Praktikum am Sozialgericht mit Fallbeispielen


Praktikumsbericht / -arbeit, 2017

12 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung

1. Wahl des Praktikumsplatzes.

2. Allgemeines zum Sozialgericht und Zuständigkeiten.

3. Organisation des Sozialgerichtes / Geschäftsverteilungsplan.

4. Klageverfahren
4.1. Anforderungen
4.2. Klage
4.3. Amtsermittlungsgrundsatz
4.4. Kosten und Urteile

5. Mündliche Verhandlungen.

6. Rechtsschutz in dringenden Fällen

7. Einzelfall - Beschreibungen.
7.1. Fallbeispiel 1: Klage aus dem Bereich der Rentenversicherung.
7.2. Fallbeispiel 2: Klage aus dem Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung.
7.3. Fallbeispiel 3: Klage aus dem Bereich des Krankenversicherungsrechtes

8. Fazit

1. Wahl des Praktikumsplatzes.

Die Wahl des Praktikumsplatzes war in gewissem Maße eingeschränkt durch die Tatsache, dass das Praktikum sowohl zeitlich als auch örtlich mit meiner beruflichen Tätigkeit als Ärztin zu vereinbaren sein musste. Darüber hinaus war mir wichtig das ein gewisser Bezug zu medizinischen Sachgebieten gegeben vorhanden ist, um auch dem interdisziplinären Kontext des Studiums gerecht zu werden. Daher fiel letztendlich meine Wahl auf ein Praktikum am Sozialgericht.

Die wesentlichen Inhalte des Praktikums waren im Allgemeinen: mir einen groben Einblick in das Geschehen am Sozialgericht zu verschaffen, mit Schwerpunkt in den Bereichen der gesetzlichen Renten-, Unfall- und Krankenversicherung, und zwar sowohl in Hinblick auf den Ablauf der Verfahren als auch die richterliche Arbeitsweise.

2. Allgemeines zum Sozialgericht und Zuständigkeiten.

Sozialgerichte sind verantwortlich für Entscheidungen in der ersten Instanz der deutschen Sozialgerichtsbarkeit; im Einzelnen sind das:

- Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende (ALG II),
- Div. Bereiche der Sozialversicherung (Renten-, Kranken-, Unfall- und Pflegeversicherung; auch der privaten Pflegeversicherung und der Arbeitsförderung einschließlich Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit,
- Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts,
- seit dem 1. Januar 2005 auch Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsrechts,
- Feststellung von Behinderungen und Streitigkeiten zum Schwerbehindertenrecht sowie zum Erziehungsgeld.

Nicht zuständig sind Sozialgerichte für die Jugendhilfe, Wohngeld und BAföG, diese Streitigkeiten werden von den Verwaltungsgerichten entschieden.[1]

Wichtig zu erwähnen ist auch, dass die Arbeitsbelastung aller Sozialgerichte durch die Einführung des Arbeitslosengeldes II zum 1. Januar 2005 erheblich angestiegen ist.[2]

Die örtliche Zuständigkeit orientiert sich nach dem Wohnsitz bzw. dem Aufenthalts- oder Beschäftigungsort des Klägers. Wenn eine Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts oder ein Unternehmen der privaten Pflegeversicherung klagt, oder ein Kläger seinen Wohnsitz im Ausland und keinen Beschäftigungsort im Inland hat (z.B. bei Rentnern), ist dagegen der Sitz der Beklagten Institution entscheidend.[3]

Das Sozialgericht Xxx ist zuständig für die kreisfreien Städte und Landkreise: Xxxlandkreis, Xxx (Xxx), Xxxxx und Xxxkreis[4].

Das Gericht besteht dabei aus ca. 30 Kammern (Spruchkörpern). Eingerichtet sind die einzelnen Kammern mit einem Berufsrichter (Volljurist), als Vorsitzendem, und zwei ehrenamtlichen Richtern (Nicht-Juristen), die bei Urteilen in mündlichen Verhandlungen mit entscheidungsberechtigt sind. Der vorsitzende Berufsrichter kann einfach gelagerte Fälle im schriftlichen Verfahren durch Gerichtsbescheid allein entscheiden.

3. Organisation des Sozialgerichtes / Geschäftsverteilungsplan.

Die Verantwortlichkeit der Kammern für die verschiedenen Gebiete richtet sich nach einem Geschäftsverteilungsplan. Dieser wird vom Präsidium des Gerichtes für jeweils 1 Jahr im Voraus beschlossen und regelt die Besetzung der Kammern sowie deren Vertretung bei Abwesenheit. Dadurch wird schon bei Eingang einer Sache/Klage geregelt, welche Kammer/welcher Richter für diese zuständig ist.[5]

Zur Verteilung der einzelnen, eingehenden Sachen auf die vorhandenen Kammern gibt es unterschiedliche Verfahren, z.B. können die eingehenden Fälle einem bestimmten Spruchkörper zugewiesen werden nach Sachgebieten, nach örtlichen Gesichtspunkten (z.B. Wohnort des Beklagten oder Klägers) oder der Reihe nach, z.B. jeder Spruchkörper bekommt im Turnus eine bestimmte Anzahl Verfahren.

Der Geschäftsverteilungsplan kann im Gericht von jedem eingesehen werden, nach §21e Abs. 9 GVG, bedarf somit der Veröffentlichung. Der aktuelle Geschäftsverteilungsplan vom Sozialgericht Xxx ist auf dessen Website einzusehen.[6]

Zweck des Geschäftsverteilungsplanes ist der Schutz des Bürgers vor Manipulation und Aufrechterhaltung der Unabhängigkeit der Gerichte, vor allem gegenüber der Exekutive und der Justizverwaltung[7].

4. Klageverfahren

4.1. Anforderungen

Die Anforderungen zur Erhebung einer Klage am Sozialgericht sind im Allgemeinen gering. Jeder Bürger, der sich durch eine Entscheidung eines Sozialleistungsträgers in seinen Rechten verletzt sieht, kann eine Klage einreichen.

Voraussetzung ist dazu allerdings ein Vorverfahren, wo zunächst ein Widerspruch bei der zuständigen Behörde eingelegt werden muss. Nach diesem ist die Behörde zur nochmaligen Prüfung des Bescheides verpflichtet. Wird dieser weiterhin für richtig erachtet, wird die Behörde das Verwaltungsverfahren abschließen und einen Widerspruchsbescheid erteilen. Im Widerspruchsbescheid wird auch auf die Möglichkeit der Klage am zuständigen Sozialgericht hingewiesen.[8]

4.2. Klage

Der Inhalt der Klage umfasst: den Kläger, die beklagte Behörde und den Gegenstand des Klagebegehrens. Trotz der geringen Anforderungen sollte in der Klage sollte immer genau angegeben werden, was von welcher Behörde gefordert wird, und auch eine Begründung warum eine Entscheidung falsch sein soll. Dies erleichtert und beschleunigt die Arbeit des Gerichtes.

Eine Klage kann schriftlich eingereicht werden, oder auch mündlich bei der Rechtsantragstelle eines Sozialgerichts vorgetragen werden (wird dann dort zu Protokoll genommen). Für eine Rechtsberatung ist die Rechtsantragstelle aber nicht zuständig.[9]

Zu beachten ist, dass Klagen mit einer Frist von einem Monat nach Bekanntgabe eines Widerspruchsbescheides zu erheben sind.[10].

4.3. Amtsermittlungsgrundsatz

Am Sozialgericht gilt der Amtsermittlungsgrundsatz, dieser besagt, dass das Gericht verpflichtet ist, die Hintergründe, die einer Entscheidung zugrunde liegen, von Amts wegen, d. h. ohne Antrag untersucht werden.[11] Hierzu zählt auch das Einholen von Gutachten von unabhängigen Ärzten oder dem behandelnden Arzt.

Begründet wird der Amtsermittlungsgrundsatz mit dem besonderen öffentlichen Interesse an der vollständigen und formal richtigen Erfassung des zu beurteilenden Sachverhalts und der zu treffenden Sachentscheidung.[12] Trotz des Amtsermittlungsgrundsatz ist das Gericht für den Ablauf des Verfahrens auf die Mithilfe und Mitarbeit der Kläger angewiesen; das umfasst z.B. das Entbinden der Schweigepflicht der behandelnden Ärzte.

4.4. Kosten und Urteile

Ist ein Sozialgericht der Auffassung, dass in einem Rechtsstreit eine Entscheidung getroffen werden soll, wird i. d. R ein Termin für eine mündliche Verhandlung angesetzt. Zu dieser werden die beteiligten Parteien eingeladen. In eindeutigen Fällen kann eine Entscheidung auch ohne Gerichtsverhandlung getroffen werden. Sollte eine beklagte Behörde zwischenzeitlich ein schriftliches Anerkenntnis unterbreiten oder einen Vergleichsvorschlag akzeptiert, ist der Prozess ohne die Notwendigkeit einer Anhörung abgeschlossen.[13].

Das Verfahren ist für Versicherte, Sozialleistungsempfänger sowie für behinderte Menschen gerichtskostenfrei, §183SGG.

Die meisten Leistungsurteile, d.h. die Urteile, die die Behörden zur Leistung verpflichten, werden nur dem Grunde nach gefällt, §130 Abs.1 S. 1 SGG. Dies bedeutet, dass die Höhe der Leistung i. d. R. nicht vom Gericht errechnet/festgelegt wird, sondern von dem jeweils zuständigen Leistungsträger.

Das Urteil wird meist unmittelbar in der Sitzung verkündet bzw. im direkten Anschluss.

An den Sozialgerichten besteht keine Pflicht sich durch einen Anwalt vertreten zu lassen. Dennoch kann die Vertretung durch einen Rechtsanwalt im Umgang mit den Behörden oder dem Gericht sehr hilfreich sein und zur Verkürzung des Verfahrens führen.[14] Man kann sich aber von einem Rechtsschutzsekretär, einem Verbandsvertreter oder auch von einem volljährigen Familienangehörigen vertreten lassen.[15]

Sollte man die Kosten für einen Anwalt oder Vertreter nicht selbst tragen können, gibt es die Möglichkeit beim Gericht einen Antrag auf Prozesskostenhilfe zu stellen. Ob ein Anspruch besteht, hängt von der Höhe der Einkünfte und des Vermögens ab. Prozesskostenhilfe wird aber trotz Bedürftigkeit aber nicht bewilligt, wenn die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.[16]

5. Mündliche Verhandlungen.

Neben der Aktenarbeit, der einzelnen Richter finden regelmäßige mündliche Verhandlungen statt. Da ein Teil dieser Verhandlungen öffentlich ist, konnte ich an diesen als Zuhörer teilnehmen.

[...]


[1] https://sg-hal.sachsen-anhalt.de/sozialgericht-Xxx/

[2] http://www.thueringen.de/th4/tmmjv/behoerdenundeinrichtungen/gerichte/sozialgerichtsbarkeit/

[3] §57 SGG

[4] https://justiz.sachsen-anhalt.de/gericht/sozialgerichtsbarkeit/#c30578

[5] Wolfgang Grunsky: Zivilprozessrecht 12., neu bearbeitete Auflage 2006, Luchterhand Verlag. Rn. 19.

[6] https://lsg.sachsen-anhalt.de/Bibliothek/Politik_und_Verwaltung/MJ/MJ/lsg/sghalgv.pdf

[7] Wolfgang Grunsky: Zivilprozessrecht 12., neu bearbeitete Auflage 2006, Luchterhand Verlag. Rn. 19.

[8] §83 ff SGG

[9] https://sg-hal.sachsen-anhalt.de/themen/sozialgerichtliches-verfahren

[10] https://sg-hal.sachsen-anhalt.de/themen/sozialgerichtliches-verfahren

[11] https://www.haufe.de/oeffentlicher-dienst/tvoed-office-professional/sauer-sgbii-40-anwendung-von-verfahrensvorschriften-212-amtsermittlungsgrundsatz_idesk_PI13994_HI2675161.html

[12] https://www.haufe.de/oeffentlicher-dienst/tvoed-office-professional/sauer-sgbii-40-anwendung-von-verfahrensvorschriften-212-amtsermittlungsgrundsatz_idesk_PI13994_HI2675161.html

[13] https://sg-hal.sachsen-anhalt.de/themen/sozialgerichtliches-verfahren

[14] http://www.mv-justiz.de/pages/sozialgerichte/ablauf_soz_ger.htm

[15] https://sg-hal.sachsen-anhalt.de/themen/sozialgerichtliches-verfahren

[16] https://sg-hal.sachsen-anhalt.de/service/prozesskostenhilfe/

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Praktikum am Sozialgericht mit Fallbeispielen
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Note
1,3
Autor
Jahr
2017
Seiten
12
Katalognummer
V383692
ISBN (eBook)
9783668595286
ISBN (Buch)
9783668595293
Dateigröße
468 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
praktikum, sozialgericht, fallbeispielen
Arbeit zitieren
Anja Sebastian (Autor:in), 2017, Praktikum am Sozialgericht mit Fallbeispielen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/383692

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