Die Wirkung von Mitarbeiterpartizipation auf Burnout. Wie kann das Burnout-Risiko reduziert werden?


Fachbuch, 2018

94 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einführung in die Thematik

2 Theoretische Grundlagen des Burnout-Syndroms
2.1 Definitorische Abgrenzung
2.2 Konzeptualisierung von Burnout nach Maslach und Jackson ()
2.3 Forschungsstand hinsichtlich der Determinanten von Burnout

3 Mitarbeiterpartizipation im Unternehmen
3.1 Definitorische Abgrenzung
3.2 Forschungsstand hinsichtlich der Wirkeffekte von Mitarbeiterpartizipation

4 Wirkung von Mitarbeiterpartizipation auf Burnout
4.1 Job Demands-Resources Modell
4.2 Theorie der organisationalen Unterstützung
4.3 Modell des Person-Job-Fit

5 Schlussbetrachtung
5.1 Kritische Würdigung
5.2 Zusammenfassung, Handlungsempfehlungen und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Wirkeffekte von Mitarbeiterpartizipation und Determinanten von Burnout

Abbildung 2: Job Demands-Resources Modell

Abbildung 3: Modell zum Konstrukt organisationaler Unterstützung

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Definitionen des Konstrukts Burnout

Tabelle 2: Determinanten des Konstrukts Burnout

Tabelle 3: Definitionen des Konstrukts Mitarbeiterpartizipation

Tabelle 4: Wirkeffekte des Konstrukts Mitarbeiterpartizipation

1 Einführung in die Thematik

Für eine wachsende Zahl an Erwerbstätigen stellt die Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts eine Quelle hohen Leistungsdrucks, psychischer Belastung, chronischen Stresses und gesundheitlicher Beeinträchtigungen dar (vgl. Rees/Alfes/Gatenby 2013, S. 2793). Hierfür werden zahlreiche Faktoren verantwortlich gemacht. Sowohl die kontinuierlich stattfindenden technologischen Weiterentwicklungen als auch der mit der Globalisierung, Privatisierung und Liberalisierung (vgl. Schaufeli/Leiter/Maslach 2009, S. 209) zunehmende nationale sowie internationale Wettbewerb stellt die Unternehmen vor die Herausforderung, kosteneffizient zu wirtschaften (vgl. Jaffery/Farooq 2015, S. 273). Ein vielfach angewandtes Instrument zur Kostenreduzierung ist Personalabbau (Downsizing) (vgl. Kristof-Brown/Zimmerman/Johnson 2005, S. 325). Eine Folge ist, dass die verbliebenen Mitarbeiter in kürzerer Zeit höhere Leistungsstandards erreichen und sich ein komplexes Wissen aneignen müssen. Budgetkürzungen, hektische Arbeitsumgebungen und demografische Trends, wie das Altern der Gesellschaft, führen beispielsweise zu steigenden Arbeitsbelastungen im Gesundheitswesen. Die moderne Dienstleistungsgesellschaft geht mit hohen Serviceansprüchen und einem hedonistischen Verhalten der Kunden einher (vgl. Holland/Allen/Cooper 2013, S. 3146). Zusätzlich erhöht wird der Ar-beitsdruck durch die wachsenden Bedürfnisse der Kunden nach persönlicher Selbstentfaltung. Sie erfordern von den Unternehmen und deren Beschäftigten die Individualisierung von Leistungen und darüber hinaus die Forcierung von Innovationen (vgl. Rousseau 2004, S. 120).

Arbeit ist ein wichtiger Bestandteil des menschlichen Alltags. Die Art und Weise, wie Menschen ihr berufliches Umfeld wahrnehmen, nimmt entscheidenden Einfluss auf ihr Wohlergehen (vgl. Olafsen et al. 2017, S. 275). Ein häufig mit den dargestellten Entwicklungen in Verbindung gebrachtes Phänomen ist Burnout. Hierbei handelt es sich um ein arbeitspsychologisches Syndrom, das durch persönliche Erschöpfung gekennzeichnet ist und mit der Loslösung von sozialen Beziehungen und einer reduzierten Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter einhergeht (vgl. Maslach 1982, S. 3). Ein solcher Zustand hat nicht nur negative Folgen für die mentale und körperliche Gesundheit der Mitarbeiter, sondern führt auch zu hohen Kosten für das Unternehmen. Effizienzbestrebungen führen daher nicht zwangsläufig zu ökonomischem Erfolg. Sie können gleichermaßen mit einer geringeren Arbeitsproduktivität und höheren Fluktuationsraten und Fehlzeiten der Mitarbeiter verbunden sein (vgl. Maslach/Leiter 2008, S. 498).

Während einerseits eine Vielzahl ehemals engagierter und produktiver Beschäftigter vermehrt unter Burnout leidet, hat sich andererseits über die letzten Jahrzehnte hinweg die Definition eines positiven Arbeitsumfeldes gewandelt. Heutzutage erwarten die Mitarbeiter weniger monetäre Anreize (vgl. Rousseau 2004, S. 120), sondern Tätigkeiten, die erfüllend und interessant sind, kontinuierliches Lernen ermöglichen, Wertschätzung signalisieren und flexibel ausgeübt werden können (vgl. Rich/LePine/Crawford 2010, S. 621). Eine von Forschern vielfach propagierte Strategie, die sowohl der Reduktion von Belastungssituationen dient als auch den Bedürfnissen und Ideen der Arbeitnehmer gerecht werden soll, ist die Mitarbeiterpartizipation (vgl. Miao/Newman/Huang 2014, S. 2807). Durch Mitarbeiterpartizipation sollen individuelle Erwartungen an ein positives Arbeitsumfeld erfüllt werden. Derweil werden den Mitarbeitern in der Praxis häufig nur wenige Möglichkeiten zur Partizipation eingeräumt. Ein Grund hierfür sind die anhaltenden wissenschaftlichen und realwirtschaftlichen Debatten über die Wirksamkeit personalpolitischer Strategien auf das Wohlergehen der Belegschaft (vgl. Kilroy et al. 2016, S. 408). Hieraus ergibt sich die folgende Forschungsfrage: Handelt es sich bei der Mitarbeiterpartizipation um eine mögliche Strategie zur Reduzierung des Burnout-Risikos?

Bezugnehmend auf die Forschungsfrage besteht das Ziel der vorliegenden Masterarbeit darin, das Burnout-Konstrukt und die Unternehmensstrategie der Mitarbeiterpartizipation stärker zu beleuchten und deren Wirkungszusammenhänge darzulegen. Hierzu geht der Autor wie folgt vor. Das zweite Kapitel gibt zunächst einen Überblick über die theoretischen Grundlagen des Burnout-Syndroms. Kapitel 2.1 widmet sich der definitorischen Abgrenzung des Konstrukts. Mit der Konzeptualisierung des Burnout-Konstrukts nach Maslach und Jackson (1981) beschäftigt sich das Kapitel 2.2. Darauf folgend gilt es in Kapitel 2.3 mithilfe empirischer und konzeptioneller Studien die Determinanten von Burnout darzulegen und theoretisch zu erläutern. Gegenstand des dritten Kapitels ist die Mitarbeiterpartizipation. In Kapitel 3.1 wird die Strategie der Mitarbeiterpartizipation vorgestellt und definitorisch abgegrenzt. Anhand empirischer und konzeptioneller Forschungsergebnisse sollen in Kapitel 3.2 die Wirkeffekte der Mitbestimmung dargelegt und theoretisch begründet werden. Im vierten Kapitel erfolgt eine Gegenüberstellung der gewonnenen Erkenntnisse zu den Determinanten von Burnout und den Wirkeffekten partizipativer Maßnahmen. Mithilfe unterschiedlicher Modelle soll diskutiert werden, inwieweit Mitbestimmung das Burnout-Risiko reduzieren kann. Im Fokus des Kapitels 4.1 steht das Job Demands-Resources Modell. Auf die Bedeutung des Konstrukts der wahrgenommenen organisationalen Unterstützung wird in Kapitel 4.2 Bezug genommen. Das Modell des Person-Job-Fit resümiert in Kapitel 4.3 zentrale Erkenntnisse. Kapitel 5.1 beinhaltet die kritische Würdigung der gewonnenen Erkenntnisse. Abschließend sollen in Kapitel 5.2 praktische Implikationen und ein Ausblick für die weitere Forschung gegeben werden.

2 Theoretische Grundlagen des Burnout-Syndroms

2.1 Definitorische Abgrenzung

Innerhalb der sozialpsychologischen Forschung stellt Burnout ein heute weit etabliertes Konstrukt dar (vgl. Schaufeli/Leiter/Maslach 2009, S. 204). Metaphorisch gleichzusetzen mit dem Erlöschen einer Kerze, bedeutet Burnout so viel wie „Ausbrennen“ oder „Scheitern“ (vgl. Schaufeli 1999, S. 17). Die Ursprünge der Burnout-Forschung liegen in den Vereinigten Staaten von Amerika der 1970er- und 1980er-Jahre und basieren auf der Beobachtung erodierender Beziehungen zwischen Arbeitnehmern und deren Arbeitsumfeldern. Obwohl dieses Pro-blem schon seit längerer Zeit den Berufsalltag vieler Menschen prägte, rückte es erst in diesen Jahren in den Fokus der Wissenschaft (vgl. Maslach/Schaufeli/Leiter 2001, S. 398).

Anstatt auf empirischen oder wissenschaftstheoretischen Studien beruhten die ersten Erkenntnisse zu Burnout auf praktischen Erfahrungen innerhalb der realen Arbeitswelt („Bottom-up“) (vgl. Leiter/Maslach 2004, S. 92). Der Psychologe Freudenberger (1974) war es, der Burnout erstmalig beschrieb, dem Konstrukt einen konkreten Namen gab und diesem weitverbreiteten sozialen Problem ein forschungsrelevantes Gewicht verschaffte (vgl. Maslach/Schaufeli 1993, S. 2). Er verwendete den Begriff Burnout, um die zunehmende emotionale Erschöpfung darzulegen, die er während seiner Tätigkeit in einer Klinik für Drogenabhängige an sich und seinen Kollegen beobachtete. Er beschrieb Burnout als einen Zustand chronischer Frustration, der durch hohe Aufwendungen mentaler und körperlicher Ressourcen innerhalb psychosozialer Berufe gekennzeichnet ist. Zudem schilderte er das häufige Auftreten von Symptomen wie Müdigkeit, Konzentrationsschwäche und Depressionen (vgl. Freudenberger 1974, S. 160f.).

Zu Beginn oftmals als populärwissenschaftliches Phänomen bezeichnet (vgl. Maslach/Schau-feli/Leiter 2001, S. 398), fehlte es dem Burnout-Konstrukt lange Zeit an einer klaren Konzeptualisierung und definitorischen Grundlage. Mit den ersten systematischen Studien der späten 1970er- und frühen 1980er-Jahre änderte sich dieser Zustand (vgl. Cordes/Dougherty 1993, S. 623). Unabhängig und weitgehend parallel zu Freudenberger befasste sich auch die Forschergruppe um Maslach mit Burnout. Ihre empirischen Untersuchungen richteten sich explizit auf die Berufsgruppe der sogenannten Human Services (z. B. Krankenschwestern, Sozialarbeiter, Lehrer). Sie stellten fest, dass sich viele Beschäftigte angesichts emotionaler Belastungssituationen erschöpft fühlten, negative Einstellungen gegenüber ihren Patienten, Kunden oder auch Klienten aufwiesen und unter Zweifeln an den eigenen fachlichen Kompetenzen litten (vgl. Schaufeli/Leiter/Maslach 2009, S. 205f.). Hierauf aufbauend konzeptualisierten Maslach und Jackson (1981) Burnout als ein mehrdimensionales Konstrukt, das über die von Freuden-berger beschriebene Erschöpfung hinausreicht (vgl. Maslach/Jackson 1981, S. 100). Definiert wird Burnout als ein psychologisches Syndrom, das durch emotionale Erschöpfung (EE), Depersonalisierung (D) sowie reduzierte persönliche Leistungsfähigkeit (PL) charakterisiert ist und bei Beschäftigten auftritt, die mit Menschen in beruflichem Kontakt stehen (vgl. Maslach 1982, S. 3). Eine Übersicht über die in der Fachliteratur existierenden und in diesem Kapitel verwendeten Definitionen von Burnout findet sich in der nachfolgend dargestellten Tabelle 1.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Definitionen des Konstrukts Burnout

Quelle: Eigene Darstellung.

In der Wissenschaft hat sich die mehrdimensionale Konzeptualisierung von Burnout als allge-meingültig etabliert (vgl. Schaufeli/Leiter/Maslach 2009, S. 212). Das von Maslach und Jack-son (1981) entwickelte und die drei Subskalen EE, D und PL umfassende Messinstrument Maslach Burnout Inventory für die Berufe im Bereich der Human Services (MBI-HSS) ent-spricht dem Standardwerkzeug in der Burnout-Forschung (vgl. Maslach 1998, S. 72).

Für viele Jahre beschränkte sich die Forschung zu Burnout auf die Human Services. Das Beispiel einer Krankenschwester verdeutlicht, dass die Tätigkeiten der Human Services als emotional anspruchsvoll gelten. Ursächlich hierfür ist etwa der intensive Umgang mit Hilfsbedürftigen (vgl. Cordes/Dougherty 1993, S. 639). Hierauf bezugnehmend betonen Lee und Akhtar (2011), dass insbesondere dem sozialen Kontext im Arbeitsumfeld ein enormes Gewicht bei der Entstehung von Burnout beizumessen ist (vgl. Lee/Akhtar 2011, S. 228). Der soziale Kontext umfasst die zwischenmenschlichen Beziehungen, die ein Beschäftigter zu Patienten, Kollegen und Vorgesetzten unterhält. Im Mittelpunkt des sozialen Kontexts steht dabei das direkte Austauschverhältnis zwischen Leistungserbringern und -empfängern (vgl. Maslach 1998, S. 71). Zusätzlich verstärkt werden die individuell empfundenen Belastungen durch einen körperlich erschöpfenden Berufsalltag. Hervorzuheben sind ein hohes Arbeitspensum, schwere Hebetätigkeiten und Schichtarbeit. Die Berufe der Human Services gelten daher als von Natur aus stressig (vgl. Holland/Allen/Cooper 2013, S. 3148). Eine Krankenschwester, die unter den genannten Bedingungen mit Patienten zusammenarbeitet, ist chronischem Stress ausgesetzt, der psychisch und physisch belasten kann. Die Beschäftigten in den Berufen der Human Services gelten folglich als besonders anfällig für Burnout (vgl. Maslach/Jackson 1981, S. 99).

In den späten 1980er-Jahren übertrug man die bisherigen Erkenntnisse zu Burnout auf Berufe außerhalb der Human Services und somit auf Tätigkeiten, in deren Mittelpunkt nicht zwangsläufig die Arbeit mit Menschen, sondern vielmehr mit Informationen und technischen Geräten steht (vgl. Demerouti et al. 2001, S. 499). Entgegen ursprünglicher Vermutungen zeigte sich, dass Burnout in jeglichen Berufen auftreten kann, die von den Betroffenen als psychisch und physisch ermüdend wahrgenommen werden. Folglich können auch Büroangestellte, Manager oder Fabrikanten unter Burnout leiden (vgl. Schaufeli/Leiter/Maslach 2009, S. 206).

Um Burnout auch berufsgruppenübergreifend empirisch nachweisen zu können, entwickelte die Forschergruppe um Maslach das MBI-General Survey (MBI-GS). Dessen drei Dimensionen stimmen im hohen Maße mit denen des MBI-HSS überein. Im Gegensatz zum MBI-HSS sind die Items der drei Subskalen des MBI-GS jedoch allgemeiner formuliert und beschränken sich somit nicht ausschließlich auf die Berufsgruppen der Human Services (vgl. Schaufeli et al. 2002, S. 73). Hieran anknüpfend etablierte sich zudem eine universellere Definition von Burnout nach Leiter und Maslach (2004). Demgemäß handelt es sich bei Burnout um ein psychologisches Syndrom, das durch chronische Stressfaktoren bei der Arbeit ausgelöst wird und durch die Dimensionen Erschöpfung, Zynismus und Erfolgslosigkeit charakterisiert ist (vgl. Leiter/Maslach 2004, S. 93). Da Burnout bis heute jedoch primär im Bereich der Human Services erforscht wird, nimmt das MBI-HSS weiterhin eine zentrale Rolle in der Wissenschaft ein (vgl. Holland/Allen/Cooper 2013, S. 3148). Auch die Mehrheit der in Kapitel 2.3 berücksichtigten empirischen Studien verwendet das MBI-HSS. Dementsprechend fließen vor allem die Konzeptualisierung des MBI-HSS und die Definition nach Maslach (1982) als zentrale Komponenten in die nachfolgenden Betrachtungen dieser Thesis ein. Da die Nichtberücksichtigung des MBI-GS den wissenschaftlichen Aussagewert der vorliegenden Thesis schmälern würde, findet in den nachfolgenden Analysen auch dieser Ansatz partielle Berücksichtigung.

Burnout ist ein psychologischer Prozess, der durch die Abfolge einstellungsbezogener Verhaltensweisen gekennzeichnet ist (vgl. Jackson/Schuler 1983, S. 59). Im Zentrum wissenschaftlicher Diskussionen steht dabei die Frage, in welcher zeitlichen Sequenz die Dimensionen zueinander auftreten (vgl. Cordes/Dougherty 1993, S. 624). Hierbei werden die zugrundeliegenden Kausalprozesse des Syndroms vielfach unterschiedlich interpretiert (vgl. Taris et al. 2005, S. 239). Die Darlegung zweier verschiedener Prozessmodelle ist Gegenstand des Kapitels 2.2. Konsens besteht allerdings darin, dass Burnout im Gegensatz zu Stress nicht die Reaktion auf einzelne kritische Ereignisse darstellt. Vielmehr entspricht Burnout dem kumulierten Ergebnis chronisch hoher Stressniveaus (vgl. Leiter/Maslach 2004, S. 93). Burnout entwickelt sich suk-zessive und bleibt für Leidtragende und Außenstehende oftmals lange Zeit unentdeckt. Darüber hinaus handelt es sich bei Burnout um ein im Zeitablauf stabiles Syndrom. Der Entwicklungsprozess, der sich durch die drei Dimensionen vollzieht, geht mit einer kontinuierlichen Abwärtsspirale mentaler und körperlicher Ressourcen einher (vgl. Taris et al. 2005, S. 253).

Neben den beiden Versionen des MBI haben sich im Zeitablauf noch weitere Konzeptualisierungsansätze herauskristallisiert. Zwei dieser Ansätze werden nachfolgend beschrieben. Konform mit Freudenberger wird Burnout im Copenhagen Burnout Inventory (CBI) als eindimensionales Konstrukt dargestellt, das ausschließlich aus der Dimension Erschöpfung besteht. Die Dimensionen D und PL werden im CBI nicht als separate Dimensionen des Konstrukts Burnout angesehen. Anhand von drei Subskalen (Burnout am Arbeitsplatz, im Umgang mit Klienten, im privaten Umfeld) misst das CBI Burnout innerhalb drei verschiedener Lebensbereiche. Arbeitsplatzbezogenes Burnout meint dabei den Zustand mentaler und körperlicher Erschöpfung, der durch spezifische Umstände bei der Arbeit verursacht wird. Dem CBI zufolge kann Burnout auch bei Nichtberufstätigen (z. B. Rentnern, Arbeitslosen) in Form eines Burnouts im privaten Umfeld auftreten (vgl. Kristensen et al. 2005, S. 197). Die Ansicht kontextfreien Burnouts ist jedoch nicht mit dem multidimensionalen Ansatz vereinbar und entspricht einer inhaltlichen Simplifizierung des MBI-HSS (vgl. Schaufeli/Leiter/Maslach 2009, S. 212).

Das Oldenburg Burnout Inventory (OLBI) umfasst die Kerndimension Erschöpfung und die als unterstützend betrachtete Dimension Disengagement. Beide sind den Dimensionen EE und D konzeptionell weitgehend ähnlich. Das MBI-HSS wird von den Befürwortern des OLBI als dahingehend problematisch angesehen, als dass die Items der drei Subskalen ausschließlich in die jeweils gleiche positive oder negative Richtung formuliert sind. Daher sind die Dimensionen des OLBI sowohl über bejahende als auch negierende Items operationalisiert (vgl. Demerouti et al. 2001, S. 500f.). Bei den Vertretern des OLBI findet die Existenz der Dimension PL keine konzeptionelle und empirische Unterstützung. Vielmehr wird PL als zur Dimension EE zugehörig angesehen (vgl. Kalliath et al. 2000, S. 46; Schaufeli/Bakker 2004, S. 309).

Aufgrund fehlender konzeptioneller Studien und empirischer Analysen wurde Burnout lange Zeit mit einer Vielzahl von Konstrukten gleichgestellt, von denen die Mehrzahl jedoch selbst unter definitorischer Unschärfe leidet (vgl. Schaufeli 1999, S. 20). Eine Abgrenzung zu verwandten Konstrukten erscheint notwendig und ist Gegenstand nachfolgender Ausführungen.

Burnout wird definiert als der Verlust von Engagement (vgl. Maslach/Leiter 1997, S. 23). Basierend auf dem Ansatz der Positiven Psychologie erweitert das Konstrukt Engagement die defizitbasierte Forschung zu Burnout. Die individuelle Ressourcenausstattung befähigt laut Positiver Psychologie einen jeden Menschen dazu, sein Leben und seinen Berufsalltag zu meistern. Im Zentrum dieses psychologischen Ansatzes steht daher die Weiterentwicklung persönlicher Stärken und die Schaffung von Zufriedenheit bei der Arbeit (vgl. Schaufeli/Leiter/Maslach 2009, S. 214f.). Engagement entspricht dem positiven Gegenteil von Burnout und ist durch die drei Dimensionen Energie, Involvement und Erfolg charakterisiert. Im Umkehrschluss stimmen diese Dimensionen mit den positiven Endpunkten der Subskalen des MBI-HSS überein (vgl. Maslach 1998, S. 73). Hieran zeigt sich, dass eine Tätigkeit, die von Menschen zunächst als bedeutungsvoll wahrgenommen wird, später aufgrund arbeitsbezogener Bedingungen unvorteilhaft und bedeutungslos erscheinen kann. Dabei weicht Energie der Erschöpfung, Involvement geht in Depersonalisierung über und persönlicher Erfolg mündet in einem Gefühl der Erfolglosigkeit (vgl. Maslach/Leiter 1997, S. 24). Gemäß Kahn (1990) sind engagierte Menschen „[...] physically involved in tasks, whether alone or with others, cognitively vigilant, and empathically connected to others in the service of the work they are doing in ways that display what they think and feel, their creativity, their beliefs and values, and their personal connections [...].” (Kahn 1990, S. 700). Demzufolge resultiert Engagement in einer positiven dynamischen Beziehung zwischen Mitarbeitern und deren Tätigkeiten. Engagement geht mit enthusiastischen Arbeitnehmern einher, die sich mit ihrem beruflichen Umfeld verbunden fühlen. Sie sind motiviert, mentale und körperliche Ressourcen in die sozialen Beziehungen des Arbeitsplatzes einzubringen. Sie nehmen ihre Tätigkeiten als positiv herausfordernd wahr und setzen sich darüber hinaus aktiv für den wirtschaftlichen Erfolg ihres Arbeitgebers ein (vgl. Bakker/Demerouti/Sanz-Vergel 2014, S. 391).

Die vorliegende Arbeit betrachtet das MBI als ein bipolares Messinstrument zur Bestimmung von Burnout und Engagement. Das Verhältnis der Menschen zu ihrer Arbeit entspricht einem Kontinuum zwischen der negativen Burnout-Erfahrung und dem positiven Erleben von Engagement (vgl. Maslach/Leiter 2008, S. 498). Die praktische Bedeutung des Kontinuums liegt darin, dass Engagement das Ziel aller Burnout-Interventionen darstellen sollte. Dieser Ansatz unterstützt die betrieblichen Entscheidungsträger. Er zeigt auf, welche Umstände bei der Arbeit dazu führen, dass sich die Mitarbeiter mit Energie und Begeisterung ihrem Beruf widmen und Zweifel an der eigenen Kompetenz schwinden (vgl. Maslach 1988, S. 81).

Der Übergang von der Industrie- zur Wissensgesellschaft hat die Art der mit Arbeit verbundenen Beanspruchungen verändert. Lange Zeit lag der Fokus auf der Vermeidung chemischer, biologischer und physischer Gefahren am Arbeitsplatz. Heute sind es vor allem psychologische Belastungen, die Menschen an stressbedingten Symptomen erkranken lassen (vgl. Olafsen et al. 2017, S. 276). Definiert wird Stress als ein Prozess, der durch übermäßige Anforderungen bei der Arbeit ausgelöst wird und zu zeitweiligen Belastungssituationen und langfristigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen kann (vgl. Ganster/Rosen 2013, S. 1088). Burnout ist eine Form von Stress. Konkreter noch entspricht Burnout einem finalen Endpunkt langanhaltenden Stresses (vgl. Cordes/Dougherty 1993, S. 625). Chronischer Stress und somit auch Burnout gehen aus einem für lange Zeit bestehenden Ungleichgewicht aus den mentalen und körperlichen Ressourcen eines Menschen und den spezifischen Anforderungen des Arbeitsplatzes hervor. Anders als bei Stress impliziert Burnout die Entwicklung dysfunktionaler Einstellungen und Verhaltensweisen gegenüber dem eigenen Ich, anderen Personen sowie der Tätigkeit im Allgemeinen (vgl. Schaufeli 1999, S. 20). In einer empirischen Untersuchung mit Krankenschwestern konnte nachgewiesen werden, dass das Gesamtkonstrukt Burnout eindeutig von Stress differenziert werden kann, jedoch speziell die EE-Dimension eine stark positive Korrelation zum Stress-Konstrukt aufweist (vgl. Schaufeli/Van Dierendonck 1993, S. 634f.).

Mit Burnout verwandt ist obendrein das Konstrukt Arbeitsunzufriedenheit. Bei Arbeitsunzufriedenheit handelt es sich um eine negative Einstellung zur Organisation. Dagegen entspricht Arbeitszufriedenheit einer positiven Einstellung zum Unternehmen. Auch als psychologische Tendenzen definiert, basieren organisationale Einstellungen auf der persönlichen Bewertung einer spezifischen Arbeitssituation und den damit einhergehenden persönlichen Erfahrungen (vgl. Weiss 2002, S. 175). Arbeitsunzufriedenheit tritt auf, wenn an die Arbeit geknüpfte Erwartungen und Bedürfnisse unerfüllt bleiben (vgl. Locke 1976, S. 1299). Während Burnout sowohl die persönlichen Einstellungen als auch die daraus resultierenden Verhaltensweisen eines Arbeitnehmers beinhaltet, bleiben letztere bei Arbeitsunzufriedenheit unberücksichtigt. Demgemäß trifft Arbeitsunzufriedenheit keine Aussagen über die sozialen Beziehungen der Mitarbeiter zu Kunden, Arbeitskollegen und Vorgesetzten (vgl. Leiter/Maslach 2004, S. 94).

Auch Commitment entspricht einer organisationalen Einstellung (vgl. Alarcon 2011, S. 551). Commitment beschreibt das Ausmaß der psychologischen Bindung eines Mitarbeiters zu dessen Unternehmen (vgl. Allen/Meyer 1990, S. 14) und subsumiert die persönlichen Motive zur Aufrechterhaltung einer eingegangenen Beziehung (vgl. Becker 1960, S. 34). Der Fokus organisationalen Commitments liegt auf dem Unternehmen. Bei Burnout steht die Tätigkeit an sich im Mittelpunkt (vgl. Leiter/Maslach 2004, S. 94). Häufig beruhen die Untersuchungen zu Commitment auf dem Urteil Porters und dessen Mitautoren (1974), wonach Commitment als „[...] the relative strength of an individual’s identification with and involvement in a particular organization.“ (Porter et al. 1974, S. 604) bezeichnet wird. Hieraus wird die Analogie zu den beiden Konstrukten Identifikation und Involvement deutlich. Ersteres entspricht einem Übernahmeprozess organisationaler Ziele und Normen in den Wertekanon des Individuums. Demgegenüber beschreibt Involvement den Grad der persönlichen Ich-Beteiligung und folglich die Begeisterung, mit der sich eine Person ihrer Tätigkeit widmet (vgl. Buchanan, 1974, S. 533).

Burnout und Depressionen sind durch ähnliche dysphorische Krankheitsbilder gekennzeichnet. Burnout-Opfer präsentieren ihre Beschwerden allerdings stärker nach außen (vgl. Schaufeli 1999, S. 20). Während es sich bei Burnout um ein arbeitsplatzspezifisches Problem handelt, können Depressionen in sämtlichen privaten Lebensbereichen eines Menschen auftreten. Personen, deren Gesamtverfassung als emotional labil eingestuft wird, sind nicht nur anfälliger für depressive Beschwerden, sondern leiden statistisch gesehen auch häufiger unter Burnout (vgl. Maslach/Schaufeli/Leiter 2001, S. 404). Glass and McKnight (1996) geben unterdessen einen empirischen Nachweis dafür, dass die beiden psychologischen Konstrukte nicht als wissenschaftlich redundant betrachtet werden können. Wie zuvor bereits bei Stress dargelegt, weist auch hier insbesondere die MBI-Dimension EE statistisch relevante Überschneidungen mit dem Konstrukt der Depressionen auf (vgl. Glass/McKnight 1996, S. 33).

2.2 Konzeptualisierung von Burnout nach Maslach und Jackson ()

Gegenstand dieses Kapitels ist die Betrachtung der drei Burnout-Dimensionen EE, D und PL. Bevor in einem finalen Schritt zwei unterschiedliche MBI-Prozessmodelle vorgestellt werden, gilt es, eine konzeptionelle und empirische Bewertung des MBI-HSS zu geben.

Die drei Dimensionen des Burnout-Konstrukts werden im MBI-HSS anhand von 22 Items erfasst. Im Gegensatz hierzu misst das MBI-GS Burnout mittels 16 Items. Sie beinhalten Aussagen mit Bezug auf die persönlichen Gefühle und Einstellungen der Befragten. Jede Aussage wird dabei über die beiden Skalen der Häufigkeit und Intensität operationalisiert. Die Häufigkeits-Skala beginnt bei 1 (wenige Male pro Jahr) und endet bei 6 (täglich). Vergeben wird ein Wert von 0, wenn die Befragten, durch Ankreuzen eines separaten Feldes, anzeigen, das beschriebene Gefühl oder die dargestellte Einstellung nie zuvor erfahren zu haben. Die Skala der Intensität reicht dagegen von 1 (sehr schwach, kaum wahrnehmbar) bis 7 (sehr stark, bedeutend) (vgl. Maslach/Jackson 1981, S. 100f.; Maslach/Jackson/Leiter 1997, S. 209).

EE ist die zentrale Kerndimension und die offensichtlichste Manifestation des Konstrukts Burnout (vgl. Taris et al. 2005, S. 239). Personen, die sich als unter Burnout leidend bezeichnen, beziehen sich oftmals auf die Erfahrung mentaler und körperlicher Abgeschlagenheit. EE repräsentiert die persönliche Stresserfahrung einer berufstätigen Person (vgl. Maslach/Schau-feli/Leiter 2001, S. 403). Die EE-Subskala wird im MBI-HSS anhand von neun Items erfasst. Sie beschreiben EE als einen Zustand emotionaler Überforderung angesichts hoher Arbeitsanforderungen. Die höchste Faktorladung weist das Item „I feel burned out from my work“ auf (vgl. Maslach/Jackson 1981, S. 101). Operationalisiert durch fünf Items, führt auch das MBI-GS die Entstehung von EE auf den übermäßigen Einsatz psychischer und physischer Ressourcen zurück. Aus der Aussage „Working with people all day is really a strain for me“ wird im MBI-GS das universellere Item „Working all day is really a strain for me“ (vgl. Mas-lach/Jackson/Leiter 1997, S. 209). Angesichts eines schrumpfenden Ressourcenhaushalts sind Burnout-Betroffene häufig nicht mehr in der Lage, ihren Tätigkeiten in gewohnter Art und Weise nachzugehen und sehen zumeist auch keine Möglichkeit, ihren Energiespeicher wieder aufzufüllen. Ferner fühlen sie sich außer Stande, den hohen beruflichen Anforderungen ad-äquat nachzukommen und fürchten jeden weiteren Arbeitstag (vgl. Schaufeli 1999, S. 19).

Der zwischenmenschliche Bezug von Burnout wird durch die Dimension D abgebildet (vgl. Maslach 1998, S. 69). Die fünf Items des MBI-HSS beschreiben D als die gefühllose und distanzierte Haltung eines Menschen gegenüber denjenigen Personen, die ihm im Beruf begegnen. Das gilt dabei für die Beziehung zu Kunden, Kollegen und Vorgesetzten. Der Entfremdungsprozess wird beispielhaft durch das Item „I don’t really care what happens to some re-cipients“ beschrieben (vgl. Maslach/Jackson 1981, S. 103). D repräsentiert folglich nicht nur die Entwicklung negativer Einstellungen, sondern auch zynischen Verhaltens (vgl. Schaufeli 1999, S. 19). Die entmenschlichten Sichtweisen Burnout-Betroffener haben zum Ergebnis, dass andere Menschen zunehmend als Objekte angesehen werden und soziale Bindungen versiegen (vgl. Cordes/Dougherty 1993, S. 623). Die fünf Items des MBI-GS besagen, dass sich eine ablehnende Haltung auch auf den Arbeitsplatz allgemein beziehen kann und nicht not-wendigerweise zwischenmenschlicher Natur sein muss (vgl. Schaufeli/Bakker 2004, S. 294).

Beschrieben wird PL als Dimension der Selbstevaluierung (vgl. Leiter/Maslach 2004, S. 93). Anders als es die negative Formulierung „reduzierte persönliche Leistungsfähigkeit“ erkennen lässt, sind die PL-Items, im Vergleich zu EE und D, invers kodiert und fortan ebenfalls positiv formuliert (vgl. Cordes/Dougherty 1993, S. 626). Die PL-Subskala des MBI-HSS enthält acht Items. Sie beschreiben PL als das Gefühl von Erfolg und Kompetenz im Umgang mit Menschen des beruflichen Umfeldes. „I deal very effectively with the problems of my re-cipients“ lautet ein Item dieser Skala (vgl. Maslach/Jackson 1981, S. 101f.). Aus sechs Items bestehend beschreibt das MBI-GS PL als die generelle Leistungsfähigkeit und Produktivität eines Mitarbeiters (vgl. Leiter/Maslach 2004, S. 93). Niedrige Werte auf den Häufigkeits- und Intensitäts-Skalen weisen darauf hin, dass die Befragten mit ihrer eigenen Arbeit unzufrieden sind (vgl. Lee/Akhtar 2011, S. 229). Sie beklagen den Mangel an persönlicher Weiterentwicklung. Bei ihnen wächst das Empfinden, andere Menschen nicht mehr adäquat unterstützen zu können. Burnout entspricht folglich einem selbstauferlegten Urteil des Scheiterns und mündet in einem geringen Selbstwertgefühl der Betroffenen (vgl. Schaufeli/Enzmann 1998, S. 69).

Abschließend lässt sich festhalten, dass hohe Mittelwerte auf der Erschöpfungs- und Entfremdungs-Subskala sowie ein niedriger mittlerer Wert auf der Subskala der Selbstevaluierung mit hohen Graden des Burnout-Syndroms einhergehen (vgl. Maslach/Jackson 1981, S. 101). Gemäß der bipolaren Konzeptualisierung liegt Engagement dann vor, wenn die Mittelwerte auf der Erschöpfungs- und Entfremdungs-Subskala gering sind und ein hoher mittlerer Werte auf der Subskala der Selbstevaluierung zu verzeichnen ist (vgl. Schaufeli/Bakker 2004, S. 294).

Die Mehrheit der wissenschaftlichen Untersuchungen zu Burnout beruht auf der dreidimen-sionalen Konzeptualisierung nach Maslach und Jackson (1981). Ursächlich hierfür ist die Tatsache, dass die konzeptionellen und empirischen Grundlagen alternativer Ansätze zumeist nur rudimentärer Natur sind und deshalb kaum Befürwortung finden (vgl. Alarcon 2011, S. 550). Konzepte wie das CBI oder OLBI sind indes nicht in der Lage, die Komplexität des Burnout-Konstrukts hinreichend zu erfassen. Die Dimensionen D und PL erfassen kritische Aspekte der Beziehung, die eine Person zu ihrem beruflichen Umfeld aufrechterhält. Beide erlauben einen umfassenderen Einblick in das arbeitsbezogene Wohlbefinden der Menschen. Eine ein- oder zweidimensionale Konzeptualisierung mündet folglich in einem Informationsverlust und erschwert den Einsatz zielgerichteter Interventionen (vgl. Cordes/Dougherty 1993, S. 628).

Maslach und Jackson (1981) würdigen die einfache Handhabung des MBI und betonen auch dessen hohe Reliabilität sowie Konvergenz- und Diskriminanzvalidität. Sie selbst liefern einen empirischen Beweis dafür, dass es sich bei EE, D und PL um konzeptionell unterscheidbare Dimensionen handelt (vgl. Maslach/Jackson 1981, S. 100ff.). Die Existenz der drei Dimensionen wird auch von Cordes, Dougherty und Blum (1997) belegt. Die von ihnen ermittelten Faktorladungen für EE, D und PL betragen 0,96, 0,74 und 0,36. Demnach weisen alle drei Dimensionen eine statistisch relevante positive Korrelation zum Burnout-Konstrukt auf. Insbesondere EE und D stehen in einer starken Beziehung zu Burnout (vgl. Cordes/Dougher-ty/Blum 1997, S. 693ff.). Wie im nachfolgenden Kapitel gezeigt wird, weisen die arbeitsbezo-genen Determinanten differentielle Korrelationsmuster zu EE, D und PL auf. Dieser Umstand kann ebenfalls als ein Argument für die Unterteilung des Konstrukts in drei separate Dimensionen angesehen werden (vgl. Cordes/Dougherty 1993, S. 628). Die dreidimensionale MBI-Struktur wurde derweil an zahlreichen Berufen nachgewiesen (vgl. Maslach 1998, S. 72).

Maslach und Jackson (1981) haben jedoch nie kritische Schwellenwerte formuliert, ab denen eindeutig von Burnout zu sprechen ist (vgl. Cordes/Dougherty 1993, S. 626). Bezeichnet wird das MBI als Goldstandard. Praktisch gesehen ist Burnout das, was durch das MBI gemessen wird (und umgekehrt). Hieran regt sich Kritik (vgl. Schaufeli/Leiter/Maslach 2009, S. 211). In Anbetracht der engen Verzahnung von Theorie und Praxis werden alternative Ansätze weitge-hend ignoriert. Folglich stoßen die ungelösten Fragen, beispielsweise zu den kausalen Prozessen des Syndroms, auf nur geringes wissenschaftliches Interesse (vgl. Shirom/Melamed 2006, S. 177f.). Vor allem EE weist starke Überschneidungen mit verwandten Konstrukten auf. Die robusteste und zuverlässigste Subskala entspricht gleichzeitig der am wenigsten spezifischen Dimension des Konstrukts (vgl. Schaufeli 1999, S. 20). Ferner sei darauf hingewiesen, dass eine dritte MBI-Version, speziell für die pädagogischen Berufe, entwickelt wurde. Sie erlangte jedoch nie breite wissenschaftliche Relevanz (vgl. Maslach/Leiter 2008, S. 499).

Nachfolgend werden die zwei wichtigsten Prozessmodelle dargestellt, die sich angesichts der Verknüpfungen der drei Burnout-Dimensionen unterscheiden (vgl. Taris et al. 2005, S. 240). Die Frage nach der kausalen Ordnung blieb bisher weitgehend akademisch unberücksichtigt. Betont wird jedoch deren praktische Bedeutung. Ein tiefgreifendes Verständnis über die Ätiologie und Entwicklung von Burnout ermöglicht nicht nur eine frühe Diagnose des Syndroms, sondern erleichtert ebenso den Einsatz präventiver Maßnahmen. Obendrein schafft ein konzeptionell und empirisch fundiertes Prozessmodell die Voraussetzung für die präzise Bestimmung der Determinanten des Konstrukts (vgl. Cordes/Dougherty/Blum 1997, S. 699).

Gemäß dem Prozessmodell nach Leiter und Maslach (1988) tritt EE zuerst auf und setzt die Entwicklung von D in Gang. D führt zur Entstehung von PL. Ausgelöst wird die individuelle Stresserfahrung (EE) durch die Anforderungen bei der Arbeit. Insbesondere emotionale Stressoren, wie eine schlechte Beziehung zum Vorgesetzten, können Erschöpfungsgefühle hervorrufen. Ein hoher Grad an EE löst einen Entfremdungsprozess aus. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn dem Betroffenen auch die Unterstützung durch die Kollegen verwehrt bleibt. Um sich vor den übermäßig hohen Arbeitsanforderungen zu schützen, wenden sich die Beschäftigten von der eigenen Tätigkeit ab und entwickeln eine gleichgültige Haltung ihr gegen-über (vgl. Leiter/Maslach 1988, S. 306). D repräsentiert folglich den Versuch, einen emotionalen Puffer zwischen sich und den Kunden, Kollegen und Vorgesetzten zu schaffen, da Belastungen hierdurch überschaubarer erscheinen (vgl. Maslach/Schaufeli/Leiter 2001, S. 403). Bezeichnet wird D als eine defensive Bewältigungsstrategie. Die soziale Abkehr wird zudem als eine Möglichkeit angesehen, um sich von dem Mitgefühl anderer Menschen zu befreien. Dadurch werden weitere emotionale Erregungen vorgebeugt (vgl. Taris et al. 2005, S. 240).

Die Abwendung von sozialen Beziehungen und der eigenen Tätigkeit führt dazu, dass Arbeitsziele nicht mehr erreicht werden können. Betroffene stellen zunehmend fest, dass die Diskrepanz zwischen ihrer aktuellen Haltung und den anfänglich optimistischen Erwartungen an die Arbeit zunimmt. Sie tragen nicht den angestrebten Anteil zum Erfolg des Unternehmens bei, wodurch das Gefühl persönlicher Leistungsfähigkeit schwindet (vgl. Cordes/Dougherty 1993, S. 624). Demzufolge handelt es sich bei D um eine Determinante von PL. Wie zuvor gezeigt, kommt EE einer Determinante von D gleich. Alternativ formuliert führt EE nur dann zu PL, wenn D als ein Mediator in dieser Beziehung auftritt (vgl. Leiter/Maslach 1988, S. 300).

Dass es sich bei D um eine unmittelbare Reaktion auf EE handelt, findet forscherübergreifend breite Akzeptanz. So wurde dieser Zusammenhang bereits vielfach belegt (vgl. Maslach/Lei-ter 2008, S. 499). Zu nennen sind hier vor allem Lee und Akhtar (2011). Das Ergebnis ihrer Studie, durchgeführt mit 1.190 Krankenschwestern, weist nach, dass EE die bedeutungsvollste Determinante der Entfremdungsdimension D darstellt (vgl. Lee/Akhtar 2011, S. 237).

Das Verhältnis von EE und D zu PL ist komplexer und noch immer Gegenstand wissenschaftlicher Debatten. Das Prozessmodell nach Lee und Ashforth (1996) folgt dem zuvor dargelegten Modell und betrachtet EE als eine Determinante von D. Anders als Leiter und Maslach (1988) vertreten sie die Auffassung, dass sich PL unabhängig von EE und D entwickelt. Ihre Meta-Analyse zeigt auf, dass EE stark mit D korreliert, der Zusammenhang zwischen EE und PL sowie D und PL allerdings gering ausfällt (vgl. Lee/Ashforth 1996, S. 126ff.). Auch diese Variante des Prozessmodells findet Befürwortung. Cordes, Dougherty und Blum (1997) belegen eine statisch signifikante Korrelation zwischen EE und D, müssen einen Zusammenhang zwischen D und PL jedoch ebenfalls verneinen (vgl. Cordes/Dougherty/Blum 1997, S. 697).

In ihrer Studie mit 967 Lehrern und 218 onkologischen Dienstlern zeigen Taris et al. (2005), dass die beiden zuvor dargestellten Prozessmodelle eine vergleichbare Güte aufweisen, das Modell nach Leiter und Maslach (1988) allerdings leicht besser abschneidet (vgl. Taris et al. 2005, S. 251f.). Auch wenn, entgegen der Ergebnisse von Taris et al. (2005), heute ein Trend dahingehend zu verzeichnen ist, PL als unabhängig von EE und D anzusehen, kann sich keines der beiden Modelle endgültig durchsetzen (vgl. Maslach/Schaufeli/Leiter 2001, S. 405).

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass es sich bei den Studien zu der kausalen Grundordnung des Burnout-Syndroms häufig nicht um Längsschnittstudien handelt, sondern um Querschnittstudien mit entsprechend geringerem Aussagegehalt (vgl. Maslach 1998, S. 78; Taris et al. 2005, S. 251). Vereinzelt äußern Wissenschaftler die These, dass es keinen allgemeingültigen Wirkungszusammenhang zwischen EE und D zu PL gibt. Vielmehr betonen sie, dass sich PL, bedingt durch die Berufsart und die damit einhergehenden spezifischen Arbeitsfaktoren, parallel oder sequentiell zu EE und D entwickelt (vgl. Janssen/Schaufeli/Houkes 1999, S. 84; Leiter/Maslach 2004, S. 93). Hiermit übereinstimmend können auch Taris et al. (2005) die Beziehung von D zu PL nur an Lehrern, nicht aber onkologischen Dienstleistern, nachweisen (vgl. Taris et al. 2005, S. 253). Ein besonderes Gewicht nimmt auch die Ausgestaltung der Unternehmenskultur ein (vgl. Cordes/Dougherty 1993, S. 645). Eine der größten Herausforderungen in der Burnout-Forschung besteht darin, die Beziehungen der Dimension EE und D zu PL genauer zu untersuchen. Für einen tieferen Einblick erscheint es notwendig, theoretische und empirische Grundlagen zu vervollkommnen (vgl. Janssen/Schaufeli/Houkes 1999, S. 84).

2.3 Forschungsstand hinsichtlich der Determinanten von Burnout

Ein zentraler Fokus der Marketingwissenschaft liegt darauf, soziale Austauschprozesse, zum Beispiel Kundenbeziehungen oder Arbeitsverhältnisse, zu optimieren. Hierzu ist es notwendig, die einstellungs- und verhaltensbestimmenden Determinanten zu identifizieren (vgl. Dwyer/Schurr/Oh 1987, S. 11f.). Um die Forschungsfrage dieser Masterarbeit beantworten zu können, besteht die Aufgabe des Kapitels 2.3 darin, die Determinanten von Burnout darzulegen. Das MBI-HSS entspricht hierbei dem zentralen Konzeptualisierungsansatz. Gleichwohl sollen auch Studien, die auf dem MBI-GS beruhen, in die Bewertung miteinfließen. Da beide Versionen für unterschiedliche Zielgruppen konzipiert sind, wird ein allgemeingültigeres Urteil gewährleistet. Eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse wird durch die starke inhaltliche und operationale Übereinstimmung beider Versionen garantiert (vgl. Schaufeli et al. 2002, S. 70).

Das Job Demands-Resources Modell (JD-R Modell) entspricht dem meistverwendeten arbeitspsychologischen Erklärungsansatz in der Forschung zu den Burnout-Determinaten (vgl. Fernet et al. 2013, S. 123). Entwickelt von Demerouti et al. (2001), dient er der Bestimmung positiver und negativer Burnout-Indikatoren eines spezifischen Arbeitskontexts und beruht auf der Annahme, dass Arbeitsfaktoren, unabhängig vom Beruf, in Anforderungen (Demands) so-wie Ressourcen (Resources) klassifiziert werden können (vgl. Demerouti et al. 2001, S. 499). Bei Arbeitsanforderungen handelt es sich um die physischen, sozialen und organisatorischen Aspekte einer Tätigkeit, die mit langfristig bestehenden mentalen und körperlichen Belastungen verbunden sind und demnach mit hohen psychischen und physischen Kosten einhergehen (vgl. Crawford/LePine/Rich 2010, S. 835). Hierzu zählen Arbeitsüberlastung, Rollenambigui-tät und Rollenkonflikte (vgl. Alarcon 2011, S. 552). Gegensätzlich hierzu entsprechen Ressourcen den physischen, sozialen und organisatorischen Aspekten einer Tätigkeit, die der Erreichung arbeitsbezogener Ziele dienen, Arbeitsanforderungen (und die damit einhergehenden Kosten) vermindern und persönliche Weiterentwicklung und Lernen stimulieren. Soziale Unterstützung durch Kollegen und Vorgesetzte, Feedback, Autonomie und Mitarbeiterpartizipation werden als klassische Arbeitsressourcen angesehen (vgl. Demerouti et al. 2001, S. 501).

Bevor die Determinanten erläutert werden, gilt es, eine zentrale Eingrenzung für die weiteren Betrachtungen zu treffen. Die Determinanten von Burnout werden in die Kategorien situativ arbeitsbezogene und individuell persönliche Faktoren unterteilt. Letztere beinhalten demografische Variablen, Persönlichkeitsmerkmale und Einstellungen. Der nachfolgende Fokus liegt auf Determinanten, auf die durch unternehmerische Entscheidungen Einfluss genommen werden kann. Berücksichtigt werden daher ausschließlich die bedeutsamsten Arbeitsfaktoren und organisationalen Einstellungen. Die Darstellung ist demzufolge nicht abschließend (vgl. Mas-lach/Schaufeli/Leiter 2001, S. 407ff.). Unterstützt wird die getroffene Eingrenzung dadurch, dass den demografischen Variablen und Persönlichkeitsmerkmalen allgemeinhin eine untergeordnete Rolle bei der Burnout-Entstehung zugeschrieben wird (vgl. Maslach 1998, S. 82).

Tabelle 2 zeigt eine Übersicht über die Korrelationen untersuchter Arbeitsfaktoren und Einstellungen zu den drei Dimensionen des Konstrukts Burnout. Der Korrelationskoeffizient r misst die Stärke des positiven (+) oder negativen (−) Zusammenhangs zweier Variablen. Die Ziffer 0 steht für den Fall einer statistisch unbedeutenden Korrelation (r < 0,1). Die Ziffern 1, 2 und 3 stehen jeweils für eine geringe (r ≥ 0,1), moderate (r ≥ 0,3) sowie starke Korrelation (r ≥ 0,5). Ein leer bleibendes Kästchen zeigt auf, dass die dargestellte Beziehung nicht untersucht wurde oder keine statistische Signifikanz aufweist (vgl. Cohen 1988, S. 82).

Die Meta-Analyse Alarcons (2011) umfasst zahlreiche Studien, von denen 116 das MBI-HSS und 77 das MBI-GS verwendeten (vgl. Alarcon 2011, S. 551). Die Untersuchung von Bakker, Demerouti und Euwema (2005) wurde mit 1.012 Mitarbeitern verschiedener Hochschulinstitute durchgeführt (vgl. Bakker/Demerouti/Euwema 2005, S. 172). Fernet und dessen Mitautoren (2013) befragten 356 Beschäftigte kanadischer Schulvorstände. Die Mehrheit der Befragten waren Lehrer und pädagogische Hilfskräfte (vgl. Fernet et al. 2013, S. 129). Auch zwei Studien, durchgeführt mit 248 Lehrern (vgl. Jackson/Schwab/Schuler 1986, S. 632) und 156 Krankenschwestern (vgl. Janssen/Schaufeli/Houkes 1999, S. 78), fließen in die nachfolgenden Analysen ein. Kilroy et al. (2016) wiesen die Determinanten von Burnout beispielhaft an 545 Krankenhausmitarbeitern nach. Dabei repräsentierten Krankenschwestern mehr als ein Drittel der Stichprobe. Weitere 17,6 Prozent der Befragten gingen einer Bürotätigkeit nach, 16,8 Prozent bezeichneten sich als Fachleute im Gesundheitswesen und 8,9 Prozent hatten einen Sitz in einem Aufsichtsrat inne (vgl. Kilroy et al. 2016, S. 415). Lee und Ashforths (1993) Stichprobe setzt sich aus 169 Vorgesetzten erster und zweiter Führungsebene zusammen (vgl. Lee/Ashforth 1993, S. 8). Die von ihnen drei Jahre später durchgeführte Meta-Analyse basiert insbesondere auf Studien zu den Human Services (vgl. Lee/Ashforth 1996, S. 124). Leiter und Maslach (1988) führten ihre Untersuchung mit 53 amerikanischen Krankenschwestern durch (vgl. Leiter/Maslach 1988, S. 306). Die Stichprobe von Schaufeli und Bakker (2004) setzt sich aus einer Vielzahl Beschäftigter zusammen, die in Versicherungs- und Rentenfondgesellschaften sowie der häuslichen Krankenpflege tätig sind (vgl. Schaufeli/Bakker 2004, S. 301).

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Ende der Leseprobe aus 94 Seiten

Details

Titel
Die Wirkung von Mitarbeiterpartizipation auf Burnout. Wie kann das Burnout-Risiko reduziert werden?
Autor
Jahr
2018
Seiten
94
Katalognummer
V384255
ISBN (eBook)
9783960951636
ISBN (Buch)
9783960951803
Dateigröße
2151 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mitarbeiterpartizipation, Burnout, Teilhabe, Arbeitsumfeld, Arbeitsproduktivität, Stressreduzierung
Arbeit zitieren
Manuel Kluge (Autor:in), 2018, Die Wirkung von Mitarbeiterpartizipation auf Burnout. Wie kann das Burnout-Risiko reduziert werden?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/384255

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