Korruptes Verhalten im politischen und administrativen Bereich.


Hausarbeit, 2000

27 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltstverzeichnis

1. Korruption: Gegenstand verschiedenster Wissenschaftsbereiche

2. Begriffsdefinitionen

3. Das Prinzipal-Agent-Klient-Modell
3.1. Erläuterung des Modells und seiner Grundannahmen
3.2. Diskussion und Kritik der Grundannahmen des institutionenökonomischen Ansatzes: Organisationsethische Erkenntnisse

4. Korruption organisiert in sozialen und politischen Netzwerken

5. Korruptionswahrnehmung: Empirische Untersuchungen
5.1. Umfrage einer Forschungsgruppe des Bundeskriminalamt (BKA) 1995
5.2. Korruption in reichen und Armen Ländern: Eine internationale Umfrage von 1994
5.3. Der Corruption Perceptions Index 2000 von Trancperency International

6. Schlussbemerkung

Literaturverzeichnis

1. Korruption: Gegenstand verschiedenster Wissenschaftsbereiche

Korruption ist so vielschichtig, dass sich fast alle Sozial-, Geistes- und Wirtschaftswissenschaften damit beschäftigen. Insbesondere durch die steigende globale wirtschaftliche Verflechtungen erlangt das Thema in Politik und Wissenschaft immer größere Bedeutung.

Aufgrund der vielen Facetten von Korruption, folgt zunächst ein kurzer Überblick der unterschiedlichen Forschungsansätze.

Da Bestechung und Vorteilsnahme usw. juristische Tatbestände sind, betrifft das Thema natürlich substantiell die Rechtswissenschaften. Unzählige Fachpublikationen beschäftigen sich mit der Frage, wie bestehende Gesetze wirksamer zur Korruptionsbekämpfung eingesetzt werden können oder wie durch Gesetzesänderungen Verbesserungen zu erreichen sind.

Eine weiterer Ansatz betrachtet Korruption als ein kulturgeschichtliches Phänomen, das entscheidend durch religiöse und gesellschaftliche Traditionen geprägt ist. Rupert Lay[1] beispielsweise führt die hohe Korruptionsrate in afrikanischen Ländern auf deren sozio-historischen Hintergrund zurück. Natürlich sind Thesen dieser Art überaus umstritten. Allgemein ist der kulturgeschichtliche Ansatz aber durchaus anerkannt. Dies lässt sich schon daran erkennen, dass in diversen Publikationen zum Thema Korruption einleitend die tiefe Verwurzelung korrupten Verhaltens der Menschen beschrieben wird.[2] Bestechung ist seit der Entstehung von institutionellen Strukturen in allen Kulturkreisen ein geläufige Form sozialer Interaktion. Anthropologische Überlegungen besagen sogar, dass korruptes Verhalten ein Grundattribut des Menschen ist, ganz im Sinne des nutzenmaximierenden Homo oeconimicus.

Diese Grundannahme leitet direkt zu den Wirtschaftswissenschaften über, die Korruption, losgelöst von moralischen und kulturellen Aspekten betrachten. Zu nennen sind in erster Linie die Annahme des Kosten-Nutzen-Kalkül bei allen Wirtschaftssubjekten und das oft beschriebene Principal-Agent-Modell. Im Zusammenhang mit Politischer Korruption ist hier Susan Rose-Ackerman hervorzuheben, die mit „Corruption: a Study in Political Economy“ (1978) ein Standardwerk vorgelegt hat. Auch Robert Klitgaard, Andrei Shleifer oder Robert Vishny sind Korruptionsforscher von internationalen Rang, die neben empirischen Arbeiten wichtige Beiträge zur Korruptionstheorie geliefert haben. Die Untersuchung von Politischer Korruption ist ein wichtiger Forschungsbereich der Politischen Wissenschaften. Hier setzt man sich in erster Linie mit den politischen und institutionellen Rahmenbedingungen für Korruption auseinander. In diesem Zusammenhang ist auch die Erweiterung des politikwissenschaftlichen Ansatzes um die soziologische Frage nach sozialen, in diesem Fall korrupten Netzwerken spannend und wichtig.

Festzuhalten nach diesem kurzen Überblick ist sicherlich die Tatsache, das sich die Fragestellungen der einzelnen Wissenschaftsbereiche überschneiden, ergänzen, aber auch widersprechen können. Die angesprochene Vielschichtigkeit des Themas wirft also die Frage nach einem Konzept auf, dass den ganzen Komplex Korruption fassbar macht. Die Erläuterung und Diskussion verschiedner Konzepte zur Identifikation von Korruption hat sich diese Arbeit zur Aufgabe gestellt. Ein notwendiges Folgethema ist sicherlich die Beschäftigung mit Anti-Korruptionsstrategien. Es würde den Rahmen dieser Arbeit allerdings überschreiten und wird deshalb nur am Rande erwähnt.

Die Arbeit wird das angesprochenen Principal-Agent-Modell, erweitert um die Klientenrolle[3], und den Ansatz der korrupten Netzwerke aufgreifen, um schematisch korrupte Vorgänge identifizieren und analysieren zu können. Korruption wird in der Regel in den Bereichen, Politik, öffentliche Verwaltung und Unternehmen angetroffen. Wobei korrupte Vorgänge selbstverständlich meist zwischen diesen Ebenen stattfindet. Es kann also keine eindeutige Abgrenzung vorgenommen werden. Möglich ist aber die Argumentation aus der Perspektive eines Bereichs. In der Folge wird Korruption vor allem aus Sicht der politischen und administrativen Vertreter beleuchtet.

Zunächst wird kurz auf die verschiedenen Begriffsdefinitionen, die für das gestellte Thema relevant sind, eingegangen. Darauf wird das Prinzipal-Agent-Klient-Modell näher erläutert und diskutiert. Als zweiter Hauptpunkt wird das Konzept der sozialen Netzwerke als Organisationsmerkmal von Korruption näher betrachtet. Nach diesem theoretischen und modellhaften Ansatz wird der Frage nach der Wahrnehmung von Korruption bei Bürgern, Beamten und Politikern nachgegangen. Hier werden in erster Linie empirische Untersuchungen angeführt.

2. Begriffsdefinitionen

Die Definition des Begriffes Korruption ist relativ klar umrissen. Das heißt im Kern treffen sich die meisten Formulierungen. Natürlich hängt der Fokus immer vom Forschungsansatz des jeweiligen Autors ab. Übergreifend ist folgende Aussage allerdings immer anzutreffen: „Ein Funktionsträger missbraucht seine Stellung, indem wissentlich Leistungen von Personen oder Gruppen annimmt und sich so in seinen Entscheidungen zugunsten dieser Geber beeinflussen lässt.“ Ob es allerdings sinnvoll ist in die Definition miteinzuschließen, dass die Bereicherung des Bestochenen negative Effekten für das Allgemeinwohl hat, wird unterschiedlich bewertet. „Nye explicitly excludes considerations of public interest so as to avoid confusing the phenomenon with its effects.”[4] Für die weitere Argumentation wird von einer Begriffsdefinition ausgegangen, die den Eintritt eines Schadens oder Nachteils für die Allgemeinheit bei einer korrupten Vorgang annimmt. In der folgenden Diskussion des Prinzipal-Agent-Klient-Modells werden die zentralen Aspekte von Korruption noch einmal verdeutlicht. Wie schon angedeutet, hängt die Begriffsdefinition immer von der Forschungsperspektive ab. Da in Fachkreisen durchaus umstritten ist, ob Korruption per se nur Nachteile für Gesellschaft und Volkswirtschaft nach sich zieht, differieren Definitionen in der Bewertung der Folgen von Korruption. An dieser Stelle soll noch der folgende Definitionszusatz erwähnt werden: „Shleifer and Vishny distinguish further between ‚corruption without theft’ and ‚corruption with theft’.“[5] Ersteres liegt vor, wenn ein staatlicher Funktionsträger sich durch Bestechungsgeld in seiner Entscheidung beeinflussen lässt, ohne dass sich dadurch direkte materielle Nachteile für den Staat oder die Gesellschaft ergeben. Ein Unternehmen besticht z.B. einen Beamten und erreicht so eine gewünschte Entscheidung, muss aber trotzdem anfallende Gebühren oder Steuern regulär an den Staat abführen. Im zweiten Fall ist Ziel der Bestechung eine Zahlung an den Staat durch eine Leistung an den zuständigen Beamten oder Politiker zu umgehen. Der Allgemeinheit entgehen so ihr zustehende Einnahmen.

Als weiteres charakteristisches Merkmal für korrupte Vorgänge wird die Geheimhaltung und Verdunklung der Handlungen genannt. Wobei in Ländern mit sehr starker Korruption fast jeder Austausch zwischen Privatwirtschaft, Politik und staatlicher Bürokratie über Bestechung abgewickelt, so dass man eher von einem offenen Geheimnis sprechen sollte. Das gleiche gilt natürlich auch für sehr korruptionsanfällige Bereiche, wie z.B. Baubehörden.[6]

3. Das Prinzipal-Agent-Klient-Modell

3.1. Erläuterung des Modells und seiner Grundannahmen

Das Prinzipal-Agent-Modell zählt in der Mikroökonomie zur Standardtheorie. Es beschreibt das Informations- und Vertrauensproblem zwischen einem Auftraggeber, dem Prinzipal, und einem Auftragnehmer, dem Agenten. Der Prinzipal, z.B. der Arbeitgeber, schließt mit dem Agenten, z.B. der Arbeitnehmer, einen Vertrag, der neben den üblichen Modalitäten den Handlungsrahmen des Agenten absteckt. Diese Vorgaben können sehr konkret, aber auch sehr offen sein. In jedem Fall steht dem Agenten ein gewisser Entscheidungsspielraum offen. Aufgrund mangelnder Information kann der Prinzipal die Handlungen des Agenten nur bedingt kontrollieren.

Das allgemeine mikroökonomische Modell, dass sich mit den verschiedensten Szenarien der Vertragsunsicherheit beschäftigt, soll hier aber nicht weiter vertieft werden. Vielmehr sollte mit dieser kurzen Einführung der Aussagewert für den Themenbereich Korruption verdeutlicht werden. Schließlich sind korrupte Vorgänge nichts anderes, als eine vom Prinzipal unerwünschte Handlungsweise des Agenten. Für eine schematische Identifizierung von korrupten Handlungen in Politik und Verwaltung stellt das Modell eine wichtige theoretische Grundlage dar.

Markus Dietz erweitert das Prinzipal-Agent-Modell für die Korruptionsanalyse zweckmäßig um die Rolle des Klienten.[7] Außerdem geht Dietz von der Prämisse aus, dass Menschen primär ihren Nutzen maximieren und somit gegenüber ethischen Argumenten mehr oder weniger immun sind. Menschliche Gemeinschaften geben sich zwar gerne einen moralischen Verhaltenskodex, handeln in der Regel als Einzelperson losgelöst von diesen Vorgaben. Insofern reagiert der Mensch auf Anreize und Sanktionen. In diesem Sinne verfolgt Dietz eine institutionenökonomische Argumentation. In unserem Falle heißt das, der Staat oder eine Behörde muss als Institution Anreize geben und Fehlverhalten sanktionieren, damit sich der einzelne Funktionsträger konform mit den Wünschen des Prinzipals, der Allgemeinheit, verhält. Ob sich das menschliche Verhalten allein auf Nutzenorientierung zu reduzieren lässt, wird hier allerdings noch zu diskutieren sein.

[...]


[1] Dietz (1998), S. 53 - 56

[2] vgl. Osborne (1997)

[3] nach Dietz (1998)

[4] Kommentar von Mark Philip zu einem Zitat von J.S. Nye in Philip (1997)

[5] Goudie/Stasavage (1998), S. 115

[6] vgl. auch Arbeitsdefinition in Vahlenkamp/Knauß (1995), S. 20

[7] folgende Ausführungen beziehen sich auf Dietz (1998)

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Korruptes Verhalten im politischen und administrativen Bereich.
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Institut für Soziologie)
Veranstaltung
Einführung in die Organisationssoziologie
Note
1,0
Autor
Jahr
2000
Seiten
27
Katalognummer
V3919
ISBN (eBook)
9783638124300
Dateigröße
626 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Korruption, öffentliche Verwaltung
Arbeit zitieren
Anna Hörlein (Autor:in), 2000, Korruptes Verhalten im politischen und administrativen Bereich., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3919

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