Die Situation der Medien in Moldawien


Seminararbeit, 2005

20 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung

2 Geschichtliche Verotung und politische Brennpunkte
2.1 Renaisance des Kommunismus
2.2 Rezentralisierungsbemühungen und Russifizierung
2.3 Aktuelle politische Situation
2.4 Auswirkungen des Transnistrienkonflikts auf die Entwicklung des Landes
2.5 Wirtschaftslage am Rande des Zusammenbruchs

3 Situation der Medien in Moldawien
3.1 Die historischen Wurzeln
3.2 Rechtsgrundlagen
3.3 Maßnahmen staatlicher Selektion
3.4.1 Einschüchterung von Journalisten durch Gerichtsverfahren
3.4.2 Lizenzvergabe und ökonomischer Druck
3.4.3 Tyrannei und Monopolisierung des Öffentlich-Rechtlichen Fernsehens
3.4 Korruption, Missinformation und Manipulation der öffentlichen Meinung

4 Fazit und Perspektiven

Literatur

1 Einleitung

Bisherige Beobachtungen haben gezeigt, dass gerade in Zeiten gesellschaftlicher und politischer Umbrüche den Medien eine besondere Bedeutung bei der Etablierung und Stabilisierung demokratischer Strukturen beigemessen wird. Gleichzeitig ist ein pluralistisches und unabhängiges Mediensystem eine wesentliche Rahmenbedingung für eine intakte Demokratie. Schließlich sollen Medien zur politischen Willensbildung beitragen, indem Aussagen und Meinungen von Entscheidungsträgern aus Politik und Wirtschaft kritisch beleuchtet werden. Es klafft indessen eine große Lücke zwischen Theorie und Praxis, denn überall auf der Welt sind Medien Einflüssen ausgesetzt, die ihre Entfaltungsmöglichkeiten und ihre Berichterstattungspraxis bestimmen. Innerhalb des Prozesses der Transformation gestaltet sich die Schaffung angemessener Vorraussetzungen für einen unabhängigen Journalismus als außergewöhnlich schwierig. Nachstehend werde ich darstellen, wie sich diese Missverhältnisse darstellen und auf die Entwicklung Moldawiens auswirken.

Eine Auseinandersetzung mit der Republik Moldawien erfordert vorab eine geschichtliche Verortung und Definition der Kernprobleme. Anschließend werde ich die aktuelle politische und wirtschaftliche Lage des Landes beleuchten. Das Herzstück meiner Arbeit bildet Kapitel 3, in welchem ich das moldauische Mediensystem untersuche. Zunächst erfolgt eine Darstellung der historischen und rechtlichen Grundlagen, anknüpfend daran gehe ich ausführlich auf die gegenwärtige Situation der Medien ein, skizziere und veranschauliche sowohl Missstände als auch die verschiedenen Maßnahmen staatlicher Selektion anhand verschiedener Beispiele. Abschließend werde ich im letzten Abschnitt meiner Arbeit Lösungsansätze zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Medien entwerfen.

2 Geschichtliche Verortung und politische Brennpunkte

2.1 Renaissance des Kommunismus

Der Zerfall der Sowjetunion bedeutete für Moldawien zunächst politische Selbständigkeit. Im Vergleich zu Ländern wie Polen und Ungarn verfügt Moldawien weder über eine eigene nationale Identität noch über eine historische Überlieferung politischer Unabhängigkeit. Moldawien gehörte bis dahin immer einem Staatenverbund an und war nun mit der gesellschaftlichen Verantwortung der eigenen Staatlichkeit überlastet. Anfang der neunziger Jahre galt für viele Beobachter die Republik Moldawien noch als eine der wenigen Erfolgsgeschichten demokratischer Transformationen im postsowjetischen Raum.[1] Im Gegensatz zu den immer deutlicher werdenden autoritären Tendenzen in anderen GUS-Staaten konnte man hier das Entstehen einer pluralistischen Volksherrschaft mit regelmäßig stattfindenden freien Wahlen und einem starken Parlament beobachten. Bedingt durch die fehlende politische Kompromissbereitschaft der zahlreichen ideologischen und ethnischen Fraktionen und der hochgradig personalisierten fragmentierten Parteienstruktur, kam es Ende der Neunziger zu einem völligen Stillstand der Reformen und einem Ausbleiben ausländischer Kredite, die das Land dringend benötigte.[2] Um die Krise zu umgehen, versuchte Präsident Lucinschi tiefgreifende Änderungen im gesamten Staatsaufbau durchzusetzen. Er hegte die Absicht die Rechte des Parlaments einzuschränken und statt dessen, nach dem Beispiel anderer GUS-Länder, die Präsidialmacht zu stärken. Im Anschluss an eine Monate andauernde Verfassungskrise, in welcher das Handeln Lucinschis zunehmend autoritäre Züge annahm, beschloss das Parlament in allgemeiner Übereinstimmung eine Verfassungsänderung, welche die Macht des Präsidenten vermindern und das Regierungssystem der Republik Moldau in eine parlamentarische Demokratie verwandeln sollte.[3] Als am 25. Februar 2001 die Kommunistische Partei der Republik Moldau (KPM) mit überwiegender Mehrheit die Wahlen gewann, erhofften sich viele Wähler eine Stabilisierung des von politischen und wirtschaftlichen Krisen gepeinigten Landes.

2.2 Rezentralisierungsbemühungen und Russifizierung

In einem öffentlichkeitswirksamen Wahlkampf rief die KPM erfolgreich die Nostalgie der Bevölkerung an die Sowjetzeit wach, als die Republik Moldau noch als eine der vermögendsten Republiken der Sowjetunion galt.[4] Angekündigte Vorsätze waren, neben der Einführung der russischen Sprache als zweite Amtssprache und der Eingliederung Moldawiens in die Russisch-Belarussische Union, die Verdoppelung der Löhne und Renten, Rückgängigmachung der Privatisierung in mehreren Bereichen und die Wiederherstellung der Einheit des Landes, welche durch den Konflikt mit der abtrünnigen Region Transnistrien seit einem Jahrzehnt schwer beschädigt ist. Während sich die sozioökonomische Lage in der Republik kaum änderte, forcierte die KPM eine Hinwendung zu Russland und eine damit einhergehende Russifizierung Moldawiens. Die Bekanntgabe der Einführung des Russisch-Unterrichts als Pflichtfach, die Aufwertung der russischen Sprache zur zweiten Amtssprache und der Austausch des Lehrfaches „Geschichte Rumäniens“ durch „Geschichte der Moldau“ führte zu hitzigen Protestbewegungen unter dem mehrheitlich rumänischsprachigen Teil der Bevölkerung. Die Heftigkeit der Widerstände, die stark von der Opposition gelenkt wurden, die darin die einzige Möglichkeit des Eingriffs in das Machtspektrum der Kommunisten sah, veranlasste die Regierung zur Vertagung ihrer Pläne. Erst nach mehr als hundert Tagen und der eifrigen Vermittlung des Europarates fanden die Proteste ein vorübergehendes Ende.[5]

Das nun von der KPM dominierte Parlament wählte am 06. April 2001 den Kommunisten Vladimir Woronin, einen ethnischen Russen, zum dritten Präsidenten der Republik Moldawien. Paradoxerweise verfügte dieser nun, trotz der aus der Verfassungsänderung resultierenden Einschränkung der Präsidialmacht, über einen historisch unvergleichlichen Machtstatus bedingt durch die starke kommunistische Mehrheit im Parlament. Parallel zum Präsidialamt behielt Woronin seinen Posten als Vorsitzender der kommunistischen Partei, welches ebenfalls zu einer im Gegensatz zur Intention der Verfassungsänderung stehenden Aufwertung der Exekutive führt. Eine weitere Gefahr für die demokratische Entwicklung des Landes wurde in der überragenden Stellung der KPM im Parlament gesehen, die nun gewissermaßen durch keine demokratischen Mittel daran zu hindern war ihre Wahlversprechen umzusetzen.[6]

Neben der Stärkung der Rolle des Präsidenten und der Verlagerung der parlamentarischen Kräfte auf die Strasse, kam es zu einer allgemeinen Rezentralisierung. Das Parlament verabschiedete eine Gebietsreform, bei der die 31 sowjetischen „Rayons“ (territoriale Untereinheiten) wiedereingeführt werden sollten. Damit sollte der Einfluss der Regierung schnellstmöglich auch auf lokaler Ebene greifen. Der Europarat bezeichnete das Vorhaben der KPM, die Bürgermeister der alten Gemeinden vorzeitig abzusetzen, um neue vom Präsidenten bevollmächtigte Vorsteher einzusetzen, jedoch als undemokratisch und verfassungswidrig.[7] Bereits kurze Zeit nach Beendigung der Proteste seitens Europarat und Opposition wurde Entgegenkommen gezeigt. So räumte man der Opposition vermehrt Möglichkeiten der aktiven Teilnahme im Parlament ein und auch ein Gesetz, welches die oppositionelle Beteiligung an den staatlichen Medien regelt, wurde veranlasst.[8]

2.3 Aktuelle politische Situation

Am 06. März 2005 verteidigten die regierenden Kommunisten ihre Macht bei den vierten Parlamentswahlen seit der Unabhängigkeit der Republik Moldau siegreich, die absolute Mehrheit verfehlten sie dagegen knapp. Die KPM, die sich von Russland abgewandt hat und sich nun für einen Beitritt in die EU einsetzt, kam dem amtlichen Endergebnis zufolge auf 46,1 Prozent der Stimmen und erhält damit 56 der 101 Abgeordnetensitze. Damit reicht ihre Mehrheit aus um Gesetze zu verabschieden, jedoch nicht um im kommenden Jahr aus eigener Kraft Woronin erneut zum Staatsoberhaupt zu ernennen. Für die Wahl des Präsidenten sind 61 Stimmen erforderlich. Das oppositionelle Parteienbündnis „Block demokratisches Moldau“, welches für enge politische Beziehungen Moldawiens nicht nur zum Westen, sondern auch zu Russland kämpfte, errang 34 Sitze, während die Christdemokraten, die eine stärkere Anlehnung an das angrenzende Rumänien forderten, neun Prozent der Stimmen (elf Sitze) erhielten. Die Umstände eines Übergangsparlamentes ohne klare Mehrheiten machen eine Präsidentenwahl praktisch unmöglich. Es sei denn, die Kommunisten könnten die zögernde Zentrumspartei mit der Zusicherung von Ämtern auf ihre Seite ziehen.[9]

Erstmalig war es auch den Einwohnern östlich des Dnjestr gewährt ihre Stimmen in den Wahllokalen abzugeben. Die von Russland gestützte Separatisten-Führung habe, in der Absicht Woronin zu schaden, diesmal die Stimmabgabe nicht unterbunden, sondern sogar gefördert. Die Financial Times Deutschland schrieb am 06. März 2005: „Allerdings seien Kandidaten in einigen Regionen am Wahlkampf gehindert und verhaftet worden. Zudem könne ein Viertel der Moldauer in Transnistrien und im Ausland nicht wählen, weil es zu wenige Wahllokale gebe. Auch internationale Organisationen, wie die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sehen Rückschritte in der Demokratie-Entwicklung.“[10] Während die Wahlen der Jahre 1998 und 2001 noch als „den internationalen Standards entsprechend“ gelobt wurden, tadelte die OSZE schon im Vorfeld der Abstimmung den Missbrauch der öffentlichen Verwaltung durch die Regierungspartei und die kritische Situation der Medien.

[...]


[1] Vgl. King, 2001, 274.

[2] Vgl. Constantinescu, 2001, 33.

[3] King (Anm. 1).

[4] Vgl. Moldava’s Red Revival. The old days weren’t so bad. In: Newsweek, 07.05.2001.

[5] Der Europarat vermittelt in der Moldau. In: NZZ, 02.05.2002.

[6] Vgl. http://pro.harvard.edu/abstracts/023/023012RoperSteve.htm

[7] Vgl. Buzogány, 2002, 48ff.

[8] Political Armistice Taking Hold in Moldava. In: Jamestown Monitor, 04.05.2002.

[9] Vgl. http://www.taz.de/pt/2005/03/08/a0094.nf/text

[10] www.ftd.de/pw/eu/1110009214030.html?nv=wn

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die Situation der Medien in Moldawien
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Ohnmacht und Übermacht der Medien - Ein europäischer Vergleich
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
20
Katalognummer
V39184
ISBN (eBook)
9783638380331
Dateigröße
623 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Hausarbeit ist sowohl für Politik-Studenten als auch für Studenten der Medienwissenschaften und Publizistik/Kommunikationswissenschaften relevant. Sie bietet eine tiefgehende Auseinandersetzung mit der politischen und wirtschaftlichen Lage in Moldawien und Transnistrien und den damit einhergehenden Problemen des moldauischen Mediensystems inklusive historischer und rechtlicher Grundlagen.
Schlagworte
Situation, Medien, Moldawien, Ohnmacht, Medien, Vergleich
Arbeit zitieren
Claudia Gieß (Autor:in), 2005, Die Situation der Medien in Moldawien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/39184

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die Situation der Medien in Moldawien



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden