Alan Alexander Milne: Pu der Bär (1926)


Hausarbeit (Hauptseminar), 2001

16 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Gliederung

Einleitung

1. Kurze Inhaltsangabe beider Bücher

2. Analyse der beiden Bücher
2.1 Charakterdarstellung
2.1.1 Pu der Bär
2.1.2 Christopher Robin
2.2 Erzählstrategien
2.3 Topoi
2.4 Sprachwahl
2.5 Wirkungsabsicht und didaktische Intention
2.5.1 Die kindliche Weltaneignung von Pu

Schlußbemerkung

Literaturverzeichnis

Einleitung

Alan Alexander Milne arbeitete als freier Journalist und war Redaktionsmitglied der Zeischrift Punch (1906-1914). Noch während seines Kriegsdienstes schrieb er die er­sten Lustspiele und feierte nach dem ersten Weltkrieg beachtliche Bühnenerfolge als Autor von leichten Komödien. Abends erzählte er seinem kleinen Sohn Christopher Robin Gutenachtgeschichten, die, motiviert durch den Jungen, dessen Stofftiere als Akteure auftreten ließen. Neben Pu dem Bären besiedelten noch andere Stofftiere Christopher Robins, wie der Esel I-Ah, Ferkel, das Kängaruh Känga mit seinem Klei­nen Ruh und im zweiten Buch, Pu baut ein Haus, noch Tieger den Hundert-Sechzig-Morgen-Wald, dessen Topographie dem Landhaus Cotchford Farm (Sussex), das Milne sich 1925 gekauft hatte, und dem naheliegenden Wald entsprachen. Lediglich die Eule und das Kaninchen aus den Geschichten hatte der Autor dazuerfunden. Als Milne 1925 eine Weihnachtsgeschichte für die Evening News schreiben sollte, schlug ihm seine Frau diese Erzählungen vor, was auch der Grund ist, warum beide Bücher ihr gewidmet waren, und nicht etwa seinem Sohn.

Pu, der Bär, ist der Spielzeuggenosse von Christopher Robin und somit eine "anthropomorphe Projektion"[1] und erhält nur in diesem Bezug zu dem Kind eine fik­tionale Existenz. Pu ist also "nicht echtes Gegenüber, sondern ein nach außen gegebener Entwurf der Seele [des Kindes]".[2]

Außerdem ist er nicht der erste Bär in der Kinderliteratur, aber er ist der erste Teddy­bär. 1902 wurde der erste Teddybär, der aufrecht stehen und sich setzen konnte, von Richard Steiff erfunden und 1903 auf der Leipziger Frühjahrsmesse vorgestellt. Der Teddy, dessen Name auf den amerikanischen Präsidenten Theodore Roosevelt zu­rückgeht, der von Freunden Ted oder Teddy genannt wurde, trat seinen Siegeszug in die Kinderzimmer an und avancierte dort sehr schnell zum Lieblingsspielzeug.

"Ein Teddy ist alterlos, geduldig und gutmütig, verschwiegen und stets der ideale Träger all unserer Vorstellungen und Wünsche. Das kuschelige Fell, der treue Blick und eine Physiognomie, die niemanden belehren will, aber alles zu verstehen scheint, dazu ein etwas gedrungener Körper, dessen tapsige Haltung Liebeserwartung signalisiert, um gleichzeitig [...] auch die Rolle eines Beschützers zu entwickeln, das alles [...] steckt in einem Teddy".[3]

Puppen und Stofftiere sind oftmals Gegenstände des hegenden Umsorgens von Kin­dern. Der Teddy hingegen ist nicht primär in dieser Rolle verhaftet, er ist vielmehr ein gleichwertiger Partner und Freund, der dem Kind allegorisch zur Seite steht.

1. Kurze Inhaltsangabe beider Bücher

Beide Bücher sind episodisch strukturiert, während die Geschichten im ersten Buch in ihrer Reihenfolge weitgehend austauschbar sind. In der englischen Originalausgabe findet sich vor der Widmung Milnes an seine Frau eine Karte mit den wichtigsten Schauplätzen, die das Spielfeld des Autors begrenzt, gleichzeitig aber auch die Kulisse verifiziert.

Die Begriffsstutzigkeit und der infantile Charakter von Pu sind es, die immer wieder den Weg zu einer neuen Geschichte bereiten, da er sich durch sein, offensichtlich, unreflektiertes Verhalten stets in scheinbar ausweglose, für den Leser aber erheiternde, Situationen manövriert. Letztlich ist er dann auf das hilfreiche Eingreifen von Christo­pher Robin angewiesen. Das ist bereits in der ersten Geschichte der Fall, als Pu sich mit Hilfe eines Luftballons und eines Schlammbads das Aussehen einer kleinen, schwarzen Wolke zu geben versucht, um einen Bienenstock zu plündern. Da die Bie­nen ihn trotzdem stechen und er sich vorher nicht überlegt hatte, wie er wieder herun­terkommen sollte, muß Christopher Robin den Ballon mit seinem Luftgewehr abschie­ßen. Als er Kaninchen einen Besuch abstattet, ißt er soviel, daß er in der Öffnung von Kaninchens Bau steckenbleibt und eine Woche hungernd ausharren muß, bis Christo­pher Robin und seine Freunde ihn herausziehen können. Desweiteren schildert Milne z.B., wie Pu und Ferkel einem vermeintlichen Wuschel folgen, im Schnee aber immer nur ihren eigenen Fußspuren nachjagen; wie die Eule sich einen neuen Klingelzug baut, aber nicht bemerkt, daß es sich dabei um I-Ahs Schwanz handelt, und die letzte Geschichte handelt davon, wie unter Christopher Robins Führung eine Expotition zum Nordpohl unternommen wird, die damit endet, daß Pu einen Pfahl findet, um Klein Ruh vor dem Ertrinken zu retten, der dann kurzerhand von Christopher Robin zu dem gesuchten Pol erklärt wird. Im zweiten Buch wird z.B. erzählt, wie am Puwinkel ein Haus für I-Ah gebaut wird, wobei Pu und Ferkel aber die Stöcke als Baumaterial ver­wenden, mit denen sich der alte Esel bereits selbst ein Haus gebaut hatte; wie Tieger in den Wald kommt und schließlich bei Känga und Klein Ruh einzieht, weil er so gerne Malzextrakt, den das Kleine verabscheut, ißt; wie Pu ein neues Spiel, Pu-Stöcke ge­nannt, erfindet; wie Eule im Sturm ihr Haus verliert und das ängstliche Ferkel zum Retter wird, oder wie I-Ah ein neues Haus für Eule findet, das eigentlich schon von Ferkel bewohnt wird, welches, in einem sehr selbtslosen Akt, der Eule das Haus aber überläßt und dafür bei Pu einzieht. Die letzte Geschichte handelt dann von dem gro­ßen Abschied, als Christopher Robin noch einmal alle Tiere um sich schart und den Hundert-Sechzig-Morgen-Wald verläßt.

2. Analyse der beiden Bücher

2.1 Charakterdarstellung

Alle Tiere im Hundert-Sechzig-Morgen-Wald zeichnen sich durch ein mehr oder we­niger egozentrisches Verhalten und ein animistisches Weltbild aus. In ihrem Wesen erinnern sie zum Teil sehr an exzentrische menschliche Eigenschaften, die trotz ihrer Skurillität kaum überzeichnet wirken. Was sich aber klar erkennen läßt, ist die Spaltung der Tiergruppe in kindliche und in erwachsene Charaktere. Milne spielt auf beiden Erzählebenen mit den Autoritätsverhältnissen, insbesondere bei der Betrach­tung der Rolle von Christopher Robin, der ja sowohl als Kind, wie auch als väterlicher Freund auftritt. Seine Entsprechung findet dieses Spiel bei der fürsorglichen Mutter Känga, die im zweiten Buch auch noch Tieger unter ihre Fittiche nimmt, sowie bei Pu als Mentor von Ferkel.

Um auf die Spaltung von kindlichen und erwachsenen Charakteren zurückzukommen, ist die Geschichte aus dem achten Kapitel, im ersten Buch, In welchem Christopher Robin eine Expotition zum Nordpohl leitet, besonders geeignet. "Wie in einem Brennglas werden in der Geschichte [...] die verschiedenen Charaktere der Beteiligten deutlich. Es zeigt sich ein weiteres Darstellungsprinzip Milnes: Er wartet nicht mit langen Beschreibungen [...] auf, die Charaktere werden vielmehr durch Aktionen und Dialoge enthüllt".[4]

Physiognomisch betrachtet ist Ferkel, neben Klein Ruh, das kleinste Tier im Wald. Sein Herz ist zwar groß, aber sein Mut ist in etwa so groß wie es selbst. Ferkel stilisiert den Typ des überängstlichen Kindes, das man, allein durch verbales Andeuten einer vermeintlichen Gefahr, in Panik versetzen kann. Andererseits tut es alles, um genau diese Angst vor den anderen zu verbergen, und hat stets Ausreden parat, die es ihm ermöglichen, den Rückzug anzutreten. Sicher fühlt es sich nur an der Seite von Chri­stopher Robin oder, wenn es Pus Hand halten darf.

[...]


[1] Kinder- und Jugendliteratur. Ein Handbuch. Hrsg. von Gerhard Haas. Stuttgart 1984. S. 190-191. (Künftig zitiert: Haas: Kinder- und Jugendlit.)

[2] Haas: Kinder- und Jugendlit. S. 190

[3] Casparek-Türkkan, Erika: Teddybären. München 1991. S. 16 (ausführlich siehe Literaturverzeichnis)

[4] Brunken, Otto: Im Zauberwald der Kindheit. Alan Alexander Milnes >Pu der Bär<. In: Klassiker der Kinder- und Jugendliteratur. Hrsg. von Bettina Hurrelmann. Frankfurt am Main 1995. S. 33 (künftig zitiert: Brunken, Otto: Milnes Pu der Bär.)

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Alan Alexander Milne: Pu der Bär (1926)
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen  (Seminar für Allgemeine Rhetorik)
Veranstaltung
Seminar für Kinderliteratur
Note
2
Autor
Jahr
2001
Seiten
16
Katalognummer
V3886
ISBN (eBook)
9783638124065
Dateigröße
543 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Arbeit hat eine der beliebtesten Kinderfiguren zum Mittelpunkt eingehender, rhetorischer Betrachtungen genommen und die Werke Milnes rhetorisch und kinderpsychologisch analysiert. Abgesehen davon darf eine Betrachtung des typisch englischen Weltbilds natürlich auch nicht fehlen.
Schlagworte
Rhetorik, Kinderliteratur, Märchen
Arbeit zitieren
Christian Klar (Autor:in), 2001, Alan Alexander Milne: Pu der Bär (1926), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3886

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