Ernst Niekisch und Preußen - das definitorische Element seiner eigentümlichen Ideologie


Seminararbeit, 2002

15 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Gliederung:

1. Einleitung

2. Biographischer Bezug

3. Niekischs Ideologie im Zeichen des Widerstands
3.1 Verkünder des deutschen Protests
3.2 Nationalistische Härte
3.3 Orientierung nach Osten
3.4 Hitler als römische Marionette
3.5 Der Arbeiter im imperialen Raum

4. Schlussbetrachtung

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Ernst Niekisch vertrat ohne Frage eine sehr eigenwillige Ideologie. Die Einordnungen reichen von der Zuordnung zu einem Vertreter der Konservativen Revolution bis hin zu dem des Nationalbolschewismus. Die verschiedenen Einschätzungen sollen an dieser Stelle als gegeben hingenommen und nicht weiter untersucht werden.

Unbestritten ist jedoch Niekischs Versuch Nationalismus und Sozialismus zusammen zu bringen. Allerdings bleibt bei ihm der Nationalismus gegenüber dem Sozialismus als Nebenprodukt in Form von Zugeständnissen an die Arbeiterklasse vorherrschend.[1] Aber woher kommt Niekischs nationales Bewusstsein?

Der Nationalismus erfüllt die Funktion „[...] als Gegenmodell gegen den Universalismus und die diesen verkörpernden Mächte [...]“[2] aufzutreten. „Als Gegenbild diente Frankreich und hier vor allem die Französische Revolution von 1978 mit ihrem die ständische Gesellschaft herausfordernden Gleichheitsanspruch. [...] Der deutsche Nationalmythos, [...] inhaltlich festgemacht an seiner Abgrenzung gegenüber dem republikanischen Frankreich, hatte während der napoleonischen Zeit am Anfang des 19. Jahrhunderts vor allem in Preußen Hochkonjunktur.“[3] Wie viele Vertreter der Konservativen Revolution, verachtete auch Niekisch alles Bürgerliche mit seinen politischen und wirtschaftlichen Ausprägungen.

Überall in seinen Publikationen stößt man daher auf Hinweise, die Niekisch als ausgesprochenen Anhänger des Preußentums ausweisen. Niekisch vertrat ein Prinzip von Staat und Nation. Damit verband er Begriffe wie Staatsräson, Protestantismus und Militarismus, die er allesamt Preußen als eigen zuschrieb. Die ideale Volksgemeinschaft müsse durch Zucht, Sittlichkeit und der Hingabe an den Staat geprägt sein. Er stellte die Preußen als eine Art Adel der Germanen dar. Und schließlich entdeckte er an Preußen den slawischen Blutzusatz mit der Orientierung nach Osten. Letzteres ist es dann, was seiner Ideologie den Ruf bringt, bolschewistische Elemente eigen zu haben.

Im ersten Kapitel wird die Grundlage – der Hintergrund – dieser Verbundenheit mit Preußen dargestellt. Von der Kindheit, über Schulzeit, Ausbildung, Militärdienst im ersten Weltkrieg, seinen ersten politischen Erfahrungen in der Münchner Räterepublik bis hin zum Verlassen Bayerns 1922 mit der Niederlegung seines Landtagsmandates, reichen die biographischen Bezüge. Dabei zieht sich die immer stärker werdende Abneigung gegen Bayern wie ein roter Faden durch diese Zeit.

Das zweite Kapitel behandelt das Wirken des Phänomens Preußen im Kontext der Widerstandsideologie. Im Mittelpunkt steht die Betrachtung der publizistischen Tätigkeit Niekischs im Rahmen der Zeitschrift „Widerstand“ und damit die Untersuchung, wie preußische Attribute in seiner Ideologie Verwendung fanden.

Die Haltung Ernst Niekischs im „Widerstand“ unterlag einem ständigen Wandel, begriffen als Gang von der Revolution gegen den Vertrag von Versailles, über nationalrevolutionäre bis hin zu nationalbolschewistischer Haltung. Mit seiner Orientierung nach Osten schwand allerdings die Zahl der Mitstreiter und Anhänger. Hier blieb Niekisch 1932 in seinem Wunschdenken und seiner Hoffnung stecken. Es gelang ihm nicht, eine Massenbewegung zu mobilisieren. Die dagegen findet der Nationalsozialismus, welcher in Niekischs Augen jedoch die Massen missbrauchte und hinters Licht führte. Eine vernichtende Verurteilung des Nationalsozialismus – Niekischs „Hitler, ein deutsches Verhängnis“ – erschien 1932 im Widerstandsverlag. Mit dem Verbot des „Widerstand“ 1934 verfasste Niekisch „Die dritte imperiale Figur“ – den Höhepunkt seiner Ideologie. Trotz der Wandlungsfähigkeit bezüglich seines ideologischen Denkens führte Niekisch in den meisten Fällen seine Überlegungen auf den Begriff Preußen oder entsprechende Attribute, die er Preußen als eigen ansah, zurück. Das Preußische erreichte bei ihm über die Zeit einen Status des Mythischen.

2. Biographischer Bezug

Der Ursprung seiner pro-preußischen Haltung wurde bereits in seiner Kindheit gelegt. Aber nicht die Ferne zur Heimat – Niekischs Familie siedelte von Trebnitz in Schlesien nach Nördlingen in Bayern über – sondern mehr die ablehnende Haltung, die der Familie in Bayern entgegenschlug, erzeugte diesen preußischen Patriotismus. Niekischs Vater war Feilenhauer und gehörte damit zu den einfachen Handwerkern. Die Handwerker mit eigenem Geschäft dagegen zählten sich zum Bürgertum. Für sie schickte es sich nicht, mit den einfachen Handwerkern zu verkehren. So blieb es Niekisch in seiner Kindheit verwehrt mit Kindern des Bürgertums zu spielen. Diese Ablehnung setzte sich danach in seiner Schulzeit fort. Nach dem Besuch der Volksschule, wo er bereits Außenseiter war, folgte der Wechsel an die Nördlinger Realschule. Hier erfuhr er wiederum Schikanen, Verfolgung und allerlei Schwierigkeiten. Nach dem Wechsel auf eine Präparandenschule und dem Lehrerseminar wurde Niekisch Volksschullehrer. Nach zweijähriger Lehrertätigkeit in Augsburg folgte 1914, mit dem Beginn des ersten Weltkrieges, seine Einberufung. Da er aus gesundheitlichen Gründen einem Reserve-Infanterieregiment angehörte, hat Niekisch nie an der Front gekämpft. Seine militärische Aufgabe bestand darin, in Augsburg Rekruten auszubilden. Noch während des Krieges trat er im Oktober 1917 in die Sozialdemokratische Partei ein.[4] Das war möglicherweise eine Reaktion auf die Oktoberrevolution in Russland. In seinen Erinnerungen bringt Ernst Niekisch zum Ausdruck, dass das deutsche Reich nur durch eine Revolution gerettet werden könne und er glaubt zu diesem Zeitpunkt, dass die Sozialdemokratische Partei dazu in der Lage sei. Er schreibt: „War indes die Sozialdemokratie nicht eine revolutionäre Partei? Die deutschen Verhältnisse schrien nach einer Revolution. Das halb monarchische, halb bürgerliche Deutschland trieb der Katastrophe zu: es war Zeit, dass ein Umsturz erfolgte, der die traditionellen Fundamente zerstörte und neu legte. Mit allen Fasern meines Herzens ersehnte ich den revolutionären Sturm.“[5] Und weiterhin stellte er in Hinblick auf die Oktoberrevolution in Russland fest: „[D]ie Arbeiterschaft meuterte gegen die Kriegskreditbewilliger und wünschte insgeheim die Niederlage der eigenen Regierung. Die russische Revolution entzündete in proletarischen Herzen das Verlangen nach einer deutschen Revolution. So übte das revolutionäre Russland zersetzende Einflüsse auf Deutschland aus. Die Kampfeslust der deutschen Truppen versiegte, man wollte mit dem Krieg ähnlich zu Ende kommen wie die Russen. An der deutschen Front wie in der deutschen Heimat rief man nach Frieden. Der deutsche Zusammenbruch 1918 war durch die russische Revolution seelisch vorbereitet und herbeigeführt worden.“[6]

[...]


[1] Vgl. Michael Pittwald: Ernst Niekisch. Völkischer Sozialismus, nationale Revolution, deutsches Endimperium, Köln 2000, S. 14.

[2] Ebd. S.15.

[3] Ebd. S.15.

[4] Vgl. Ernst Niekisch: Erinnerungen eines Revolutionärs. Erster Band: Gewagtes Leben 1889-1945, Köln 1974, S. 11-35.

[5] Ebd., S. 35.

[6] Ebd., S. 37.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Ernst Niekisch und Preußen - das definitorische Element seiner eigentümlichen Ideologie
Hochschule
Technische Universität Chemnitz
Note
1,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
15
Katalognummer
V38702
ISBN (eBook)
9783638376921
Dateigröße
507 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ernst, Niekisch, Preußen, Element, Ideologie
Arbeit zitieren
Robert Gersdorf (Autor:in), 2002, Ernst Niekisch und Preußen - das definitorische Element seiner eigentümlichen Ideologie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/38702

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