Was ist mein Unternehmen wert? Unternehmensbewertungsverfahren


Seminararbeit, 2004

82 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Symbolverzeichnis

1. Einleitung

2. Theoretische Grundlagen der Unternehmensbewertung
2.1 Grundbegriffe der Unternehmensbewertung
2.2 Anlässe der Unternehmensbewertung
2.2.1 Die nicht dominierte Situation
2.2.2 Die dominierte Situation
2.3 Zwecke der Unternehmensbewertung
2.3.1 Die Hauptfunktionen
2.3.2 Die Nebenfunktionen
2.4 Systematisierung der Bewertungsmethoden
2.5 Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung

3. Traditionelle Methoden
3.1 Der Unternehmensgesamtwert
3.1.1 Der Reproduktionswert
3.1.2 Der Ertragswert
3.2 Die Grundformel des Unternehmensgesamtwertes
3.3 Die Mittelwertmethode
3.4 Die Verfahren der Geschäftswertabschreibung
3.5 Die Ertragswertmethode
3.6 Das Verfahren Schnettlers
3.7 Methode der Übergewinnkapitalisierung
3.8 Methoden der Übergewinnabgeltung / Übergewinnverrentung
3.9 Das Stuttgarter Verfahren
3.10 Abschließende Betrachtung der traditionellen Methoden

4. Ermittlung des Ertragswertes eines Unternehmens
4.1 Von der Investitionstheorie zur Unternehmensbewertung
4.2 Ertragswert eines Unternehmens bei Sicherheit
4.3 Ertragswert eines Unternehmens bei Unsicherheit
4.4 Berücksichtigung des Planungshorizonts
4.4.1 Bestimmung des Verkaufserlöses
4.4.2 Ertragswert bei endlicher Lebensdauer
4.4.3 Ertragswert bei unendlicher Lebensdauer

5. Bestimmung der Renditeforderungen
5.1 Grundsätzliche Überlegungen
5.1.1 Opportunitätskostenprinzip
5.1.2 Überlegungen zum Zusammenhang zwischen Rendite und Risiko
5.2 Capital Asset Pricing Model (CAPM)

6. Alternative Methoden der Unternehmensbewertung
6.1 Multiplikatoransatz
6.1.1 Einführung
6.1.2 Die Bewertung nach der Multiplikatormethode in fünf Schritten.
6.1.3 Multiplikatorarten
6.1.4 Beurteilung und Anwendung des Multiplikatorverfahrens
6.2 Economic Value Added - EVA-Ansatz
6.2.1 Definition von Economic Value Added
6.2.2 Die Aussage des EVA
6.2.3 Bewertung eines Unternehmens mit EVA

7. Discounted Cash Flow Verfahren
7.1 Einführung in die DCF-Verfahren
7.1.1 Das Prinzip der DCF-Verfahren
7.1.2 Systematisierung der DCF-Verfahren
7.1.3 Abgrenzung: DCF-Verfahren und Ertragswertverfahren
7.2 Vorbemerkungen zur Anwendung der DCF-Verfahren
7.2.1 Die Konzeption des Free Cash Flow (FCF)
7.2.2 Annahmen der DCF-Verfahren
7.3 Die Methode des Adjusted Present Value (APV)
7.3.1 Die Vorgehensweise der APV-Methode
7.3.2 Erster Schritt der APV-Methode
7.3.3 Zweiter Schritt der APV-Methode
7.4 Die Weighted Average Cost of Capital (WACC) Methode
7.4.1 Die Vorgehensweise der WACC-Methode
7.4.2 Das Zirkularitätsproblem der WACC-Methode
7.5 Die Methode des Flow To Equity (FTE)
7.6 Anwendbarkeit der DCF-Verfahren und Fazit

8. Fallstudie: Was ist mein Unternehmen wert?
8.1 Darstellung der Unternehmung und deren Bilanz der Jahre 2003/04
8.2 Quantifizierung von Planzielen durch Gespräche mit der Geschäftsführung
8.3 Aufstellung der Planbilanzen für die kommenden drei Jahre
8.4 Generierung bewertungsrelevanter Zahlen durch eine Free Cash Flow Rechnung
8.5 Bestimmung des Opportunitätskostensatzes
8.5.1 Eigenkapitalrendite mittels CAPM i.V.m. der richtigen Beta-Wahl
8.5.2 Bestimmung des WACC Opportunitätskostensatzes
8.6 Unternehmensbewertung mittels verschiedener Diskontierungsansätze
8.6 Unternehmensbewertung mittels verschiedener Diskontierungsansätze
8.6.1 Unternehmensbewertung mittels des Barwertverfahrens beim DCF Verfahren und des WACC Opportunitätskostensatzes
8.6.2 Einfluß der Kapitalstruktur auf den Unternehmenswert, d.h 100%ige Eigenkapitalfinanzierung
8.6.3 Unternehmensbewertung unter der Beachtung einer Wachstumsrate (Gordon Growth Model)
8.6.4 Vom Barwert zum Unternehmenswert

9. Abschließende Betrachung

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Systematisierung der Bewertungsverfahren

Abbildung 2 Anteil des Verkaufserlöses am Unternehmenswert bei einem Diskontsatz von 15%

Abbildung 3 Berechnung des Unternehmenswertes nach Multiplikatorverfahren

Abbildung 4 Ablauf von Multiplikatorverfahren - Eigene Abbildung

Abbildung 5 Berechnung eines Multiplikators – Eigene Abbildung

Abbildung 6 EVA als operative Kennzahl

Abbildung 7 Systematisierung der DCF-Verfahren

Abbildung 8 Ermittlung des FCF bei fiktiver vollständiger EK-Finanzierung

Abbildung 9 Ermittlung des FCF unter Berücksichtigung der Kapitalstruktur

Abbildung 10 Bilanz der Hifi Verkaufs GmbH

Abbildung 11 Gewinn und Verlustrechnung der Hifi Verkaufs GmbH

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Anlässe der Unternehmensbewertung

Tabelle 2 Ermittlung des Free Cash Flow from Operations aus dem Jahresüberschuß

Tabelle 3 Geforderte Eigenkapitalrendite nach CAPM

Tabelle 4 Unternehmenswert abhängig von der Berechungsmethode

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Seitdem zum einen Kaufleute Interesse daran zeigen, wie groß das in ihrem Unternehmen gebundene Vermögen tatsächlich ist und seitdem zum anderen Betriebe verkauft, vererbt oder gar verschenkt werden, wird der Ermittlung des Unternehmensgesamtwertes ein besonders hoher Stellenwert eingeräumt. So dürften die ersten Bewertungen bereits um 2000 v. Chr. vollzogen worden sein.[1] In Deutschland wurden die ersten Unternehmen in den 50-er Jahren erstmals verkauft, davor gab es praktisch keine nennenswerten Unternehmensverkäufe.

Insbesondere in den letzten Jahrzehnten ist die Bedeutung einer objektiven Unternehmensbewertung stark angestiegen. Im Rahmen der Globalisierung und der zunehmenden vertikalen Integration in einigen Branchen gehören Übernahmen von Unternehmen zum Alltag, als Beispiel sei hier die Pharmaindustrie genannt. Adäquate Bewertungsverfahren zur Preisermittlung von Unternehmensanteilen sind daher insbesondere zum gegenwärtigen Zeitpunkt von hohem betriebswirtschaftlichen Interesse.

Im Rahmen der betriebswirtschaftlichen Theorie wurden im Zeitablauf verschiedene Verfahren zur Unternehmensbewertung entwickelt. Hatte sich im deutschsprachigen Raum lange Zeit die traditionelle Ertragswertmethode bewährt und etabliert, so scheint es seit geraumer Zeit einen Umbruch bzw. eine Entwicklung in der Betriebswirtschaftslehre zu geben. Seit mehr als zehn Jahren erregt ein neueres, aus dem angloamerikanischen Raum stammendes Verfahren Aufmerksamkeit – die verschiedenen Discounted-Cashflow-Methoden. Diese sind bereits seit 1998 durch das Institut der Wirtschaftsprüfer offiziell zugelassen und finden aktuell verstärkt Anwendung.

Gegenstand dieser Arbeit ist eine Darstellung verschiedener, sowohl traditioneller als auch moderner Methoden zur Unternehmensbewertung. Mit Hilfe einer Fallstudie werden ausgewählte Verfahren zur Unternehmensbewertung an einem Praxisbeispiel verdeutlicht.

Folgender Aufbau liegt der Arbeit zugrunde:

Kapitel 2 hat einen einführenden Charakter – es beschreibt die Grundidee und den Zweck der Unternehmensbewertung. Es behandelt Aspekte, die für die Ausführungen der weiteren Kapitel nützlich oder erforderlich sind.

Die Kapitel 3 bis 7 bilden den Kern der Arbeit. Hier werden verschiedene Unternehmensbewertungsverfahren nacheinander dargestellt. Im Mittelpunkt stehen dabei das Ertragswertverfahren und die Discounted Cashflow (DCF)-Methoden. Behandelt werden weiterhin traditionelle und alternative Ansätze.

In Kapitel 8 wird die Darstellung mit Hilfe eines Praxisbeispiels veranschaulicht. Dadurch wird ermöglicht, die Verfahren konkret anzuwenden, über das Theoretische hinauszugehen und praktische Probleme aufzuzeigen.

Anschließend wird in der Schlussbetrachtung die Praxisrelevanz der Unternehmensbewertungsverfahren kritisch gewürdigt und es erfolgt ein kurzer Ausblick in die Zukunft.

2. Theoretische Grundlagen der Unternehmensbewertung

2.1 Grundbegriffe der Unternehmensbewertung

In der betriebswirtschaftlichen Literatur existiert aufgrund ihrer Vielfältigkeit und Vielschichtigkeit keine einheitliche Definition der Begriffe Wert bzw. Bewertung einer Unternehmung. Im Folgenden seien einige der wesentlichen Definitionen herausgegriffen und erwähnt.

Stützel definiert den Unternehmenswert bspw. als „(...) den Grad der Brauchbarkeit eines Mittels zur Erfüllung eines Zwecks!“[2]. Moxter hingegen versteht unter dem Unternehmenswert „(…) einen potentiellen Preis des Unternehmens. Der Preis eines Unternehmens ist der Geldbetrag, den der Unternehmenskäufer zu entrichten hat (und den der Unternehmensverkäufer erlöst)(…)“. Grundsätzlich kann der Wert einer Unternehmung über den Nutzen, den der jeweilige Inhaber aus dem Bewertungsobjekt ziehen kann, bestimmt werden. So definiert Pratt den Unternehmenswert wie folgt: „Value, like beauty, is in the mind of the beholder.“[3]

In Abschnitt 2.3 wird ersichtlich werden, dass die Unternehmenswertermittlungen sehr unterschiedlichen Zwecken dienen können. Der wirklich richtige Wert ist daher nicht bestimmbar, weshalb sich die Richtigkeit aus der jeweiligen Zweckadäquenz ergibt.[4] Moxter ist der Auffassung, dass der Unternehmenswert immer nur als relativ erachtet werden kann.[5]

Weiter stellt sich die Frage nach dem Wert immer erst dann, wenn das Unternehmen selbst zum Gegenstand des wirtschaftlichen Tauschwertes, den es durch die Unternehmensbewertung objektiv zu bestimmen gilt, wird.[6] Obwohl sich bis zum heutigen Zeitpunkt keine einheitliche Definition bezüglich des Begriffes Unternehmensbewertung herauskristallisiert hat, besteht jedenfalls ein generelles Ziel in der exakten Bestimmung des subjektiven Nutzens.

Bei der Bewertung wird zwischen objektiver und subjektiver Unternehmensbewertung differenziert. Die objektive Bewertung beinhaltet, dass der Unternehmenswert unabhängig von den Interessenlagen der Käufer und Verkäufer zu ermitteln ist. Dieser Wert hat für sämtliche Individuen Gültigkeit, da die Faktoren, auf denen er beruht, von allen realisiert werden können. Fraglich erscheint hierbei jedoch zum einen die Möglichkeit einer exakten Bestimmung und zum anderen die grundlegende Brauchbarkeit des objektiven Unternehmenswertes.[7]

Im Gegensatz zur objektiven beinhaltet die subjektive Bewertung die Berücksichtigung aller Entscheidungsalternativen (z.B. Ziele, Möglichkeiten und Erwartungen), die der Desinvestitionsentscheidung eines bestimmten Verkäufers bzw. der Investitionsentscheidung eines bestimmten Käufers zugrunde liegen. Der subjektive Wert repräsentiert den maximalen Preis, den ein potentieller Käufer bereit wäre zu zahlen bzw. den Preis, den ein Verkäufer mindestens fordern würde. Damit spiegelt der Wert die Grenze der Konzessionsbereitschaften wieder.[8]

2.2 Anlässe der Unternehmensbewertung

Die Anlässe der Unternehmensbewertung sind nicht nur zahlreich und vielschichtig, sondern ebenfalls notwendig, um den unternehmerischen Zweck zu bestimmen.[9]

Eine prinzipielle Systematisierung der Bewertungsanlässe baut zunächst auf einer detaillierten Analyse der Ausgangsverhältnisse auf.[10] Hierbei ist der Frage nachzugehen, inwieweit die Bewertungssituation von den Entscheidungen aller Beteiligten bestimmt wird.[11] In der Literatur wird aus diesem Grund zwischen entscheidungsabhängigen und entscheidungsunabhängigen Situationen unterschieden.[12]

Während entscheidungsabhängige Situationen durch einen potentiellen Eigentumswechsel gekennzeichnet sind, bleiben die Eigentumsverhältnisse bei entscheidungsunabhängigen Situationen unverändert. Dennoch hat im letzteren Fall eine Bewertung bspw. im Rahmen von Sanierungsverhandlungen, Kreditwürdigkeitsprüfungen und bei der Erstellung von Insolvenzplänen zu erfolgen.[13]

Wie aus der nachstehenden Tabelle ersichtlich wird, bedürfen entscheidungsabhängige Situationen einer weiteren Unterteilung in nicht dominierte und dominierte Situationen. Diese werden in den folgenden beiden Abschnitten dargestellt.

Tabelle 1 Anlässe der Unternehmensbewertung[14]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.2.1 Die nicht dominierte Situation

Grundsätzlich ist eine nicht dominierte Situation dadurch charakterisiert, dass keine Partei gegen den Willen der jeweils anderen Partei eine Änderung der Eigentumsverhältnisse erzwingen kann.[15] Vielmehr basieren diese Änderungen auf intensiven Verhandlungen, die erst bei gegenseitigem Einverständnis zu einem Ergebnis führen.[16] Einer Transaktion stimmt die jeweilige Partei zu, wenn der daraus zu ziehende Vorteil für sie hoch genug ist. Würde sich eine Transaktion nachteilig auswirken, besteht für alle Beteiligten die Möglichkeit auf diese zu verzichten, indem ein frühzeitiger Abbruch erklärt wird.[17]

Ein klassisches Beispiel einer nicht dominierten Situation ist der Kauf und Verkauf eines Unternehmens bzw. eines Unternehmensanteils. Dieser Kategorie unterfällt außerdem der Eintritt eines neuen Gesellschafters in ein bestehendes Unternehmen gegen die Einlage von Kapital.[18] Zur Bestimmung des "Eintrittspreises", der weder ihn noch die Altgesellschafter benachteiligen sollte, ist eine detaillierte und ganzheitliche Unternehmensbewertung erforderlich.[19] Bei der beschriebenen Situation werden lediglich die Eigentümerstrukturen geändert, ohne dass es zu einem potentiellen Eigentümerwechsel kommt.

Weitere nicht dominierte Situationen sind die Verschmelzung von zwei bzw. mehreren Aktiengesellschaften oder die Gründung einer neuen Gesellschaft aufgrund der Zusammenlegung mehrerer Altgesellschaften.

2.2.2 Die dominierte Situation

Im Falle einer dominierten Situation kann eine Partei auch gegen den Willen der anderen eine Änderung der Eigentumsverhältnisse erzwingen. Die jeweils dominierte Partei besitzt dann nicht mehr die Option des Verhandlungsabbruches, da sie sich der Situation zu unterwerfen hat. Für die beherrschte Partei besteht daraufhin die Möglichkeit, die erzwungene Änderung der Eigentumsverhältnisse extern durch ein Gericht überprüfen zu lassen.

Zwei Beispiele seien an dieser Stelle kurz dargelegt:

1. Eine Aktiengesellschaft wird aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses in eine GmbH umgewandelt (nach § 240 UmwG). Ein Minderheitsaktionär, der gegen die Umwandlung Widerspruch einlegt, hat einen Anspruch auf eine angemessene Barabfindung (nach § 207 UmwG).
2. Ein Gesellschafters scheidet aus einer Personengesellschaft aus, was er mit einer eigeninitiierten Kündigung erklärt. Es handelt sich hierbei um eine dominierte Situation, da der ausscheidende Gesellschafter seine Entscheidung auch gegen den Willen der anderen Gesellschafter, die in der Gesellschaft verbleiben, durchsetzen kann. Der ausscheidende Gesellschafter hat nun Anspruch auf Zahlung des Betrages, den er bei tatsächlicher Auflösung der Gesellschaft erhalten würde. Da die Gesellschaft jedoch fortgeführt wird, erfolgt die Ermittlung des auszuzahlenden Betrages anhand einer Anteilsbewertung.[20]

2.3 Zwecke der Unternehmensbewertung

Im Rahmen der Kölner Funktionenlehre werden die verschiedensten Zwecke der Unternehmensbewertung unterteilt in Haupt- und Nebenfunktionen, die im Folgenden dargestellt werden. Während Hauptfunktionen untergliedert werden in die Beratungs-, Vermittlungs- und die Argumentationsfunktion, werden den Nebenfunktionen eher untergeordnete Aufgaben beigemessen.[21]

2.3.1 Die Hauptfunktionen

Die Beratungsfunktion gilt als die zentrale Funktion der Unternehmensbewertung. Sie zielt auf eine genaue Ermittlung der Grenze der Konzessionsbereitschaft von Bewertungsinteressenten ab, die an einer Änderung der Eigentumsverhältnisse interessiert sind.[22] Bei diesen Verhandlungen treten u.a. Unternehmensberater, Wirtschaftsprüfer und Investmentbanker als Berater jeder Partei ein.[23]

Eine Entscheidungsgrundlage wird durch die Ermittlung des Entscheidungswertes geschaffen, der sich immer auf ein bestimmtes Bewertungssubjekt bezieht. Im Mittelpunkt der Entscheidungswertermittlung steht ein Investitionsausgleich auf Grundlage nutzenäquivalenter Alternativen. Hierbei wird die optimale Handlungsmöglichkeit - auch das Bewertungsprogramm genannt - unter Einschluss der Transaktion (z.B. Kauf/ Verkauf eines Unternehmens/ Unternehmensanteils) mit einem Vergleichsprogramm, der bestmöglichen Handlungsmöglichkeit ohne die Transaktion, gegenübergestellt.[24] Der Entscheidungswert entspricht dem individuellen Grenzpreis, d.h. dem Preis, der beim Kauf/ Verkauf eines Unternehmens gemessen am Vergleichsprogramm gerade noch ökonomisch vorteilhaft und lohnend erscheint.[25] Während für den Käufer der Entscheidungswert die Preisobergrenze darstellt, entspricht der Entscheidungswert aus Sicht des Verkäufers der Preisuntergrenze.[26] Erst wenn die Preisobergrenze seitens des Käufers der Preisuntergrenze des Verkäufers entspricht oder diese sogar übersteigt, treten beide Parteien innerhalb eines Einigungsbereiches in Preisverhandlungen.[27]

Der Kauf des Unternehmens erweist sich als vorteilhaft, wenn der Entscheidungswert des Käufers den des Verkäufers übersteigt, da dem Käufer dann Investitionsmittel in Höhe der aufkommenden Differenz für andere Investitionsvorhaben außerhalb des Bewertungsprogrammes verbleiben. Nachteilig wirkt sich ein geringerer Entscheidungswert für den Käufer aus, da ihm Investitionsmittel in Höhe der Differenz fehlen und er möglicherweise nutzenmindernd zusätzliches Fremdkapital aufnehmen muss.

Sofern die beteiligten Parteien sich nicht in ihren Kaufs-/ Verkaufsverhandlungen über den Preis einigen können, besteht genau in dieser Situation die Möglichkeit einen unparteiischen Gutachter einzuschalten - die Vermittlungsfunktion.[28] Dieser Gutachter hat die Aufgabe, zwischen Parteien mit divergierenden Interessen zu vermitteln, um eine schnellstmögliche Einigung hinsichtlich einer Änderung der Eigentumsverhältnisse zu ermöglichen. Seine Aufgabe besteht weiterhin darin einen für beide Seiten, unter Beachtung der parteispezifischen Interessen, akzeptablen und „fairen Einigungspreis" (auch „Arbitriumwert“ oder „Schiedswert“ genannt) zu bestimmen.[29] Der Schiedswert teilt den vorher ausgeloteten Einigungsbereich zwischen den jeweiligen Parteien auf. Hierbei ist zu beachten, dass eine symmetrische bzw. asymmetrische Aufteilung des Bereichs nur noch nach ethischen und nicht mehr nach ökonomischen Gesichtspunkten erfolgen kann. Es erscheint daher fraglich, ob die gefundene Lösung für alle Parteien auch die gerechteste Lösung ist.[30]

Des weiteren werden in diesem Zusammenhang zwei Probleme deutlich. Zum einen leiten die Parteien möglicherweise verzerrte Daten an die Gutachter weiter, um so den Einigungsbereich zu ihren Vorteilen zu manipulieren.[31] Zum anderen ist es fraglich, ob die beteiligten Parteien alle ihren subjektiven Grenzpreisen zugrunde liegenden Informationen dem unparteiischen Vermittler ohne weiteres offen legen.

Eine grundsätzliche Aufgabe der Argumentationsfunktion besteht in der argumentativen Unterstützung der Verhandlungsposition einer Partei, so dass das von ihr angestrebte Verhandlungsziel möglichst erreicht wird.[32] Während der Grenzpreis dem Verhandlungspartner nicht mitgeteilt wird, soll der Argumentationswert die Interessen der betroffenen Parteien nach außen vertreten und diese durch das Bereitstellen weiterer spezifischer Informationen untermauern. Durch die Auswahl geeigneter Bewertungsmethoden und eine geschickte Verhandlungsführung können durch diese Bereitstellung die Wertvorstellungen der zu unterstützenden Partei gestärkt werden.[33] Allerdings erfüllt der Argumentationswert erst dann seinen vollen Zweck, wenn zumindest eine grobe Einschätzung der Höhe des Entscheidungswertes bekannt ist. Existiert ein Entscheidungswert, sollte aus Sicht des Verkäufers der Argumentationspreis den Grenzpreis bzw. den Entscheidungswert überschreiten, um möglichst große Anteile am Einigungsbereich zu erwerben.[34] Andersherum wird sich der Käufer eines Argumentationswertes bedienen, der unterhalb seines Entscheidungswertes liegt.

Der Argumentationswert findet nicht nur im Zusammenhang mit Kaufpreisverhandlungen Verwendung, sondern ebenfalls sowohl in internen als auch externen Entscheidungssituationen, wie z.B. bei der Argumentation gegenüber einem Aufsichtsorgan.[35]

2.3.2 Die Nebenfunktionen

Die Nebenfunktionen einer Unternehmensbewertung können als entscheidungsunabhängige Situationen charakterisiert werden, da sie nicht notwendigerweise mit einer Änderung der Eigentumsverhältnisse einhergehen. Sie können u.a. in die Informations- und die Steuerbemessungsfunktion untergliedert werden. Die bereits dargestellten Ergebnisse der Hauptfunktionen sind nicht auf die Nebenfunktionen übertragbar, weshalb sie gesondert betrachtet werden müssen. Aufgrund ihrer geringen Bedeutung soll an dieser Stelle jedoch nur in aller Kürze auf die Nebenfunktionen eingegangen werden.

"Die Aufgabe der Informationsfunktion besteht in der Übermittlung von Informationen, die im Rahmen der handelsrechtlichen Bewertung durch konventionalisierte Bewertungsvorschriften erfolgt."[36]

Hingegen zielt die Steuerbemessungsfunktion darauf ab, den gemeinen Wert zum Zweck der Vermögensbesteuerung für nicht notierte Anteile an einer Kapitalgesellschaft zu ermitteln. Der gemeine Wert gibt dabei den Preis an, der bei einer tatsächlichen Veräußerung erzielt worden wäre.

2.4 Systematisierung der Bewertungsmethoden

Sowohl in der Theorie als auch in der Praxis der Betriebswirtschaftslehre sind die anzuwendenden Methoden zur Durchführung einer Unternehmensbewertung äußerst vielfältig und vielschichtig. Die Gründe hierfür liegen u.a. in dem Erkenntnisfortschritt der Betriebswirtschaft, der zur Entwicklung ganz neuartiger Konzeptionen der Bewertung geführt hat. Die Anforderungen an die Bewertung und die Zwecke haben sich im Laufe der Zeit permanent geändert und zum Einsatz unterschiedlicher Verfahren geführt.[37]

Die folgenden Ausführungen zielen ab auf eine fundamentale Systematisierung bestehender Bewertungsverfahren, sowie eine kurze Erläuterung ihrer wesentlichen Merkmale. Im Allgemeinen erfolgt eine Unterscheidung in drei Gruppen: das Gesamtbewertungs-, das Einzelbewertungs- und das Mischverfahren.[38]

Bei dem Gesamtbewertungsverfahren, auch erfolgsorientiertes Verfahren genannt, wird die Unternehmung als eine Bewertungseinheit betrachtet, d.h., die Bewertung erfolgt losgelöst von den Einzelwerten der realen Bestandteile, indem der Unternehmenswert durch den zukünftig zu erwartenden Gesamtertrag ermittelt wird.[39]

Im Gegensatz hierzu wird der Unternehmenswert bei der Einzelbewertung, auch substanzorientiertes Verfahren genannt, nicht als Gesamtkomplex, sondern vielmehr als Summe von Werten einzelner Unternehmensbestandteile (z. B. Schulden und Vermögensgegenstände) ermittelt. Diese Summe kann erst dann aufgestellt werden, wenn zunächst (als wesentliche Voraussetzung) die individuellen Werte der Vermögensgegenstände zu einem bestimmten Stichtag ermittelt worden sind. Hierbei erweist sich jedoch das Auftreten von sog. Kombinationseffekten als besonders problematisch, da diese bei der Berechnung des Unternehmenswertes vollkommen unberücksichtigt bleiben. Kombinationseffekte, die aus dem Zusammenwirken von Unternehmensteilen entstehen, haben auf der einen Seite positive Auswirkungen, wenn sie für die Unternehmung einen Mehrwert darstellen, auf der anderen Seite haben sie negative Auswirkungen, wenn sie einen Minderwert aufweisen.

Bei dem sog. Misch - oder auch Kombinationsverfahren werden das Gesamtbewertungs- und Einzelbewertungsverfahren so miteinander kombiniert, dass über die Werte, die sich aus den jeweiligen Verfahren ergeben, Durchschnitte gebildet werden. Es ist zu beachten, dass Mischverfahren aufgrund ihrer mangelnden theoretischen Fundierung nur in Ausnahmefällen Anwendung finden. Die folgende Grafik zeigt eine mögliche Systematisierung der Bewertungsverfahren.

Abbildung 1 Systematisierung der Bewertungsverfahren[40]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.5 Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung

Aus den bisherigen Ausführungen lassen sich grundsätzliche Anforderungen (in der Literatur auch als „Grundprinzipien“ oder „Grundsätze ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung“ bezeichnet) ableiten, die an eine entscheidungsorientierte Unternehmensbewertung zu stellen sind. Ausnahmslos hat eine Unternehmensbewertung treffsicher und schlüssig zu erfolgen. Anhand von drei Bedingungen, die im Folgenden aufgeführt sind, lässt sich die relative Güte der Bewertungsergebnisse bestimmen:[41]

- die Güte gründet auf Tatsachen
- es liegt eine schlüssige Ableitung aus diesen Tatsachen vor
- das Bewertungsergebnis scheint plausibel zu sein

In diesem Abschnitt wird jedoch lediglich auf die verschiedenen Anforderungen der Beratungsfunktion in einer nicht dominierten Kauf- und Verkaufssituation eingegangen, da diese (wie bereits oben erwähnt) die zentrale Funktion der Unternehmensbewertung einnimmt. Für die Wahrnehmung der Beratungsfunktion werden die Grundsätze der Gesamtbewertung, der Zukunftsbezogenheit, das Äquivalenz- und Subjektivitätsprinzip herangezogen.[42]

Die in Unternehmen eingesetzten Unternehmensteile bewirken aufgrund ihres Zusammenwirkens Synergieeffekte.[43] Um den Wert dieser Effekte genauestens bestimmen zu können, ist eine Gesamtbewertung erforderlich (das Gesamtbewertungsprinzip). Diese erfolgt auf Grundlage des Nutzens, den der Eigentümer durch die Kombination der Einzelobjekte zu erwarten hat.[44] Im Gegensatz zur Gesamtbewertung würde eine Einzelbewertung in diesem Fall nur zu unzureichenden Ergebnissen führen. Die sich im Unternehmen befindenden Einzelobjekte (z.B. Maschinen) werden zunächst ermittelt und anschließend unter Heranziehung der jeweiligen Marktpreise bewertet. Der Unternehmenswert ergibt sich aus der Addition der Werte aller Einzelobjekte. Problematisch ist hierbei, dass eine summarische Erfassung die untereinander entstandenen Wirkungen unbeachtet lässt und somit vernachlässigt.[45] Andersherum besteht ein Vorteil der Gesamtbewertung gegenüber der Einzelbewertung darin, dass auch die nicht bilanzierten Vermögensteile erfasst werden.[46]

Das Zukunftsbezogenheitsprinzip, das in enger Beziehung zum Gesamtbewertungsprinzip steht, besagt, dass das zu bewertende Subjekt nur an dem zukünftigen, aus dem Unternehmen zu ziehenden Nutzen, interessiert ist. Während der Verkäufer mit einer großen Wahrscheinlichkeit nur diejenigen Erträge beachten wird, die ihm nach der Änderung der Eigentumsverhältnisse entgehen werden, wird der Käufer lediglich die Erträge vergüten, die ihm aus dem Unternehmen zufließen werden.[47] Außerdem dürfen Erträge der Vergangenheit nicht in die Rechnung einbezogen werden. Sie können nur als mögliche Indikatoren zur Abschätzung zukünftiger Erträge herangezogen werden.[48]

Das Äquivalenzprinzip schreibt vor, dass alle angenommenen Handlungsalternativen, die zur Ermittlung des Unternehmenswertes erforderlich sind, miteinander vergleichbar sein sollen, d.h., dass die Erträge den Alternativen, bspw. hinsichtlich der Laufzeit, der Kaufkraft sowie der Unsicherheit entsprechen müssen. Oftmals erweist sich jedoch das Auffinden einer äquivalenten Opportunität als äußerst problematisch, so dass die Herstellung einer künstlichen Vergleichbarkeit eine mögliche Lösung ist.[49]

Wie bereits erläutert wurde, beinhaltet eine Unternehmensbewertung immer einen Nutzenvergleich zwischen dem Bewertungsobjekt und der optimalen Alternative. Das aus dem Vergleich resultierende Ergebnis (der Entscheidungswert) ist immer abhängig vom jeweiligen Eigentümer des Unternehmens. Diese Subjektabhängigkeit ist u.a. dadurch begründet, dass die einzelnen Eigentümer individuelle Ziele verfolgen - d as Subjektivitätsprinzip.[50] Eine Ermittlung des Unternehmenswertes und damit die Ermittlung von Grenzpreisen erfolgt auf Basis einer präzisen Analyse des individuellen Zielsystems und des jeweiligen Entscheidungsfeldes.[51] Das Zielsystem eines potentiellen bzw. tatsächlichen Eigentümers beinhaltet i.d.R. mehrere gleichzeitig zu verfolgende Ziele, die sowohl monetärer als auch nicht monetärer Natur sein können.[52]

Zur Ermittlung des Wertes werden jedoch nur monetäre Zielgrößen herangezogen. Nicht monetäre Größen, wie bspw. Macht, Unabhängigkeit und Prestige sind nämlich nicht nur schwer quantifizierbar und erfassbar, sondern sie bereiten Schwierigkeiten bei der Festlegung von Austauschrelationen zwischen den Zielen.

3. Traditionelle Methoden

Im Folgenden wird die Frage nach der Ermittlung eines angemessenen Unternehmenswertes aus einer traditionellen Sichtweise beleuchtet.

3.1 Der Unternehmensgesamtwert

Der Gesamtwert eines Unternehmens bestimmt sich traditionell aus zwei wesentlichen Komponenten, dem Reproduktions- und dem Ertragswert.[53] Diese Komponenten werden im Folgenden genauer spezifiziert und finden dann in die hier dargestellten Methoden entsprechenden Eingang.

3.1.1 Der Reproduktionswert

Der Gesamtreproduktionswert, der auch Wiederbeschaffungswert genannt wird, ist der monetäre Betrag der aufgewendet werden müsste um das zu bewertende

Unternehmen zu kopieren.[54] Es werden hier dementsprechend neben materiellen Wirtschaftsgütern (tangible Assets), welche bilanzmäßig erfassbar sind, auch immaterielle (intagible Assets)[55] berücksichtigt. Der Reproduktionswert[56] eines Unternehmens bezieht sich nur auf „die Summe der Wiederbeschaffungskosten bzw. der fortgeführten Wiederbeschaffungskosten (Neuwert abzüglich zeitanteiliger Abschreibungen) derjenigen zu der Unternehmung gehörenden Wirtschaftsgüter, die betriebsnotwendig und selbstständig bewertbar sind“.[57]

3.1.2 Der Ertragswert

Unter dem Ertragswert einer Unternehmung, der auch Zukunftserfolgswert genannt wird, ist der Gegenwartswert aller zukünftig zu erwartenden Gewinne zu verstehen. Genauer gesagt, handelt es sich hier um eine prognostizierte Zeitreihe von Gewinnen, die wie folgt auf einen Bewertungsstichtag abgezinst werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wobei Ew der Ertragswert, G1 bis Gn der Gewinn, Ln der Liquidationserlös und i der Kalkulationszinsfuß ist. Der Gewinn kann auch als Differenz des Ertrages (E1 bis En) und der Kosten (K1 bis Kn) der jeweiligen Jahre (1 bis n) dargestellt werden. In diesem Fall würde für Formel (1) G1 = E1-K1, G2 = E2-K2 und Gn=En-Kn gelten.[58]

Wird von einer unendlichen Zeitreihe, d.h. von einer unendlichen Lebensdauer des Unternehmens und stets gleichgroßen Gewinnen, wobei G1=G2=...= Gn gilt, ausgegangen vereinfacht sich der Term zu:[59]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.2 Die Grundformel des Unternehmensgesamtwertes

Wenn der Ertragswert eines Unternehmens über dessen Reproduktionswert liegt, so ist eine Grundformel für die im Folgenden dargestellten Methoden der Berechnung des Unternehmensgesamtwertes ermittelbar.[60]

[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten], wobei [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] gilt (3.3)

mit:

U Wert der Unternehmung als Ganzes

R1 Reproduktionswert

G im Durchschnitt erwarteter Jahreserfolg

G/i Ertragswert einer Unternehmung bei unbegrenzter Lebensdauer

R2 durchschnittliche Kapitalbindung im Unternehmen (durchschnittlicher Reproduktionswert)

a Faktor, der bestimmt, ob der Unternehmensgesamtwert näher am Reproduktionswert oder Ertragswert liegt, abhängig vom Bewertungsverfahren.

R1 stellt in dieser Grundformel die Summe der zeitanteilig gekürzten Wieder-beschaffungskosten der betriebsnotwendigen Vermögensteile dar, wohingegen R2 das durchschnittlich gebundene Kapital darstellt.[61] Diese Unterscheidung wird notwendig, da ansonsten „der Geschäftswert (a (G/i – R2)) eines Unternehmens bei gleicher Ertragskraft umso höher läge, je stärker der Maschinenpark abgeschrieben wäre.[62] Dies ist jedoch nicht mit der ökonomischen Wirklichkeit vereinbar, da ein Unternehmen unabhängig von der Abschreibungshöhe der Anlagen und Maschinen bei gleicher Ertragskraft auch einen identischen Geschäftswert aufweisen sollte. Dies findet durch die Unterscheidung zwischen R1 und R2 Berücksichtigung.

Bei einem Unternehmenskauf, unter der BedingungAbbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, sind die zukünftigen abgezinsten zu erwartenden Gewinne (G/i) abzüglich des durchschnittlich im Unternehmen gebunden Kapitals (R2) mit dem Faktor a zu gewichten und mit dem Reproduktionswert (R1) zu addieren. Dementsprechend hängt der Unternehmenswert maßgeblich vom Faktor a ab, dessen Berechnung, Ausprägung und Herleitung sich je nach Bewertungsverfahren unterscheidet.[63]

3.3 Die Mittelwertmethode

Die Mittelwertmethode, auch Praktikermethode genannt, geht auf Schmalenbach[64] zurück. Bei diesem Verfahren wird der Unternehmenswert als Reproduktionswert der Unternehmung zuzüglich der halben Differenz zwischen Ertragswert und durchschnittlichen Reproduktionswert definiert. Es wird also der Faktor a gleich ½ gesetzt und somit das arithmetische Mittel gebildet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wenn, wie hier angenommen, R2 größer als G/i ist, ist anzunehmen, dass das investierte Kapital eine höhere Verzinsung erfährt als normalerweise anzunehmen wäre. Da jedoch höhere Verzinsungen im allgemeinen Konkurrenten anlocken, ist mittelfristig mit Marktzutritten zu rechnen. Dies führt dann wiederum dazu, dass die Gewinne im Zeitablauf auf ein normales Maß herabgedrückt werden. Diesem Umstand wird von Schmalenbach mit dem Faktor a=½ Rechnung getragen.

3.4 Die Verfahren der Geschäftswertabschreibung

Neben der Methode der laufenden Geschäftswertabschreibung gehört auch die Methode Gref zur Kategorie der Methoden der Geschäftswertabschreibungen. Bei diesen Methoden wird anders als bei der Mittelwertmethode, unterstellt, dass sich der Geschäftswert eines Unternehmens im Zeitablauf verflüchtigt.[65] Bei der Methode der laufenden Geschäftswertabschreibung wird ein bestimmter Prozentsatz gewählt, der den Geschäftswert über einen festgelegten Zeitraum abschreibt.[66] Der Geschäftswert ist hierbei als die Differenz zwischen dem zu bestimmenden Geschäftswert (U) und dem Reproduktionswert (R) zu verstehen. Die allgemeine Formel, die sich aus dieser Formulierung herleiten lässt[67], spezifiziert den Faktor a durch den Ausdruck (a= i/(i+j)), wobei j den Abschreibungssatz für den Geschäftswert und n den Abschreibungszeitraum darstellt. Des Weiteren gilt, dass j = 1/n entspricht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wenn j=i, also der Abschreibungsprozentsatz des Geschäftswertes dem Kapitalzinsfuß entspricht, dann führt diese Methode zu dem gleichen Ergebnis wie die Mittelwertmethode. Des weiteren kann gezeigt werden, dass für j>i, wird der Unternehmengesamtwert stets kleiner und für j<i stets größer ist als bei der Mittelwertmethode.

Problematisch an dieser Methode ist, dass auch dann noch Abschreibungen berücksichtigt werden, wenn der bei der Bewertung festgestellte Geschäftswert schon voll abgeschrieben ist. Diese Problematik findet bei dem Verfahren Gref Berücksichtigung. Dies geschieht dadurch, dass die Abschreibungen nur bis zur ursprünglichen Höhe des, am Bewertungsstichtag festgelegten, Geschäftswerts von den Jahreserträgen abgezogen werden. Diese Formulierung lässt sich durch einige Umformungen[68] in die bekannte Grundformel übertragen, wobei a = Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten mit Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten (v= Abzinsungsfaktor):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das Verfahren Gref führt nur genau dann zu einem identischen Ergebnis wie die Mittelwertmethode, wenn der Geschäftswert schon zu Beginn des ersten Jahres voll abgeschrieben wird. Bei der Betrachtung von längeren Zeiträumen (für n>1) führt diese Methode stets zu höheren Geschäftswerten als die Mittelwertmethode.

3.5 Die Ertragswertmethode

Im Rahmen der Ertragswertmethode wird nur der Ertragswert eines Unternehmens bei der Ermittlung des Unternehmensgesamtwertes berücksichtigt. Nach Mellerowicz hat der Reproduktionswert keinen unmittelbaren Einfluss auf den Unternehmensgesamtwert und wird dementsprechend aus der direkten Berechnung ausgeschlossen. Er geht davon aus, dass „der Sachwert lediglich eine Ursache des Unternehmenswertes ist, nicht aber dieser Wert selbst.[69] Jedoch ist an dieser Stelle festzuhalten, dass die Höhe der zukünftigen Abschreibungen von den Reproduktionskosten abhängen und diese sich somit auf den Gewinn auswirken. Auch diese Annahmen können wieder in die bekannte Grundformel übertragen werden, wobei a=1 gesetzt wird:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der große Vorteil der Ertragswertmethode besteht darin, dass neben ertragsstarken Unternehmen auch ertragsschwache Unternehmen untersucht werden können. Auf diese Methode wird noch genauer im Abschnitt 4 unter den Aspekten von Sicherheit und Unsicherheit näher eingegangen werden.

3.6 Das Verfahren Schnettlers

Das Verfahren von Schnettler beschäftigt sich insbesondere mit der Bewertung von ertragsschwachen Unternehmen, deren zukünftige Gewinne unter einer angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals liegen.[70] Wenn ein solches Unternehmen – aufgrund der schlechten Rentabilität - unter ihrem Reproduktionswert gekauft worden ist, wird argumentiert, dass die künftigen Abschreibungen nicht nach den Reproduktionswerten, sondern nach den Beträgen zu bemessen sind, die für die Gegenstände bei einem Unternehmenskauf bezahlt wurden. Dies führt zu einer Abschreibungsersparnis, durch welche sich die zukünftigen Gewinne und somit auch der Wert des Unternehmens erhöhen. Diese Abschreibungsersparnis kann jedoch nur realisiert werden, wenn das Unternehmen zu einem geringeren als dem Reproduktionswert erstanden wird. Vorausgesetzt wird hier des Weiteren, dass jegliche Ersatzinvestitionen zu den unter dem Reproduktionswert liegenden Preisen möglich sind. Wird dieser Sachverhalt auf die Grundformel des Unternehmensgesamtwertes übertragen, so ergibt sich nach einigen Umformungen die unten stehende Formel,[71] wobei t den durchschnittlichen Abschreibungsfaktor des Anlagevermögens darstellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.7 Methode der Übergewinnkapitalisierung

Bei der Methode der Übergewinnkapitalisierung wird angenommen, dass die Verzinsung der Gewinne, wenn diese über die normale Verzinsung der Reproduktionswerte hinausgehen, aus Konkurrenzgründen, besonders risikobehaftet sind. Um diesem Risiko gerecht werden zu können, werden die Übergewinne sämtlicher kommender Jahre mit einem Zinsfuß (h) kapitalisiert. Je nach der Höhe des Risikos wird der Zinsfuß (h) mehr oder weniger über dem normalen Zinsfuß liegen! Werden diese Überlegungen in die Grundformel eingearbeitet, so folgt[72]: Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten (3.9)

Wenn h=2i gilt, dann entspricht der Faktor a = ½, es ist also unter dieser Voraussetzung eine Überführung der Methode der Übergewinnkapitalisierung in das Mittelwertverfahren möglich.

3.8 Methoden der Übergewinnabgeltung / Übergewinnverrentung

Grundsätzlich wird bei diesen Methoden davon ausgegangen, dass der Käufer eines gut gehenden Unternehmens dem Verkäufer neben dem Reproduktionswert auch für die zukünftigen zu erwartenden Gewinne zu entlohnen hat. Es ist also neben dem Reproduktionswert ein Betrag zu entrichten, der den Verkäufer „für den Verzicht auf die Übergewinne der kommenden Jahre entschädigt.“.[73] Jacob spricht in diesem Zusammenhang über die kommenden Jahre, nicht jedoch über alle kommenden Jahre.[74] Die Begründung hierfür ist darin zu suchen, dass die nach einem bestimmten Zeitraum erwirtschafteten Übergewinne dem derzeitigem Besitzer und nicht mehr dem vorangegangenem Eigentümer zugeordnet werden können.

[...]


[1] Vgl. Bellinger/ Vahl 1992, S. 3.

[2] Vgl. Stützel 1976, Sp. 4404.

[3] Vgl. Pratt 1981, S. 37.

[4] Vgl. Moxter 1983, S. 6.

[5] Vgl. Moxter 1983, S. 11.

[6] Vgl. Jacob 1990, S. 708.

[7] Vgl. Matschke 1998, S. 815.

[8] Vgl. Mandl/ Rabel 1998, S. 7.

[9] Vgl. Mandl/ Rabel 2002, Sp. 2007.

[10] Vgl. Schultze 2003, S. 7.

[11] Vgl. Serfing/ Pape 1995, S. 808.

[12] Vgl. Ballwieser/ Leuthier 1986, S. 546; Serlfing/ Pape 1995, S. 808.

[13] Vgl. Drukarczyk 2003, S. 122.

[14] Vgl. Sieben 1993, Sp. 4321.

[15] Vgl. Ballwieser/ Leuthier 1986, S. 546, Sp. II.

[16] Vgl. Mandl/ Rabel 2002, Sp. 2008.

[17] Vgl. Drukarczyk 2003, S. 122.

[18] Vgl. Jacob 1990, S. 708.

[19] Vgl. Drukarczyk 2003, S. 122.

[20] Vgl. Drukarczyk 2003, S. 125.

[21] Vgl. Schultze 2003, S. 8.

[22] Vgl. Langenkämper 2000, S. 7.

[23] Vgl. Schultze 2003, S. 9.

[24] Vgl. Sieben 1993, Sp. 4316.

[25] Vgl. Ballwieser/ Leuthier 1986, S. 546, Sp. II.

[26] Vgl. Serfling/ Pape 1995, S. 812.

[27] Vgl. Langenkämper 2000, S. 7; Serfling/ Pape 1995, S. 812.

[28] Vgl. Ballwieser/ Leuthier 1986, S. 547, Sp. II.

[29] Vgl. Wöhe 2000, S. 671.

[30] Vgl. Langenkämper 2000, S. 9.

[31] Vgl. Langenkämper 2000, S. 9.

[32] Vgl. Sieben 1993, Sp. 4319.

[33] Vgl. Schultze 2003, S. 9.

[34] Vgl. Langenkämper 2000, S. 8.

[35] Vgl. Serfling/ Pape 1995, S. 812.

[36] Vgl. Serfling/ Pape 1995, S. 812.

[37] Vgl. Mandl/ Rabel 1998, S. 28.

[38] Vgl. Mandl/ Rabel 1998, S. 30.

[39] Vgl. Mandl/ Rabel 1998, S. 46.

[40] In Anlehnung an Mandl/ Rabel 1998, S. 30.

[41] Vgl. Bellinger/ Vahl 1992, S. 36.

[42] Vgl. Langenkämper 2000, S. 10.

[43] Vgl. Ballwieser/ Leuthier 1986, S. 548, Sp. I.

[44] Vgl. Ballwieser/ Leuthier 1986, S. 548, Sp. II.

[45] Vgl. Langenkämper 2000, S. 10.

[46] Vgl. Serfling/ Pape 1995, S. 815.

[47] Vgl. Ballwieser/ Leuthier 1986, S. 548, Sp. II.

[48] Vgl. Langenkämper 2000, S. 10; Serfling/ Pape 1995, S. 814.

[49] Vgl. Langenkämper 2000, S. 11.

[50] Vgl. Ballwieser/ Leuthier 1986, S. 549, Sp. I.

[51] Vgl. Langenkämper 2000, S. 9.

[52] Vgl. Langenkämper 2000, S. 9; Ballwieser/ Leuthier 1986, S. 549, Sp. I.

[53] Vgl. Jacob, 1988, S. 706ff.

[54] Vgl. Jacob, 1964, S. 693.

[55] Hierzu gehören auch die Kosten des Aufbaus der inneren und äußeren Organisation

[56] Nach Schmalenbach auch (Teil-) Reproduktionswert genannt.

[57] Vgl. Jacob 1988, S. 713.

[58] Vgl Jacob 1988, S.711f.

[59] Dies gilt, da es sich in diesem Falle um eine geometrische Reihe handelt. Vergleiche auch hierzu Abschnitt 4.

[60] Vgl. Jacob 1964, S. 521ff.

[61] R2 setzt sich aus (1) den vollen Wiederbeschaffungskosten der nicht abnutzbaren Gegenstände des Anlagevermögens, (2) den halben Wiederbeschaffungskosten der abnutzbaren Gegenstände des Anlagevermögens und (3) den Wiederbeschaffungskosten des (Werten) des Umlaufvermögens zusammen. Vgl. Jacob 1964, S.522 in Fußnote 7a.

[62] Vgl. Jacob 1964, S.522 in Fußnote 7a.

[63] Die Ermittlung eines geeigneten Kapitalzinsfußes und Probleme bei der Ermittlung der verwendeten Parameter finden hier keine Berücksichtigung und werden als gegeben angenommen.

[64] Vgl. Schmalenbach 1966, S. 60ff.

[65] Vgl. Jacob 1964, S. 523ff.

[66] Soll der Geschäftswert z.B. über 10 Jahre abgeschrieben werden, so entspricht dies einem Abschreibungssatz von 10%.

[67] Zur Herleitung der allgemeinen Gleichung geht Jacob von . Vgl. Jacob 1964, S. 523.

[68] Zur Herleitung geht Jacob davon aus, dass , wobei der erste Teil des Terms (vor dem Plus) der kapitalisierte Gewinn der n ersten Jahre ist und der zweite Teil des Terms den kapitalisierten Gewinn vom Jahre n+1, abgezinst auf den Bewertungsstichtag darstellt. Dieser Ansatz kann vereinfacht und dann in die Normalform gebracht werden. Vgl. Jacob 1964 S. 524f.

[69] Vgl. Mellerowicz 1952, S.21.

[70] Vgl. Jacob, 1966 S. 526ff.

[71] Vgl. Jacob, 1966 S. 527.

[72] Jacob geht hierbei von zur Herleitung der entsprechenden Formel aus. Vgl. Jacob 1964, S.528.

[73] Vgl. Jacob 1964, S.529.

[74] Dieses Vorgehen würde zu dem in Abschnitt 3.4. beschriebenen Ertragswert führen.

Ende der Leseprobe aus 82 Seiten

Details

Titel
Was ist mein Unternehmen wert? Unternehmensbewertungsverfahren
Hochschule
Universität Hamburg  (Institut für industrielles Management)
Veranstaltung
Integrationsseminar
Note
1,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
82
Katalognummer
V39409
ISBN (eBook)
9783638381819
Dateigröße
1316 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Unternehmen, Unternehmensbewertungsverfahren, Integrationsseminar
Arbeit zitieren
Thomas Hartwig (Autor:in), 2004, Was ist mein Unternehmen wert? Unternehmensbewertungsverfahren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/39409

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