Die Anfänge und die weitere Entwicklung des Christentums auf Sizilien


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

23 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Die Anfänge des Christentums
2.1. Die schriftliche Überlieferung
2.2. Die archäologischen Befunde
2.3. Die regionalen Anfänge des Christentums

3. Die weitere Entwicklung

4. Die Märtyrer Siziliens

5. Fazit

6. Quellenverzeichnis

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die vorliegende Arbeit entstammt aus einem Seminar zur Alten Geschichte aus dem Wintersemester 2004/2005. Es beschäftigte sich mit der sizilische Stadt Syrakus. Hierbei sollte versucht werden, einen Längsschnitt durch die syrakusanische Geschichte im Altertum zu ziehen. Von großem Interesse war dabei das wechselseitige Verhältnis zwischen der Stadt als urbanem Zentrum und der Region.

Meine Aufgabe war es, die Geschichte der Stadt in der Spätantike darzustellen. Bei der Bearbeitung dieses Themas war es auffällig, dass Syrakus nur recht selten eine größere Rolle in der römischen Geschichte spielte. Jedenfalls geben die entsprechenden Quellen nur gelegentlich Auskunft über Geschehnisse auf Sizilien.

Selbst wenn nicht nur auf Syrakus geachtet und der Blick auf die gesamte Insel gerichtet wird, finden wir kaum mehr Hinweise. Es bleibt festzuhalten, dass sich die spätantiken Autoren nur bei außergewöhnlichen Ereignissen für Sizilien interessierten.

Aus diesem Grund habe ich versucht, einen bedeutenden Prozess der Spätantike herauszugreifen und diesen auf Sizilien anzuwenden.

Die Spätantike bietet einige Themen, die man in dieser Arbeit bearbeiten hätte können. So bspw. die Aufteilung des Reiches unter Diokletian im Zusammenhang mit der Tetrarchie, die Herrschaft Constantin des Großen, die Regentschaft Kaiser Julians, die Vandalenproblematik oder auch die Reichsteilung.

Ich habe mich für einen Prozess entschieden, der zeitlich vor der Spätantike beginnt und sich in einzelnen Regionen unterschiedlich lange erstreckt. Die Arbeit wird sich mit der Entwicklung des Christentums beschäftigen.

Begründen werde ich diese Auswahl mit einer aktuellen Diskussion in der europäischen Politik. Im Rahmen der Verhandlungen zu einer Verfassung der Europäischen Union ging es besonders in Deutschland um einen Passus, der die Grundlage Europas auf das Christentum zurückführt. Davon angesprochen wollte ich untersuchen, wie sich dies auf Sizilien verhält. Kann man das Christentum wirklich zur Grundlage einer europäischen Nation machen, bzw. in unserem Fall zur Grundlage der sizilischen Bevölkerung?

Dieser Frage wird im Großen und Ganzen in dieser Arbeit nachgegangen, auch wenn eine Beantwortung erst am Ende möglich wird.

Neben dieser Hauptfrage gilt es auch andere Nebenfragen zu beantworten.

Eine, die mich besonders interessiert ist die nach den Anfängen der Religion auf der Insel. In der Literatur gibt es Positionen, die davon ausgehen, dass man diese Anfänge nicht konkret nachvollziehen kann, da sie von Legenden verdeckt werden.[1] Dieser Position ist auch zuzustimmen, wenn lediglich literarische Quellen untersucht werden. Allerdings ist die archäologische Forschung mittlerweile so weit gekommen, dass es durchaus möglich sein dürfte, eine Antwort auf diese Frage zu finden.

Damit ist auch schon die methodische Herangehensweise geklärt. Zuerst soll auf die schriftliche Überlieferung eingegangen werden. Die Ergebnisse daraus sollen dann mit Erkenntnissen, die uns die Archäologie liefert verglichen werden. Abschließend soll untersucht werden, ob es eine regionale Konzentration auf Sizilien gab und wenn sie vorhanden war, sollen die Gründe dafür betrachtet werden.

In einem weiteren Schritt soll untersucht werden, wie sich das Christentum weiter entwickelte. Hierfür sei das Toleranzedikt als Stichwort genannt, das sicherlich einen bedeutenden Einfluss auf die Verbreitung gehabt haben wird. In diesem Punkt geht es also um die Art und Weise der Christianisierung, um die zeitliche Abfolge und um das Verhältnis zwischen christlicher Religion und anderen auf Sizilien ansässige Glaubensrichtungen.

Zum Abschluss dieser Arbeit soll auf die Märtyrer der Insel eingegangen werden. Hierbei sollen Motive und die Wirkung der Märtyrergeschichten auf die Gemeinden im Vordergrund stehen.

Die Literatursituation ist recht problematisch. Zwar gibt es genügend Darstellungen, die sich mit der Verbreitung des Christentums beschäftigen, aber interessieren diese sich eher für andere Regionen als für Sizilien. Das hängt sicherlich mit der oben bereits angesprochenen Quellenlage zusammen. Des Weiteren war es für mich schwierig weitere Literatur zu nutzen, da diese meist in Italienisch verfasst wurde.

Einer der wenigen Aufsätze, die aus dem Italienischen ins Deutsche übersetzt wurden, stammt von Mariarita Sgarlata. Sie beschäftigt sich ausführlich mit neueren archäologischen Befunden. Peter Guyot – der die aktuellste Arbeit zu diesem Thema verfasste – beschäftigt sich nicht nur mit der Archäologie, sondern auch mit der literarischen Überlieferung.

Die anderen Autoren erarbeiteten vorwiegend Überblicksdarstellungen über Sizilien im Altertum, bzw. im Römischen Reich. Deshalb sind sie natürlich nicht so ausführlich, aber auf jeden Fall zu nutzen und auch sehr hilfreich.

Ein weiteres Problem ist, dass zwei Überblicksdarstellungen aus dem 19. Jahrhundert stammen und damit natürlich nicht zur neueren Forschung gezählt werden können.

2. Die Anfänge des Christentums

2.1. Die schriftliche Überlieferung

„Der christliche Glaube wurde sehr früh auf Sicilien gepredigt. Die Apostelgeschichte erwähnt, dass der Apostel Paulus sich drei Tage in Syrakus aufhielt.“[2]

Dieser Sachverhalt erscheint auf den ersten Blick eindeutig nicht widerlegbar. Denn in der von Freeman angeführten Apostelgeschichte heißt es: „Wir legten in Syrakus an und hatten dort einen Aufenthalt von drei Tagen.“[3] So weit steht es in der Überlieferung.

Hinterfragt man die Argumentation Freemans allerdings genauer, so fällt auf, dass sie in sich nicht schlüssig ist.

Zu einem Aufenthalt eben dieses Paulus in Puteoli wird von Lukas, dem Autor der Apostelgeschichte, berichtet, dass „wir Brüder vorfanden und eingeladen wurden, sieben Tage bei ihnen zu bleiben.“[4] Und zur Ankunft in Rom heißt es dort: „Und so kamen wir schließlich nach Rom. Von dort kamen uns die Brüder, die von uns gehört hatten, bis Forum Appii und Tres Tabernae entgegen. Als Paulus sie sah, dankte er Gott und ward getrosten Mutes.“[5]

Bei einem Vergleich dieser Textstellen fällt eindeutig auf, dass der Autor in Zusammenhang mit Syrakus nichts von „Brüdern“ sagt, wenngleich ein ausdrücklicher Hinweis auf diese für Puteoli und Rom vorliegt. Deshalb „dürfen [wir] also davon ausgehen, daß dort, wo Lukas keine ´Brüder´ erwähnt, in der Tat auch keine lebten.“[6] Auch Wilson ist dieser Meinung. „The Acts of the Apostles makes no mention of any contact with Christians that Paul might have during his three days in Syracuse.”[7]

Diese Textstellen helfen uns auch, um die Glaubwürdigkeit der traditionellen Überlieferung bzw. Lokalsage[8] zu den Ursprüngen des Christentums auf Sizilien näher zu beleuchten.

Diese klammert sich eng an den Apostel Petrus, der im Jahr 39 eine christliche Gemeinde in Antiochia gegründet hatte. Von dort soll er zwei Schiffe gesandt haben, von denen eines nach Syrakus, das andere nach Tauromenium fahren sollte. Das erste stand unter der Leitung eines Marcianus, das zweite unter der eines Pancratius.

Nach seiner Ankunft in Syrakus lebte Marcianus in der Nähe der jüdischen Synagoge. Um seine Religion zu verbreiten, stieß er Götzentempel um und errichtete christliche Kirchen. Daraufhin veranlassten die Juden, ihn zu ermorden. Dafür wurde er auf ein Schiff gebracht, dort angebunden und das Schiff in Brand gesetzt. Allerdings verbrannte dieser Marcianus nicht. Von diesem Wunder beeindruckt, sollen 6000 Menschen Christen geworden sein. Auch Pancratius konnte sich in Tauromenium behaupten und hatte einige Missionserfolge.

Wenn man dieser Darstellung folgt, könnten die Anfänge der christlichen Religion auf Sizilien auf die Mitte des ersten nachchristlichen Jahrhunderts gesetzt werden.

Allerdings hatte ich oben bereits angedeutet, dass dieser Darstellung mit Recht zu misstrauen ist. Dies hat auch schon Holm erkannt, wenn er sagt: „Die Pflanzung des Christenthums auf der Insel und seine Schicksale in den ersten Jahrhunderten sind von der Sage in einer Weise in Anspruch genommen worden, dass es nicht mehr möglich ist, zur reinen Wahrheit durchzudringen.“[9]

Aber in dem ich im Folgenden die Unrichtigkeit der traditionellen Überlieferung beweise, versuche ich gleichfalls, Holm zu widersprechen und die Wahrheit ans Licht zu bringen.

Ausführlich argumentiert Guyot gegen diese Darstellung.[10] Erstens datiert er die Entstehung dieses Textes auf das 8. Jahrhundert, da er meint, dort Elemente der Polemik des Bilderstreites entdeckt zu haben. Analog dazu schreibt auch Wilson: „the apostolic origins of Marcianus and Pancratius, allegedly sent to Syracuse and Taormina from Antioch by Peter himself, can be dismissed as the fabrication of a romanticizing source in the later eighth century.”[11] Dadurch entsteht eine große zeitlich Distanz, die Zweifel in Bezug auf die Glaubwürdigkeit der Überlieferung aufwirft. Zweitens seien in dieser Überlieferung einige „historisch-chronologisch unmögliche Konstruktionen“[12] zu finden. So soll bspw. der in der Sage erwähnte Marcianus als Märtyrer in einer Verfolgung des Kaisers Valerian ums Leben gekommen sein. Er müsste dementsprechend mehr als 200 Jahre alt gewesen sein.

Drittens habe man im Mittelalter auch in anderen Bischofssitzen ehemals römischer Provinzen Ähnliches versucht und die Wurzeln des Christentums auf den Apostel Petrus zurückdatiert. Dadurch versprachen die Verantwortlichen sich „besonderes religiöses und (kirchen-)politisches Gewicht.“[13]

Als viertes Argument bringt Guyot die oben bereits angeführte Apostelgeschichte an. Eben gerade weil der Verfasser keine Christen in Zusammenhang mit dem Aufenthalt des Petrus in Syrakus erwähnt, kann es dort auch keine gegeben haben. Da die Lokalsage aber auf die Mitte des 1. Jahrhunderts datierbar ist und die Apostelgeschichte in die zweite Hälfte desselben fällt,[14] heißt es, dass das letzte Datum unseren terminus post quem bildet. Also den Zeitpunkt nach dem etwas geschehen sein muss.

„The first reliable written evidence for a presence of Christian communities in Sicily comes two hundred years later…”[15] Dies ist ein Brief der Diakone und Presbyter Roms an Cyprian, den Bischof von Carthago, aus dem Jahr 250, in dem es um die Frage der Behandlung der lapsi geht.[16] Also, um die Behandlung derjenigen Christen, die im Jahr 249 dem allgemeinen Opferedikt des Kaisers Decius Folge leisteten, deshalb aus der Kirche ausgestoßen wurden und nun um Wiederaufnahme baten. Aus diesem Schreiben allein wissen wir natürlich noch nichts über die uns betreffende Insel. Da dem Brief aber eine Kopie beigefügt war, die denselben Inhalt hatte und an die Gemeinden Siziliens gerichtet war, ist klar, dass es eine feste Gemeindestruktur gegeben haben muss. Leider ist uns diese Kopie nicht erhalten.

Allerdings ist dies nicht auf die Weise zu verstehen, dass seit diesem Jahr das Christentum auf der Insel verbreitet war. Dieses Datum(das Jahr 249) bildet unseren terminus ante quem, also den Zeitpunkt vor dem etwas geschehen sein muss.

[...]


[1] Vgl. Holm, A. (1898), S. 264.

[2] Freeman, E. (1895), S. 360.

[3] Apostelgeschichte 28,12.

[4] Ebd. 28, 14.

[5] Ebd. 28, 14 f.

[6] Guyot, P. (2002), S. 202.

[7] Wilson, R.J.A. (1990), S. 301.

[8] Diese Lokalsage wird inhaltlich von Freeman, E. (1895), S. 360 und Holm, A. (1898), S. 264 f übernommen.

[9] Holm, A. (1898), S. 264.

[10] Vgl. Guyot, P. (2002), S. 202 – 205.

[11] Wilson, R.J.A. (1990), S. 301.

[12] Guyot, P. (2002), S. 204.

[13] Ebd., S. 205.

[14] Guyot spricht vom Frühjahr 60.

[15] Wilson, R.J.A. (1990), S. 301.

[16] Da mir diese Quelle leider nicht vorlag, beziehe ich mich an dieser Stelle inhaltlich auf Guyot, P. (2001), S. 202.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Die Anfänge und die weitere Entwicklung des Christentums auf Sizilien
Hochschule
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg  (Institut für Geschichte)
Veranstaltung
Hauptseminar
Note
2
Autor
Jahr
2005
Seiten
23
Katalognummer
V38509
ISBN (eBook)
9783638375405
Dateigröße
533 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Anfänge, Entwicklung, Christentums, Sizilien, Hauptseminar
Arbeit zitieren
Marko Schulz (Autor:in), 2005, Die Anfänge und die weitere Entwicklung des Christentums auf Sizilien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/38509

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