Das Teilen von Essen als soziale Handlung, Beispiel: Die Kaluli Papua Neuguineas


Hausarbeit (Hauptseminar), 2001

14 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltverzeichnis

Einleitung

1. Essen als soziale Handlung

2. Die Kaluli Papua Neuguineas

3. Die Bedeutung des Essens bei den Kaluli
3.1. Essen im Alltag: Das Teilen einer Banane
3.2. Die Verwandtschaft als Grundlage des Teilens

4. Intimität und Abgrenzung durch Essen
4.1. Besondere Beziehungen und das Teilen von Fleisch
4.2. Nahrungstabus

5. Schluss

6. Literaturverzeichnis

Einleitung

Mit dieser Arbeit möchte ich die Wichtigkeit des Essens und vor allem des Teilens von Essen in der Gesellschaft der Kaluli aufzeigen. Dazu werde ich im ersten Kapitel ganz allgemein auf das Essen und seine Bedeutung als soziale Handlung eingehen. Es soll deutlich werden inwiefern man Essen überhaupt als soziale Aktion betrachten kann und welche Kriterien dabei eine Rolle spielen. Auch der Umgang mit dem Teilen von Essen soll hier angesprochen werden.

Des Weiteren werde ich einen kurzen Einblick in die Grundzüge der Gesellschaft der Kaluli geben, wo sie leben, wie sie leben und wie sich verschiedene Gruppen zusammensetzen.

Im dritten Kapitel werde ich vor allem den sozialen Aspekt des Essens bei den Kaluli beschreiben, wobei es weniger darum gehen wird, was, wie oder wann gegessen wird. Vielmehr soll die Wichtigkeit des Teilens von Nahrung im Vordergrund stehen. Ich werde dann versuchen an einem Beispiel deutlich zu machen, wie stark sich gesellschaftliche Wertevorstellungen der Kaluli beim Essen widerspiegeln und welche Erwartungen an eine Person gerichtet werden, die etwas zu Essen hat. An dieser Stelle soll auch auf die Bedeutung der verwandtschaftlichen Beziehungen in Bezug auf das Teilen von Essen eingegangen werden.

Das folgende Kapitel wird sich mit besonderen Essenssituationen auseinandersetzen: Essen als ‚Liebesbeweis‘ oder Abgrenzung gegen andere. Hier werden vor allem Nahrungstabus eine herausragende Rolle spielen.

Zum Schluss werde ich das Ganze noch einmal kurz zusammenfassen und in einen größeren Zusammenhang stellen.

1. Essen als soziale Handlung

Essen ist die Grundvoraussetzung für Leben. Damit ist zunächst gemeint, dass die Nahrungsaufnahme notwendig ist, um zu überleben. Der Mensch hat aus der einfachen Nahrungsaufnahme aber viel mehr gemacht, als nur Grundbedürfnisbefriedigung. Leben findet während dem Essen statt: Es gibt kaum eine Religion, deren Zeremonien nicht mit einem Mahl verbunden sind, und kaum ein Fest, bei dem das Essen keine zentrale Rolle spielt. Denkt man einfach mal an Geburtstage, Weihnachten, Hochzeiten oder auch eine Beerdigung, verbindet man damit auch immer ein gemeinsames Essen.

Im Alltag ist die Essenszeit auch die Zeit, um sich zu treffen, mit der Familie, Mitbewohnern oder mit Freunden. Hier kommt der soziale Aspekt des Essens besonders zum Ausdruck: „Man sitzt miteinander am Tisch, um dieses Zusammensein zu genießen. Man möchte was voneinander haben, ohne Hast und Hetze, sich ein wenig unterhalten, sich an dem hoffentlich guten Essen erfreuen.“ (Schönfeld 2001: 76). Beim Essen tritt man mit anderen in Kontakt, entspannt und unterhält sich. Die Sache mit der Unterhaltung ist allerdings eine schwierige Sache. In so manchen Teilen der Welt gilt es als unhöflich während dem Essen zu sprechen, hingegen ist in manchen Gesellschaften ein Tischgespräch nicht wegzudenken. Und welches deutsche Kind kennt ihn nicht, den berühmten Satz „Sprich nicht mit vollem Mund“. Essen hat also auch bestimmte Regeln. Was zu welcher Uhrzeit wie und mit wem gegessen wird, hängt sehr stark davon ab, woher auf der Welt man kommt und wie man erzogen wird.

Schon immer gab es Unterschiede im Essverhalten verschiedener Völker und alle Kulturen haben bestimmte Gewohnheiten, Vorlieben und Sitten: Gegessen wird im Sitzen, hockend oder liegend, mit Gabeln, Löffeln, Stäbchen und mit den Fingern (Dünnebier/ Paczensky 1992: 305-308).

Ein sehr weit verbreitetes Phänomen scheint allerdings der Futterneid zu sein und bestimmt fällt einem das Teilen von einer Köstlichkeit nicht immer leicht, doch gehört es unweigerlich zur Esskultur dazu: „In den Benimmregeln fast aller Völker finden sich die Mahnungen, bescheiden zuzulangen und nicht das zu nehmen, was gerade ein anderer will ...“ (Dünnebier/Paczensky 1992: 342). Doch ist nicht gerade das meistens das Interessante?

Beim Teilen geht es doch eigentlich darum, anderen etwas zu geben, was sie selbst nicht haben. Durch das Teilen von Essen wird also zunächst einmal dafür gesorgt, dass keiner hungern muss. Und genau aus diesem Grund gilt es wohl in so vielen Gesellschaften als schlechtes Benehmen, nichts abzugeben und alles für sich allein zu beanspruchen.

An seinen Gewohnheiten und die Einhaltung bestimmter Regeln beim Essen kann man also erkennen, woher ein Mensch kommt und welche Erziehung er genossen hat. Somit verrät das Essverhalten der Menschen auch sehr viel über ihre Gesellschaft, ihr Leben und ihre Wertvorstellungen.

2. Die Kaluli Papua Neuguineas

Die Kaluli leben in Papua Neuguinea, an den nördlichen Ausläufen des Berges Bosavi. Insgesamt bewohnten sie dort zur Zeit der Feldforschung Schieffelins in den Jahren 1966 und 1968 20 Langhäuser, bildeten die größte Sprachgruppe und stellten mehr als die Hälfte der Bevölkerung nördlich des Bosavi (Schieffelin, E. 1976: 7). Eine sehr bedeutende Gruppe in der Kaluli Gesellschaft ist die „local longhouse community“. Dazu zählen alle, die sich mit einem bestimmten „longhouse“(aa) verbunden fühlen, sei es weil sie dort geboren sind oder sie jemanden aus der Gruppe geheiratet haben.

Ein „longhouse“ ist ein auf Pfählen errichtetes Haus, bestehend aus einer Veranda, einer großen Halle, dem Frauen-Bereich und einem Bereich für die Männer. Bewohnt wird dieses Haus von ungefähr 60 Menschen: Den Männern einiger patrilinearer Klans[1], ihren Frauen und ihren Kindern (Schieffelin, E. 1976: 38). Unter dem Haus leben außerdem einige Schweine sowie Hühner und auch noch ein paar Hunde.

Jede „longhouse“-Gemeinschaft baut ihr Haus selbst und bepflanzt Gärten, die um dieses Haus herum liegen. Angebaut werden unter anderem Taro, Yamswurzeln, Bananen, Zuckerrohr, Kokosnüsse und Gewürze (www.laender.purespace.de). In den Gärten stehen auch oft kleinere Häuser, die teilweise als Geräteschuppen dienen und die zu bestimmten Zeiten auch bewohnt werden, beispielsweise während der Erntezeit, wenn sich der Rückweg zum „longhouse“ zeitlich nicht lohnt. An die Gärten grenzt meist das Gebiet anderer „longhouse“-Gemeinschaften oder unbewohnter Wald, der zum Jagen genutzt wird (Schieffelin, E. 1976: 32). Auf die Jagd gehen die Männer meist mit Hunden, außerdem stellen sie Fallen auf und schießen Vögel. Bevor sie ein größeres Tier, wie beispielsweise ein Wildschwein oder ein Kasuar[2], erlegen, beobachten sie seinen Bau einige Zeit am Tage und kommen dann in der Nacht zurück, um es zu töten (Schieffelin, E. 1976: 31). Frauen fangen vor allem kleine Tiere, sammeln, arbeiten gemeinsam mit den Männern in den Gärten und sind zum Großteil für die Nahrungszubereitung verantwortlich.

[...]


[1] patrilineare Abstammung: ein Individuum gehört zur Gruppe des Vaters (Müller 1998: 148).
Zwei Definitionen zu Klan:
1. Exogame Gruppe (Mitglieder dürfen nur außerhalb des sozialen Verbandes heiraten), die aus den Mitgliedern einer Lineage oder Sippe besteht, jedoch ohne die, die nach ihrer Heirat zu einem fremden Ehepartner gezogen sind. Dafür gehören Angeheiratete zum Klan dazu.
2. (=Sippe) Einziger Unterschied zu Lineage ist die ungenaue Genealogie.
Lineage: Reine Abstammungsgruppe. Stammt von einem Ahn, Genealogie ist vollständig und präzise angebbar. (Müller 1998: 150f.)

[2] Familie großer flugunfähiger Laufvögel; Körper strähnig befiedert, dunkelbraun bis schwarz. Je nach Art um die 1,5 m groß (Meyers Großes Lexikon, Bd.11, S. 222)

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Das Teilen von Essen als soziale Handlung, Beispiel: Die Kaluli Papua Neuguineas
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Note
2,0
Autor
Jahr
2001
Seiten
14
Katalognummer
V38549
ISBN (eBook)
9783638375726
Dateigröße
530 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Teilen, Essen, Handlung, Beispiel, Kaluli, Papua, Neuguineas
Arbeit zitieren
Catrin Nähr (Autor:in), 2001, Das Teilen von Essen als soziale Handlung, Beispiel: Die Kaluli Papua Neuguineas, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/38549

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