Errichtung eines Joint Ventures zur Wasser- und Sanitätsversorgung in Cartagena, Kolumbien


Wissenschaftliche Studie, 2002

40 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Joint Venture
1.1 Begriff
1.2 Struktur, Zweck und Handlungsspielraum
1.2.1 Technologischer und wirtschaftlicher Entwicklungsstand des Ziellandes
1.2.2 Wirtschaftssystem des Ziellandes
1.2.3 Beteiligung des ausländischen Partners
1.2.4 Zweck und Gegenstand
1.2.5 Dauer der Zusammenarbeit
1.2.6 Partnerstruktur nach Nationalität bzw. Herkunftsland
1.2.7 Freiheitsgrad des Joint Ventures

2 Errichtung und Durchführung eines Joint Ventures – Wasserversorgung und sanitäre Einrichtungen in Cartagena, Kolumbien
2.1 Partnerschaftsprofil
2.2 Partnerschaftsdaten
2.3 Einleitung
2.4 Public-private Partnership in Kolumbien
2.4.1 Eine lange Geschichte der „Freunderlwirtschaft
2.4.2 Ein schwaches lokales, öffentliches System der Administration
2.4.3 Eine schlechte wirtschaftliche Lage und wachsende Armut
2.5 Aufkommen von günstigen Bedingungen für PPP`s
2.5.1 Der Dezentralisierungseffekt
2.5.2 Teilnehmer des privaten Sektors
2.5.3 Gesetzliche Bestimmungen
2.5.4 Cartagena als Pionier
2.6 Cartagena Partnerschaft
2.6.1 Umstrittene Verhandlungen
2.6.2 Der Inhalt des Joint Venture Vertrages
2.6.3 Die Leistungen der AGUACAR
2.7 Die Partnerschaft und der Wasserbedarf der Armen der Stadt
2.7.1 Motivation der Stakeholder für Pro-Arme-Initiativen
2.7.2 Die gesetzliche Verantwortung für Wasser und sanitäre Einrichtungen
2.7.3 Die Wassertarifgliederung und die Armen der Stadt
2.8 Pro-Arme-Initiativen innerhalb des PPP
2.8.1 Barrio Nelson Mandela
2.8.2 Kommunale Rechnungslegung
2.8.3 El Pozón
2.8.4 Die „Business Partners for Development” Initiative
2.8.5 Die große Bedeutung von Armenintiativen
2.9 Bildung städtischer Kapazitäten zur Hilfeleistung eines Pro-Armen PPP
2.10 Schlüsselstunden in der Cartagena – Partnerschaft – Erfahrung

3 Kommentar zu Cartagena
3.1 Weitere internationale Joint Ventures
3.1.1 Brasilien
3.1.2 Algerien
3.1.3 Kolumbien
3.2 Sichtweise eines Privaten über Joint Ventures
3.3 Finden eines Joint Venture Partners
3.4 Joint Venture Verband 35
3.5 Förderungen der EU 37
3.5.1 JOP 37
3.5.2 JEV

4 Quellenangabe

1 Joint Venture

1.1 Begriff

Im weiteren Sinn handelt es sich um eine Zusammenarbeit von nicht gebietsansässigen Unternehmen mit Partnern aus dem Gastland (Auslandsmarkt), d. h. alle Formen der
Kooperation, einschl. Lizenzvergabe, Vertragsmanagement, Vertragsfertigung und Gemeinschaftsunternehmen.

Im engeren Sinn wird es auch als Beteiligungs-, Gemeinschafts-Partnerschaftsunternehmen oder joint ownership ventures bezeichnet. Dabei handelt es sich um Unternehmen, die durch folgende Charakteristika gekennzeichnet sind:

- kapitalmäßige Beteiligung und Tragung anteiligen Risikos seitens aller Partner
- Investoren aus verschiedenen Wirtschaftsgebieten
- längerfristige bzw. dauerhafte Zusammenarbeit auf vertraglicher Basis

1.2 Struktur, Zweck und Handlungsspielraum

Joint Ventures können nach den Hauptkriterien technologischer und wirtschaftlicher Entwicklungsstand des Gast- bzw. Ziellandes, Wirtschaftssystem des Ziellandes,
Beteiligungshöhe des ausländischen Partners, Zweck und Gegenstand des Joint Ventures, Dauer, Partnerstruktur nach Nationalität und politischer bzw. Wirtschaftsebene und
Freiheitsgrad des Joint Ventures unterschieden werden.

1.2.1 Technologischer und wirtschaftlicher Entwicklungsstand des Ziellandes

- Entwicklungsländer

Zunehmende Devisen- und Verschuldungsprobleme sowie Nationalisierungstendenzen und Bestrebungen zur Verbesserung des Entwicklungsniveaus bewirkten in vielen Entwicklungsländern Importbeschränkungen oder -stops sowie ein Verbot der Mehrheitsbeteiligungen durch Gebietsfremde. Joint Ventures, überwiegend in der Form einer Minderheitsbeteiligung, sind möglich. Verschiedene Gruppierungen sowohl auf ausländischer Seite als auch auf Seiten des Gastlandes sind an Joint Ventures beteiligt. Die inhaltlichen Schwerpunkte liegen hauptsächlich in Forschung und Entwicklung; Projekt- und Arbeitsgemeinschaften bzw. Konsortien, um in Drittländern erfolgreicher arbeiten zu können und Spezial-Joint Ventures, um im ausländischen Markt ein bestimmtes Marktsegment zu erschließen.

- Industrieländer

Unternehmen aus Industrieländern mit höherem Industrialisierungsgrad und technologischem Entwicklungsstand suchen in zunehmendem Maße nach effiziente(re)n Wegen grenzüberschreitender Arbeitsteilung bzw. Kooperation wegen Austausch, wechselseitiger Nutzung und kostengünstigerer Verbesserung von technischem und Marketing-Know-how; Rationalisierung (hinsichtlich Produktion, Marketing-Mix, Distribution sowie Forschung und Entwicklung); Vergrößerung der Basis, um Großprojekte übernehmen und mit Mindestrisiko realisieren zu können.
Die inhaltlichen Schwerpunkte liegen insbesondere in Erringung von Größenvorteilen (economies of large scale) im Rahmen von Leistungserstellung, Know-how-Entwicklung und -anwendung sowie Marketing-Organisation; Erreichung einer größeren Marktnähe, einschließlich des Images eines gebietsansässigen Unternehmens und Erschließung von "Problemmärkten" im Zielland.

1.2.2 Wirtschaftssystem des Ziellandes

In Ländern mit marktwirtschaftlicher Wirtschaftsordnung werden Joint Ventures durch den staatlich vorgegebenen, sehr weit gefassten Rahmen eher indirekt beeinflusst. Joint Ventures in den bisherigen Staatshandelsländern unterliegen i. d. R. stärkeren Reglementierungen in bezug auf Inhalt, Beteiligungsverhältnisse, Absatzmöglichkeiten im Zielland etc. In diesen Ländern ist (auch in der Gründungsphase) eine staatliche Beteiligung nicht mehr unumgänglich. Die Möglichkeiten zum Erwerb von Eigentum am Grundkapital von Joint Ventures durch ausländische Unternehmen ist nahezu in allen ehemaligen Staatshandelsländern gegeben, die Joint Ventures als Beteiligungsform zulassen. Eigentumsrechte und Beteiligungsverhältnisse der ausländischen Partner werden durch entsprechende Ländergesetze und –verordnungen geregelt.

1.2.3 Beteiligung des ausländischen Partners

Es werden Minoritätsbeteiligungen (minority joint venture), Mehrheitsbeteiligungen (majority joint venture) und Gleichheitsbeteiligungen (equity joint venture) des ausländischen Partners unterschieden.

1.2.4 Zweck und Gegenstand

- Produktions-Joint Venture

Gegenstand des Joint Ventures können Vorproduktion, Montage bzw. Konfektionierung oder Formulierung, Veredelung oder Gesamtfertigung sein. Zweck sind Erreichung von Kostenvorteilen sowie einer geographischen und "anthropologischen" Nähe zu Absatzmärkten.

- Vertriebs-Joint Venture

Unternehmen aus fremden Wirtschaftsgebieten gründen mit einheimischen Partnern eine Vertriebsgesellschaft im Zielland oder erwerben eine bereits bestehende Vertriebsorganisation. Besonders in Staatshandelsländern und in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern ist ein Vertriebs-Joint Venture oft die einzige Möglichkeit, um den dortigen Absatzmarkt kontrolliert bearbeiten zu können. In Industrieländern überwiegen Wettbewerbs-, Marketing- und Rationalisierungsziele.

- Joint Ventures in Forschung und Entwicklung

Durch gemeinsame Zweckforschung und Entwicklung soll den Erfordernissen des technischen Fortschritts besser und kostengünstiger entsprochen werden, als dies bei individuellem Vorgehen möglich wäre.

1.2.5 Dauer der Zusammenarbeit

Befristete, projektbezogene Joint Ventures (contractual joint venture) gehören nicht zu Joint Ventures i. e. S., da der dauerhafte Charakter fehlt. Langfristige Joint Ventures ("echte" Joint Ventures) haben einen dauerhaften bzw. längerfristigem Charakter. Die Regelvertragsdauer beträgt 10 bis 15 Jahre. Die Partner verfolgen strategische Zielsetzungen. Zum. Teil ist die Vertragsdauer begrenzt (in der Volksrepublik China maximal 50 Jahre).

1.2.6 Partnerstruktur nach Nationalität bzw. Herkunftsland

Es gibt folgende Möglichkeiten:

- Partner aus dem gleichen fremden Wirtschaftsgebiet: Da beide Investoren aus dem gleichen Wirtschafts- und Mentalitätsraum entstammen, kann eine gewisse gemeinsame Basis vorausgesetzt werden. Zahlreiche Konfliktpotentiale sind somit ausgeschlossen.
- Partner aus verschiedenen fremden Wirtschaftsgebieten gründen ein Unternehmen im Zielland
- Partner aus dem Gastland und aus einem fremden Wirtschaftsgebiet: Entspricht der eigentlichen Begriffsdefinition des Joint Ventures.

1.2.7 Freiheitsgrad des Joint Ventures

Die politisch bestimmten Zielsetzungen einzelner Länder schlagen sich in den für ausländische Investoren geltenden Investitionsgesetzen und -verordnungen nieder. Hierdurch können nicht nur der Zwang zur Beteiligung eines Partners aus dem Gastland und die Beteiligungsverhältnisse vorgeben werden, sondern auch der Handlungsspielraum, u. a. in bezug auf Vermarktung der im Rahmen des Joint Ventures produzierten Erzeugnisse, Geld- und Kapitaltransfer, Devisen, Aufenthaltsgenehmigung und Arbeitserlaubnis des Gastlandes für ausländische Mitarbeiter, Behandlung durch Behörden, Zulieferanten, Interessengemeinschaften etc. sowie Managementstruktur (in Abhängigkeit von Landesvorschriften, Rechtsform und Beteiligungsverhältnisse der Partner).

2 Errichtung und Durchführung eines Joint Ventures – Wasserversorgung und sanitäre Einrichtungen in Cartagena, Kolumbien

2.1 Partnerschaftsprofil

1995 bildete die Stadtverwaltung von Cartagena ein Joint Venture mit Aguas de Barcelona, (AGBAR) um die Versorgung der Stadt mit Wasser und sanitären Einrichtungen sicherzustellen. Zu diesem Zweck wurde eine neue Firma gegründet, die Aguas de Cartagena (AGUACAR), welche einen 26-Jahres-Vertrag für den Betrieb und die Instandhaltung dieser Versorgungsdienste mit der Stadt Cartagena schloss. Weiters schloss AGUACAR einen Managementvertrag mit AGBAR. 1998 wurde AGBAR mit Hilfe eines separaten Vertrages von der Stadtverwaltung beauftragt, ein großes Investmentprogramm der Weltbank und der Inter-American Development Bank zu managen.

Das kurzfristige Ziel dieses Joint Ventures sollte die Auslagerung dieses ineffizienten Betriebes aus der Stadtkasse sein. Weiters sollte mit der Auslagerung des Managements in den privaten Sektor eine Effizienzsteigerung durch das private Know-how erreicht werden. Das langfristige Ziel war die Sicherung von Darlehen von internationalen Finanzinstitutionen, um das Wasser- und Sanitätssystem der Stadt zu verbessern und zu erweitern.

Den eigentlichen Bedürfnissen der armen Stadtbevölkerung wurden anfangs aber nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. So wurden z.B. keinerlei Studien über die Versorgung mit Wasser über die Stadtgrenzen hinaus, über die Finanzierung von privaten Wasseranschlüssen oder über die Bereitschaft bzw. überhaupt die Möglichkeit der Bezahlung von Wassergebühren der Bevölkerung in Betracht gezogen. Trotzdem sind die Stadtverwaltung und die Bewohner von Cartagena im großen und ganzen zufrieden mit der Versorgung durch AGUACAR. Gemessen an der Produktivität, Leckrate, Zuverlässigkeit, Wasserqualität und Kundenservice ist die Systemeffizienz seit 1995 erheblich gestiegen. Die Erweiterung der Wasser- und Sanitätsversorgung geht jedoch nur sehr langsam voran.

Die Rolle der Stadtverwaltung in der Partnerschaft ist sehr eingeschränkt, und somit kann sie auch als „schlafender Partner“ bezeichnet werden. Trotzdem führt der Bürgermeister als „Hauptaktionär“ den Vorsitz bei Versammlungen der Joint Venture Firma, wobei die Professionalität im Vergleich zum privaten Partner sehr stark fehlt. Dies führt bei Verhandlungen zwischen den öffentlichen und privaten Partnern natürlich zu einem starken Ungleichgewicht was die Verhandlungsgeschicklichkeit angeht.

Trotz einer Fülle von neuen Bürgerbeteiligungsprogrammen in den lokalen Verwaltungen fehlt es an einer Prüfungsmöglichkeit für die Bürger. Die Idee eines Bürgerüberwachungskomitees für die grundlegenden öffentliche Versorgung, Wasser- und Sanitätsversorgung eingeschlossen, wurde trotz der offensichtlichen Notwendigkeit noch nicht umgesetzt.

2.2 Partnerschaftsdaten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.3 Einleitung

1995 schloss die Stadtverwaltung von Cartagena einen 26-Jahresvertrag mit Aguas de Cartagena (AGUACAR), um die Wasser- und Sanitätsversorgung in ihrem Zuständigkeitsbereich sicherzustellen. AGUACAR ist ein Joint Venture im Eigentum der Stadtverwaltung von Cartagena und einem spanischen privaten Wasserversorgungsbetrieb, Aguas der Barcelona (AGBAR). Diese Übereinkunft war die erste „Public-Private Partnership“ (PPP) für grundlegende Versorgung in Kolumbien.

2.4 Public-private Partnership in Kolumbien

Mehrere zusammenhängende Faktoren haben die momentane Beschaffenheit für PPP’s in Kolumbien geformt:

- eine lange Geschichte der „Freunderlwirtschaft“
- ein schwaches System der lokalen Verwaltung
- eine sich verschlechternde wirtschaftliche Situation und steigende Armut
- eine eingeschränkte Entwicklung der Bürgerbeteiligung

2.4.1 Eine lange Geschichte der „Freunderlwirtschaft“

Kolumbien ist ein Staat mit drei Regierungsebenen – national, regional und kommunal. Es gibt 32 Bezirke und 1080 Kommunen. Früher wurde Kolumbien stark zentral regiert, der Präsident ernannte die Gouverneure der Bezirke, welche wiederum die Bürgermeister der Kommunen ernannten. Diese ernannten Vertreter übten eine effektive Kontrolle über die vom Volk gewählten Bezirksversammlungen und Kommunenräte aus.

Diese hierarchische Anordnung führte zu einer Art „Freunderlwirtschaft“ auf lokaler Ebene, weil die Verteilung von finanzieller Unterstützung hauptsächlich von der politischen „Treue“ der Empfänger abhing.

Aus diesem Grund fehlte auch jede Möglichkeit für die Bürger, sich aktiv an der Politik zu beteiligen. Dies wiederum führte in den Jahren 1970-1986 zu hunderten Bürgerstreiks, welche von den lokalen Bürgergruppen organisiert wurden. Diese Streiks sollten auf die schlechten Versorgungsdienste der Stadt und auf die Konzentration der Regierungsausgaben auf die großen Städte hinweisen. So fielen 1979 72 Prozent der Staatsausgaben auf die drei größten Stadtgemeinden, und ihre Pro-Kopf Ausgaben waren sechs mal größer als die der kleinen Gemeinden.

Diese Bürgerstreiks hatten wichtige Konsequenzen für die lokalen Regierungen, da Korruption und die „Freunderlwirtschaft“ stark zurückgingen.

Weiters bedrohten die wachsenden Aufstände von Guerillagruppen bereits die Stabilität des gesamten politischen Systems. Dies führte zur Einführung des Zwei-Parteien-Systems (Konservative und Liberale), welche den kolumbischen Staat zu reformieren begannen. 1986 wurden dann eine Reihe neuer Gesetze beschlossen, welche die folgenden fünf wichtigen Punkte beinhalteten:

- direkte Wahl der Bürgermeister
- Einführung von lokalen Referendums
- finanzielle Stärkung der lokalen Regierungen
- administrative Dezentralisierung
- Bürgerbeteiligung bei Gemeindeangelegenheiten

So fanden 1988 die ersten direkten Wahlen der Bürgermeister seit über einem Jahrhundert statt und 1991 die ersten Wahlen der Bezirksgouverneure.

Die Konstitution von 1991 öffnete weiter Möglichkeiten für die Bürgerbeteiligung:

- Kandidaten für das Amt des Bürgermeisters müssen ihr Programm während der Wahlkampagne ihrer Wählerschaft präsentieren. („voto programàtico“)
- Bürgerkomitees dürfen öffentliche Serviceleistungen und spezielle öffentliche Investitionsprojekte überwachen. („veedorias ciudadanas”)
- Referendum auf Wunsch von 10 Prozent der Gemeinde-, Department- oder nationalen Wählerschaft
- Amtsenthebung des Bürgermeisters bei schlechter Leistung („derecho de petiticiòn”)
- öffentliche Diskussion und Kritik („audiencia pùblicas“)
- Einspruchsmöglichkeit einzelner Bürger bei Verweigerung grundlegender Rechte auf Gesundheit und Erziehung („tutela“)
- Bürgerbefragungen („Plan de Ordenamiento Territorial“ (POT))

Trotz der Vielzahl von legalen Möglichkeiten bleibt in der Praxis in Cartagena die Bürgerbeteiligung gering. Die große Regierungsreform von 1986 brachte keine signifikante Reform im Verwaltungsstil der Gemeinderegierung. Trotz des beachtlichen Zuwachses an Steuertransfers von der Zentralregierung bleiben die Gemeindeausgaben für soziale Entwicklung erstaunlich niedrig.

Die Stadt Cartagena ist die größte Gemeinde und die Hauptstadt des Bezirks Bolívar. Im Jahre 2000 hatte sie eine Einwohnerzahl von 850.000 Leuten und ein Budget von 177 Millionen US-Dollar, das entspricht einer Pro-Kopf-Aufwand von $208. Cartagena wird von einem direkt gewählten Bürgermeister und 19 Stadträten regiert, welche für eine Periode von drei Jahren gewählt werden.

2.4.2 Ein schwaches lokales, öffentliches System der Administration

In der Zeit zwischen 1948 und 1953 gab es in Kolumbien zwei große Parteien, die Konservativen und die Liberalen, die die politische Bühne beherrschten. Gemäß einer Abmachung aus 1958 stellten sie abwechselnd die Regierung und teilten sich alle öffentlichen Berufungen gleichmäßig auf.

In Cartagena hatte dieses politische System zur Folge, dass sich der Stadtrat und somit auch die Verwaltung des städtischen Wasserunternehmens regelmäßig änderten. (Manchmal bis zu zweimal pro Jahr) In Wahlkampfzeiten wurden dann einige Projekte, auch im Wasserbereich, speziell in jenen Teilen der Stadt durchgeführt, in denen man Wählerstimmen benötigte. Durch diese Art der Entscheidung wurde es unmöglich, langfristige Maßnahmen für Grundbedürfnisse zu setzen. Nach 1986 gab es zwar mehr Stabilität, aber noch nicht genug um ein sicheres effizientes Management zu haben.

Erst die Öffentliche-Private-Partnerschaft, die 1995 eingeführt wurde, führte dazu, dass der Investitionsplanungsprozess von diesen politischen Kurzzeitüberlegungen abgetrennt wurde, und dadurch den Gemeinden Zugang zur Finanzhilfe von der Weltbank ermöglicht wurde.

2.4.3 Eine schlechte wirtschaftliche Lage und wachsende Armut

In Kolumbien ist die Einkommensverteilung in hohem Maße ungleich. 1996 hatte die reichste Schicht in Kolumbien 46 Prozent des nationalen Einkommens, im Gegensatz dazu hatte die ärmste Bevölkerungsschicht nur 1,1 Prozent.

Anfang der 90er Jahre erlebte Kolumbien eine wirtschaftliche Rezession, bedingt durch die sich verschlimmernde Bürgerkriegssituation. Eine große Abwanderung aus den ländlichen Regionen steigerte die städtische Population in Kolumbien von 64 auf 73 Prozent. 11 Prozent der Gesamtbevölkerung lebten unter der international definierten Armutsgrenze von US $1 pro Tag. 15 Prozent der Bevölkerung hatten keinen Zugang zu einer Versorgung mit reinem Wasser und Sanitäreinrichtungen.

[...]

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Details

Titel
Errichtung eines Joint Ventures zur Wasser- und Sanitätsversorgung in Cartagena, Kolumbien
Hochschule
FH JOANNEUM Kapfenberg  (Infrastrukturwirtschaft)
Veranstaltung
BWL
Note
2
Autor
Jahr
2002
Seiten
40
Katalognummer
V3961
ISBN (eBook)
9783638124645
ISBN (Buch)
9783638697378
Dateigröße
869 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Errichtung eines Joint Ventures zur Wasser- und Sanitätsversorgung in Cartagena, Kolumbien. Zusammenfassung einer Fallstudie mit Kommentar. Sehr dicht - einzeiliger Zeilenabstand. 822 KB
Schlagworte
Wasser, Joint Ventures, BWL
Arbeit zitieren
DI (FH) Rainer Müller (Autor:in), 2002, Errichtung eines Joint Ventures zur Wasser- und Sanitätsversorgung in Cartagena, Kolumbien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3961

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