Textilproduktionsbedingungen aus Sicht der Kantischen Ethik

Das Beispiel Primark


Hausarbeit (Hauptseminar), 2016

14 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhalt

I. Einleitung

II. Ethik bei Kant
1. Begründung der kantischen Ethik
2. Kategorischer Imperativ

III. Ethik und Recht

IV. Die Ethik Kants im Hinblick auf die Produktionsbedingungen von Primark
1. Primark und seine Produktionsrahmenbedingungen
2. „Zweck-an-sich-selbst“
3. Rechtliche und ethische Maßnahmen

V. Zusammenfassung

VI. Literaturverzeichnis:

I. Einleitung

Als ein von der Aufklärung stark geprägter Denker legte Immanuel Kant (1724-1804) die Vernunft als Grundlage seiner Philosophie fest. Unter seinen verschiedenen Themenbereichen hat die Ethik eine hervorgehobene Stellung. Kant entwickelte eine Moralphilosophie mit doppeltem grundsätzlichem Charakter: die Vernunft und die Allgemeingültigkeit. Jede ethische Handlung soll in der Vernunft begründet werden, sodass, jeder Mensch, der sich in derselben Situation befände, die gleiche Handlung ausüben würde. So würde er die Ethik als ein in der Vernunft begründetes Sittengesetz verstehen. Diese Stellungnahme, die auf ein moralisch gutes menschliches Leben abzielt, ist aber nicht einwandfrei. Während einerseits die Ideen Kants als Modell für ein gelungenes Zusammenleben dargestellt werden, wird er andererseits hierfür aus verschieden und unterschiedlichen Gründen kritisiert. Über diese Punkte hinaus will diese Arbeit der Frage nach der Relevanz der kantischen Ethik für uns heute nachgehen, und dies an dem konkreten Beispiel des internationalen Textilgeschäfts „Primark“ veranschaulichen. Es geht um die Fragestellung, ob die kantische Ethik nicht als Lösung für ein gutes Zusammenleben vorgeschlagen werden könnte, in einer von wirtschaftlicher und sozialer Ungerechtigkeit geprägten Welt, in der einige Menschen auf Kosten der Anderen immer reicher werden. Welchen Beitrag kann die Ethik Kants im Hinblick auf die wirtschaftlichen Produktionsbedingungen von Primark leisten? Um diese Frage zu klären, wird es in dieser Arbeit nicht darum gehen, die ganze Ethik Kants auf eine detaillierte Form – inklusiv die Kritiken daran – darzustellen, sondern wir werden uns mehr auf einige Punkte seiner Moralphilosophie konzentrieren, die der oben gestellten Frage von wichtiger Bedeutung sein könnten. So wird im ersten Schritt auf das kantische Verständnis von Ethik eingegangen. Im zweiten Schritt werden einige Überlegungen gemacht, bezüglich der Ethik Kants im Verhältnis mit den Produktionsmaßnahmen von „Primark“. Am Ende soll ein Ausblick gegeben werden.

II. Ethik bei Kant

1. Begründung der kantischen Ethik

In seinen moralphilosophischen Schriften versuchte Immanuel Kant eine allgemeingültige Formel zur Herleitung moralischer Gesetze zu finden. Er wollte daher das oberste Prinzip der Moralität, wonach alle Menschen sich richten müssen, aufsuchen und festsetzen.[1] Es handelt sich um ein Prinzip, das einen allgemeingültigen Charakter besitzt; ein Prinzip, das bei allen Menschen unabhängig von Zeit, Ort und Kulturen, gilt. Ein solches Prinzip oder dieses allgemeine moralische Gesetz soll von allen persönlichen Neigungen frei sein und „als Grund einer Verbindlichkeit, muss es absolute Notwendigkeit bei sich führen.“[2] Damit aber ein solches Gesetz allgemein legitimiert wird, muss es einige Bedingungen erfüllen.

Erstens, muss dieses oberste Prinzip der Moralität ohne empirische Informationen entwickelt werden, also a priori. Denn würde man Rücksicht auf die Erfahrung des Einzelnen nehmen, würde eine Verallgemeinerung des Prinzips, aufgrund unterschiedlicher Erfahrungen, nicht mehr funktionieren. Deswegen glaubt Kant generell, „dass man Aussagen, die strenge Allgemeingültigkeit haben, nur a priori beweisen kann.“[3]

Zweitens, begründet Kant seine Ethik in der Vernunft. Er ist der Meinung, dass eine moralische Ethik, die allgemeingültig sein soll, notwendigerweise rational bewiesen werden muss.[4] „Damit wendet er sich gegen einen philosophischen Trend, der in seiner Zeit vor allem im englischsprachigen Raum vorherrscht. [...] Es wurde Moral auf ein spezifisch menschliches Bedürfnis nach Sicherheit und Kooperation, sowie auf angeborene menschliche Gefühle wie Empathie zurückgeführt. Kant ist der Meinung, dass eine solche Ethik keine allgemeingültige Forderung begründen kann.“[5] Damit das ethische Prinzip Kants gilt, muss sie also zwangsläufig vernünftig und unabhängig von irgendwelchen Erfahrungen sein.

Im Zusammenhang damit muss es schließlich bedingungslos sein. Das zeigt Kant zum einen durch das oben dargestellte a priori – Modell und zum anderen durch seine strikte Ablehnung des sogenannten hypothetischen Imperativs. Letzteren versteht er als eine mögliche Handlung, die aber nur als Mittel dient, um zu einem gewünschten Ziel zu gelangen.[6] Ferner sagt dieser Imperativ, was zu tun ist, wenn man ein bestimmtes Ziel im Kopf hat.[7] Insofern muss er alle empirischen Realitäten berücksichtigen. Folglich wäre er empirisch bedingt und würde dadurch die Idee eines obersten Prinzips der Moralität unmöglich machen. Deswegen spricht sich Kant gegen diesen hypothetischen Imperativ aus. Im Gegensatz dazu bevorzugt er den kategorischen Imperativ, „welcher eine Handlung als für sich selbst, ohne Beziehung auf einen anderen Zweck, als objektiv-notwendig vorstelle.“[8].

2. Kategorischer Imperativ

„Endlich gibt es einen Imperativ, der, ohne irgendeine andere durch ein gewisses Verhalten zu erreichende Absicht als Bedingung zum Grunde zu legen, dieses Verhalten unmittelbar gebietet. Dieser Imperativ ist kategorisch. Er betrifft nicht die Materie der Handlung und das, was aus ihr erfolgen soll, sondern die Form und das Prinzip, woraus sie selbst folgt, und das Wesentlich-Gute derselben besteht in der Gesinnung, der Erfolg mag sein, welcher er wolle. Dieser Imperativ mag der der Sittlichkeit heißen.“[9]

Dieser kantischen Formulierung nach gelten Kategorische Imperative bedingungslos. Sie haben unbedingten oder kategorischen Charakter. So muss es nur einen moralischen Grundsatz geben, der alle moralischen Fragen „in Strenger und objektiver weise“ beantworten kann.[10] In diesem Sinne formuliert er in einem Satz den kategorischen Imperativ als oberstes Prinzip der Moralität.[11]: „Der kategorische Imperativ ist also nur ein einziger Satz: Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“[12] Zu diesem allgemeinen Imperativ fügt er vier weiteren Formulierungen hinzu,[13] welche wir nicht alle hier nennen werden. Was unsere Fragestellung aber angeht, ist die dritte Formulierung die endscheidende. Sie lautet:

„Handle so, dass du die Menschheit, sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden andern, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchest.“[14]

„Zweck“ und „Mittel“ sind die zwei wichtigsten Begriffe dieser dritten Formel. Als Zweck bezeichnet Kant alle vernünftige Wesen, also die Menschen. Diese sind von Natur aus Zweck an sich. Dagegen sind Wesen, deren Dasein auf der Natur und nicht auf dem menschlichen Willen beruht, nur Mittel. Sie sind vernunftlos und haben nur einen relativen Wert. Diese sind Sachen.[15] Jeder Mensch muss folglich als Zweck an sich selbst betrachtet und als solche behandelt werden. Das heißt, keinen Menschen darf man nutzen, um etwas anderes zu erlangen:

„Nun sage ich: der Mensch und überhaupt jedes vernünftige Wesen existiert als Zweck an sich selbst, nicht bloß als Mittel zum beliebigen Gebrauche für diesen oder jenen Willen, sondern muss in allen seinen, sowohl aus sich selbst, als auch auf andere vernünftige Wesen gerichteten Handlungen, jederzeit zugleich als Zweck betrachtet werden.“[16]

Kant appelliert sozusagen an das Gewissen der Menschen, die Handlungen immer auf moralische Werte zu richten. Dafür aber muss jeder Handelnde eine gewisse Motivation haben; diese nennt er den „ guten Willen“. Der gute Wille ist an sich gut und nicht erst durch seine Wirkung. Er ist nur a priori zu betrachten: das heißt, in der Vernunft begründet und frei von allen Erfahrungen. So von einem guten Willen motiviert, handelt der Mensch aus Pflicht, d.h. aus Achtung vor dem Gesetz.[17] Wie oben beschrieben, geht es um ein moralisches Gesetz, das allgemein und immer gelten muss. Dabei handelt es sich um das Sittengesetz;[18] ein von allen Neigungen unabhängiges und vernünftig geleitetes Gesetz. Es findet seine Formulierung in einem einzigen Satz, den Kant am kategorischen Imperativ nennt. Er ist das oberste Prinzip der Moralität.[19] Aufgrund dieses moralischen Prinzips muss jeder Mensch als Mensch wahrgenommen werden. Indem man einen Menschen als solchen behandelt und nicht bloß als Objekt oder ein Mittel, nimmt man Rücksicht auf die Würde eines Menschen,

[...]


[1] So die Aufgabe der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (GMS). Vgl. Immanuel Kant: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (Philosophische Bibliothek 519), Hamburg 2016, S. 8.

[2] Ebd. S. 5.

[3] Tim Henning: Kants Ethik, Eine Einführung (Reclams Universal-Bibliothek Nr. 19384), Stuttgart 2016, S.16.

[4] Vgl. Thomas E. Hill, Jr.: Virtue, Rules, and Justice, Kantian Aspirations, Oxford 2012, S. 22.

[5] T. Henning: Kants Ethik, S. 15 – 16.

[6] Vgl. Kant: GMS, S. 36.

[7] Vgl. Walter Patt, The Synthetic Character oft he Moral Law According to Kant, in: Hariolf Oberer (Hrsg.): Kant, Analysen – Probleme – Kritik (Bd.III), Würzburg 1997, S. 29.

[8] Kant: GMS, S. 36.

[9] Ebd. S. 39.

[10] T. Henning: Kants Ethik, S. 7.

[11] Vgl. Thomas Hill.: Virtue, Rules, and Justice, S. 22.

[12] Kant: GMS, S. 45.

[13] Vgl. ebd., S. 45-68. Aber trotz unterschiedlicher Formulierungen kennt Kant nur einen einzigen kategorischen Imperativ.

[14] Kant: GMS, S. 54 – 55.

[15] Vgl. ebd. S. 54.

[16] Ebd. S. 53.

[17] Kant: GMS, S. 19.

[18] Vgl. T. Henning: Kants Ethik, S. 17.

[19] Vgl. ebd., S. 7. ; Vgl. Thomas Hill.: Virtue, Rules, and Justice, S.22.

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Details

Titel
Textilproduktionsbedingungen aus Sicht der Kantischen Ethik
Untertitel
Das Beispiel Primark
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg  (systematische Theologie)
Veranstaltung
Ethik und Recht in der Moderne
Note
2,3
Autor
Jahr
2016
Seiten
14
Katalognummer
V388649
ISBN (eBook)
9783668633230
ISBN (Buch)
9783668633247
Dateigröße
536 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ethik Recht
Arbeit zitieren
Boris Igor Signe (Autor:in), 2016, Textilproduktionsbedingungen aus Sicht der Kantischen Ethik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/388649

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