Opportunismus und asymmetrische Informationsverteilung als Probleme in der Prinzipal-Agenten-Theorie


Seminararbeit, 2018

19 Seiten, Note: 3,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Von der Entstehung der Prinzipal-Agenten-Theorie bis heute

2 Grundannahmen der Prinzipal-Agenten-Theorie
2.1 Der Vertrag als Rahmenbedingung
2.2 Verhaltensmerkmale der Akteure und Ursachen von Zielkonflikten
2.2.1 Opportunismus
2.2.2 Informationsasymmetrie
2.2.2.1 Hidden Characteristics
2.2.2.2 Hidden Intention
2.2.2.3 Hidden Information
2.2.2.4 Hidden Action

3 Probleme durch Opportunismus und Informationsasymmetrie
3.1 Adverse Selection
3.2 Moral Hazard
3.3 Hold-Up

4 Lösungsansätze zur Vertragsgestaltung bei Opportunismus und Informationsasymmetrie
4.1 Die Vermeidung von Agency Costs
4.2 Signalling
4.3 Screening
4.4 Self Selection
4.5 Interessenangleichung
4.6 Monitoring

5 Anwendungsgebiete der Prinzipal-Agenten-Theorie und ihre Grenzen

Literaturverzeichnis

1 Von der Entstehung der Prinzipal-Agenten-Theorie bis heute

Die Entstehung der Prinzipal-Agenten-Theorie geht in die 1970er Jahre zurück. Sie wird der Neuen Institutionenökonomik zugeordnet, einer neueren Wirtschaftstheorie der Volkswirtschaft, die sich aus der Neoklassik entwickelt hat. Als ein wichtiger Grundstein dieser Theorie wird unter anderem der im Jahr 1937 veröffentlichte Artikel “The Nature of the Firm” von Ronald Coase gesehen, der sich im Kern mit der Frage warum Unternehmen existieren beschäftigt.1 Während der institutionelle Rahmen für ökonomisches Handeln in der Neoklassik als gegeben gilt, setzt sich die Neue Institutionenökonomik gezielt mit der Bedeutung und Analyse von Institutionen auseinander und versucht deren Entstehung zu begründen. Anders als in der Neoklassik geht man weder von einem vollständigen Markt noch von vollständigen Informationen aus und rückt die dadurch entstehenden Kosten für Transaktionen in den Fokus der Untersuchung.2

Der Begriff Institution ist weit gefasst und kann nur annäherungsweise definiert werden. RICHTER und FURUBOTN beschreiben die Institution als „System miteinander verknüpfter, formgebundener (formaler) und formungebundener (informeller) Regeln“.3 Im Rahmen der Prinzipal-Agenten-Theorie steht der Vertrag zwischen Auftraggeber (Prinzipal) und Auftragnehmer (Agent) als Institution im Mittelpunkt der Untersuchung.4 Umweltunsicherheiten, Interessenkonflikte und daraus resultierendes opportunistisches Verhalten, sowie eine asymmetrische Informationsverteilung unter den Akteuren erschweren eine effiziente Vertragsgestaltung und werden im Rahmen des Modells untersucht.

Seit den 70er Jahren hat die Prinzipal-Agenten-Theorie nicht an Bedeutung verloren und findet Anwendung in vielen Gebieten der Betriebswirtschaftslehre. Sie ist gerade heute, in Zeiten von immer weiter zunehmender sozialer Differenzierung und immer größerer wirtschaftlicher Spezialisierung, ein Modell mit dem sich moderne Formen von Delegationsbeziehungen auch über die Grenzen der klassischen Betriebswirtschaftslehre hinaus analysieren lassen.

Diese Seminararbeit beschreibt die Grundannahmen und Rahmenbedingungen des Prinzipal-Agenten-Ansatzes und geht im Anschluss daran näher auf opportunistisches Verhalten und ungleich verteilte Informationen als Problemfelder dieser Theorie ein. Zum Abschluss werden durch die Prinzipal-Agenten-Theorie erarbeitete Lösungsansätze in Bezug auf eine optimale Vertragsgestaltung vorgestellt.

2 Grundannahmen der Prinzipal-Agenten-Theorie

Der erste Teil dieser Arbeit behandelt die Rahmen- und Umweltbedingungen der Theorie, sowie die Grundstruktur der Beziehung zwischen Prinzipal und Agenten.

2.1 Der Vertrag als Rahmenbedingung

Zentrale Grundlage der Prinzipal-Agenten-Theorie ist die Kooperation zwischen den beiden Wirtschaftsakteuren, dem Auftraggeber (Prinzipal) und dem Beauftragten (Agenten). Dabei handelt es sich um eine Delegationsbeziehung, bei der der Prinzipal zur Erreichung eines Ziels das Wissen oder sonstige Ressourcen des Agenten benötigt.5

Damit der Agent die übertragene Aufgabe erfüllen kann, werden ihm die nötigen Entscheidungskompetenzen vom Prinzipal übertragen. Über die Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit wird ein Vertrag zwischen den beiden Parteien abgeschlossen. Dabei ist der im Rahmen der Theorie „verwendete Vertragsbegriff denkbar weit gefasst und geht über den Vertrag im Rechtssinne hinaus. Als Vertrag werden nämlich sämtliche institutionellen Vorkehrungen gedeutet, welche die Möglichkeiten der strategischen Interaktion von individuellen Entscheidungsträgern definieren, beeinflussen und koordinieren.“6

Der geschlossene Vertrag beinhaltet möglichst genaue Definitionen der zu leistenden Beiträge zur gemeinsamen Zusammenarbeit und beschreibt die Pflichten der Vertragsparteien. Um das bestmögliche Endergebnis zu erreichen, wird versucht auf alle möglichen Eventualitäten, die im Laufe der Kooperation auftreten können, einzugehen. Im Vertrag wird außerdem die Erfolgsbeteiligung der jeweiligen Akteure festgelegt.7

Der zeitliche Ablauf der Vertragsbeziehung kann wie folgt beschrieben werden:8

t1 -Der Prinzipal unterbreitet dem Agenten ein Vertragsangebot, das neben einer spezifizierten Beschreibung der zu übertragenden Aufgabe auch Details zur späteren Entlohnung des Agenten enthält.

t2 -Der Agent muss eine Entscheidung über Annahme oder Ablehnung des Vertrags treffen.

Gehen die beiden Parteien eine Vertragsbeziehung ein, führt der Agent die übertragene Aufgabe durch.

t3 -Die Handlung seitens des Agenten ist beendet und ein Ergebnis als Konsequenz der Aktion ist erkennbar.

t4 -Im Anschluss wird der Agent dem Resultat entsprechend entlohnt.

t5 -Sowohl vor Vertragsschluss, während der Vertragsbeziehung als auch nach Erbringung der vereinbarten Leistung kann es zu Konflikten kommen. Ziel des Prinzipal-Agenten-Ansatzes ist es, unter Berücksichtigung dieser Konflikte und der dadurch entstehenden Kosten zur Informationsgewinnung, den Vertrag möglichst effizient zu gestalten.9

2.2 Verhaltensmerkmale der Akteure und Ursachen von Zielkonflikten

Der Beziehung zwischen Prinzipal und Agenten liegen verschiedene Verhaltensannahmen zu Grunde.

Nicht nur der Prinzipal wird versuchen durch die Kooperation persönliche Ziele zu verfolgen, sondern auch der Agent. Sowohl der Prinzipal als auch der Agent handeln im Eigeninteresse, um ihren Nutzen zu maximieren. Diese Verhaltensannahme macht letztendlich den Abschluss eines Vertrages erst notwendig.10

Trotz des Vertragsschlusses kann der Prinzipal jedoch nicht sicher sein, dass der Agent wie vereinbart handeln wird, um die übertragene Aufgabe bestmöglich zu erfüllen. Um seine eigenen Ziele zu erfüllen, wird der Agent sich opportunistisch verhalten und unter Anwendung von Betrug und Täuschung das für sich optimale Ergebnis zur erreichen versuchen. Verhaltensspielräume, die auf unvollständige Verträge zurückzuführen sind, wird der Agent versuchen für sich auszunutzen ohne Rücksicht auf etwaige Verluste des Prinzipals.

Mit der Übertragung der Entscheidungskompetenz an den Agenten wird dieser auch zum Risikoträger. Damit er seine Aufgabe erfüllen kann muss der Agent Handlungsentscheidungen treffen. Beispielsweise wenn es um die Verwendung des Unternehmensvermögens geht. Dabei kann die Risikoneigung des Agenten weit von der des Prinzipals abweichen und zu Spannungen zwischen den Akteuren führen.

Weiterhin wird davon ausgegangen, dass weder Prinzipal noch Agent über perfekte Informationen über die gegebenen Umweltbedingungen und auch über die Handlungsabsichten beziehungsweise die Handlungsalternativen der jeweils anderen Partei verfügen. Sie sind somit nicht allwissend und können nur begrenzt rational handeln. Diese unvollständigen Informationen können zusätzlich noch asymmetrisch unter den Wirtschaftssubjekten verteilt sein.11

Im Folgenden sollen vor allem opportunistisches Verhalten und die asymmetrische Verteilung der Informationen als Probleme des Prinzipal-Agent-Ansatzes näher beleuchtet werden.

2.2.1 Opportunismus

Auf Grund der divergierenden Kostenfunktionen der Akteure ergibt sich der bereits erwähnte Interessenkonflikt. Der Gewinn des Prinzipals entspricht dem Erfolg der Aufgabendurchführung. Dem Agenten entstehen im Zuge der Auftragsdurchführung allerdings Kosten in Höhe seines Arbeitseinsatzes. Sein Ziel ist es dementsprechend diese möglichst geringzuhalten, denn sein Gewinn entspricht der vereinbarten Entlohnung abzüglich dieser Kosten.12

Dem Agenten eröffnen sich Verhaltensspielräume, die er zu seinem Vorteil ausnutzen kann, um diese Kosten minimal zu halten. Der Prinzipal muss davon ausgehen, dass der Agent jede sich bietende Möglichkeit in Anspruch nehmen wird um sein eigenes Ziel zu erreichen. Opportunistisches Verhalten ist eine zentrale Verhaltensannahme in der Prinzipal-Agenten-Theorie. Opportunismus kann kurz als Verfolgung des Eigeninteresses unter Zuhilfenahme von List definiert werden.13

Zur Zielerreichung wird sich der Agent verschiedener Formen der Täuschung bedienen und „beispielsweise Informationen verschweigen, verschleiern, verzerren und erst in den Momenten bekanntgeben, zu denen die größtmöglichen Vorteile erreichbar sind“.14

2.2.2 Informationsasymmetrie

Von Informationsasymmetrie spricht man, wenn eine der beiden potentiellen Vertragsparteien zu einem bestimmten Zeitpunkt vor, während oder nach Vertragsschluss über ein höheres Maß an Informationen über das Entscheidungsproblem verfügt als die jeweils andere. Bezogen auf die Prinzipal- Agenten-Theorie besitzt der Agent einen Informationsvorsprung gegenüber dem Prinzipal.

Die asymmetrische Informationsverteilung lässt sich in vier Grundtypen unterscheiden: Hidden Characteristics, Hidden Information, Hidden Action und Hidden Intention.15,16 Im Folgenden sollen diese vier Grundtypen, deren Entstehungszeitpunkt und die entsprechenden Entstehungsursachen kurz beschrieben werden.

2.2.2.1 Hidden Characteristics

Hidden Characteristics („Verborgene Eigenschaften“) liegen vor, wenn dem Prinzipal gegebene Qualitätseigenschaften oder Fähigkeiten des Agenten vor Vertragsschluss, also zum Zeitpunkt t0, unbekannt sind. Dabei kann es sich um „Eigenschaften wie Risikoaversion, Produktivität, Arbeitsleid oder Opportunitätskosten handeln“17. Der Agent verfügt über bessere Informationen als der Prinzipal, da er um die eigenen Fähigkeiten und sein Leistungspotential weiß. Kenntnis über die wahren Eigenschaften des Agenten erlangt der Prinzipal erst nach Vertragsschluss.18

2.2.2.2 Hidden Intention

Hidden Intention („Verborgene Absicht“), liegt dann vor, wenn dem Prinzipal vor Abschluss des Vertrags im Zeitpunkt t0 die wahren Absichten des Agenten nicht bekannt sind. Der Agent macht dem Prinzipal gegenüber Zusagen über sein zukünftiges Verhalten, tatsächlich ist es dem Prinzipal aber nicht möglich vorherzusehen, ob der Agent gemäß den getroffenen Aussagen handeln wird. Der Prinzipal kann das Verhalten des Agenten nach Vertragsschluss zwar beobachten, es im Nachhinein aber nicht mehr beeinflussen.19

2.2.2.3 Hidden Information

Von Hidden Information („Versteckte Informationen“) spricht man, wenn der Agent Informationen über ergebnisbeeinflussende Daten und Leistungszusammenhänge besitzt, die dem Prinzipal nicht vorliegen.20 Dabei handelt es sich um „exogene Einflussfaktoren, die nicht die Person des Agenten betreffen (z.B. vorherrschende Produktionsverhältnisse oder mögliche Umweltzustände)“.21 Der Prinzipal kann das Verhalten des Agenten zwar beobachten, aber auf Grund mangelnder Fachkenntnisse nicht beurteilen.22 Diese Art der Informationsasymmetrie kann vor Vertragsschluss in Zeitpunkt t0 oder vor Vertragserfüllung in Zeitpunkt t3 auftreten.

2.2.2.4 Hidden Action

Eine weitere Form der asymmetrischen Informationsverteilung, die nach Vertragsschluss, also nach dem Zeitpunkt t2 entstehen kann, wird als Hidden Action („Verstecktes Handeln“) bezeichnet. Der Prinzipal hat in diesem Fall Kenntnis über die Interessen und die Leistungsfähigkeit des Agenten und kann auch das Ergebnis bereits einsehen. Die Aktivitäten, die der Agent gewählt hat um das Ziel zu erreichen, sind ihm allerdings nicht ersichtlich.

[...]


1 Vgl. PICOT, Ronald H. Coase: Nobelpreisträger 1991, in Wirtschaftswissenschaftliches Studium (1992), S. 79 f.

2 Vgl. OPPER, Der Stand der Neuen Institutionenökonomik, in Wirtschaftsdienst (2001), S.

3 RICHTER/FURUBOTN, Neue Institutionenökonomik (2003), S. 7

4 Vgl. ALPARSLAN, Strukturalistische Prinzipal-Agent-Theorie (2006); S. 2

5 Vgl. SCHOLTIS, Vertragsgestaltung bei Informationsasymmetrie (1998), S. 5 f.

6 SCHWEIZER, Vertragstheorie (1999), S. 5.

7 Vgl. JOST, Die Prinzipal-Agenten-Theorie in der Betriebswirtschaftslehre (2001), S. 13

8 Vgl. KIENER, Die Principal-Agent-Theorie aus informationsökonomischer Sicht (1990), S. 20

9 Vgl. JOST, Die Prinzipal-Agenten-Theorie in der Betriebswirtschaftslehre (2001), S. 45.

10 Vgl. JOST, Die Prinzipal-Agenten-Theorie in der Betriebswirtschaftslehre (2001), S. 15 f.

11 Vgl. PICOT/ DIETL/FRANCK/FIEDLER/ROYER, Organisation (2015), S. 92 f.

12 Vgl. BENSEMANN, Optimale Anreizverträge auf Basis nichtverifizierbarer Beurteilungsgrößen (2016), S. 14

13 Vgl. WILLIAMSON, The Economic Institutions of Capitalism (1985), S. 30

14 SCHOLTIS, Vertragsgestaltung bei Informationsasymmetrie (1998), S. 18

15 Vgl. SCHOLTIS, Vertragsgestaltung bei Informationsasymmetrie (1998), S. 14 ff.

16 Vgl. ALPARSLAN, Strukturalistische Prinzipal-Agent-Theorie (2006); S. 21 ff.

17 SCHOLTIS, Vertragsgestaltung bei Informationsasymmetrie (1998), S. 17

18 Vgl. JOST, Die Prinzipal-Agenten-Theorie in der Betriebswirtschaftslehre (2001), S. 28

19 Vgl. SCHOLTIS, Vertragsgestaltung bei Informationsasymmetrie (1998), S. 17

20 SCHREYÖGG, Organisation (2003), S. 446

21 SCHOLTIS, Vertragsgestaltung bei Informationsasymmetrie (1998), S. 18

22 Vgl. SCHOLTIS, Vertragsgestaltung bei Informationsasymmetrie (1998), S. 15

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Opportunismus und asymmetrische Informationsverteilung als Probleme in der Prinzipal-Agenten-Theorie
Hochschule
FernUniversität Hagen
Note
3,0
Autor
Jahr
2018
Seiten
19
Katalognummer
V387727
ISBN (eBook)
9783668636507
ISBN (Buch)
9783668636514
Dateigröße
527 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
opportunismus, informationsverteilung, probleme, prinzipal-agenten-theorie
Arbeit zitieren
Ramona Ostner (Autor:in), 2018, Opportunismus und asymmetrische Informationsverteilung als Probleme in der Prinzipal-Agenten-Theorie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/387727

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