Darstellung der Schlacht bei Lützen. Welchen Forschungsgewinn liefert die Archäologische Forschung?


Bachelorarbeit, 2017

76 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis
1.
Einleitung ... 1
2.
Erweiterter Forschungsstand... 3
2.1. Historiographische Quellen ... 4
2.2. Historiographische Forschungsliteratur ... 6
2.3. Der Wert von Schlachtfeldern als historische Quelle ... 9
2.4. Schlachtfeldarchäologischer Forschungsstand... 10
2.5. Ausgrabungen Lützen ... 11
3.
Historischer Rahmen... 15
3.1. Gustav II. Adolf und die Schweden... 16
3.2. Albrecht Wallenstein ... 19
3.3. Bis zur Schlacht bei Lützen ... 21
4.
Heerwesen und Taktik des 17. Jahrhunderts ... 24
4.1. Handfeuerwaffen ... 29
4.2. Infanterie ... 32
4.2.1.
Pikeniere... 33
4.2.2.
Musketiere ... 34
4.3. Kavallerie ... 36
4.4. Artillerie ... 39
5.
Wesentliche Strömungen... 40
5.1. Spanisch-mediterrane Schule ... 41
5.2. Die kaiserlich-/ lingistische Armee ... 43
5.3. Oranische Heeresreform... 46
5.4. Die Armee Gustav Adolfs ... 48
6.
Die Schlacht bei Lützen ... 53
6.1. Beschreibung Schlachtfeld ... 54
6.2. Archäologische Funde... 55
6.3. Anmarsch , Aufstellung ... 59
6.4. Spielen mit Stücken ... 63
6.5. Kavallerie gegen Kavallerie ... 65
6.6. Infanterie gegen Kavallerie... 66
6.7. Infanterie gegen Infanterie... 67
7.
Schluss ... 69
8.
Literatur ... 71

1
1.
Einleitung
,,Lützen ist eine kleine Stadt in Sachsen-Anhalt, deren Name in Schweden wohl bekannter ist
als in Deutschland"
1
, schrieb Maik Reichel, ehemaliger Bürgermeister und Museumsleiter der
Stadt Lützen. Nach julianischem Kalender, der von Schweden zum Teil bis in das 18.
Jahrhundert verwendet wurde, fand am 06. November 1632, nord-östlich angelehnt an Lützen
und der nach Leipzig führenden Via Regia, eine bedeutende Schlacht des dreißigjährigen
Krieges statt.
2
Sie ist weniger aus militärischer Sicht für die lebhafte Erinnerungskultur bedeutend. Inger
Schuberth sieht auch nicht darin die Bedeutung Lützens, dass sich die beiden herausragenden
Persönlichkeiten des dreißigjährigen Krieges, Gustav II. Adolf König von Schweden und
Retter der Protestanten und Albrecht von Wallenstein Generalissimus der kaiserlichen
Truppen, zum ersten Mal in einer offenen Feldschlacht gegenüberstanden. Sie sieht in dem
Tod des lutherischen König Schwedens in dem protestantischen Kernland die Bedeutung, die
der Schlacht beizumessen ist. Wohingegen Lützen kaum in Deutschland bekannt ist, ist es aus
der schwedischen Erinnerungskultur nicht wegzudenken. Verwunderlich ist es nicht, dass die
ereignisorientierte schwedische Geschichtswissenschaft, sich den Todesumständen dieser
Ikone verschrieben hatte.
3
Für die Erforschung des Militärwesens im 17. Jahrhundert und dementsprechend einer
Schlacht im dreißigjährigen Krieg, wie Michael Kaiser feststellte, sind ältere Arbeiten
weiterhin von Bedeutung und erfordern ihren Einbezug.
4
Jedoch erstrecken sich diese
Arbeiten oft auf einzelne Teilbereiche. Besonders die zufriedenstellende Dars tellung von
Kampfesweisen lässt viele Fragen offen oder wird überhaupt nicht thematisiert. Brent
Nosworthy schrieb einleitend in seinem Buch ,,The Anatomy of Victory": ,,It is ironic that the
1
Schuberth, Inger: Schlacht und Erinnerung. Lützen 1632, Wettin-Löbejün OT Dößel 2016, S. 7.
2
Vgl. Meller H.; Schefzik M. (Hrsg.): Krieg. Eine archäologische Spurensuche. Begleitheft zur Sonderausstellung
,,Krieg ­ eine archäologische Spurensuche" in Halle (Saale) von 6. November 2015, Halle (Saale) 2015, S. 26 /
Vgl. Reichel, Maik: Die Schlacht bei Lützen vom 6./16. November 1632 und der Tod des schwedischen Königs
Gustav II. Adolf in: Meller, Harald: Schlachtfeldarchäologie. Battlefield Archaeology. 1. Mitteldeutscher
Archäologentag vom 09. Bis 11. Oktober 2008 in Halle (Saale), Halle (Saale) 2009, S. 127.
Nach gregorianischem Kalender fand sie genau 10 Tage später am 16. November statt.
3
Vgl. Schuberth 2016, S. 12f/ Vgl. Langer, Herbert: Wallenstein ­ Kriegsmann, Machtmensch, Politiker in:
Schuberth, Inger; Reichel, Maik (Hrsg.): Die Blut'ge Affair` bei Lützen. Wallensteins Wende, Wet tin 2012, S. 78.
4
Wie die Arbeiten von G. Droysen 1865 und J. Seidler 1954.

2
area of combat wich many readers find the most interesting is rarely covered in more than
sketchy narrative"
5
.
Die deutsche wissenschaftliche Literatur weist einen Mangel an Arbeiten mit militärischen
Themen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf. Seidler legt in seinem Vorwort zu
seiner Arbeit einen triftigen Grund für diese Tatsache offen. ,,Würde man mich aber da nicht
verständnislos anstarren, weil ich mich in einer aus den Fugen geratenen Welt noch mit einer
Schlacht bei Lützen abgebe?"
6
. Die Umstände, die der Zweite Weltkrieg mit sich brachte,
begründeten eine allgemeine Kriegsmüdigkeit, in der selbst die wissenschaftliche
Beschäftigung mit militärischen Themen nicht für relevant erachtet wurde. Auch H. Schwarz
scheint sich erklären zu müssen, einleitend in seinem 1962 erschienenem Werk
,,Gefechtsformen der Infanterie und ihre Entwicklung in Mitteleuropa".
7
Erst mit dem 21. Jahrhundert wird Militärgeschichte wieder attraktiver, wie das neue
Forschungsfeld der Archäologie, die Schlachtfeldarchäologie beweist.
8
Viele Publikationen
beschäftigen sich mit Kriegsführung aber kaum eine Abhandlung beschäftig sich mit
tatsächlichen Abläufen einer Schlacht. Brent Nosworthy meinte ,,the lack of detailknowledge
about each tactical system, and precisely how it differed from its counterparts [...]" führt
dazu, dass es eine Annahme über die taktischen Grundzüge der unterschiedlichen Parteien
gibt, welche er als ,,[...] sameness of tactical systems [...]"
9
beschreibt. Selbst für das 18.
Jahrhundert ist dieses Phänomen zutreffend, obwohl es noch im Vergleich zum 17.
Jahrhundert viel öfter behandelt wurde.
10
,,Was uns aber fast völlig fehlt [schilderte John Keegan über die Schlacht von Azincourt] ist
das Verständnis für die Tatsächlichkeiten des Kämpfens und der Stimmung [...]"
11
. Diese
Aussage trifft in besonderem Maße für die Schlachten des 17. Jahrhunderts zu. Es scheint
Auffällig, dass diese Epoche fast gänzlich ausgelassen wird. Um sich dieser Problematik zu
nähern, wird in der Arbeit nicht versucht, die Schlacht in ihrem ,,klein klein" darzustellen. Die
Schlacht bildet den Gegenstand, um das Heerwesen der Zeit zu verstehen. Der methodische
Ansatz, der in dieser Arbeit verfolgt wird, beruht auf der Herangehensweise von John
5
Nosworthy, Brent: The Anatomy of Victory. Battle Tactics 1689 ­ 1763, New York 1990, Einband.
6
Seidler, Josef: Untersuchungen über die Schlacht bei Lützen 1632, Memmingen 1954, S. 4f.
7
Vgl. Schwarz, Herbert: Gefechtsformen der Infanterie und ihre Entwicklung in Mitteleuropa. Ein Beitrag zur
Heereskunde, München 1962, S. 5.
8
Vgl. Seidler 1954, S. 4f/ Vgl. Kaiser, Michael: Politik und Kriegsführung. Maximilian von Bayern, Tilly und die
katholische Liga im Dreißigjährigen Krieg, Münster 1999, S. 12.
9
Nosworthy 1990, S. XIII.
10
Vgl. Nosworthy 1990, S. XIff.
11
Keegan, John: Das Antlitz des Krieges, Düsseldorf und Wien 1978, S. 98.

3
Keegan, den er in seinem Werk ,,Das Antlitzt des Krieges" von 1978 anwandte und die
Schlachten nach einem viel allgemeineren Prinzip darstellte. Unterteilt in Infanterie gegen
Infanterie oder Kavallerie gegen Artillerie, schafft er es anhand dieser Herangehensweise dem
Leser die tatsächlichen Kampfweisen näher zubringen und vermittelt ihm das Gefühl bei der
Schlacht dabei gewesen zu sein.
12
2.
Erweiterter Forschungsstand
Um das Schlachtgeschehen verlässlich zu rekonstruieren, dienen dem Historiker der frühen
Neuzeit schriftliche und bildliche Quellen. Im Falle des dreißigjährigen Krieges handelt es
sich dabei um Schlachtpläne, Kupferstiche, wie denen im Theatrum Europaeum, Malereien
und Briefe. ,,Das andere, das bleibt, sind Spuren im Boden"
13
, von Munitionsresten,
Ausrüstungsteilen, Waffen, Skeletten oder verschütteten Laufgräben.
14
Um eine überzeugende Darstellung der Schlacht von Lützen bemüht sich die historische
Forschung seit inzwischen fast 150 Jahren"
15
. Doch Widersprüche in schriftlichen sowie
bildlichen Quellen lassen keinen zufriedenstellenden Schl uss zu. Den Anspruch dieses Rätsel
zu lösen, erhebt die Schlachtfeldarchäologie. Denn nur das Schlachtfeld selber kann die
objektive Wahrheit preisgeben, welche anhand von subjektiven Quellen nicht zu erlangen ist.
Die Untersuchungen in Lützen haben sich zu dem größten Schlachtfeldarchäologischen
Projekt in Europa herauskristallisiert.
16
Seit 2006 arbeiten Wissenschaftler unterschiedlicher
Disziplinen daran, das Gelände der Schlacht zu erforschen und zu prospektieren. Das Projekt
begründet ein Forschungsfeld in Deutsc hland, welches bis dato Hobbyhistorikern oder
Schlachtfeldbuddlern überlassen wurde, die in Staaten wie Amerika, Großbritannien oder
Polen schon für Aufsehen gesorgt haben. Dabei wurde ein Massengrab mit 47 gefallenen
Soldaten entdeckt, welches in dieser Größenordnung Europaweit nicht zu finden war. Sie
sollen erzählen, wie nicht nur ihre letzten Stunden abgelaufen sind sondern wie ihr Leben
verlief. Anhand der Skelette lassen sich Aussagen zum Sterbealter, der Herkunft, den
12
Vgl. Keegan 1978, S.97ff/ Vgl. Ebd. S. 101ff.
13
Brock, Thomas: Archäologie des Krieges: die Schlachtfelder der deutschen Geschichte, Darmstadt 2015, S. 6.
14
Vgl. Brock 2015, S. 6.
15
Stiftung zur Förderung der Archäologie in Sachsen-Anhalt: Lützen. Archäologische Prospektion auf dem
Schlachtfeld Lützen,
http://www.archaeologiestiftung.de/projekte/luetzen/
, 15.12.2016.
16
Vgl. Ebd.

4
Lebensbedingungen und Aktivitäten, zu Vorerkrankungen und verheilten Verletzungen sowie
zur möglichen Todesursache treffen.
17
2.1. Historiographische Quellen
Historische Quellen sind im Zeitalter des dreißigjährigen Krieges Mangelware. Sie
beschränken sich auf vereinzelte Zeitzeugen, wie die Predigt des Lützener Pfarrers Paul
Stockmann, auf Augenzeugenberichte, wie die des General Heinrich von Holk oder
Wallensteins, sowie diversen Flugschriften. In den Augenzeugenberichten der Schlacht bei
Lützen sieht André Schürger eine wichtige und kaum beachtete Quelle zur Rekonstruktion
des Geschehens. Es gibt jedoch nur wenige Augenzeugenberichte, die dazu nur sehr punktuell
berichten. Des Weiteren können auch Gemälde, wie des Malers Peter Snayers, der die
Schlacht bei Lützen 1651 darstellte, als Quelle genutzt werden. Die Archäologie nutzt sie
schon lange zur Einordnung von Funden.
18
Flugschriften bilden eine der wichtigsten historiographischen Quellen der Zeit. ,,Die meisten
Flugschriften, die politische Stimmungsbilder aus dem Dreißigjährigen Krieg vermitteln, sind
konfessionell geprägt"
19
. Sie sind demnach einem der beiden Lager zuzuordnen und
entsprechend zu bewerten. Zu den protestantischen Flugschriften zählen die Relationen und
zu den Kaiserlichen die Extracte.
20
Im Extract lassen sich Briefe hochrangiger kaiserlicher
17
Vgl. Meller Krieg 2015, S. 30/ vgl. Ebd., S. 47ff.
18
Vgl. Schürger, André: The Archaeology of the Battle of Lützen: An examination of 17th century military
material culture. Submitted in fulfilment of the requirements for the Degree of Doctor of Philosophy, Glasgow
2015, S. 33ff.
Zu bedenken ist, bei der Verwendung von Augenzeugenberichten, dass sie der Wahrnehmung und
Erinnerungsgabe des Individuums unterliegen und dementsprechend von der Realität stark abweichen können.
Vgl. dazu Schürger 2015, S. 35-42/ Vgl. Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen Anhalt: Der
Prospektionsleiter erklärt die Arbeit auf dem Schlachtfeld. Methodik und Ergebnisse der
Schlachtfeldarchäologie,
http://www.lda-
lsa.de/filme/schlachtfeldarchaeologie/der_prospektionsleiter_erklaert/
15.12.2016.
19
Schmidt, Georg: Das Reich und Europa in deutschsprachigen Flugschriften. Überlegungen zur räsonierenden
Öffentlichkeit und politischen Kultur im 17. Jahrhundert in: Bußmann, Klaus; Werner, Elke Anne (Hrsg.): Europa
im 17. Jahrhundert. Ein politischer Mythos und seine Bilder, Wiesbaden 2004, S. 125.
20
Vgl. Seidler 1954, S. 11f/ Vgl. Lorenz, Gottfried (Hrsg.): Quellen zur Geschichte Wallensteins, Darmstadt 1987
S. 252ff/ Droysen, Gustav (Hrsg.): Gedruckte Relationen. Materialien zur neueren Geschichte, Halle 1903, S.
44ff.
Relation von 1632 auch Erfurter Relation betitelt. Die ,,Wahrhaffte und eygentliche Relation, von der blutigen
Schlacht zwischen Königl. Mayestät zu Schweden etc. und der Kayserl. Armee den 5. Und 6. Novemb, deß
Jahres 1632 bey Lützen 2 Meil wegs von Leipzig vorgangen und geschehen".

5
Personen finden, wie der erste Brief von Wallenstein an Aldringen, der kurz nach der
Schlacht geschrieben wurde.
21
Aufgebaut ist das Extract auf einer 1632 bei Münche n
gedruckten Flugschrift.
22
Maßgebliche protestantische Flugschriften der Zeit waren, die
Relation von 1632 auch Erfurter Relation betitelt. Sie wurden für einschlägige Publikationen,
die sich mit der Schlacht bei Lützen beschäftigten, wie von Diemar und Droysen, als
bevorzugte Quelle genutzt. Des Weiteren erschien die Relation von 1633 und die Declaration
von 1633. Laut Seidler stützt sich das Theatrum Europaeum fast wörtlich auf die Relation von
1633. Dies sind die ursprünglichen protestantischen Flugschriften, die sich mit dem Thema
beschäftigen, alle folgenden bauen auf den Aussagen dieser auf.
23
Wie schon angesprochen, bauen die Inhalte des Theatrum Europaeum auf den Relationen auf.
,,Wer immer sich mit der Frühen Neuzeit insgesamt befasst, so der Konsens, kommt um das
Theatrum Europaeum nicht herum"
24
, auch Gerd Dethlefs hebt das Theatrum Europaeum als
vielzitierte Text-und Bildquelle für das Europabild des 17. Jahrhunderts hervor. Matthaeus
Merian und seine Erben schufen ein Werk von 21 Bänden zwischen 1633 bis 1738 und stellen
damit einen Spiegel ihrer Zeit dar. Gerd Dethlefs betont aber auch, dass es genauso wie es
seine Zeit reflektierte, diese auch beeinflusste.
25
Das Geschäft der Kriegsdarstellung stellte ein
einträgliches Geschäft dar, welches von breiten Teilen der Bevölkerung intensiv verfolgt
wurde.
26
Der Herausgeber war der reformierte Kupferstecher Matthaeus Merian, der eine n,
Die Relation von 1633 ,,Relation von erhaltener Victori der Königl. May. Zu Schweden, wider die Keyß. U. Ligist.
Armeen bey Lützen, den 6. Nov. Anno 1632. Gedruckt im Jahr 1633".
Declaration von 1633 ,,Declaration oder wahrhaftige Beschreibung der Victorie, welche der unüberwindlichste,
glorwürdigste Heldt und Septentrionalische Monarcha Gustavus Adolphus Victor, der abermalig in Meissen, bei
dem Städtchen Lützen, gegen die Wallensteinische Armee durch Göttliche Hülffe erhalten, auch die
Evangelische Religion undt deutsche libertet mit freudigster Darsetzung ihres höchst Edlen Königlichen Leibes
und Lebens, heroisch geschützt und conserviret. So geschehen am 6. November Anno 1632. Gedruckt im Jahr
1633".
21
,,Extract underschiedlicher Schreiben, deß jüngst gehaltenen ernstlichen Treffens, zwischen ihren fürstlichen
Herrn Generalissimo, Herzog zu Mechelburg, Fridlandt und Sagan und dem König aus Schweden, Geschehen
bei Lupen, zo Meil von Leipzig, den 16. Nov. J.J. 1632".
22
Vgl. Seidler 1954, S. 12f.
,,Gründlicher und Außführlicher Bericht, wie und was gestalt die blutige Schlacht zwischen Ihrer Kayserl.
Majest. Generalen Hertzogen von Mechelburg und Fridlandt, dann auch dem König in Schweden, bei Lützen,
zwo Meyl von Leipzig gelegen, den 16. Novembris dises 1632 Jahrs abgelaufen. Getruckt zu München im Jahr
1632"
23
Vgl. Seidler 1954, S. 11f.
24
Roßbach, Nikola u.a.: Das Theatrum Europaeum. Wissensarchitektur einer Jahrhundertchronik, Wolfenbüttel
2012, Einführung,
http://diglib.hab.de/ebooks/ed000081/start.htm
., 15.12.2016.
25
Vgl. Dethlefs, Gerd: Schauplatz Europa. Das Theatrum Europaeum des Matthaeus Merian als Medium
kritischer Öffentlichkeit in: Bußmann, Klaus; Werner, Elke Anna: Europa im 17. Jahrhundert. Ein politischer
Mythos und seine Bilder, Wiesbaden 2004, S. 149.
26
Vgl. Lohsträter, Kai: Alles Kriegstheater? Das Theatrum Europaeum im Kontext der Kriegsberichterstattung
des 17. Jahrhunderts, Zusammenfassung und
Ausblick,
http://diglib.hab.de/ebooks/ed000081/id/ebooks_ed000081_06/start.html
, 15.12.2016.

6
auf illustrierte Bücher, spezialisierten Verlag seines Schwiegervaters übernahm und sich in
Frankfurt, einer protestantischen Stadt niederließ. Sein eigener Anspruch ist es, mit seinem
Werk eine ,,[...] wahrhafte Beschreibung [...]"
27
seiner Zeit abzuliefern und dabei im Sinne
der Geschichtsschreibung keine Partei zu ergreifen. In Wirklichkeit waren seine
Ausführungen im proschwedischen Sinne.
28
Vorbildlich für das Theatrum waren die in Köln
und Frankfurt erschienenen Relationen. Die ursprünglichen Quellen sind aber die Flugblätter
sowie die ersten gedruckten Zeitungen. Darunter sind die aus Frankfurt stammenden
Meßrelationen zu nennen, die vornehmlich über den von europäischen Mächten kontrollierten
Raum berichteten. Die Ordentliche Wochentliche Zeitung berichtete bereits am 17. November
1632 über die Schlacht. Jedoch berichteten nicht nur deutsche Zeitungen über die Ereignisse,
auch die ,,Swedish Intelligence" schrieb, nach André Schürger den längsten und
detailliertesten Bericht darüber.
29
Kai Lohsträter schlussfolgerte, ,,überblickt man die Formen
der Kriegsdarstellungen des 17. Jahrhunderts und stellt diese in Beziehung zur bisherigen
Forschungsliteratur, muss man feststellen, dass die intermediale Perspektive [...] bislang
völlig unterbelichtet geblieben ist"
30
.
2.2. Historiographische Forschungsliteratur
Nachdem sich, über mehrere hundert Jahre, unzählige Menschen mit der Rekonstruktion der
Schlacht beschäftig haben und schon die Frage aufkam; ,,Besteht noc h ein
Lützenproblem?"
31
, stellte Seidler in seinem 1954 erschienen Werk ,,Untersuchungen über die
Schlacht bei Lützen 1632" fest: ,,Der Ablauf dieser Schlacht ist nicht einmal in den
Hauptteilen wissenschaftlich bewiesen"
32
. Erste historische Abhandlungen wurden schon in
den 1640er Jahren verfasst, wie das Werk von Bogislaf Philipp von Chemnitz 1648, dessen
Aussagen sich vornehmlich auf die Erschienen Relationen beziehen. Galeazzo Gualdo Priorat
berichtet 1642 über die Kriegsführung Gustav Adolf mit Anmerkungen zur Schlacht bei
27
Merian, Matthaeus: Vortitel zum Theatrum Europaeum, Bd. 2, 1633.
28
Vgl. Dethlefs 2004, S. 153ff.
29
Vgl. Dethlefs 2004, S. 157ff/ Vgl. Schürger 2015, S. 45/ Ebd., S. 48.
30
Lohsträter, Kai: Alles Kriegstheater? Das Theatrum Europaeum im Kontext der Kriegsberichterstattung des
17. Jahrhunderts , http://diglib.hab.de/ebooks/ed000081/id/ebooks_ed000081_06/start.htm, 15.12.2016.
31
Seidler, Josef: Besteht noch ein Lützenproblem?. Eine Antwort an Walther Hubatsch, Berthold Kitzig u.a.,
Memmingen 1971.
32
Seidler 1954, S. 7.

7
Lützen und Breitenfeld.
33
Khevenhüllers Annalen von 1726 sollen auf einen Bericht, verfasst
von Oberstleutnant Giulio Diodati, beruhen, der selber bei der Schlacht zugegen war, sowie
auf den erschienen Relationen.
34
In der neueren Forschung, so bewertet André Schürger, stellt die Arbeit Gustav Droysens
1864 die erste ernstzunehmende Untersuchung zur Schlacht bei Lützen dar, die trotz des
Alters immer noch Gültigkeit besitzt. Schon Gustav Droysen schlussfolgert zur Untersuchung
der Schlacht: ,,Eine quellenmäßige Darstellung der Schlacht bei Lützen muß sich bescheiden,
mehr der Methode als der Resultate wegen von Interesse zu sein"
35
. Es gibt nur Quellen, wie
Droysen beschreibt, die nur berichten oder Nacherzählen, ,,[...] die frühestens in dem
Moment zu fließen beginnen, in welchem das Ereigniß selbst zerflossen ist [...]"
36
. Er stellte
damit fest, dass die zur Verfügung stehenden Quellen, auf ihren Wahrheitsgehalt nicht
eindeutig überprüfbar sind. Damit setzte er sich massiver Kritik Joseph Seidlers aus, der dies
polemisch als Lüge strafte. Er interpretierte darin, dass Droysen meinte, dass keine
zufriedenstellende Darstellung möglich sei.
37
Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts waren die
Forschungsarbeiten zu Lützen geprägt von quellenkritischen Untersuchungen und der
Einschätzung, dass eine Unmöglichkeit nach historischer Erkenntnis bestünde, was die
Rekonstruktion der Schlacht betrifft. Seidler bemängelt: ,,Eine Quellenzusammenstellung, wie
sie Droysen und Diemar in ihren Arbeiten geboten haben, ist zwar fördernd, kann aber nicht
Selbstzweck sein"
38
. Die Monographie Josef Seidlers über die Schlacht bei Lützen (1954)
stellt weiterhin das renommierteste Werk im deutschsprachigen Raum dar, welches sich
detailiert mit der Schlacht bei Lützen beschäftigt.
39
Die Erforschung militärgeschichtlicher Themen war im deutschsprachigen Raum lange Zeit
sehr unattraktiv. Prägend und dominierend bis heute, sind deswegen die angelsächsischen
Wissenschaftsergebnisse und Publikationen, die jedoch einen größeren zeitlichen Horizont
33
Seine Ausführungen, auf denen die Forschungen André Dufresne Franchville basierten, gerieten in Kritik, als
herausgefunden wurde, dass er jedes kaiserliche Regiment, welches er kannte, mit auflistete.
34
Vgl. Seidler 1954, S. 13/ Vgl. Schuberth, Inger: 6 Fragen an das Schlachtfeld v on Lützen in: Leben und Sterben
auf dem Schlachtfeld von Lützen, Lützen/ Göteburg 2011, S. 84f/ Vgl. Schürger 2015, S. 49ff.
35
Droysen, Gustav: Die Schlacht bei Lützen 1632 in: Forschungen zur Deutschen Geschichte, Bd. 5, Osnabrück
1864, S. 71.
36
Droysen 1864, S. 72.
37
Vgl. Schürger, André: 30 Jahre Schlachtfeldarchäologie: von Little Big Horn bis Lützen in: Schuberth, Inger: Die
blut`ge Affair`bei Lützen: Wallensteins Wende, Wettin-Löbejün, OT Dößel 2012, S. 251/ Vgl. Droysen 1864, S.
71f/ Vgl. Seidler 1954, S. 9.
38
Seidler 1954, S. 9.
39
Vgl. Reichel in: Meller Schlachtfeldarchäologie 2009, S. 127/ Vgl. Junkelmann, Marcus: Gustav Adolf (1594-
1632). Schwedens Aufstieg zur Großmacht, Regensburg 1993, S. 455/ Vgl. Guthrie, William P.: Battles oft he
Thirty Years War. From White Mountain to Nordlingen, 1618-1635, Westport 2002, S. 219.

8
und eine europäische Perspektive einnehmen. Zu nennen sind hierbei Roberts 1956 und seine
These der militärischen Revolution, die von Parker aufgegriffen, zum Teil kritisiert und
erweitert wurde. David A. Parrot und Jeremy Black knüpften an diesen Ergebnissen weiter
an.
40
Die deutsche Forschung in dem Bereich konzentriert sich noch zunehmend auf
sozialgeschichtliche Fragestellungen wie bei Kroener und Junkelmann.
41
Die Forschunge n
von H. Delbrück und H. Schwarz zum Heerwesen und der Taktik des 17. Jahrhunderts sind
maßgeblich und als Standartwerke zu betrachten. Auch Kaiser betrachtet die Forschungen von
Schwarz als grundlegend, welche vor allem durch Skizzen, Pläne und schematische
Darstellungen bestechen.
42
H. Delbrücks mehrteilige Publikationsreihe ,,Geschichte der Kriegskunst" basiert in seinen
Ergebnissen zum Heerwesen und Infanterietaktik auf das Theatrum Europaeum, auf das 1902
erschienene Werk von Bogislav Philipp von Chemnitz und auf Spezialschriften ,,Arma
Suecica" von Arlanibaeus und ,,Kriegskunst nach königlich schwedischer Manier" von
Traupitz sowie auf Schlachtaufstellungen des Königs, publiziert im Archiv für schwedische
Kriegsgeschichte.
43
Eine eingehende Beschäftigung mit den Kampfweisen ist in der Sekundärliteratur kaum zu
finden. Delbrück drückt sich dazu im Folgenden so aus; ,,Ich verzichte jedoch darauf, mich in
die Frage [...] zu vertiefen, da sie doch nur technischer Natur sind und über das
kriegsgeschichtlich und weltgeschichtlich Wesentliche kein Zweifel besteht [...]"
44
. Die
tatsächliche Rekonstruktion von Kampfhandlungen ist häufig nicht gewollt, da sie häufig
nicht zielführend sei. Jedoch wird die Unkenntnis, die über militärische Praktiken der Frühen
Neuzeit herrscht, damit nur verschwiegen. Aber nicht nur der Forschungsgegenstand erweist
sich an sich als unattraktiv. Auch H. Schwarz stellte den Mangel an Quellen fest, welche auf
mehrere Gründe basieren, die dazu führen, dass die Beschäftigung dieses Themengebietes
weiterhin viele Fragen offen lässt.
45
40
Roberts, Michael: The Military Revolution, 1560-1660 in: Rogers, Clifford J. Rogers: The military revolution
Debate. Readings on the Military Tranformation of Early Modern Europe, Oxford 1995, S. 13f/ Vgl. Kaiser 1999,
S. 12f/ Parker, Geoffrey: The ,Military Revolution` 1560-1660-A Myth? In: Rogers, Clifford J. Rogers: The military
revolution Debate. Readings on the Military Tranformation of Early Modern Europe, Oxford 1995, S . 37.
41
Vgl. Kaiser 1999, S. 12f.
42
Kaiser 1999, S. 107 Fußnote 10.
43
Vgl. Delbrück, Hans: Geschichte der Kriegskunst. Bd. 4 Die Neuzeit, Berlin/ New York 2000, S. 233.
44
Delbrück 2000, S. 224.
45
Vgl. Schwarz 1962, S. 5.

9
2.3. Der Wert von Schlachtfeldern als historische Quelle
Die archäologische Forschung wird meist in Verbindung gebracht mit einem
Erkenntnisgewinn für die Geschichtsschreibung vor der Zeit der Schriftlichkeit. ,,Aber selbst
in Zeiten schriftlicher Überlieferung ist diese meist lückenhaft oder subjektiv gefärbt, sodass
die Archäologie hier ein wichtiges Korrektiv darstellt"
46
. Die Schlachtfeldarchäologie
beschäftigt sich mit kriegerischen Auseinandersetzungen, die Meller als geplanten und
organisierten Waffengang zwischen autonomen Gruppen definiert. Im Gegensatz zu
Schweden oder Großbritannien ist die Schlachtfeldarchäologie in Deutschl and vornehmlich
auf vormittelalterliche Schlachtfelder konzentriert gewesen und gerade in der Erforschung der
römischen Epoche weit entwickelt.
47
Schlachtfelder werden als ein direktes Zeugnis eingestuft, womit eine objektive
Rekonstruktion z.B. des Schlachtverlaufes möglich werden soll. Der Unterschied zu
historischen Quellen liegt am bewussten bzw. unbewussten Schaffen dieser. Archäologische
Quellen sind dadurch ,,[...] zwar nicht vom Menschen verfälscht, aber sie sind ausschnitthaft
und durch die Erhaltungsbedingungen verzerrt"
48
. Der Archäologie fällt damit die Aufgabe
der ,,Indiziensicherung" zu, die den historischen Quellen beiseite gestellt werden kann. Eine
Schwierigkeit ist, aus den vielen Funden eine Schlüssige Interpretation schließen zu lassen.
Schlachtfelder zählen nicht zu Schützenswerten, Denkmalpflichtigen Orten, weshalb
Die schriftliche Überlieferung war noch nicht so gefestigt und erfahrene Heerführer gaben ihr Wissen eher
mündlich an ihre Emporkömmlinge weiter. Wie es im Fall von Tilly, Alba und Farnese waren, die ihm ihre
spanischen Grundzüge vermittelten. Des Weiteren ist die Zeit des 16.- bis 17. Jahrhunderts eine Zeit des
Übergangs, in der viel Improvisiert wurde. Alles bestimmende Regelwerke haben sich noch nicht vollends
durchgesetzt. Auch Armeen, die nach einem reformierten Regelwerk, wie der Oranischen Ordonanz,
ausgebildet wurden, mussten nicht siegreich aus einer Schlacht hervorgehen. Das, was im Nachhinein als die
entwicklungsträchtigste Idee vermittelte wird, musste in der Zeit ihrer Entwicklung sich nicht sofort
durchsetzen.
Des Weiteren wurden Vorschriften vertraulich Behandelt und mussten in Notfällen verbrannt werden. Auch die
Fehlinterpretationen von Schriften, aufgrund sprachlicher oder taktischer Defizite, führte zum erstellen von
fehlerhaften Schriften. Die Verwechslung von Schritt und Fuß ist nur ein Beispiel.
46 Meller Krieg 2015, S. 6f/ Vgl. Ebd., S. 11.
47 Vgl. Meller Krieg 2015, S. 11ff/ Vgl. Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen Anhalt: 1.
Mitteldeutscher Archäologentag 2008, http://www.lda-
lsa.de/tagungen/archiv_tagungen/1_mitteldeutscher_archaeologentag_2008//, 15.12.2016/ Vgl. Meller,
Harald: Vom Little Big Horn bis Lützen - zur Strategie der Schlachtfeldarchäologie in Mitteldeutschland in:
Reichel, Maik; Schuberth, Inger (Hrsg.): Leben und Sterben auf dem Schlachtfeld von Lützen. Beiträge eines
wissenschaftlichen Kolloquiums der Schwedischen Lützen-Stiftung Göteborg in Zusammenarbeit mit der Stadt
Lützen vom 5. bis 8. November 2009 in Lützen, Lützen/ Göteborg 2011, S. 96ff./ Vgl. Brock, Thomas:
Archäologie des Krieges: die Schlachtfelder der deutschen Geschichte, Darmstadt 2015.Junkelmann, Marcus:
Gustav Adolf (1594-1632). Schwedens Aufstieg zur Großmacht, Regensburg 1993, S. 363.
48
Brock 1993, S. 6f.

10
Privatpersonen eine nicht einzuschätzende Menge an Funden ohne gezielte Prospektion und
Kartierung regelmäßig Bergen, die damit ein mögliches Ergebnis verschleiern. Lützen bildet
eine Ausnahme, da dieses bereits seit den Untersuchungen 2006 geschützt ist, aber nicht
nachvollziehbar ist, wieviel schon entwendet wurde.
49
2.4. Schlachtfeldarchäologischer Forschungsstand
Schlachtfeldarchäologie ist ein noch junger Forschungszweig in Deutschland und zählte
hingegen schon seit den 1980er Jahren zu den etablierten Wissenschaftsbereichen in den
Vereinigten Staaten und Großbritannien. 1984 waren die Forschungen durch Douglas D. Scott
am Little Bighorn maßgebend und durch bahnbrechende Erkenntnisse beschert. Fortsetzend
beschäftigten sie die Großbritannier, Schweden und Franzosen intensiver mit der Thematik.
Aus den schlechten Erfahrungen, die aus den Weltkriegen gezogen wurden, war es nicht sehr
populär, sich mit Schlachten und Schlachtfelder in Deutschland zu beschäftigen. ,,Vielmehr
blieb dieses Feld den Heimatforschern, Militärsammlern und Raubgräbern überlassen"
50
.
51
Achim Rost sieht in der Beschäftigung mit Plätzen wo militärische Konflikte ausgetragen
wurden keinesfalls einen neuen Forschungszweig der Archäologie. Jedoch sieht er den
Einsatz und die Weiterentwicklung von Metalldetektoren als Maßgebend für die neuere
Forschung. Damit können überhaupt erst großflächig Schlachtfelder systematisch prospektiert
werden. Thomas Brock markiert den Begin der Kriegsarchäologie, wie er es bezeichnet, mit
den Sensationsfunden, 2006 aus dem Tal der Tollense und Lützen, 2007 bei Wittstock und
2008 bei Alerheim und am Harzhorn. Sie sorgten nicht nur für einen medialen Fokus, sondern
seit dem widmete sich die deutsche Wissenschaft vermehrt diesem Thema, was anhand von
Tagungen, Büchern und Publikationen seit 2008 zu bemerken ist. Dabei unterscheidet er die
Erforschung von Kriegsstätten, wie dem Schlachtfeld bei Lützen zu der Erforschung von
Relikten, welches auch in Deutschland schon seit dem 18. Jahrhundert vorgenommen wird.
49
Vgl. Lohmeier, Jens: Bericht über die >>Fields of Conflict Conference<< 2011 in Osnabrück und Kalkriese in:
Militärgeschichtliche Zeitschrift 70 (2011), S. 364/ Vgl. Brock 1993, S. 6f.
Durch die Bergung und den Verkauf von Funden über Ebay, wird jede Aussagekraft der Geg enstände entzogen
und damit wird es zu Militärschrott, weiterführend dazu Lohmeier 2011, S. 364.
50
Vgl. Schürger, André: Die Schlacht von Lützen 1632: Archäologische Untersuchungen auf dem linken
kaiserlichen Flügel in: Meller, Harald (Hrsg.): Schlachtfeldarchäologie. Battlefield Archaeology. 1.
Mitteldeutscher Archäologentag vom 09. Bis 11. Oktober 2008 in Halle (Saale), Halle 2009, S. 134.
51
Mit der Prospektion des Schlachtfeldes im Nordwesten der USA, konnte erstmals der Abläufe eines
Kampfgeschehens, anhand von archäologischen Funden, nachverfolgt werden.

11
Die Untersuchung von Kriegsstätten ist viel jünger und hat seinen Ursprung wie beschrieben
in den Vereinigten Staaten und Großbritannien.
52
2.5. Ausgrabungen Lützen
Das Forschungsprojekt startete 2006 durch die Prospektion einer statistisch relevanten Fläche
von ein mal einem Kilometer, welches von André Schürger, einem leitenden Archäologen des
Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalts, vor Ort betreut wurde
und wird. Geleitet wird das Projekt von der stellvertretenden Leiterin der Abteilung für
Bodendenkmalpflege Susanne Friedrich. Bis 2011 wurde etwa ein Drittel der gesamten 300
ha großen Fläche des Schlachtfeldes prospektiert. Damit handelt es sich um das größte
systematisch untersuchte Schlachtfeld weltweit. Durchgeführt wurde eine Prospektion der
Oberfläche mit Metallsonden und einer Kartierung der Funde nach Typen. Wie Achim Rost
es formulierte, machen die Methoden zur Untersuchung des Schlachtfeldes deutlich, wie
wichtig die Entwicklung von Metalldetektoren für die Schlachtfeldarchäologie ist. Die
angewandte Methodik beruht auf Erfahrungen, die Archäologen im Rahmen von
Feldbegehungen seit den 1960er Jahren gemacht haben. Für den Erfolg ist die strickte
Einhaltung einer Prospektionsmethode erforderlich. In Lützen angewandt und durch viele
Jahre der Erforschung unterschiedlichster Schlachtfelder erprobt, hat sich die Methode der
einmaligen vollständigen Begehung der Fläche durchgesetzt. Dazu wird sie in gleich große
Bahnen eingeteilt, die durch einen Sondengänger abgelaufen werden, der seinen
Schwenkbereich in regelmäßigen Abständen markiert. Auf dem Rückweg kann er sich an
diesen Linien orientieren, bis das gesamte Gebiet prospektiert wurde.
53
Problematisch sind die vielen Metallobjekte, die aufgrund der jungen Disziplin der
Schlachtfeldarchäologie sowie der Archäologie der Neuzeit, nicht sicher verglichen werden
können, da die sicheren Vergleichsstücke noch fehlen. Zur Einordung dienen deswegen noch
vornehmlich Gemälde, die aber nicht einwandfrei zu bewerten sind. Ebenfalls ist ein
52
Vgl. Rost, Achim: Zur Entwicklung der Schlachtfeldarchäologie. >>6th Fields of Conflict Conferrence<<- 15. Bis
18. April 2011 in Osnabrück und Kalkries. Schlachtfeldarchäologie als neues Forschungsgebiet in:
Militärgeschichtliche Zeitschrift 70 (2011), S. 363/ Vgl. Meller Krieg 2015, S. 11ff/ Vgl. Landesamt für
Denkmalpflege und Archäologie Sachsen Anhalt: 1. Mitteldeutscher Archäologentag 2008,
http://www.lda-
lsa.de/tagungen/archiv_tagungen/1_mitteldeutscher_archaeologentag_2008//
, 15.12.2016/ Vgl. Meller in:
Reichel Leben und Sterben 2011, S. 96ff/ Vgl. Brock 1993, S. 8/ Weiterführend dazu Brock 199 3, S. 11-17.
53
Vgl. Schürger in: Schuberth blut'ge Affair, S. 250.

12
deutlicher Mangel an Forschungsarbeit im Bereich der Waffentechnologie und deren Kaliber
in der Frühen Neuzeit festzustellen. André Schürger sieht deswegen noch viel
Forschungspotential in der Disziplin.
54
Trotzdem kann die Vorgehensweise variieren. ,,Abhängig von der Größe des Schlachtfeldes,
der Topographie, der wissenschaftlichen Fragestellung und nicht zuletzt der zur Verfügung
stehenden finanziellen Mittel kann die Vorgehensweise stark variieren"
55
.
56
Abgewiche n
wurde von dem eingesetzten Projektteam in Lützen vornehmlich von der Methodik der
Schlachtfeldarchäologie im Vergleich zu den Kollegen in Großbritannien. Aufgrund von
vielfacher Raubgräberei und Bebauung werden die Schlachtfelder möglichst schnell in
einzelnen Bahnen, in Großbritannien, prospektiert, die einen Abstand von 10-50m zueinander
haben. In Lützen wurde von Anfang an die gesamte Fläche untersucht. Dadurch lässt sich
auch der reichhaltige Fund von Ausrüstungsgegenständen, wie Schnallen und Knöpfe
erklären. Per GPS wurden die Funde eingemessen und in der Access-Datenbank des
Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen Anhalt erfasst. Mit ArcGIS
wurden die Daten in Übersichtsplänen visualisiert.
57
Vornehmlich wurden bei Lützen, wie jedoch für die Frühe Neuzeit üblich, Geschossteile,
Ausrüstungsgegenstände und Waffenteile gefunden. Aus den Funden und deren ,,[...]
Verteilung erschließen sich Kampfzonen, Rückzugswege, Aufmarschareale oder Lagerplätze
54 Vgl. Schürger in: Schuberth blut'ge Affair, S. 252.
55 Schürger in: Meller Schlachtfeldarchäologie 2009, S. 135.
56 Vgl. Meller Krieg 2015, S. 36f/ vgl. Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen Anhalt:
Schlachtfeldarchäologie Lützen, http://www.lda-
lsa.de/de/forschung/weitere_projekte/schlachtfeldarchaeologie_luetzen/, 15.12.2016/ Vgl. Meller in:
Schuberth Leben und Sterben 2011, S. 92/ Vgl. Brock 1993, S. 171.
In der Methode unterscheidet sich die Schlachtfeldarchäologie am deutlichsten von der Archäologie. Wo
hingegen bei der Archäologie der Grundsatz gilt, Geschichte bleibt erhalten, solange es unberührt bleibt und
der Einsatz von Ausgrabungen in der Regel örtlichen Baumaßnahmen geschuldet ist, wird bei der
Schlachtfeldarchäologie grundsätzlich ohne behördlichen Grund nach Schlachtfeldern gesucht. Des Weiteren
wird bei der Schlachtfeldarchäologie vornehmlich die Oberfläche durch die Prospektion mit Metallsonden
erforscht, wohingegen bei der Archäologie schweres Baugerät zum Einsatz kommt, um damit direkt die erste
Schicht abzutragen. Vgl. Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen Anhalt:
Schlachtfeldarchäologie in Sachsen Anhalt. Schlachtfelder als historische Quellen: die Projektleiterin im
Gespräch, http://www.lda-
lsa.de/filme/schlachtfeldarchaeologie/schlachtfeldarchaeologie_in_sachsen_anhalt/ , 15.12.2016.
Was bedeutet systematische Prospektion?
Schlachtfeld wird mit Metallsonden abgelaufen. Diese bereits abgelaufenen Flächen werden Markiert. Die
Funde werden mit GPS eingemessen und danach Kartiert. Daraus werden im weiteren Verlauf die Rückschlüsse
gezogen. Vgl. Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen Anhalt: Der Prospektionsleiter erklärt die
Arbeit auf dem Schlachtfeld. Methodik und Ergebnisse der Schlachtfeldarchäologie, http://www.lda-
lsa.de/filme/schlachtfeldarchaeologie/der_prospektionsleiter_erklaert/ 15.12.2016/ Vgl. Schürger in: Meller
Schlachtfeldarchäologie 2009, S. 135.
57
Vgl. Schürger in: Meller Schlachtfeldarchäologie 2009, S. 136f.

13
welche [...]"
58
die schriftlichen Quellen weiter präzisieren. ,,Der materielle Niederschlag der
Schlachten [...] bildet eine untrügliche Indizienkette, anhand derer sich Ort und Ablauf der
Schlacht rekonstruieren lassen"
59
. Ergänzend zur Methode der Prospektion mit
Metalldetektoren wurden für die Archäologie typische Methoden, wie die geophysikalische
Methode und Luftbildarchäologie angewandt, um besondere Stellen für
Sondierungsgrabungen ausfindig machen zu können.
60
Mit dem Projekt in Lützen rückt die Schlachtfeldarchäologie dichter an die öffentliche und
wissenschaftliche Wahrnehmung in Deutschland. Obwohl diese Wahrnehmung nicht i mmer
positiv zu setzten war. Zu der Beschäftigung mit Schlachten wurde auch schnell Skepsis
geäußert, kriegsverherrlichende Arbeit zu verrichten. Dazu findet einmal jährlich ein
wissenschaftliches Komitee statt, bei dem international leitende Archäologen der
Forschungsrichtung sowie Historiker zusammenkommen und die neuen Ergebnisse
Zusammentragen und Bewerten. Seit 2009 besteht eine internationale Kooperation zwischen
dem Swedish National Heritage Board unter der Leitung des Schlachtfeldarchäologen Dr. Bo
Knarrström und dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt.
Unterstützt wurden sie von internationalen Spezialisten wie Timothy Sutherland MSc BSc,
Dr. Glenn Foard und Dr. Tony Pollard aus Großbritannien. Damit ist das Projekt zu einer
internationalen Kooperation herangewachsen, die vorbildlich ist. Besonders für die
methodologische Herangehensweise des Lützener Schlachtfeldes waren die unterschiedlichen
internationalen Erfahrungen hilfreich.
61
Durch die Kooperation konnten die besten Elemente jeder Methode vereint werden. Im Fall
Lützen, wie generell in der Schlachtfeldforschung, war die Hoffnung des Projektes, mit den
Ausgrabungen die schriftlichen Quellen, besonders die welche sich wiedersprechen, zu
ergänzen. Ein Schlachtfeld der Frühen Neuzeit bietet dafür die besten Voraussetzungen, im
Gegensatz zur Moderne oder zum Mittelalter. Die Schlachtfeldarchäologie ist gewissen
Einschränkungen unterworfen, die zum einen für Schlachtfelder der Moderne zutreffen,
welche oftmals zu weiträumig werden oder zum anderen für Schlachtfelder des Mittelalters
sich äußerst kompliziert darstellen. Frühneuzeitliche Schlachtfelder sind hingegen in ihrer
Ausdehnung begrenz, ,,[...] in ihrer historischen Bewertung unsicherer [...]"
62
und die
Metallfunde bestehen größtenteils aus Buntmetall, welches im Vergleich zu Eisen leichter zu
58
Meller Krieg 2015, S. 37.
59
Meller in: Schuberth Leben und Sterben 2011, S. 98.
60
Vgl. Meller Krieg 2015, S. 37/ Vgl. Meller in: Schuberth Leben und Sterben 2011, S. 98.
61
Vgl. Schürger in: Meller Schlachtfeldarchäologie 2009, S. 135.
62 Meller in: Schuberth Leben und Sterben 2011, S. 99.

14
erfassen ist.
63
Probleme gibt es dabei, dass die Forscher nicht wie in der Archäologie üblich,
die Einzelfunde anhand von Beifunden datieren können. ,,Eine vorläufige Datierung wird
daher teilweise über die reine Quantität einer identischen oder beinahe identischen auf dem
Schlachtfeld vorkommenden Fundgattung vorgenommen"
64
.
Besonders für das Schlachtfeld bei Lützen ist die große Menge an Kleinfunden, was der
Ursache zu verdanken ist, dass die Ausgrabungen sich nicht um eine archäologische
Rettungsaktion handelten und sich das Team damit nicht an eng gesteckte zeitliche Parameter
halten musste. Harald Meller erwähnt eine Anzahl von 3500 Metallfunden und Thomas Rost
vervollständigt sie auf 10000 Relikte, die bis 2011 gefunden wurden und kommen damit zu
der Einschätzung, dass sich damit Aussagen zum Schlachtverlauf tätigen lassen. Für Thomas
Rost gelang es vor allem in Lützen ,,[...] durch Schlachtfelduntersuchungen, den in
Dokumenten überlieferten Schlachtverlauf teilweise zu korrigieren, entscheidende Details der
bisherigen historischen Interpretation infrage zu stellen und grundlegende
schlachtfeldarchäologische Erkenntnisse zu gewinnen"
65
.
66
Weitere bedeutende Grabungen, im Zuge der Erforschung des dreißigährigen Krieges, sind
die Entdeckungen des Massengrabes bei Wittstock und der von 2009-2011 erfolgen
schlachtfeldarchäologischen Erforschung des Schlachtfeldes, unter der Leitung des
brandenburgischen Landesdenkmalamtes sowie die Bergung zweier Landsknechte, die in
einem Laufgraben, bei der 1628 belagerten Stadt Stralsund, verschüttet wurden.
67
63 Vgl. Meller Krieg 2015, S. 36f/ Vgl. Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen Anhalt:
Schlachtfeldarchäologie Lützen, http://www.lda-
lsa.de/de/forschung/weitere_projekte/schlachtfeldarchaeologie_luetzen/, 15.12.2016/ Vgl. Meller in:
Schuberth Leben und Sterben 2011, S. 92/ Vgl. Ebd., S. 98f/ Vgl. Ebd., S. 100f/ Vgl. Stiftung zur Förderung der
Archäologie in Sachsen-Anhalt: Lützen. Archäologische Prospektion auf dem Schlachtfeld Lützen,
http://www.archaeologiestiftung.de/projekte/luetzen/, 15.12.2016/ Vgl. Lohmeier, Jens: Bericht über die
>>Fields of Conflict Conference<< 2011 in Osnabrück und Kalkriese in: Milit ärgeschichtliche Zeitschrift 70
(2011), S. 364f.
Eisen ist nicht per se schwerer zu Detektieren. Nur liegt viel Eisen auf den Feldern verstreut, wodurch die
Einordnung umso Umfangreicher wird und viel nicht zu gebrauchendes Material darunter wäre. Vgl. Meller in:
Schuberth Leben und Sterben Fußnote 17.
Die mögliche Zukunft der Schlachtfeldarchäologie wurden in der >>Fields of Conflict Conference<< 2011 in
Osnabrück und Kalkriese vorgestellt. Darunter zählt Computergestützte Simulationen von Schlachtverläu fen,
die das wahrscheinlichste Verhalten der Soldaten berechnet sowie den Einsatz von Computerprogrammen, die
anhand von historischen Karten und den Munitionsfunden im Gelände einen Schlachtverlauf rekonstruieren.
Weiterführend dazu Lohmeier in: Militärgeschichtliche Zeitschrift 2011, S. 365.
64 Schürger in: Meller Schlachtfeldarchäologie 2009, S. 136.
65 Brock 1993, S. 171.
66 Vgl. Meller in: Schuberth Leben und Sterben 2011, S. 101/ Vgl. Brock 1993, S. 169ff.
67
Vgl. Brock 1993, S. 173f.
Ende der Leseprobe aus 76 Seiten

Details

Titel
Darstellung der Schlacht bei Lützen. Welchen Forschungsgewinn liefert die Archäologische Forschung?
Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg
Note
1,7
Autor
Jahr
2017
Seiten
76
Katalognummer
V386972
ISBN (eBook)
9783668616103
ISBN (Buch)
9783668616110
Dateigröße
857 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
dreißigjähriger Krieg, Frühe Neuzeit, Gustav Adolf, Wallenstein
Arbeit zitieren
Alexander Gebelein (Autor:in), 2017, Darstellung der Schlacht bei Lützen. Welchen Forschungsgewinn liefert die Archäologische Forschung?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/386972

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