Identifizierung von potenziellen Immobilieninvestments in B-Lagen auf dem deutschen Immobilienmarkt

Entwicklung einer individuellen Anlagestrategie und Betrachtung der Ertragschancen und Risiken bei unterschiedlichen Objektarten


Masterarbeit, 2017

79 Seiten

Marcus Fischer (Autor:in)


Leseprobe


I
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis ... III
Tabellenverzeichnis ... IV
1
Einleitung ... 1
1.1
Problemstellung ... 1
1.2
Zielsetzung ... 2
1.3
Vorgehensweise ... 2
2
Theoretische Grundlagen ... 3
2.1
Die Immobilie und die Immobilienwirtschaft ... 3
2.2
Der Immobilienmarkt ... 9
2.2.1
Bedeutung des Immobilienmarkts ... 9
2.2.2
Informationslage und -ermittlung zum Immobilienmarkt ... 10
2.2.3
Marktstrukturierung ... 10
2.3
Immobilien als Vermögenswerte ... 12
2.4
Sachwert im Vergleich zum Geldwert ... 13
2.5
Produktionsfaktor Boden ... 14
2.6
Inflation und deren Auswirkungen auf die Immobilienwirtschaft ... 16
3
Methodik ... 17
3.1
Immobilien-Portfoliomanagement ... 17
3.2
Leverage-Effekt ... 18
3.3
Investitionsansätze bei Immobilienankäufen ... 20
3.3.1
Individuelle Investition ... 21
3.3.2
Kollektive Investition ... 22
3.3.3
Investition und Standort-Bewertungen ... 27
3.4
Relevanz von Kennzahlen ... 28
3.4.1
Mietrendite ... 29
3.4.2
Brutto- und Nettorendite ... 30
3.4.3
Cashflow ... 30
3.4.4
Eigenkapitalrendite... 31
3.4.5
Verschuldungsgrad ... 32
3.4.6
Kaufpreisfaktor ... 32
4
Immobilien in B-Lagen als Investmentstrategie ... 34
4.1
Investitionsstrategien ... 34
4.2
Die Eigentumswohnung ... 37
4.3
Das Mehrfamilienhaus ... 38

II
4.4
Einfamilienhaus ... 39
4.5
Kriterien zur Identifizierung von potenziellen Standorten ... 39
4.5.1
Makroanalyse ... 39
4.5.2
Mikroanalyse ... 40
4.5.3
Demografische Daten ... 41
4.5.4
Durchschnittliche Mietentwicklung ... 43
5
Anwendbarkeit in der Praxis ... 45
5.1
Cashflow - ein Praxisbeispiel ... 45
5.2
Zusammenführen der Kennzahlen ... 47
5.2.1
Relevanz der Verknüpfungen ... 47
5.2.2
Gewichtung der einzelnen Kennzahlen ... 49
5.2.3
Handlungsempfehlungen vordefinieren ... 53
5.3
Objektrecherche nach vordefinierten Parametern ... 55
5.4
Vorstellung der Berechnungssoftware ... 59
6
Fazit und Ausblick ... 60
Literaturverzeichnis ... 63
Internetquellen ... 66
Anhang ... 68

III
Abbildungsverzeichnis
Seite
Abbildung 1: Übersicht Geschäftsfelder der Immobilienwirtschaft ... 8
Abbildung 2: Formen der Kapitalanlage in Immobilien ... 9
Abbildung 3: Strukturierung des Immobilienmarktes nach Regionen ... 11
Abbildung 4: Interdependenzen zwischen Geld-/Kapital- und Immobilienmarkt ... 12
Abbildung 5: Anbieterstruktur Wohnungsmarkt Deutschland 2011 ... 21
Abbildung 6: Mit 18 Variablen Städte miteinander vergleichen ... 36
Abbildung 7: Vor- und Nachteile von Eigentumswohnungen aus Anlegersicht ... 38
Abbildung 8: Mietpreisentwicklung 1996-2012 ... 43
Abbildung 9: Mietentwicklung in 1A-Lagen 1998-2011 ... 44
Abbildung 10: Zeitliche Abfolge des Zahlungsstroms (vereinfacht) ... 48
Abbildung 11: Berechnungstool zur Identifizierung der Kennzahlen ... 60

IV
Tabellenverzeichnis
Seite
Tabelle 1: Geschäftsfelder der Immobilienwirtschaft nach Organisationsebenen ... 7
Tabelle 2: Gegenüberstellung der verschiedenen Anlagetypen ... 14
Tabelle 3: Bevölkerungsentwicklung und die Preisentwicklung (minimiert) ... 43
Tabelle 4: Darstellung Cashflow-Entwicklung der nächsten 10 Jahre ... 46
Tabelle 5: Übersicht Ein- und Ausgaben am Beispiel einer Eigentumswohnung. ... 50
Tabelle 6: Übersicht der Gewichtungen ... 52
Tabelle 7: Handlungsempfehlungen ... 53
Tabelle 8: Auswertungsergebnisse der Objekte 1-6 ... 56

1
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Der Immobilienmarkt hat in den letzten Jahren vermehrt an Interesse gewonnen,
denn die herkömmliche Spareinlage bei Bankinstituten ist aufgrund der lockeren
Geldpolitik momentan keine Alternative für den deutschen Anleger. Es haben ein-
hergehend mit der lockeren Geldpolitik aber nicht nur die Baubranche und instituti-
onelle Immobilieninvestoren, sondern auch Privatinvestoren profitiert. Hinsichtlich
des Immobilienmarkts, so fällt auf, dass dieser von einem Verkäufermarkt dominiert
wird. So hat sich der Preisindex für bestehende Immobilien in Deutschland von
März 2005 bis April 2017 im Durchschnitt um 3,00 % p.a. entwickelt.
1
Dies spiegelt
sich auch in den Preisen wider. Sowohl institutionelle als auch private Immobili-
eninvestoren verfolgen mit der Kapitalanlageklasse Immobilie ein übergeordnetes
Ziel, nämlich die Realisierung einer Rendite. Die Rendite spielt in Bezug auf die
Investitionsentscheidung eine essenzielle Rolle. Im Rahmen einer Investition gibt
es verschiedene Arten und Typen von Renditen, die in ihrer Aussagekraft unter-
schiedlich dominant geprägt sind. Institutionelle oder professionelle Immobilienin-
vestoren verfügen über ihre eigenen Bewertungs- und Renditetools. Diese sind in
der Regel individuell an die Unternehmen und an die jeweiligen Investmentziele
angepasst. Ein privater Immobilieninvestor ist denselben Entscheidungsproblemen
ausgesetzt wie ein institutioneller, jedoch verfügt er in der Regel über kein - nach
seinen Investmentansätzen - individuelles Bewertungstool. Zwar bieten diverse
Anbieter Renditetools zum Teil auch kostenlos an, jedoch sind diese zum einen
unübersichtlich gestaltet und nicht für die Gegebenheiten und Anlageziele des In-
vestors ausgelegt und zum anderen ist keine Anpassung und Justierung der Be-
wertungsparameter möglich. So steht der private Immobilieninvestor vor der Her-
ausforderung, eine potenzielle Immobilienanlage kaufmännisch bzw. rechnerisch
manuell zu bewerten. Oftmals ist dies im Rahmen der ersten und allgemeinen Ob-
jektrecherche mit einem erheblichen Zeitaufwand verbunden und steht in dieser
Akquisephase in keinem vertretbaren Verhältnis zum Output.
1
Vgl. Immenkötter, P., Vermögenspreisindex, 2017, S. 5.

2
1.2 Zielsetzung
Das Ziel dieser Ausarbeitung ist es, ein auf kennzahlenbasiertes Bewertungswerkzeug
für den privaten Immobilieninvestor zu erarbeiten. Die dafür notwendigen Kennzahlen
werden im Verlaufe dieser Arbeit vorgestellt und erläutert. Darüber hinaus werden in
diesem Bewertungswerkzeug die Kennzahlen miteinander verknüpft und stehen in
permanenter Wechselbeziehung zueinander. Des Weiteren sollen die jeweiligen Kenn-
zahlen eine individuelle Gewichtung erhalten, sodass eine objektive und kennzahlen-
basierte Bewertung gegeben ist.
1.3 Vorgehensweise
Die vorliegende Arbeit ist in drei Teile untergliedert. Im ersten Teil wird die Immobi-
lie und die Immobilienwirtschaft erläutert. Hier werden der Markt der Immobilie so-
wie seine weiteren Bestandteile näher vorgestellt. Aufbauend darauf wird die Me-
thodik durchleuchtet und die verschiedenen Investitionsansätze bei Immobilienin-
vestments werden vorgestellt und erläutert. Abschließend behandelt der erste Teil
die sechs wichtigsten Kennzahlen, welche im Rahmen der Objektrecherche heran-
gezogen werden (Kapitel 2 und 3). Auf Basis der zuvor beschriebenen Grundlagen
und Methodiken werden im zweiten Teil dieser Arbeit die verschiedenen Investiti-
onsmöglichkeiten innerhalb der Immobilienbranche näher betrachtet und vorgestellt
(Kapitel 4). Der praktische Teil dieser Arbeit umfasst zum einen die Bewertung der
einzelnen Kennzahlen und zum anderen deren Zusammenführung und Verknüp-
fung in Form eines individuellen Bewertungsalgorithmus. Zum Ende des dritten
Teils wird eine Objektrecherche am Beispiel von sechs Objekten durchgeführt und
abschließend vorgestellt und kritisch hinterfragt. Zuletzt folgt ein Fazit.

3
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Die Immobilie und die Immobilienwirtschaft
Die Grundzüge der Immobilienwirtschaft lassen sich sowohl volkswirtschaftlich als
auch betriebswirtschaftlich betrachten. Obwohl das vorliegende Thema einen ein-
deutig betriebswirtschaftlichen Schwerpunkt hat, empfiehlt es sich, auch die volks-
wirtschaftliche Sichtweise zu berücksichtigen, weil dadurch ein Gesamtüberblick
der Immobilienwirtschaft gewonnen werden kann. Im Rahmen der Volkswirtschaft
bzw. als einen ihrer wichtigsten Teile charakterisiert Mussel die Immobilienwirt-
schaft in Bezug auf ihre Aufgaben folgendermaßen:
,,Sie umfasst sämtliche wirtschaftlichen Leistungen, die zur Schaffung und Bewirt-
schaftung von Immobilien erbracht werden. Hierzu zählen zum einen die Sachgü-
ter, die im Immobilienbereich hergestellt bzw. gehandelt werden, zum andern gehö-
ren dazu die mit der Herstellung und dem Handel von Immobilienobjekten verbun-
denen vielfältigen Dienstleistungen".
2
Diese Definition hat ihre Tücken, die mit dem Begriff der Immobilien zusammen-
hängen. Das Gabler Wirtschaftslexikon versteht unter Immobilien Grundstücke so-
wie Grundstücksbestandteile.
3
Die Erläuterungen hierzu sind aufschlussreich, um
sowohl obige Definition zu begreifen als auch die spezifischen Herausforderungen
der Immobilienwirtschaft zu erkennen. Demnach handelt es sich gemäß dem bür-
gerlichen Recht bei einem Grundstück um einen ,,begrenzten, durch Vermessung
gebildeten Teil der Erdoberfläche, der im Grundbuch als selbstständiges Grund-
stück eingetragen ist".
4
Ähnlich äußert sich zur Standortbezogenheit Brauer, wenn
sie wie das Gabler Wirtschaftslexikon die Gebundenheit der Grundstücksbestand-
teile betont und darüber hinaus ,,den Boden als komplementäres Gut zum Gebäu-
de"
5
beschreibt. Aus der Definition von Mussel geht klar hervor, dass Immobilien-
wirtschaft Wertschöpfung mit Immobilien bedeutet. Doch muss vor dem Hinter-
grund der Einträge des Gabler Wirtschaftslexikons hinzugefügt werden, dass das
angesprochene Moment der Herstellung Limitationen unterliegt: Zwar lassen sich
2
Mussel, G., Handbuch Immobilienwirtschaft, 2001, S. 56.
3
Vgl. Alisch, K., Gabler Wirtschaftslexikon, 2005, S. 1437.
4
Kompakt- Lexikon Wirtschaft, 2014, S. 249.
5
Brauer, K.-U., Grundlagen der Immobilienwirtschaft, 2013, S. 10.

4
immer wieder Grundstücksbestandteile etwa in Form von Gebäuden herstellen,
nicht aber eine unbegrenzte Menge von Grundstücken, da sich die Erdoberfläche
nicht erweitern kann. Womöglich ist sogar in Frage zu stellen, ob auch der Handel
mit Immobilien Limitationen unterliegt oder unterliegen sollte. In diesem Sinne
problematisieren Bach et al. in einer global-makroökonomisch angelegten Perspek-
tive sozialanthropologische und soziogeographische Grundbedingungen der Im-
mobilienwirtschaft, mit der sie die im Branchenvergleich hohe Regelungsdichte
erklären.
6
So heben die Autoren zum einen hervor, dass Immobilien dem Bereich
der Bedarfsnotwendigkeiten angehören, insofern Obdach und Raum zum Leben zu
bedingungslosen Voraussetzungen für eine zivilisierte Existenz zählen.
7
Sie geste-
hen zu, dass je nach Weltregion unterschiedliche Grundbedürfnisse bestehen, be-
tonen aber für die urbanen Räume der großen Metropolen, dass diese nicht zuletzt
durch erhebliches Bevölkerungswachstum und Migrationsbewegungen zum
Schauplatz einer Auseinandersetzung um Raumressourcen für Leben und Arbeit
werden, ja sprechen sogar von einer Raumkonkurrenz zwischen Wohn- und Ar-
beitsflächen angesichts knapper verfügbarer Siedlungsflächen.
8
Ebenfalls von Be-
lang für die Immobilienwirtschaft ist die Einsicht in die Endlichkeit natürlicher Res-
sourcen. Sie verlangt die Vereinbarkeit von Siedlungswesen und Naturschutz, wie
sie sich in Deutschland in der Neufassung des Bundesnaturschutzgesetzes von
2010 niederschlägt. Darin werden nicht nur die Bewahrung biologischer Vielfalt, der
Leistungs- und Funktionsfähigkeit der Natur und der Ästhetik, Pluralität und Eigen-
art von Natur festgeschrieben, sondern auch zur Verantwortung jedes einzelnen
Bürgers gemacht.
9
Außerdem wird im Bundesbodenschutzgesetz festgehalten,
dass natürlicher, kulturgeschichtlicher und wirtschaftlicher Boden als gleichwertig
zu erachten sind. Es dringt wie das Naturschutzgesetz darauf, dass für Siedlungs-
flächen an die Natur so genannte Ausgleichsflächen zurückgegeben werden.
10
Zur
Konsequenz des Naturschutzes für die Immobilienwirtschaft resümieren
Sailer und
Bach: ,,Immobilienwirtschaftliche Bodennutzung ist heute ohne Abwägung der da-
mit verbundenen Auswirkungen auf den Naturhaushalt nicht denkbar".
11
Andere
Fachautoren bringen andere Aspekte der Nachhaltigkeit wie intergenerationelle
6
Vgl. Bach, H. et al., Immobilienmarkt und Immobilienmanagement, 2011, S. 5.
7
Vgl. Bach, H. et al., Immobilienmarkt und Immobilienmanagement, 2011, S. 3.
8
Ebd., S. 5.
9
E
bd., S.6.
10
Ebd., S. 6.
11
Bach, H. et al., Immobilienmarkt und Immobilienmanagement, 2011, S. 7.

5
und interstaatliche Verpflichtungen sowie Aspekte des Energieverbrauchs beim
Bauen und Wohnen in Anschlag.
12
Eine eher betriebswirtschaftliche Sichtweise der Immobilienwirtschaft soll im Fol-
genden, die zur Wertschöpfung beitragenden Faktoren und Geschäftsmodelle her-
ausarbeiten. Den Ausgangspunkt hierzu bildet wiederum die Besonderheit des
Wirtschaftsgutes Immobilie, das damit prägenden Einfluss nicht nur auf die exoge-
nen Bedingungen der Immobilienwirtschaft, sondern auch auf ihre endogene Funk-
tionsweise nimmt.
Zu erwähnen ist ein weiteres Mal die Standortgebundenheit. Dadurch werden
Grundstück und Grundstücksbestandteile unwiderruflich den jeweils örtlich vor-
herrschenden Vermarktungsbedingungen mit ihrer spezifischen Wirtschafts- und
Arbeitsmarktsituation, der vorhandenen technischen und kulturellen Infrastruktur
sowie den ökologischen Gegebenheiten und Obliegenheiten unterworfen. Dadurch
zersplittert der Immobilienmarkt unaufhaltsam in Teilmärkte.
13
Des Weiteren ist die Singularität jeder Immobilie zu bedenken. Auch wenn Grund-
stücke dieselben Abmessungen besitzen und Wohnungen und Häuser nach dem-
selben Grundriss errichtet werden, schaffen doch die im weitesten Sinne physi-
schen Spezifika ausreichend Differenzierungskriterien. Diese zeigen sich nicht nur
in der Verschiedenheit des Standorts, sondern etwa auch in Unterschieden von
Auswirkungen der Umwelt, sei es natürliches Licht, Beschallung etc.
14
Gleichsam als Komplementärstück zum Merkmal der Singularität ist auf das Merk-
mal der Heterogenität der bzw. jeder Immobilie zu hinzuweisen: Wo keine Entität
der anderen gleicht, herrscht Verschiedenheit als durchgängiges, irreduzibles Prin-
zip. Allerdings kann das Maß der Heterogenität unterschiedlich groß sein, zum Teil
sogar in ein- und demselben Stadtviertel.
15
Brauer hält es für möglich, dass unter
solchen Umständen Immobilien zu homogenen Gütern werden können, und hält
eine völlige Substituierbarkeit etwa zwischen gleichförmigen Wohnungen auf ver-
schiedenen Etagen für möglich.
16
Zweifel indes sind angebracht: Es ist nicht von
der Hand zu weisen, dass unterschiedliche Stockwerke - etwa schon Parterre und
erstes Obergeschoss - sehr großen Einfluss auf die mit einer Wohnung verbunde-
ne Wohnqualität haben können.
12
Vgl. Vornholz, G., Entwicklungen und Megatrends, 2017, S. 216 ff.; Vgl. Hellerforth, M., Energieef-
fizienz, 2014, S. 63.
13
Vgl. Brauer, K.-U., Grundlagen der Immobilienwirtschaft, 2013, S. 11.
14
Vgl. Brauer, K.-U., Grundlagen der Immobilienwirtschaft, 2013, S. 11.
15
Ebd.
16
Ebd. S. 12.

6
Die Produktionsdauer bildet ein weiteres distinktives Merkmal der Immobilie. Brau-
er weist darauf hin, dass dies weniger für die unmittelbare Herstellung eines
Grundstücksbestandteils gilt als vielmehr für die vorausgegangenen Phasen der
Baugenehmigung, Bauplanung, Investitionsentscheidung etc. All diese Phasen
sind mit Unsicherheiten verbunden, ebenso die Bauphase selbst, die nach wie vor
in hohem Maße von günstiger Witterung abhängt. Brauer setzt hierfür zwei bis fünf
Jahre an, wobei hier wohl von einem Durchschnittswert zu sprechen ist, der sich
zwischen den Extremen von Einfamilienhaus und Großprojekt bewegen dürfte. Im
Hinblick auf die Fertigstellung stellt sich die Frage nach der Vermarktbarkeit, die
sich aufgrund der Produktionsdauer verändern kann.
17
Die Immobilie zeichnet sich ferner durch eine hohe Kapitalbindung aus. Sie währt
für den Zwischeninvestor, der den Bau zwecks Verkauf oder Vermietung betreibt,
relativ kurz. Höher ist die Belastung für den Endinvestor, der die Immobilie vermie-
ten oder weiterverkaufen will. Er ist dem Risiko des schwankenden Marktwerts sei-
ner Investition ausgesetzt. Verzeichnet der Markt einen Preisanstieg, lässt die Ka-
pitalbindung nach. Kommt es hingegen zu einem Preisverfall - sei es für den (Wei-
ter-)Verkauf oder die Vermietung, steigt die Kapitalbindung an.
18
Die beiden letzten zu nennenden wichtigen Merkmale sind die der Dauerhaftigkeit
und der Übertragungskosten. So wird Immobilien gemeinhin eine längere Haltbar-
keit als anderen Industriegütern zugeschrieben. Dadurch entsteht ein Konkurrenz-
verhältnis zwischen Bestandsimmobilien und neu errichteten Immobilien. Übertra-
gungskosten fallen auf diese Weise an, sodass Gebühren beim Eigentumsübertrag
bzw. bei der Käuferermittlung zum Beispiel in Form der Maklercourtage entstehen.
Bedeutung erlangen solche Kosten insbesondere dann, wenn die Immobilie als
Geldanlage genutzt wird, insofern sie deren Rentabilität abträglich sein kann.
19
Die genannten Merkmale der Immobilie als Wirtschaftsgut bilden eine wichtige
Grundlage für die Darstellung der Wertschöpfung in der Immobilienwirtschaft. Als
branchenendogene Faktoren oder Parameter, die die Wertschöpfung beeinflussen,
verzahnen sich diese Merkmale gleichsam mit den Geschäftsfeldern, auf denen
der Wertschöpfungsprozess stattfindet. Um welche Geschäftsfelder es sich han-
delt, lässt sich am Lebenszyklus einer Immobilie ableiten.
Gleichwohl können die Geschäftsfelder sowohl partiell wie auch kombinatorisch
bestellt werden. Inhaltlich umfassen die Geschäftsfelder die ,,Bewirtschaftung, Er-
17
Vgl. Brauer, K.-U., Grundlagen der Immobilienwirtschaft, 2013, S. 12.
18
Vgl. Brauer, K.-U., Grundlagen der Immobilienwirtschaft, 2013, S. 13.
19
Vgl. ebd., S. 14.

7
richtung, Vermittlung, Veräußerung und Betreuung von Bauten in allen Rechts- und
Nutzungsformen und alle im Bereich der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, des
Städtebaus und der Infrastruktur anfallenden Aufgaben wie die Betreibung von
Gemeinschaftsanlagen und Folgeeinrichtungen, Läden und Räume für Gewerbe-
triebe, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Einrichtungen und Dienstleistungen".
20
Lieth ordnet die Geschäftsfelder verschiedenen Organisationsebenen eines immo-
bilienwirtschaftlichen Unternehmens zu. Es ergibt sich folgende Übersicht:
Tabelle 1: Geschäftsfelder der Immobilienwirtschaft nach Organisationsebenen
Organisationsebene
Geschäftsfelder
Strategische Ebene
Portfoliomanagement:
- Eigentümermodelle
- Immobilienfonds-Modelle
Taktische Ebene
Asset Management:
- Projektentwicklung
- Bauträgertätigkeit
- Sanierung
- Privatisierung
Operative Ebene:
Bestandshalter/Verwalter:
- Property-Management
- Facility-Management
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Lieth, J., Basiswissen Immobilienwirtschaft, 2015,
S. 1258.
Diese Einteilung betont die funktionale Differenzierung und Möglichkeit der Fokus-
sierung auf bestimmte Geschäftsfelder. Dargestellt ist ein Idealfall, in dem alle Ge-
schäftsfelder bewirtschaftet werden. Im Sinne eines solchen Idealfalls lassen sich
die Geschäftsfelder auch in ihrer logischen Abhängigkeit voneinander ordnen. Lieth
bietet dafür folgende Übersicht, die die einzelnen Geschäftsfelder detaillierter seg-
mentiert:
20
Lieth, J., Basiswissen Immobilienwirtschaft, 2015, S. 1258.

8
Abbildung 1: Übersicht Geschäftsfelder der Immobilienwirtschaft
Quelle: Lieth, J., Basiswissen Immobilienwirtschaft, 2015, S. 1258.
Damit die Immobilie als Wirtschaftsfaktor eingesetzt werden kann, muss sie zu-
nächst einmal vorhanden sein. Dazu bedarf es staatlicher oder unternehmerischer
Initiative, die sich mit der Marktallokation befasst, mit der Eruierung des Verhältnis-
ses von Angebot und Nachfrage für ein Produkt bzw. eine Immobilie. Daraus ergibt
sich wie in anderen Bereichen auch in der Immobilienwirtschaft eine Portfoliostra-
tegie, die abbildet, welche Immobilien mit welchem Risiko- und Renditeprofil, wel-
cher Bewertung und welchen Investitionsvolumen zu entwickeln sind.
21
Erst wenn
gemäß einer Portfoliostrategie Immobilien geschaffen sind, ist die Grundlage für
die Selektion des Asset Management gelegt, das sich mit der Auswahl zum Ankauf
und Verkauf von Immobilien beschäftigt. Als Gegenstand des Asset Managements
erscheint die Immobilie als Transaktionsgut auf dem Immobilienmarkt.
22
Kauf wie
Verkauf sind wiederum Voraussetzungen für das Property und Facility Manage-
ment, in dessen Rahmen mit der Bewirtschaftung der Immobilien ein Gewinn erzielt
werden soll.
23
Die Mittel hierzu sind die Bestandsoptimierung, das kundenorientier-
te Objektmanagement, die Kosten- und Ertragsoptimierung und die Wirtschaftlich-
keitskontrolle.
24
Doch diese Darstellung ist keineswegs erschöpfend. Bei der Port-
folio-Strategie einerseits und im Property und Facility-Management andererseits
kommt das weiter oben bereits erwähnte Portfolio-Management zum Einsatz. Des-
21
Vgl. Lange, B., Grundlagen der Immobilienwirtschaft, 2013, S. 585 ff.
22
Vgl. Lieth, J., Basiswissen Immobilienwirtschaft, 2015, S. 1259.
23
Vgl. Brauer, K.-U., Grundlagen der Immobilienwirtschaft, 2013, S. 531 ff.
24
Vgl. Lieth, J., Basiswissen Immobilienwirtschaft, 2015, S. 1259.

9
sen Ziel besteht in der Finanzierung der Erstellung und Bewirtschaftung von Immo-
bilien
als
Kapitalanlage, sei es nach Eigentümer- oder nach Fondsmodell.
25
Hierzu
ergibt sich folgende Übersicht:
Abbildung 2: Formen der Kapitalanlage in Immobilien
Quelle: Alda, W.; Hirschner, J., Projektentwicklung in der Immobilienwirtschaft, 2014, S. 21.
2.2 Der Immobilienmarkt
2.2.1
Bedeutung des Immobilienmarkts
Die Preisentwicklung des Immobilienmarktes in der Bundesrepublik ist erst seit
kürzerer Zeit für die wissenschaftliche Forschung von Interesse. Es ist durch ein
internationales Phänomen ausgelöst worden, den langanhaltenden Preisanstieg
verschiedener Immobilienmärkte. Erst ab den 1990er Jahren fand der deutsche
Immobilienmarkt in der wissenschaftlichen Forschung größeres Interesse. In der
Gesamtbetrachtung kann daher der deutsche Immobilienmarkt als ein vernachläs-
sigter Markt gelten.
26
Die Immobilie übt nicht nur als Wohnimmobilie eine zentrale
Funktion für Volkswirtschaften aus, sie ist darüber hinaus ein wichtiger Bestandteil
der betrieblichen Leistungserstellung. Grund und Boden respektive Immobilien sind
Produktionsfaktoren, die somit relevante Kostenfaktoren darstellen.
25
Vgl. Brauer, K.-U., Grundlagen der Immobilienwirtschaft, 2013, S. 465.
26
Vgl. Rombach, T., Preisblasen, 2011, S. 84.

10
Auch das Nettoanlagevermögen gibt Einblicke in den Immobilienmarkt. Eine gängi-
ge Definition lautet, dass zum Nettoanlagevermögen ,,alle produzierten Vermö-
gensgüter, die länger als ein Jahr wiederholt oder dauerhaft eingesetzt werden"
27
,
zählen. Für das Jahr 2008 betrug das Nettoanlagevermögen in Deutschland 7.640
Mrd. Euro. Die Vermögen werden unterteilt in Wohnbauten (51 Prozent), Nicht-
Wohnbauten (35 Prozent) sowie Ausrüstungen und sonstige Anlagen (13 Prozent).
Mit nur einem Prozent machen immaterielle Anlagegüter den geringsten Anteil
aus.
28
2.2.2
Informationslage und -ermittlung zum Immobilienmarkt
Rombach konstatiert eine schlechte Datenverfügbarkeit des Marktes und eine un-
terschätzte Bedeutung des Immobilienmarktes für die Volkswirtschaft. Es gäbe
kaum einen Markt, über den so wenig bekannt sei, wie über den Immobilien-
markt.
29
Als Ursache wird eine schlechte Datenverfügbarkeit auf den Immobilien-
märkten genannt, die mit den ,,Besonderheiten des Wirtschaftsgutes"
30
in Zusam-
menhang gesehen werden. Zum einen wird die Heterogenität des Marktes ange-
führt, zum anderen eine geringe Transaktionshäufigkeit. In der Konsequenz er-
zeugt dies einen ,,immanenten Informationsmangel"
31
sowie eine ,,mangelhafte
Markttransparenz".
32
In den drei Kategorien Transaktionspreise, Mieten und Immo-
bilienbestand von regionalen Märkten herrscht Informationsasymmetrie vor. Diese
äußert sich in den Herausforderungen bei der Rendite- und Wertermittlung. Ein
Indikator für diese Sichtweise bildet ,,die starke Präsenz von Sachverständigen in
der Immobilienwirtschaft".
33
Es wurden zahlreiche Bewertungsverfahren entwickelt,
die eingesetzt werden, um die normalerweise durch ,,das Marktgeschehen offen-
barten Informationen zu ersetzen".
34
Erst über deren Ersatz kommen sie zu einem
Marktpreis.
2.2.3
Marktstrukturierung
Der Immobilienmarkt lässt sich auf unterschiedliche Art strukturieren. Aus der
Standortabhängigkeit leitet Brauer die Strukturierung nach regionalen Teilmärkten
27
Rombach, T., Preisblasen, 2011, S. 84.
28
Vgl. Rombach, T., Preisblasen, 2011, S. 84 f.
29
Vgl. Bulwien, H., Immobilien-Investition, 2005, S. 47.
30
Rombach, T., Preisblasen, 2011, S. 85.
31
Rombach, T., Preisblasen, 2011, S. 85.
32
Ebd., S. 86.
33
Ebd., S. 85.
34
Ebd., S. 85.

11
ab. Diese lassen sich dann wiederum in Teilmärkte gemäß Nutzungs- und Ver-
tragsart ausdifferenzieren. Es ergibt sich folgende Übersicht:
Abbildung 3: Strukturierung des Immobilienmarktes nach Regionen
Quelle: Brauer, K.-U., Grundlagen der Immobilienwirtschaft, 2013, S. 14.
Brauer räumt ein, dass die ausgewiesenen Teilmärkte noch weiter ausdifferenziert
werden können. Beispielsweise lässt sich der Wohnimmobilienmarkt aufgliedern in
die Märkte für Mietwohnungen, Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser, sei-
en diese nun Doppel- oder Einzelhäuser, und die einzelnen Immobilienarten kön-
nen wiederum hinsichtlich individueller Ausstattung unterschieden werden.
35
Doch
auch die regionalen Märkte selbst lassen sich noch weiter unterteilen, etwa in ein-
zelne geographische Lagen in Anbetracht ihrer jeweiligen Werthaltigkeit.
35
Vgl. Brauer, K.-U., Grundlagen der Immobilienwirtschaft, 2013, S. 15.

12
2.3 Immobilien als Vermögenswerte
Vor nicht allzu langer Zeit hat sich ein Immobilien Asset Management herausgebil-
det. Somit werden nicht nur Wertpapiere und Rohstoffe, sondern auch Immobilien
als Assets im Sinne der Vermögensanlage angesehen.
36
Konkret sind ,,unter As-
sets [...] Vermögenswerte zu subsumieren, mit deren Anschaffung betriebswirt-
schaftliche Ziele,
wie z.B. Rendite, Sicherheit und Liquidität verfolgt werden".
37
Die
neuen Veränderungen in der Immobilienwirtschaft sind zum einen einer zuneh-
menden Internationalisierung des Marktes zuzuschreiben, zum anderen neuen
Möglichkeiten zur Immobilienanlage. Allein die Rolle der internationalen Investoren
lässt es sinnvoll erscheinen, ein Immobilien Asset Management in Anspruch zu
nehmen, ebenso wird die Bedeutung durch die Outsourcingtendenzen verstärkt.
Insgesamt ist eine zunehmende Nachfrage nach einem Immobilien Asset Ma-
nagement festzustellen.
38
Immobilien bilden inzwischen eine ,,konkurrierende Assetklasse zu anderen Volks-
vermögen"
39
, d. h. sie steht in Konkurrenz zu den Geldanlagemöglichkeiten auf
dem Geld- und Kapitalmarkt, sie stellt eine Alternative dar. Der Geld- und Kapital-
markt ist nicht nur eine Konkurrenz zum Immobilienmarkt, sondern auch ein dem
Immobilienmarkt vorgelagerter Markt. Die nachfolgende Abbildung zeigt die Inter-
dependenzen zwischen den beiden Märkten auf.
Abbildung 4: Interdependenzen zwischen Geld-/Kapital- und Immobilienmarkt
Quelle: Brauer, K.-U., Grundlagen der Immobilienwirtschaft, 2013, S. 21.
36
Vgl. Lange, B., Grundlagen der Immobilienwirtschaft, 2013, S. 546.
37
Lange, B., Grundlagen der Immobilienwirtschaft, 2013, S. 546.
38
Vgl. Lange, B., Grundlagen der Immobilienwirtschaft, 2013, S. 546.
39
Brauer, K.-U., Grundlagen der Immobilienwirtschaft, 2013, S. 21.
Ende der Leseprobe aus 79 Seiten

Details

Titel
Identifizierung von potenziellen Immobilieninvestments in B-Lagen auf dem deutschen Immobilienmarkt
Untertitel
Entwicklung einer individuellen Anlagestrategie und Betrachtung der Ertragschancen und Risiken bei unterschiedlichen Objektarten
Autor
Jahr
2017
Seiten
79
Katalognummer
V386045
ISBN (eBook)
9783668612877
ISBN (Buch)
9783668612884
Dateigröße
1468 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Immobilienmanagement, Immobilienportfolio, Investments, Anlagestrategie
Arbeit zitieren
Marcus Fischer (Autor:in), 2017, Identifizierung von potenziellen Immobilieninvestments in B-Lagen auf dem deutschen Immobilienmarkt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/386045

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