Thesenpapier zu Hermann und Horstkottes Artikel “Gegenwart- Gegenwärtigkeit- Gegenwartsliteratur”


Zusammenfassung, 2018

3 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Begriffsherleitung:

Hermann und Horstkotte zeichnen die etymologische Entwicklung des Begriffs der Gegenwart nach und gehen dabei insbesondere auf die Bedeutung des Adjektivs „gegenwärtig“ ein. Dieses dient demnach:

a) Zur zeitlichen oder räumlichen Anwesensheitsbekundung (jemand oder etwas ist anwesend)
b) Als ein Mittel zur Gegenüberstellung (zwei oder mehr Fraktionen stehen sich gegenüber)
c) Um eine gewisse Opposition auszudrücken (zwei oder mehr Fraktionen stehen sich feindlich gegenüber)
d)Im Unterschied dazu hat der Begriff „Gegenwart“ seine heutige Bedeutung als „Zeitpunkt zwischen Vergangenheit und Zukunft“ laut Hermann und Horstkotte erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts bekommen.

Vermutungen, warum dieser Bedeutungswandel passiert ist, stellen sie aber nicht an. Aus meiner Sicht wären folgende Thesen denkbar:

- Die neue Bedeutung hat der Begriff „Gegenwart“ im Zuge der Aufklärung erhalten, da die neuzeitlichen Transformationsprozesse eine stärkere Abgrenzung zur Vergangenheit nötig machten. In diesem Sinne wäre es sicherlich hilfreich, Beiträge in Diderots und D’Alemberts Enzyklopädie zu überprüfen
- Durch die Industrialisierung hat sich die Wahrnehmung von Zeit verändert, folglich ist eine neue Einteilung und Unterscheidung immer wichtiger geworden
- Da im Zuge von Aufklärung sowie Empfindsamkeit und Sturm und Drang der Fokus gewissermaßen vom Jenseits zurück ins Diesseits verlegt wurde, hat die intensivere Beschäftigung mit der vom Individuum empfundenen Gegenwart eine genauere Einteilung nötig gemacht

Über die vorgestellten Gegenwartstheorien

Hermann und Horstkotte stellen im Anschluss 6 verschiedene Gegenwartstheorien vor, welchen sie jeweils ein oder zwei kurze Paragraphen widmen, ohne dabei eine Wertung vorzunehmen.

- Schrumpfende Gegenwart: Beschreibt die Theorie, dass sich Gesellschaft und Technologie immer schneller entwickeln, sodass technische, kulturelle oder auch mediale „Moden“ und Phänomene, sehr schnell an Aktualität verlieren
- Beschleunigte Gegenwart: These, dass wir zwar trotz all der neuen Technologien, die uns Arbeit abnehmen und das Leben prinzipiell leichter machen, immer weniger Zeit zur Verfügung haben, da sich auch unser individueller Lebenswandel stark beschleunigt (weil wir stets mit den technischen Neuerungen mithalten müssen)
- Verbreiterte Gegenwart: geht im Gegensatz zu den vorangegangenen Theorien nicht von einer verkürzten Gegenwart aus, sondern beschreibt im Gegenteil, dass die Grenze von Vergangenheit und Gegenwart aufgrund von einer starken Erinnerungskultur zunehmend verwischt (vergangene Phänomene/ Geschehnisse bleiben uns vor allem durch Medien wie Buch, Fotografie, und Film sehr stark präsent)
- Multiple Gegenwart: Spricht von einer zunehmenden Vernetzung der Gegenwart, weil wir über verbesserte Kommunikation mehr verschiedene Phänomene, Konzepte und Moden zu unserer eigenen Gegenwart zählen
- Mediale Multiplikation von Gegenwart: Geht wie obige Theorie von einer zunehmenden Vernetzung der Gegenwart aus, betont dabei allerdings besonders den individuellen Charakter dieser Gegenwart, da wir durch die Wahl der Medien, die wir verwenden, unsere eigene Version der Gegenwart erschaffen
- Simultane Gegenwart: Setzt die vorangegangene These einer individualisierten Gegenwart in Zusammenhang mit Entwicklungen in der Literatur und beschreibt, dass diese zunehmend eine große Anzahl von Zeit- und Wirklichkeitsebenen reflektiert

Versucht man diese Theorien auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, kann man vielleicht sagen, dass es keine objektive Gegenwart gibt, sondern dass diese immer auch stark in Abhängigkeit vom eigenen Horizont erfahren wird, wobei die Tendenz (nach Ansicht der meisten genannten Theorien) allerdings aufgrund unseres hohen technologischen Standards zu einer beschleunigten Gegenwartswahrnehmung geht. Kritisch anzumerken wäre hier jedoch auch, dass es diverse Bewegungen und Phänomene (Yoga, Meditation, zunehmende Buchlängen, etc.) gibt, die dieser Beschleunigung entgegenwirken.

Über die genannten methodologischen Herausforderungen

Hermann und Horstkotte beschreiben, dass die Hermeneutik generell davon ausgeht, dass sich aktuelle Literatur von uns nur schwer analysieren und kontextualisieren lässt. In diesem Sinne sprechen sie von einer deutlich wahrnehmbaren „Reserviertheit“ der Literaturwissenschaft, was gegenwärtige Lektüreerfahrungen anbelangt, nennen im Anschluss daran aber mehrere Gründe, warum sich neue literarische Formen durchaus reflektieren lassen. Sie verstehen die Gegenwart also vor allem als Chance, da sich Wissenschaftler aufgrund von fehlenden Deutungstraditionen intensiver mit dem Werk selbst auseinandersetzen und es detaillierter analysieren können. Demnach steht der mangelnden zeitlichen Distanz eine größere Deutungsoffenheit (durch das Fehlen von Deutungskriterien früherer Lesergenerationen sowie durch den Mangel an Informationen über die Autoren) entgegen, sodass ersterer Mangel nahezu vollständig ausgeglichen wird.

[...]

Ende der Leseprobe aus 3 Seiten

Details

Titel
Thesenpapier zu Hermann und Horstkottes Artikel “Gegenwart- Gegenwärtigkeit- Gegenwartsliteratur”
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Note
1,5
Autor
Jahr
2018
Seiten
3
Katalognummer
V388734
ISBN (eBook)
9783668632844
ISBN (Buch)
9783668632851
Dateigröße
505 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gegenwart, Gegenwärtigkeit, Zeit, Gegenwartsliteratur
Arbeit zitieren
Ann-Kathrin Latter (Autor:in), 2018, Thesenpapier zu Hermann und Horstkottes Artikel “Gegenwart- Gegenwärtigkeit- Gegenwartsliteratur”, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/388734

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