweite Möglichkeit besteht darin, dass einige Unternehmen an einem Netzwerk teilnehmen, um dadurch Vorteile zu realisieren, die sie nur auf Kosten anderer Unternehmen oder des Netzwerkes als Ganzem erreichen können. Drittens sind Netzwerke als dynamische Gebil-de zu betrachten, wobei sich die anfänglich kooperativen Beziehungen der Netzwerkun-ternehmen untereinander aufgrund sich verändernder Interessenlagen im Laufe der Zeit wandeln können.[48] Interner Wettbewerb in Unternehmensnetzwerken ist jedoch nicht nur möglich, sondern auch notwendig, weil dadurch ein marktähnlicher Rationalisierungsdruck erzeugt[49] und ein Motor für Innovation und Flexibilität bereitgestellt wird.[50]

3.2.3 Das Spannungsfeld zwischen Stabilität und Flexibilität/Dynamik

Die relative Stabilität von Unternehmensnetzwerken im Zeitablauf ergibt sich aus zwei charakteristischen Eigenschaften. Erstens sind die Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen kurzfristig oft nur schwer auflösbar und werden durch eine prinzipiell lang-fristig angelegte Zusammenarbeit untermauert. Zweitens unterliegen diese Beziehungen kontinuierlichen und dynamischen wechselseitigen Anpassungsprozessen. Diese häufig als ´Networking´ bezeichneten Anpassungsprozesse fördert das Verfolgen gemeinsam ausge-handelter Zielsetzungen, tragen zur Entstehung langfristiger, enger Beziehungsverhältnisse zwischen den Netzwerkunternehmen bei und verhindern durch die Erhöhung von Aus-trittsbarrieren das vorzeitige Ausscheiden von Unternehmen aus dem Netzwerk. Gleich-zeitig sind Unternehmensnetzwerke flexible und dynamische Gebilde, da die lose Kopp-lung der Unternehmen die Entstehung störanfälliger Strukturen verhindert und bessere Re-aktionsmöglichkeiten auf komplexe und dynamische Rahmenbedingungen eröffnet. Durch die Förderung (inter-)organisationaler Lernprozesse im Rahmen des Networking wird zu-dem die Entwicklungsfähigkeit des Netzwerks begünstigt. Außerdem unterstützen Unter-nehmensnetzwerke wesentlich die Erarbeitung flexibler, gemeinsamer und für alle Betei-ligten tragfähiger Problemlösungen.[51]

3.2.4 Das Spannungsfeld zwischen Spezialisierung/Differenzierung und Integration

In Unternehmensnetzwerken findet eine Spezialisierung der einzelnen Unternehmen auf bestimmte betriebliche Funktionen statt, und zwar entsprechend ihrer Fähigkeiten und Kompetenzen. Dadurch ergibt sich die Notwendigkeit zur Koordination der Aktivitäten, zu deren Integration in ein Gesamtgefüge und zur Überprüfung der Erfüllung der übernom-menen Verpflichtungen der Netzwerkunternehmen. Dabei ist besonders die Tatsache prob-lematisch, dass innerhalb des Netzwerkes auf den einzelnen Akteursebenen unterschiedli-che Interessen, Ziele, Wahrnehmungen und Meinungen vorhanden sind und Widersprüche zwischen den Zielen der einzelnen Unternehmen und den Zielen des Netzwerkes zu erwar-ten sind. Somit gilt es, diesen Widersprüchen im Rahmen der Integration gerecht zu wer-den und diese miteinander in Einklang zu bringen.[52]

3.2.5 Das Spannungsfeld zwischen Reziprozität und einseitigem Machtvorteil

Die Reziprozitätsnorm besagt, dass ein sozialer Austausch immer zu einem Gegentausch zu führen hat, da man moralisch verpflichtet ist, denjenigen etwas zu geben, von denen man etwas bekommen hat. Die Zusammenarbeit in Unternehmensnetzwerken ist damit so zu gestalten, dass nur durch die Erbringung einer eigenen Leistung die Leistungen anderer Unternehmen im Netzwerk in Anspruch genommen werden können. Dahinter „[...]steht die Erwartung, dass sich die unternehmerischen Ziele [des Netzwerkes] durch wechselseitiges Engagement [...] aller involvierten Unternehmen besser erreichen lassen und dass sich die jeweils geleisteten Beiträge über die Zeit der Zusammenarbeit langfristig ausgleichen.“[53] Der Gegenaustausch erfolgt jedoch nicht immer sofort, sondern häufig erst später. Dadurch entstehen in Netzwerken zumindest zeitweise asymmetrische Strukturen und Machtunter-schiede. Da bei den Handlungen der Netzwerkunternehmen immer auch deren Individual-ziele eine Rolle spielen und sie nach der Verbesserung ihrer eigenen Position streben, ist es wahrscheinlich, dass sie Machtunterschiede bewusst herbeiführen sowie gewonnene ein-seitige Machtvorteile ausnutzen und weiter ausbauen werden. Zudem können einseitige Machtvorteile auch dann entstehen, wenn die Partnerunternehmen unter unterschiedlichen Bedingungen arbeiten, sehr ungleich ausgestaltet sind und ihr Engagement für das Netz-werk im Sinne der jeweils geleisteten Beiträge unterschiedlich ausfällt.[54]

3.2.6 Das Spannungsfeld zwischen Herrschaft und Ökonomie

Die Organisationsform des Unternehmensnetzwerkes zeichnet sich durch wettbewerbliche und unternehmenstypische Merkmale aus. Bei der Bildung des Netzwerkes wird versucht, die Nachteile von Markt und Hierarchie zu vermeiden und die Vorteile dieser beiden Orga-nisationsformen miteinander zu verknüpfen. Unternehmensnetzwerke sind einerseits durch die marktlichen Mechanismen der Funktionsspezialisierung und der marktlichen Effizienz und andererseits durch die hierarchischen Mechanismen des Vertrauen bzw. des Verzichts auf Ausnutzung und der Informationsintegration gekennzeichnet. Die Netzwerkunterneh-men spezialisieren sich entsprechend ihrer Kompetenzen auf bestimmte Wertschöpfungs-aktivitäten. Durch die eher lose Kopplung der Partner aneinander und die damit prinzipiell bestehende Möglichkeit zum Austritt bisheriger Unternehmen bzw. zum Eintritt weiterer Unternehmen werden die Netzwerkunternehmen permanent zur Erbringung effizienter Leistungen motiviert. Beim Eingehen der Netzwerkmitgliedschaft verpflichten sich die einzelnen Unternehmen zum Verzicht auf die Realisierung von eigenen Vorteilen auf Kosten der Partnerunternehmen. Zudem wird durch eine elektronische Daten- und Infor-mationsverknüpfung zwischen den Unternehmen ein Informationsstand ähnlich dem in-nerhalb eines Unternehmens erreicht.[55]

3.3 Besondere Managementaufgaben in Unternehmensnetzwerken

Zur Bewerkstelligung der interorganisationalen Arbeitsteilung und –integration der Leis-tungsprozesse zwischen den Netzwerkunternehmen sind - neben den in den einzelnen Un-ternehmen zu verrichtenden - zusätzliche Managementaufgaben zu bewältigen.[56] Vor dem Hintergrund der genannten Spannungsverhältnisse sind in Unternehmensnetzwerken vier zentrale Managementaufgaben zu konzipieren und zu implementieren.[57]

Die Selektionsfunktion umfasst die Auswahl geeigneter Partnerunternehmen, mit denen im Netzwerk zusammengearbeitet werden soll. Dies schließt auch die Aussortierung ungeeig-neter und die Re-Selektion bewährter Partner sowie die Festlegung relevanter Handlungs-bereiche und die Auswahl geeigneten Personals – der sogenannten ´boundary spanners´[58] – zur Erledigung der interorganisationalen Managementaufgaben ein. Bezüglich der Selek-tion von Netzwerkpartnern ist es von enormer Wichtigkeit, dass die Unternehmen hinsicht-lich ihrer Kompetenzen und Intentionen zusammenpassen und dazu geeignet sind, zur Er-füllung der Kollektivziele des Netzwerkes beizutragen, da die Mitgliedschaft in der Regel auf Dauerhaftigkeit orientiert ist und von den Netzwerkpartnern, trotz des Fehlens einer einheitlichen Leitung, proaktives Handeln erwartet wird. Obwohl diese Managementfunk-tion ein enormes Vorsteuerungspotential in sich birgt und ihre kompetente Wahrnehmung erhebliche Implikationen für alle weiteren Managementaufgaben hat, findet eine Selektion nicht nur bei der Netzwerkbildung statt, sondern ist eine potentiell ständig zu bewältigen-de Aufgabe des Netzwerkmanagements.

Im Zentrum der Regulationsfunktion steht die Schaffung eines Ordnungsrahmens für die Koordination des Geschäftsgeschehens des Netzwerkes in Zeit und Raum und mit Dritten, einschließlich der kontinuierlichen Ausgestaltung dieses Rahmens. Dies umfasst auch die Entwicklung und Durchsetzung von Regeln der Zusammenarbeit zwischen den Netzwerk-unternehmen. Dazu gehören zum Beispiel vertragliche Vereinbarungen, Regeln der Kon-flikthandhabung, der Sanktionierung, der Informationsgewinnung und Wissensspeiche-rung, Festlegungen bezüglich der Rechte und Pflichten des Netzwerks und der beteiligten Unternehmen bzw. Personen sowie die Gestaltung geeigneter Anreizsysteme, um die Netz-werkunternehmen zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen zu motivieren. Ferner müssen Mög-lichkeiten der Balancierung und Koordination der für Unternehmensnetzwerke charakte-ristischen, in Abschnitt 3.2 betrachteten, Spannungsfelder gefunden werden. Weiterhin ist es im Rahmen der Regulation wichtig, die bestehenden (in-)formellen Regeln ständig wei-terzuentwickeln sowie permanentes Lernen in und zwischen den Partnerunternehmen zu ermöglichen. Die konkrete Ausgestaltung der Regulationsfunktion ergibt sich aus dem je-weiligen Netzwerkzusammenhang und den relevanten Handlungskontexten.

Unter der Allokationsfunktion ist die Verteilung von Aufgaben, Ressourcen und Zustän-digkeiten auf die einzelnen Netzwerkunternehmen entsprechend ihrer spezifischen Kom-petenzen und Konkurrenzvorteile zu verstehen. In diesem Zusammenhang ist auch zu ver-einbaren, in welchem Umfang sich die Partnerunternehmen in das Netzwerk einbringen sollen. Zudem beinhaltet die Allokation die Regelung der Zugriffs- und Nutzungsrechte auf Netzwerkressourcen. Die entsprechenden Vereinbarungen werden im Rahmen von Verhandlungsprozessen getroffen. Auch die Allokationsfunktion ist eine kontinuierlich wahrzunehmende Managementaufgabe, da die Re-Allokation von Aufgaben und Ressour-cen aufgrund veränderter Rahmenbedingungen die Grundlage für die strategische Flexi-bilität eines Netzwerks bildet.

Im Rahmen der Evaluationsfunktion erfolgt eine beständige Bewertung der Leistungsbei-träge der einzelnen Netzwerkunternehmen, der Qualität der interorganisationalen Bezie-hungen und des Unternehmensnetzwerkes als Ganzem.[59] Windeler versteht unter Evalua-tion „[...] die Bewertung situativer Alternativen unter Einbeziehung vergegenwärtigter, vergangener und zukünftiger Möglichkeiten sowie interner und externer Anforderungen im Systemkontext.“[60] Die Ergebnisse der Evaluation sind wichtig für die weitere Gestaltung des Netzwerks und die Zusammenarbeit der Netzwerkunternehmen.[61]

Die vier grundlegenden Managementfunktionen sind rekursiv aufeinander bezogen und ha-ben, je nach Art und Weise ihrer Ausgestaltung, Einfluss auf die Höhe der Innenkomple-xität des Netzwerkes und somit auch auf das Komplexitätsgefälle zwischen System- und Umweltkomplexität, welches in Kapitel 5 näher erläutert wird. Damit stellt das Manage-ment von Unternehmensnetzwerken einen entscheidenden Faktor für das Erfolgspotential eines Netzwerkes dar.[62]

4 Mechanismen zur Steuerung von Unternehmensnetzwerken

Wie in den vorangegangenen Ausführungen deutlich geworden ist, kommt der Steuerung bzw. dem Management von Unternehmensnetzwerken eine wichtige Bedeutung für die Ü-berlebensfähigkeit und den Erfolg dieser Organisationsform zu. Zur Realisierung einer a-däquaten Netzwerksteuerung bedienen sich die Netzwerkakteure in der Regel verschiede-ner ökonomischer und sozialer Mechanismen. Diese Steuerungsmechanismen sind in Un-ternehmensnetzwerken hauptsächlich aus zwei Gründen von Bedeutung. Den ersten Grund stellt die gleichzeitige funktionale Interdependenz und formale Unabhängigkeit der Netz-werkpartner dar. Dadurch „[...] entstehen Probleme der gegenseitigen Abstimmung von Präferenzen, der Koordinierung von Ressourcen und Strategien und der Absicherung ge-gen opportunistisches Verhalten“[63], die sich am besten mit Hilfe von sozialen Steuerungs-mechanismen lösen lassen. Der zweite Grund besteht darin, dass Netzwerkbeziehungen auf Normen beruhen, die das Wesen eines Unternehmensnetzwerkes definieren. Diese norma-tive Basis bringt neben wirtschaftlich-strategischen Handlungsmotiven auch moralische Verpflichtungen zum Ausdruck, deren Erfüllung gesteuert werden muss.[64]

[...]


[1] Galbraith, J.R. in Sydow (2003), S. 295.

[2] Mildenberger (1998), S. 3.

[3] Vgl. Becker (1999), S. 73ff; Child/Faulkner (1998), S. 65ff; Ebers (1997), S. 6ff; Klein (1995), S. 336f; Loose (2001), S. 255; Siebert (2003), S. 15ff; Smith Ring (1997), S. 116; Sydow (2003), S. 306; Windeler (2001), S. 14.

[4] Windeler (2001), S. 14.

[5] Vgl. Mildenberger (1998), S. 5.

[6] Vgl. Becker (1999), S. 84ff; Hess (2000), S. 160f; Kappelhoff (2000a), S. 25, 28ff; Klein (1995), S. 333; Jones/Hersterly/Borgatti (1997), S. 913ff; Mildenberger (1998), S. 24; Staber (2000), S. 58f; Sydow (1992), S. 78ff; Sydow (2001b), S. 280f; Weber (1994), S. 287ff; Windeler (2001), S. 200.

[7] Vgl. Gambetta (2001), S. 205, 207.

[8] Vgl. Becker (1999), S. 100.

[9] Windeler (2001), S. 241.

[10] Vgl. Becker (1999), S. 100.

[11] Vgl. Endress/Wehner (2003), S. 219; Becker (1999), S. 122.

[12] Vgl. Hess (2000), S. 160, Winkler (2002), S. 32.

[13] Vgl. Becker (1999), S. 166; Prange (2003), S. 160f; Semlinger (2000), S. 130; Smith Ring (1997), S. 115ff; Sydow (1992), S. 93; Wurche (1994), S. 144f.

[14] Vgl. Hess (2000), S. 161.

[15] Mitchell in Sydow (1992), S. 78.

[16] Casson/Cox (1997), S. 175.

[17] Aderhold (2002), S. 27. Vgl. auch Aderhold (2002), S. 11f.

[18] Kappelhoff (2000a), S. 31.

[19] Giddens in Windeler (2001), S. 232, Fußnote.

[20] Windeler (2001), S. 200.

[21] Vgl. Winkler (2002), S. 36; Wurche (1994) S. 146.

[22] Obwohl jedes Netzwerkunternehmen über ein eigenes Handlungs- und Entscheidungszentrum verfügt, be-einflusst das fokale Unternehmen mehr als alle anderen Beteiligten die Gestaltung der Netzwerkorganisation und der Netzwerkaktivitäten, d.h. es betreibt eine Art strategischer Metakoordination der ökonomischen Ak-tivitäten; vgl. Sydow (2001b), S. 282; Sydow/van Well (2003), S. 114.

[23] Zu den vorangegangenen Ausführungen vgl. Becker (1999), S. 122ff; Klaus (2002), S. 56ff; Sydow (2001b), S. 281ff.

[24] Vgl. Windeler (2001), S. 40f.

[25] Vgl. Becker (1999), S. 138f.

[26] Vgl. Becker (1999), S. 136f.

[27] Mildenberger (1998), S. 29.

[28] Vgl. Mildenberger (1998), S. 27ff.

[29] Vgl. Grandori/Soda (1995), S. 199ff; Becker (1999), S. 133ff.

[30] Alter/Hage sprechen dann von einem Netzwerk, wenn eine multiorganisationale, branchenweite Anzahl von Mitgliedern an der Kooperation beteiligt ist; vgl. Becker (1999), S. 128.

[31] Vgl. Alter/Hage (1993), S. 47ff; Becker (1999), S. 127ff.

[32] Bei einem internen Netzwerk handelt es sich allerdings nicht um Unternehmensnetzwerk im Sinne der vor-liegenden Arbeit, da hier nur ein Unternehmen betroffen ist. Der Vollständigkeit halber wurde dieser Netz-werktyp jedoch mit aufgeführt.

[33] Vgl. Becker (1999), S. 114f.

[34] Vgl. Klein (1995), S. 345ff.

[35] Diese Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es wird davon ausgegangen, dass noch wei-tere Netzwerkformen existieren und weiterführende Kategorisierungsmöglichkeiten bestehen.

[36] Vgl. Ebers/Grandori (1997), S. 275; Kappelhoff (2000a), S. 29; Staber (2000), S. 76.

[37] Winkler (2002), S. 48.

[38] Sydow/Windeler (2001), S. 134.

[39] Vgl. Becker (1999), S. 157.

[40] Vgl. Sydow/Windeler (2000), S. 3.

[41] Vgl. Staber (2000), S. 77f.

[42] Zu den folgenden Ausführungen vgl. Sydow/Windeler (2000), S. 4ff.

[43] Vgl. Klaus (2002), S. 19ff; Klein (1995), 328; Sydow, (1992), S. 90ff; Sydow (1995), S. 196; Sydow (2003), S. 319. Die beschriebenen Spannungsverhältnisse besitzen nicht den Anspruch der Vollständigkeit.

[44] Vgl. Sydow (2003), S. 318.

[45] Vgl. Klaus (2002), S. 19; Klein (1995), S. 328; Sydow (1992), S. 90.

[46] Vgl. Klaus (2002), S. 21; Sydow (1992), S. 90.

[47] Vgl. Klaus (2002), S. 20f.

[48] Vgl. Sydow (1992), S. 93f.

[49] Vgl. Klaus (2002), S. 23.

[50] Vgl. Staber (2000), S. 76.

[51] Vgl. Kappelhoff (2000a), S. 29; Klaus (2002), S. 21ff; Klein (1995), S. 328.

[52] Vgl. Klein (1995), S. 328; Sydow (1995), S. 196; Winkler (2002), S. 36.

[53] Klaus (2002), S. 20.

[54] Vgl. De Laat (1997), S. 165ff; Sydow (1992), S. 95f.

[55] Vgl. Siebert (2003), S. 10ff; Sydow (2003), S. 319.

[56] Vgl. Sydow/Windeler (2001), S. 134; van Well (2001), S. 148.

[57] Vgl. Sydow (2001a), S. 98.

[58] Vgl. Windeler (2001), S. 195ff.

[59] Die Evaluation kann auch geeignete Regeln der Zusammenarbeit, Ressourcen des Netzwerks und geeig-nete Verfahren der Partnerselektion umfassen; vgl. Sydow (2003), S. 315.

[60] Windeler (2001), S. 253.

[61] Zu den vorangegangenen Ausführungen vgl. Sydow (2001a), S. 89ff; Sydow (2003), S. 311ff; Windeler (2001), S. 249ff.

[62] Vgl. Sydow/Windeler (2001), S. 137, 140.

[63] Staber (2000), S. 65f.

[64] Vgl. Staber (2000), S. 65f.

Ende der Leseprobe aus 98 Seiten

Details

Titel
Eine Meta-Meta-Perspektive auf komplexitätsreduzierende Mechanismen in Unternehmensnetzwerken
Hochschule
Technische Universität Chemnitz
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
98
Katalognummer
V39704
ISBN (eBook)
9783638384100
Dateigröße
756 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Eine, Meta-Meta-Perspektive, Mechanismen, Unternehmensnetzwerken
Arbeit zitieren
Annette Gebert geb. Speck (Autor:in), 2004, Eine Meta-Meta-Perspektive auf komplexitätsreduzierende Mechanismen in Unternehmensnetzwerken, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/39704

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