Regionalismus - Hemmnis oder Unterstützung der weltwirtschaftlichen Integration


Seminararbeit, 2001

28 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitendes

2. Die Dynamisierung des regionalen Integrationsprozess in der jüngsten Vergangenheit

3. Stufen der regionalen Wirtschaftsintegration und der Art. XXIV des GATT
3.1. Stufen der regionalen Wirtschaftintegration
3.2. Art. XXIV des GATT

4. Debatte: Wie wirkt sich Regionalismus auf die weltwirtschaftlichen Integration aus?
4.1. Handelsumlenkung und Handelsschaffung
4.2. Negative Effekte
4.2.1. Benachteiligung Außenstehender
4.2.2. Dominanz von Lobbyinteressen und wirtschaftlich mächtigen Staaten
4.2.3. Begrenzte Verhandlungsressourcen
4.2.4. Behinderung des multilateralen Integrationsprozess durch verfestigte regionale Strukturen
4.3. Positive Effekte
4.3.1. Regionale Integration als erster Schritt
4.3.2. Politische Akzeptanz
4.3.3. Effizientere Verhandlungskonstellationen auf multilateraler Ebene
4.3.4. Liberalisierungswettbewerb zwischen regionalen Handelsblöcken
4.3.5. Offener Regionalismus
4.3.6. Handelsschaffung und Wohlfahrtssteigerung durch Regionalismus
4.3.7. Vereinfachung des Welthandel durch regionale Harmonisierung
4.3.8. Lerneffekte aus regionalen Integrationserfahrungen

5. Abschließendes

1. Einleitendes

„Regionalism is in fashion.“ Dies ist der erste Satz in Frankels Buch „Regional Trading Blocs“[1] Zweifellos beschreibt diese Aussage treffend die jüngsten weltwirtschaftlichen Entwicklungen. Insofern tragen Nationalstaaten verstärkt der ökonomischen Forderung nach Marktöffnung und Handelliberalisierung Rechnung. Freie Märkte führen zu einer absoluten Wohlfahrtssteigerung. Dies ist zumindest das Credo der klassischen und neoliberalen Wirtschaftstheorie. Allerdings wenden in diesem Zusammenhang vor allem neoliberale Wirtschaftswissenschaftler ein, dass partielle oder geozentrierte Wirtschaftsblöcke keinen Beitrag zur globalen Wohlfahrtssteigerung leisten. Dieser Argumentation stehen eine Reihe gewichtiger Thesen entgegen. Parallel zur verstärkten regionalen Wirtschaftsintegration entbrannte also eine heftige Debatte zwischen namenhaften Ökonomen zu der Frage: „Are trade blocs stumbling blocs or building blocs?“[2]

Im Zuge dieser wissenschaftlichen Auseinandersetzung wurden verschiedenste Modelle entwickelt, die entweder die positiven oder negativen Auswirkungen von Regionalismus auf eine weltwirtschaftliche Integration belegen sollen. Ökonomen wie Jagdish Bhagwati, Paul und Ronald Wonnacott oder Arvind Panagariya sind als vehemente Kritiker von Regionalismus bekannt. Man befürchtet eine substantielle Gefährdung des multilateralen Liberalisierungs- und Integrationsprozess durch die verstärkte regionale Wirtschaftsintegration. Wobei diese Ablehnung natürlich auch in Abstufungen geäußert wird. So differenziert man teilweise durchaus zwischen den verschiedenen Formen regionaler Liberalisierung und Integration. Viele Autoren weisen sowohl auf die Nachteile als auch auf die Vorteile von regionaler Integration hin.

Es gibt aber auch eine ganze Reihe von Ökonomen, die Regionalismus an sich und seinen aktuellen Bedeutungsgewinn in der Weltwirtschaft befürworten, da sie in dieser Entwicklung einen wichtigen Schritt zur globalen Handelsliberalisierung und Deregulierung sehen. Insofern sind Ökonomen wie Jeffrey A. Frankel oder Robert Z. Lawrence nicht weniger neoliberal eingestellt als die genannten Kritiker des Regionalismus. Den auch ihr Ziel ist eine Dynamisierung der multilateralen Liberalisierung. Losgelöst von der Argumentation, dass aus verschiedensten Gründen eine globale Wirtschaftintegration ad hoc nicht machbar sei, sehen viele Ökonomen unter den gegebenen soziokulturellen Vorraussetzungen in regionalen Wirtschaftzonen viele Vorteile gegenüber globalen Regelungsregimen.

Diese Arbeit wird in erster Linie die verschiedenen Argumentationslinien dieser Debatte nachvollziehen und kommentieren. In diesem Zusammenhang soll unter anderem der Frage nachgegangen werden, welches Integrationsdesign sich besonders positiv oder negativ auf den multilateralen Liberalisierung- und Integrationsprozess auswirkt. Interessant ist auch die generelle Frage, ob regionale Regime per se in allen Bereichen ineffizienter sind als multilaterale Regelungsmechanismen.

Zunächst wird allerdings noch kurz skizziert, warum die Regionalismusdebatte so stark an Brisanz gewonnen hat und in welchem Verhältnis multilaterale und regionale Abkommen zueinander stehen. Insbesondere der Art. XXIV des GATT und die verschiedenen Stufen der Integration müssen hierfür näher betrachtet werden.

2. Die Dynamisierung des regionalen Integrationsprozess in der jüngsten Vergangenheit

In ihren Anfängen beschränkte sich die regionale Wirtschaftsintegration fast vollständig auf die bilaterale Senkung von Zöllen und die Lockerungen von Zollbestimmungen. Durch die Industrialisierung wurde der Bedarf nach neuen Absatzmärkten immer größer. Die politischen Bestrebungen Freihandel zu schaffen wuchsen und damit die weltwirtschaftliche Vernetzung. In der Folge bekamen die Menschen die Auswirkungen von konjunkturellen Schwankungen immer heftiger zu spüren, da sich jede konjunkturelle Schwäche in einem Land oder einer Region durch die weltweite Verflechtung enorm potenzierte. Nach der Weltwirtschaftskrise, dem 2. Weltkrieg und dem aufkommenden kalten Krieg blieben die Forderung nach Freihandel in den meisten Staaten ein reines Lippenbekenntnis. Vielmehr war die Politik von Protektionismus und Wirtschaftsregulierung dominiert. Nichts desto trotz wurde 1947 das GATT beschlossen und in der Folge gab es unzählige regionale bzw. bilaterale Handelsabkommen. Mehrheitlich waren diese aber von kurzfristigen nationalen Interessen bestimmt. Abgesehen davon verhinderte der Ost-West-Konflikt in vielen Fällen konstruktive Liberalisierungsverhandlungen, regional wie global. Erst mit den Abflauen des kalten Kriegs und dem letztendlichen Zusammenbruch vieler sozialistischer Staaten gewann vor allem der regionale Integrationsprozess für viele Staaten an Attraktivität. „Political Change has enhanced opportunities for a more fruitful cooperation among countries formerly divided by systemic antagonism.“[3] Die USA bemühten sich seit Mitte der Achtziger Jahre verstärkt um die Schaffung von regionalen Freihandelszonen, wie die NAFTA, die FTAA oder die APEC. In Lateinamerika schlossen sich Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay zum Mercosur zusammen. Auch die Verhandlungen zur Schaffung einer asiatischen Freihandelszone im Rahmen der Association of Southeast Asian Nations (ASEAN) gewannen in Neunziger Jahren an Dynamik. Europa, das sich in der Zeit nach dem 2.Weltkrieg am stärksten der wirtschaftlichen und politischen Integration verschrieben hatte, bekam 1992 mit dem Maastricht-Vertrag zur Europäischen Union einen neuen Integrationsschub. In der Folge stellten die ehemals neutralen Staaten, wie Schweden oder Österreich und osteuropäische Länder wie Tschechien und Ungarn Anträge auf eine EU-Mitgliedschaft.

Mit der Gründung der WTO 1995 ging zwar auch der multilaterale Liberalisierungsprozess weiter. Man kann aber durchaus den Eindruck gewinnen, dass regionale Integrations- und Liberalisierungsprojekte schneller und zielstrebiger vorankommen. Aufgrund dieser wahrgenommenen ungleichen Entwicklung kann man die verstärkte Kritik am Regionalismus nachvollziehen.

3. Stufen der regionalen Wirtschaftsintegration und der Art. XXIV des GATT

Betrachtet man die existierenden regionalen Abkommen, muss man feststellen das regionale Integration von Fall zu Fall sehr unterschiedlich sein kann. Um dieser Tatsache im Bezug auf die gestellte Frage dieser Arbeit gerecht zu werden, wird in der Folge ein Definitionsschema, das von einer abgestuften regionalen Integration ausgeht näher dargestellt. Auch der Art. XXIV des GATT beschäftig sich mit der Definition von regionalen Integrationsabkommen. Wobei es sich hier um einen konkreten Regelkatalog für das Implementieren von Freihandelszonen und Zollunionen handelt. Der reale Konflikt zwischen multilateraler und regionaler Ebene lässt sich zumindest Ausschnittsweise anhand der Diskussion um diesen Art. XXIV verdeutlichen.

3.1. Stufen der regionalen Wirtschaftintegration

Die niedrigste Stufe der Integration stellen sicherlich die Preferential Trade Arrangements bzw. Preferential Trade Areas (PTA) dar. Hierbei handelt es sich um Begünstigungsabkommen zwischen zwei Staaten bzw. zwischen einer Gruppe von Ländern, die sich vertraglich gegenseitig Handelsvergünstigungen gewähren. Dieses gegenseitiges Entegegenkommen ist nur auf bestimmte Bereiche beschränkt und sieht auch keinen vollständigen Abbau aller Zölle vor. Auf Abkommen, in denen Industriestaaten Dritte-Welt-Ländern einseitige Begünstigungen gewähren, wird im nächsten Abschnitt noch näher eingegangen.

„If Members of preferential trade area go so far as to eliminate all tariffs and quantitative import restrictions among themselves – 100 percent preferences – they form a free trade area (FTA).“[4] In der Regel wird davon ausgegangen, dass Zölle und andere Handelsbeschränkungen zwischen den FTA-Mitgliedern vorteilhafter gestaltet sind als gegenüber Drittstaaten. Ein weiteres wichtiges Merkmal von FTAs ist das Problem der rules of origin. Die Mitgliedschaft eines Staates in mehreren FTAs wird per Abkommen nicht untersagt. Außerdem legt jedes Mitglied seine Zölle gegenüber Drittstaaten souverän fest. Diese Situation birgt die Gefahr des Reexportieren von Gütern. Waren von Drittstaaten gelangen über einen Mitgliedsstaat, dessen Zölle gegenüber dem außenstehenden Exporteur günstig sind, in die Freihandelszone. Ohne die rules of origin kann nicht verhindert werden, dass die Güter zollfrei in andere FTA-Staaten weiterexportiert werden. Diese Herkunftsregeln, bekannt als made in..., schützen Staaten auf der einen Seite vor billigen Reexporten, erzeugen aber auf der anderen Seite enorme Kosten und verkomplizieren den Handel ungemein.

Custom Unions, also Zollunion, erreichen eine sehr viel größere Integrationsintensität, als FTAs, da sie nicht mehr ohne einen gewissen Grad an Supranationalität auskommen. Die Zölle gegenüber Drittstaaten sind für die ganze Zollunion einheitlich und verbindlich. Aus diesem Grund sind supranationale Verhandlungs- und Verwaltungsinstitutionen notwendig. Die Mitgliedsstaaten verpflichten sich die Beschlüsse der Zollunion anzuerkennen und sprechen in Zollfragen gegenüber Dritten oder der WTO mit einer Stimme. Außerdem dürfen Mitglieder einer Zollunion nicht gleichzeitig einer anderen Zollunion oder Freihandelzone angehören. Dies schließt allerdings nicht ein Abkommen zwischen der gesamten Zollunion mit Anderen aus. Ein Beispiel hierfür sind Abkommen zwischen der EG bzw. EU und der EFTA, die eine weitgehende Beseitigung von tarifären Handelhemmnissen im westeuropäischen Raum gewährleisten. In der Regel zeichnen sich Zollunion auch durch ein verstärktes Engagement zur weitergehenden Beseitigung von Handelhemmnissen aus. Insgesamt kann man von einer größeren Nähe der Mitgliedsstaaten ausgehen, die in der Regel zu einem verstärkten Handel zwischen den Partnerländern führt. In diesem Zusammenhang ist die Diskussion um „trade creation“ und „trade diversion“ wichtig. Da diese Frage essentiell für die Debatte um die Vor- und Nachteile von Regionalismus ist, wird auf dieses Thema in der Folge noch vertieft eingegangen.

[...]


[1] Frankel (1997), S. 1

[2] Frankel (1997), S. 207

[3] Thiel (1998)

[4] Frankel (1997)

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Regionalismus - Hemmnis oder Unterstützung der weltwirtschaftlichen Integration
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Volkwirtschaftliches Institut)
Veranstaltung
Seminar: Internationale Ordnungspolitik und regionale Wirtschaftsintegration
Note
1,0
Autor
Jahr
2001
Seiten
28
Katalognummer
V3921
ISBN (eBook)
9783638124324
Dateigröße
631 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Internationale Ordnungspolitik
Arbeit zitieren
Anna Hörlein (Autor:in), 2001, Regionalismus - Hemmnis oder Unterstützung der weltwirtschaftlichen Integration, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3921

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