Archäologen oder Abenteurer und Schatzsucher? Die Wissenschaft bei Indiana Jones und Hiram Bingham III.

Ein Vergleich zwischen Filmfigur und historischer Persönlichkeit


Hausarbeit, 2016

21 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Wissenschaft bei Indiana Jones und Hiram Bingham III.
2.1 Persönlicher Hintergrund und Ausbildung
2.2 Verständnis von Archäologie
2.3 Archäologische Methoden und Arbeitsweisen
2.4 Die „Entdeckung“ von Machu Picchu bzw. des Goldenen Götzens
2.5 Umgang mit der Öffentlichkeit

3. Fazit

4. Bibliographie

5. Anhang

1. Einleitung

"Dr. Jones. Ich hab schon viel von ihnen gehört und ich muss sagen sie sehen genauso aus wie ich sie mir vorgestellt habe."[1] Mit diesen Worten begrüßt Colonel Musgrove Indiana Jones in dem Abenteuerfilm „Jäger des verlorenen Schatzes“ (engl. „Raiders of the Lost Ark“) von Steven Spielberg aus dem Jahr 1981. Musgroves Worte offenbaren, dass Indiana Jones insbesondere für sein spezifisches Erscheinungsbild bekannt ist, und dass ihm ein einschlägiger Ruf vorauseilt. Die Indiana Jones Spielfilme haben mittlerweile einen Kult-Status erreicht und das stereotype Bild eines Archäologen maßgeblich geprägt. Die fiktive Figur des Indiana Jones verkörpert in den Kinofilmen einen „Archäologieprofessor und Abenteurer“, der auf der Suche nach archäologischen Artefakten zahlreiche Hindernisse überwinden und Gefahren ausweichen muss. Indiana Jones schafft es dabei immer wieder sich und seine Mitstreiter heldenhaft aus gefährlichen Situationen zu retten und Artefakte zu bergen und sicherstellen. So unrealistisch die Situationen, in die Indiana Jones in seinen Abenteuern gerät, erscheinen mögen: Es gibt zahlreiche Anhaltspunkte dafür, dass Steven Spielberg die Figur des Indiana Jones nicht neu erfunden hat, sondern einer historischen Persönlichkeit in Teilen nachempfunden hat. Wissenschaftler stützen die These, dass das Leben und Werk des US-amerikanischen Archäologen und Professors Hiram Bingham III. als Inspiration für die Figur des Indiana Jones gedient habe. Für Hiram Bingham III. als reales Vorbild von Indiana Jones sprechen zahlreichen Gemeinsamkeiten zwischen beiden.

(…) in crafting the look of Indiana Jones, the crew of ‚Raiders of the Lost Ark‘ may have drawn from a little-known Charlton Heston movie named ‚Secret of the Incas‘, which in turn drew from Bingham’s life and work at Machu Picchu. These two icons of archaeology shared the same DNA – though at the time, I thought that Indiana Jones was the exciting, full-color version and Hiram Bingham was the sepia-toned, boring reality”.[2]

In seinem Buch “Cradle of Gold” argumentiert Heaney, dass sich die beiden, Indiana Jones und Hiram Bingham III. nahezu identisch seien, mit dem einzigen Unterschied, dass die fiktiven Abenteuer von Indiana Jones „aufregend“ und „lebendig“ seien während das reale Leben von Bingham III. als „eintönig“ und „langweilige“ erscheine. Dies wirft die Frage auf, ob es tatsächlich Archäologen gab, die wie Indiana Jones echte Abenteurer waren?[3] Einen möglichen Anhaltspunkt hierzu liefert die Biographie von Hiram Bingham III. Die vorliegende Arbeit versucht an Hand des Filmes „Jäger des verlorenen Schatzes“ zu klären, wie ähnlich bzw. unterschiedlich die beiden – Filmfigur und historisches Vorbild – wirklich sind. Dabei sollen auf verschiedenen Ebenen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausgearbeitet werden. Gefragt werden soll u.a. nach ihrem jeweiligem persönlichen Hintergrund und ihrer Ausbildung, ihrem Verständnis von Archäologie, ihrer Arbeitsweise, ihren Entdeckungen und ihrem Umgang mit der Öffentlichkeit. An den Vergleich schließt sich eine mögliche Interpretation an, warum der Film an einigen Stellen der Biographie folgt, während er an anderen davon abweicht. Bei Heaney heißt es, dass sowohl die fiktive Figur, als auch ihr historisches Vorbild zu Ikonen der Archäologie geworden seien.[4] Im Fazit soll abschließend auf Grundlage der vorausgegangenen Untersuchung geklärt werden, ob Indiana Jones und Hiram Bingham III. als Archäologen bezeichnet werden können oder aber ob sie eher Abenteurer und Schatzsucher waren.

2. Die Wissenschaft bei Indiana Jones und Hiram Bingham III.

2.1 Persönlicher Hintergrund und Ausbildung

Die fiktive Biographie von Indiana Jones, der häufig auch mit Indy oder Jones abgekürzt wird, weist auffällige Parallelen zu der Lebensgeschichte von Hiram Bingham III. auf. Aus dem Leben und Wirken von Hiram Bingham III. ist jedoch weitaus mehr bekannt. Hiram Bingham III. wurde am 19.11.1975 als Sohn eines Missionars in Honolulu auf Hawaii geboren. Er stammte aus einer Familie, die sich eine gewisse Berühmtheit durch ihre Missionare erworben hatte.[5] Sein Vater, der erste Hiram, hatte die Eingeborenen von Hawaii zum Christentum bekehrt und ein sehr bekanntes Buch über die Inselgruppe geschrieben. Hiram II. (Vater von Hiram III.) war ebenfalls Missionar, hatte aber weniger Erfolg. Die Familie waren fromme Puritaner. Er ging zum Studium an die Yale Universität, Berkeley und Harvard.[6] In Yale knüpfte er viele wertvolle Kontakte, die ihm in seiner späteren Karriere nützen sollten. Hiram Binghams III. ursprüngliches Interesse an der Geschichte Südamerikas galt der Kolonialzeit.[7] Über dieses Thema promovierte er an der Harvard University zum Dr. phil. 1900 heiratete er Alfreda Mitchell, die Enkelin von Charles Tiffany. Die Heirat mit Alfreda Mitchell erwies sich als vorteilhaft für Hiram Binghams III. spätere Karriere, denn ihr Großvater Charles Tiffany, der Gründer von Tiffany & Co. hatte sie bei ihrer Heirat mit einer großzügigen Apanage ausgestattet.[8] Mit Anfang 30 begann Hiram Bingham III. sich der Archäologie zu widmen. Dabei sah er sich selbst jedoch vor allem als Forscher und Entdecker. Von der fachlichen Ausbildung her war Hiram Bingham III. kein Archäologe.[9] Er lehrte in Princeton, dann in Yale, wo er 1907 mit relativ jungen Jahren Ordentlicher Professor für Südamerikanische Geschichte wurde.[10] Gresh & Weinberg sehen darin „eine bemerkenswerte Parallele zu Indiana Jones, der gleichfalls eine Koryphäe für südamerikanische Geschichte und Dozent am Marshall College in Connecticut war“.[11] Die erste Reise nach Südamerika unternahm Hiram Bingham III. 1906/07, um den Spuren des Kämpfers gegen die spanische Kolonialmacht, Simon Bolivar, durch Venezuela und Kolumbien zu folgen. Auf dieser Expedition entwickelte er seine Vorliebe für Erkundungen. Zeitgenossen zufolge war Hiram Bingham III. über 1,90 groß, hager, gut aussehend, charmant und gescheit, und habe „den einem ehrgeizigen Mann eigenen Blick für die große Chance“ gehabt.[12] Er galt als ein guter Wanderer und habe es geliebt, wenn er durch unerforschtes Gebiet vordringen konnte.[13] Das Auftreten von Hiram Bingham III. beschreiben seine Zeitgenossen als überheblich und von Geltungsdrang geprägt. Sein Lebenslauf zeigt, dass er ein umtriebiger Mann mit weitreichenden Interessen war. Er machte sich nicht nur als Entdecker der verlassenen Inkastadt Machu Picchu einen Namen, sondern machte auch im Bereich der Luftfahrt und in der Politik Karriere. Bei Brandt heißt es dazu: „Die Karrieren Hiram Binghams III. auf den Gebieten der Luftfahrt, in der Politik sowie seine Universitätslaufbahn waren erfüllt und vielseitig“.[14] Insbesondere seine Karriere in der Luftfahrt bzw. beim Militär im Ersten Weltkrieg zeigt seinen ruhelosen Charakter. Als der Erste Weltkrieg ausbrach, lernte er fliegen und bildete in Frankreich amerikanische Piloten aus. Rasch stieg er beim Flugdienst der Armee auf. Danach wurde er einer der ersten Befürworter des Luftverkehrs. Das Luftfahrtgesetz von 1926 trug schließlich seinen Namen.[15] Hiram Bingham III. machte auch Karriere in der Politik. Er war mit zwei Präsidenten der Vereinigten Staaten, Theodore Roosevelt und William Howard Taft, persönlich bekannt und wusste seinen Einfluss bei ihnen geltend zu machen. 1924 wurde Hiram Bingham III. Gouverneur von Connecticut und zog noch im selben Jahr als konservativer Republikaner in den Senat in Washington ein. Hiram Bingham III. ist heute vor allem bekannt als US-amerikanischer Archäologe, Forschungsreisender und Politiker.

In den Indiana Jones Filmen wird eine fiktive Biographie von Indy erzählt. Nach dieser wurde Indiana Jones als Henry Walton Jones Junior am 1. Juli 1899 in Princeton, New Jersey geboren. Sein Vater ist Professor Dr. Henry Jones Senior. Indiana Jones promovierte im Juni 1922 an der Universität von Chicago als Archäologe und arbeitete danach als Wissenschaftler an der Universität. Später dozierte als Professor an einem College. Neben dieser ruhigen, bürgerlichen Existenz reist er als Abenteurer um die Welt. Dabei beschäftigt er sich mit religiösen und okkulten Phänomenen und sucht nach legendären Reliquien. Im ersten Film sucht er die Bundeslade, das zweite Abenteuer führt ihn in einen Tempel der Göttin Kali, wo er die Shankara-Steine sucht, im dritten Teil findet er den Heiligen Gral und im vierten Film geht es um einen Kristallschädel der Inka. Im vierten Teil erfährt der Zuschauer auch, dass Indiana Jones einen Sohn namens Mutt Williams hat. Darüber hinaus hat Jones in seiner Jugend sehr viele weitere Abenteuer erlebt, bei denen er auf heute sehr bekannte Persönlichkeiten traf und an wichtigen Ereignissen teilgenommen hat. Typische Merkmale des Indiana Jones sind der Fedora und seine Peitsche und seine legendäre Schlangen-Phobie – eine kleine Schwäche, die den großen Helden menschlicher erscheinen lässt. Bärtle argumentiert, dass Indiana Jones durch diese nicht dem ursprünglichen Typ eines Helden entspreche, sondern für einen neuen Typus eines Helden einstehe, der auch Schwächen und Fehler zeige:

Auch wenn Indiana Jones sicherlich nicht immer als überlegener Held dargestellt wird, sondern eben gerade seine kleinen Schwächen herausgestellt werden (…), ist er (…) ein echter Held. Nicht mehr allerdings im ursprünglichsten Sinne, sondern eben vor allem auch in der Darstellung von Schwächen, Fehlern, unerfüllten Sehnsüchten und Wünschen des Helden “.[16]

Im Film gilt Indiana Jones in den USA „(…) als ein berühmter Archäologe und Okkultismusexperte, mit der Gabe, seltene Antiquitäten ausfindig zu machen“.[17] Vor allem repräsentiert Indiana Jones aber einen Abenteurer auf der Suche nach Artefakten. Bärtle bezeichnet als wesentliche Elemente des Abenteurers die Nähe zum “Nichtalltäglichen, der Exotik durch das phantastische Element. Die Suche nach Geheimnissen, Mysterien und Artefakten (…)“.[18] Der Begriff 'Artefakte' ist in den Indiana Jones Filmen anders als in der Archäologie konnotiert:

(…) hier ist nicht der ursprüngliche archäologische Begriff des Artefakts gemeint, sondern seine Erweiterung, wie sie die Unterhaltungsindustrie eingeführt hat: Ein gerade eben nicht unbedingt von Menschen hergestellter archäologischer Gegenstand, sondern einer mit übernatürlichen Kräften oder nichtmenschlicher Herkunft “.[19]

Indiana Jones kennt sich als Okkultismusexperte mit diesen übernatürlichen Artefakten nichtmenschlicher Herkunft aus, wenngleich er betont, dass er nicht an Magie („Hokospokus“) glaube. In „Jäger des verlorenen Schatzes“ offenbart Indiana Jones, dass er sich von vermeintlich übernatürlichen Kräften nicht beeindrucken lasse und dass es ihm ausschließlich um die archäologische Bedeutung des Artefaktes gehe.

"Haha, versuchst du mir damit Angst zu machen. Ich glaube nicht an Magie und irgendwelchen Hokuspokus. Ich bin hinter einem Schatz von unglaublich archäologischer Bedeutung her und du erzählst mir was vom schwarzen Mann. Außerdem, weißt du ja was für ein vorsichtiger Bursche ich bin."[20]

Indiana Jones begegnet dem Übernatürlichen unerschrocken. In seinen Abenteuern macht er sich auf, die übernatürlichen Mysterien und Artefakte zu ergründen. Seine Ansätze dabei sind immer unkonventionell und kreativ. Diese Herangehensweise ist charakteristisch für die Welt des Abenteurers:

Die Auflösung der Geschehnisse und Geheimnisse in der Welt des Abenteurers (…), die Klärung der zumindest scheinbar übernatürlichen Mysterien und Artefakte müssen innovativ sein und dürfen – oder vielmehr sollen skurril, verrückt, obskur und immer faszinierend sein. Gerne auch etwas ‚krank‘ und bedrohlich, wenn die Handlung es erfordert “.[21]

Der Zuschauer von Indiana Jones Filmen erwartet deshalb schon förmlichdas Unerwartete und Phantastische.[22] Die Indiana Jones Expeditionen werden von Marcus Brody, einem Freund von Indiana Jones Vater, finanziert.[23] Colonel Musgrove bezeichnet Indy als "Professor der Archäologie, Okkultismusexperte und wie soll man sagen, Beschaffer seltener Antiquitäten."[24] Indiana Jones gilt nicht nur als berühmter Abenteurer, sondern auch als Beschaffer seltener Kunstgegenstände. Er besitzt die Fähigkeit, wertvolle Artefakte aufzuspüren und sicherzustellen. Dies stellt eine Gemeinsamkeit zwischen Indiana Jones und Hiram Bingham III. da, der in Machu Picchu zahlreiche wertvolle Artefakte ausgrub, die später im Peabody Museum der Universität Yale zur Ausstellung gebracht wurde.[25]

2.2 Verständnis von Archäologie

Die Archäologie als präzise Wissenschaft ist eine noch relativ junge Disziplin. Bevor die Archäologie als eine eigene Disziplin institutionalisiert wurde, war die Archäologie ein Betätigungsfeld von vielen Hobbyforschern und Abenteurern. Heute ist sie eine Wissenschaft, die sich natur- und geisteswissenschaftlicher Methoden bedient, um die kulturelle Entwicklung der Menschheit zu erforschen. Die Archäologie verknüpft dabei Theorie und Praxis und arbeitet interdisziplinär. Im Allgemeinen beschäftigt sich die Archäologie mit dem Menschen und seinen materiellen Hinterlassenschaften (dazu zählen u.a. Gebäude, Werkzeuge und Kunstwerke). Im Laufe der Zeit haben sich jedoch innerhalb der Archäologie verschiedene Fachrichtungen herausgebildet, die sich an bestimmten Epochen, Regionen oder aber Themen orientieren. Während die einzelnen Fachrichtungen häufig mit ähnlichen Methoden arbeiten, unterscheidet sich die Art der Quellen je nach geschichtlicher Epoche. In der Vor- und Frühgeschichte hat man es hauptsächlich mit materieller Kultur (mit Kulturgegenständen materieller Art) zu tun; in der Frühgeschichte kommen dann auch Schriftquellen hinzu. Archäologen studieren „die kulturelle Entwicklung der Menschen anhand der Suche und Analyse materieller Hinterlassenschaften früherer Gesellschaften“.[26] Durch die Ausgrabungen von Kulturgütern können sie wichtige Einblicke in das Leben der Menschen in der Vergangenheit gewinnen. Anfang des 20. Jahrhunderts, also zu der Zeit, in der sich Hiram Bingham III. auf die Suche nach der verlassenen Inkastadt machte, war die Archäologie noch eine vergleichsweise junge Wissenschaft und das öffentliche Interesse an ihr konzentrierte sich auf die Funde im Nahen Osten, wie die Ruinen von Homers Troja, das Tal der Könige in Ägypten, Knossos auf Kreta oder aber die alten Kulturen Mesopotamiens.[27] Obwohl der englische Historiker Sir Clements Markham gerade erst sehr fachkundig über die Geschichte des Inka-Reiches geschrieben hatte, gab es zu dieser Zeit fast keine archäologischen Forschungstätigkeiten an den Inka-Ruinen. Den Peruanern ging es vermutlich nur um die Auffindung der legendären Goldschätze der Inka, die diese vermutlich irgendwo in den Bergen versteckt hatten, als sie zu Beginn des 16. Jhd. vor Pizarro und der spanischen Unterdrückung dorthin geflohen waren. Hiram Bingham III. erkannte aber klar, dass die Inka-Archäologie umfassendere Möglichkeiten eröffnete.[28] Niemand hatte bisher die Inka-Festungen entdeckt, die Inka-Kultur lag noch weitgehend im Dunkeln. Die schlechte Forschungslage war eine günstige Voraussetzung für Hiram Binghams III. spätere Entdeckung.

2.3 Archäologische Methoden und Arbeitsweisen

Bei der Erforschung von Artefakten bedienen sich Archäologen einer Vielzahl von Methoden. Dabei erfolgt das Vorgehen der Fachleute nach bestimmten Kriterien. Moderne Archäologen stellen erst einmal die präzise Lage der Artefakte fest. Archäologen würden dabei heute folgendermaßen vorgehen: Sie würden zunächst mithilfe verschiedener Methoden entlegene Gebiete wie den tiefen Dschungel Perus untersuchen, bevor sie zu einer Expedition aufbrechen. Durch diese Voruntersuchungen, auch Prospektionen genannt, können unbekannte Fundstätten wie zum Beispiel Dörfer und Häuser bereits vorab ausfindig gemacht werden. Diese Vorgehensweise unterscheidet sich grundlegend von der eines Indiana Jones, der direkter vorgeht. In „Jäger des verlorenen Schatzes“ reist er nach Peru und beginnt sofort mit seiner Schatzsuche. Als Anhaltspunkt für die Suche dient ihm lediglich eine zerrissene Landkarte.[29] Oberstes Ziel eines Archäologen ist es, so behutsam wie möglich bei seinen Ausgrabungen vorzugehen, um die Artefakte nicht zu beschädigen. Deshalb graben sie sehr vorsichtig, denn es darf weder das Objekt selbst, noch die ihn umgebenen Gegenstände beschädigt werden. Darüber hinaus kommt es auf eine präzise Dokumentation der Fundstücke und des Fundortes an. Dazu gehört auch die relative Lage des Fundstückes zu den anderen Gegenständen. Nur so können Archäologen ermitteln, wie Menschen in vergangenen Zeiten verschiedene Gegenstände zusammen verwendet haben.[30] In den Indiana Jones Filmen entfernt der Abenteurer Artefakte, ohne seine genaue Lage festzuhalten, wie z.B. im Film „Jäger des verlorenen Schatzes“, in dem er den „Goldenen Götzen“ der Horvito Indianer aufspürt und ihn ohne Dokumentation des Fundortes entwendet.[31] Dadurch erhält er keine Vorstellung davon, wie Menschen diese Artefakte benutzten. Nach heutigem archäologischem Standard wäre diese Vorgehensweise nicht wissenschaftlich. Auch Hiram Bingham III. war vor allem an der Entdeckung als solcher interessiert. Nachdem er Machu Picchu „entdeckt“ hatte, überließ er das Feld seinen Fachleuten, die die Dokumentation und Bergung der Artefakte übernahmen. Heutzutage erfolgt eine archäologische Ausgrabung nach festgelegten fachlichen Standards:

Unter einer archäologischen Ausgrabung versteht man die nach fachlichen Standards durchgeführte, die gesetzlichen Normen des jeweiligen Denkmalrechts einhaltende, amtlich angemeldete und kontrollierte Freilegung anthropologischer Strukturen (Befunde) und die Bergung darin eingebetteter Fundobjekte (Funde) aus rezent ungestörten Bodenschichten[32]

Dabei ist zu beachten, dass jede Ausgrabung individuell ist. Gresh & Weinberg betonen, dass „moderne Ausgrabung also etwas anders aussieht als Indianas Strategie, an den Götzen der Hovitos zu gelangen“.[33] Während heutige Archäologen zunächst die genaue Lage der Artefakte feststellen würden und behutsam graben würden, muss Indiana Jones zunächst alten Fallen entgehen, um das Bildnis zu bergen. In „Jäger des verlorenen Schatzes“ befreit sich Indiana Jones im Tempel der Horvitos von Vogelspinnen, weicht einem durch Lichtveränderungen auslösenden aus der Wand schnellenden Spieß aus (Indiana Jones an seinen Begleiter gewandt: „Halt, geh nicht durch das Licht!“), überwindet mithilfe eines Seiles einen Graben, entgeht Pfeilen (durch Bewegung der Bodenplatten ausgelöst) und rettet sich schließlich aus dem zusammenstürzenden Tempel – er hatte eine Falle übersehen bzw. nicht entschärft (wodurch im Film Dramatik und Spannung aufgebaut wird).[34] Indiana Jones Herangehensweise entspricht nicht den heutigen archäologischen Standards und es erscheint „(…) unwahrscheinlich, dass ein Archäologe bei der Ausgrabung des goldenen Götzens so vorgehen würde, wie Indiana Jones“.[35] Sowohl Indiana Jones als auch Hiram Bingham III. entsprechen mit ihrer Arbeitsweise eher der von frühen Archäologen, deren Vorgehen nicht besonders wissenschaftlich war. Frühe Archäologen waren häufig nur an einer bestimmten Schicht im Rahmen der Ausgrabung interessiert. Dadurch wurden bei der Ausgrabung schwerwiegende Fehler gemacht und ganze Schichten kultureller Gegenstände zerstört. Selbst wenn diese bemüht waren, die kulturellen Objekte aus den anderen Schichten zu bewahren und zu dokumentieren, waren ihre Aufzeichnungen oftmals unvollständig, was bedeutete, dass wichtige Informationen im Endeffekt für immer verloren gingen.[36] Zurzeit von Hiram Bingham III. wurden Ausgrabungen noch nicht von Fachleuten durchgeführt, sondern von wohlsituierten Menschen, die genügend Zeit hatten, ihren eigenen Interessen nachzugehen. Die Archäologie galt damals als ein Art Hobby von Priviligierten. Erst als die Archäologie zu einem Beruf wurde, entwickelte sich eine Wissenschaft daraus. Es dauerte jedoch Jahre bis sich differenzierte Methoden, die eine präzise Arbeitsweise erlauben, herausgebildet hatten. Heutzutage ist die Archäologie eine anspruchsvolle Beschäftigung mit der kulturellen Vergangenheit des Menschen, bei der Fachleute präzise Messungen mit anschließender Dokumentation der Daten vornehmen. Im Gegensatz dazu steht die Arbeitsweise von Indiana Jones, der laut Gresh & Weinberg „(…) eher dem Gentleman-Archäologen der Vergangenheit gleicht, der interessante Artefakte freilegt, ohne akkurate Messungen vorzunehmen oder weitere Daten für eine spätere Verwendung festzuhalten“.[37] Die Indiana Jones Filme haben gar nicht den Anspruch, die Realität der Arbeitsweise eines Archäologen abzubilden, sondern „Unterhaltung mit einem Augenzwinkern“ zu liefern.[38] Laut Bärtle, haben die Indiana Jones Produzenten George Lucas und Steven Spielberg die Figur des Indiana Jones „(…) aus den für sie interessantesten und besten 'Teilen' der Kino-Helden der US-amerikanischen Samstagnachmittagsvorstellungen (Matineen) der 1930er Jahre zusammengestellt“.[39] Dabei wurde die Darstellung von Indiana Jones als Archäologen zum Zwecke der Unterhaltung bewusst „parodistisch überspitzt“.[40] Auch die Erwartungshaltung des Kino-Publikums spielt hierbei eine Rolle. Der Zuschauer möchte durch die Abenteuer eines Indiana Jones kurzweilig unterhalten und überrascht werden. Der Zuschauer möchte in die phantastische Welt eines Abenteurers und Helden eintauchen, der außergewöhnliche bzw. nicht alltägliche Fähigkeiten besitzt. Das Kino als solches ist immer auch ein (Zufluchts-)Ort, an dem der Zuschauer dem gewöhnlichen Alltag für eine Weile entflieht. Eine detaillierte Darstellung, wie Indiana Jones die Artefakte präzise dokumentiert würde nicht nur den zeitlichen Rahmen einer Kinoproduktion sprengen, sondern den gewöhnlichen Kino-Zuschauer langweilen. Auf diese Art und Weise bestimmen das Medium (Spielfilm) und die Adressaten (Kino-Zuschauer) den Inhalt. Diese Aspekte begründen, warum die Indiana Jones Filme von der Biographie Hiram Binghams III. abweichen.

2.4 Die „Entdeckung“ von Machu Picchu bzw. des Goldenen Götzens

Hiram Bingham III. gilt gemeinhin als „Entdecker“ von Machu Picchu, der verlassenen Inkastadt in den Bergen Vilcabambas in Peru. In diesem Zusammenhang muss zunächst geklärt werden, was unter einer „Entdeckung“ zu verstehen ist. Denn im Fall von Machu Picchu wussten schon einige Personen von der Stätte und waren bereits vor Hiram Bingham III. dort gewesen.[41] Unter anderem hatte Albert Giesecke, Rektor der Universität in Cusco, schon von den Ruinen gehört. Auch der peruanische Bauer Melchor Arteaga wusste wo sie sind und war schon dort gewesen. Es gibt ebenfalls Hinweise, dass der Ort noch weiteren Personen bekannt gewesen ist. So stand z.B. auf einer Mauer vor Ort mit Kreide der Name „Augustin Lizarraga“ geschrieben und die Jahreszahl 1902. Außerdem lebten drei Familien Einheimischer auf dem Gelände. Sie hatten die 500 Jahre alten Terrassen der Inka teilweise freigelegt und landwirtschaftlich genutzt. Darüber hinaus war der deutsche Kaufmann August Berns 1867 beim Waldroden auf die Anlage gestoßen und hatte vom peruanischen Staat die Gegend als Claim erhalten. 1874 wurde dann die gesamte Zone durch Berns kartografisch vermessen. Vor diesem Hintergrund bedeutet „Entdeckung“ nicht das Auffinden als solches, sondern die Veröffentlichung der Nachricht darüber. Andere Leute hatten Machu Picchu bereits „gefunden“.[42] Hiram Bingham III. unternahm zwischen 1906 und 1924 sechs Expeditionen nach Südamerika, wo er u.a. die Ruinen der legendären Inka-Stadt entdeckte. 1909, auf seiner zweiten Reise, durchquerte er Südamerika an der Pazifikküste. Auf dieser Reise sah er die ersten Inka-Ruinen. Zwei Jahre später, im Jahr 1911 kam er als Leiter der Peru-Expedition der Universität Yale zurück, die im Wesentlichen von Edward Harkness gesponsert worden war, einem Yale-Absolventen und Bekannten von Hiram Bingham III.. Hiram Bingham III. plante die Expedition rund um eine Anzahl unterschiedlicher Aufgaben und Ziele, die ein Vorwand für ihn waren auf Entdeckungsreise zu gehen. Unter Anderem nahm er sich vor den Coropuna zu besteigen (von dem er damals glaubte, dass dieser der höchste Berg Südamerikas sei), das Innere Perus entlang dem 73. Längenkreis zu kartografieren und Inka-Ruinen finden.[43] Auf seiner zweiten Expedition 1911 „entdeckte“ Hiram Bingham III. Machu Picchu. Er stieß jedoch nicht zufällig auf die Ruinen. Bevor er zu seiner Exkursion aufbrach, traf er erste Vorbereitungen. Obwohl er auf dem Gebiet der Inka-Geschichte kein Fachmann war,eignete er sich diesbezüglich rasch entsprechendes Wissen an. an.[44] In Cusco angekommen, fand er umgehend die richtigen Gesprächspartner, eine günstige Voraussetzung für die geplante Expedition. Obwohl er auf dem Gebiet der Inka-Geschichte kein Fachmann war, eignete er sich diesbezüglich rasch entsprechendes Wissen an. an.[45] In Cusco angekommen, fand er umgehend die richtigen Gesprächspartner, eine günstige Voraussetzung für die geplante Expedition.[46] In Lima traf er den Wissenschaftler Carlos A. Romero, der die früheren spanischen Chroniken gründlich durchforscht hatte und Hiram Bingham III. eingehend über die als „Vilcabamba“ oder „Vilcapampa“ bekannte Stadt berichten konnte, die letzte Hochburg der Inka-Herrscher.[47] Als Hiram Bingham III. am 2. Juli 1911 in Cusco eintraf, sprach er dort auch mit dem Rektor der Universität, einem Amerikaner namens Albert Giesecke, der ihm von Gerüchten über die Ruinen im Urubamba-Tal erzählte. Zunächst stellte Hiram Bingham III. ein Expeditionsteam zusammen. Er sandte mehrere Expeditionsmitglieder aus zum Kartografieren und Erkunden, mietete Maultiere und warb Männer an, die diese führen sollten.[48] Am 17. Juli brach er von Cusco aus auf und zog das Urumbamba-Tal entlang. Am 23. Juli verließ er den erschlossenen Teil des Tals und gelangte in eine tropische Region. Er traf unterwegs den Bauern Melchor Arteaga, der ihm sagte, dass es hoch über der Talenge des Urumbamba auf dem Gipfel eines Berges, einige Ruinen gäbe.[49] Hiram Bingham III. bot ihm Geld an, damit er ihn am nächsten Tag dorthin führe.[50] Der Aufstieg zu den Ruinen war anstrengend (die Ruinen stehen 610 Meter über dem Urubamba Tal). Zwischen Hiram Binghams III. und Indiana Jones Expeditionen zeigen sich an dieser Stelle einige Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede.

Während Indiana Jones einen Kartenfetzen als Anhaltspunkt hatte, verfügte Bingham über einige Schriften aus dem 17. Jahrhundert. Und wo Indy zwei örtliche Führer hatte, diente Bingham nur ein örtlicher Polizist als Führer. Er erklomm den steilen Pfad, genau wie Indiana Jones es tat, und die Ähnlichkeiten setzen sich fort, als Bingham über eine Höhle einen alten Tempel entdeckt “.[51]

Während Hiram Bingham III. nur natürliche Hindernisse (dichte Vegetation im Dschungel Perus, Felsen und Flüsse) überwinden muss, gilt es für Indiana Jones in „Jäger des verlorenen Schatzes“ einer Reihe von tödlichen Fallen in der Höhle zu entgehen, u.a. Steinplatten, die durch berühren bzw. betreten Felsen zum Einstürzen bringen oder Pfeile oder Lanzen auslösen. Da hat es das historische Vorbild um einiges leichter. In dem ersten Indiana Jones Film wird der Abenteurer zudem noch, nachdem er den goldenen Götzen schließlich geborgen hat, von seinem Begleiter verraten. Diesem gelingt es durch eine List Indiana Jones das wertvolle Artefakt zu entreißen. Am Ende siegt jedoch die Gerechtigkeit, denn der aus der Höhle türmende Dieb vermag es nicht, wie Indiana Jones den Fallen geschickt auszuweichen. Schlussendlich ereilt den Dieb ein tödliches Schicksal, wodurch Indiana Jones den Götzen wieder an sich nehmen kann.[52] Diese spezielle Filmszene, in der die Moral siegt (und damit dem Gerechtigkeitsempfinden des Zuschauers Genüge getan wird), zeigt die heldenhaften Fähigkeiten des Indiana Jones. Während Indiana Jones den goldenen Götzen der Hovito-Indianer entdeckt, entdeckte Hiram Bingham III. die verlassene Inka-Stadt Machu Picchu.[53] Im Gegensatz zu Indiana Jones, dem von Anfang an der Wert und die Bedeutung des goldenen Götzens bewusst ist, zeigte sich Hiram Bingham III. von seiner Entdeckung anfangs wenig beeindruckt. Nach der eigentlichen „Entdeckung“ zeigte er wenig Interesse an Machu Picchu. Er erkundete einen Nachmittag lang die Ruinen aber die Aufzeichnungen, die er sich machte, lassen nicht erkennen, dass er seine Entdeckung besonders aufregend fand.[54] Er überließ es seinem Assistenten, die Ruinen freizulegen und erste Bestandsaufnahmen und Vermessungen vorzunehmen.[55] Aus Hiram Binghams III. Verhalten wird deutlich, dass er sich nicht darüber im Klaren war, was er da genau gefunden hatte.[56] Er war von seiner Ausbildung her kein Archäologe und wusste auch nicht viel über die Geschichte der Inka deshalb brauchte Hiram Bingham III. Jahre um zu begreifen, was er da eigentlich entdeckt bzw. über was er da gestolpert war.[57] Erst mit der Zeit begann er, die Bedeutung jener Stätte zu erkennen. 1912 kehrt er erneut nach Machu Picchu zurück, um die Freilegungs-Arbeiten zu Ende zu bringen und mit den Ausgrabungen anzufangen. Dabei entdeckte er kein Gold, aber eine Anzahl an Gräbern, zumeist von Frauen. Dies verleitete ihn zu der Annahme, dass in den Gräbern Jungfrauen ruhten, die dem Sonnenkult geweiht waren.[58] Hiram Bingham III. war mehr Entdecker als Archäologe und es fehlte ihm an Geduld für minutiöse Feldforschung.[59] Er fertigte jedoch mit größter Sorgfalt Fotografien an. Zeit seines Lebens deutete Hiram Bingham III. Machu Picchu falsch. Er redete sich schlussendlich ein, dass Machu Picchu tatsächlich die Stadt gewesen sei, in der der letzte Inka-Herrscher, Tupac Amaru, den spanischen Eindringlingen Widerstand geleistet hatte. Hiram Bingham III. ging davon aus, dass Machu Picchu Vilcabamba sei, obwohl er auch das echte Vilcabamba mehr oder weniger genau dort fand, wo es den Chroniken zufolge zu erwarten war. Aber nachdem er erst einmal seine Schlussfolgerung gezogen hatte, blieb er für den Rest seines Lebens dabei – selbst entgegen aller erdrückender Beweise, die einen gegenteiligen Befund aufzeigen.[60]

2.5 Umgang mit der Öffentlichkeit

Alfred Bingham, einer der sieben Söhne Binghams, verfasste die einzige Biografie über seinen Vater, und er stellt darin klar, dass dieser weder auf eine Erstbesteigung noch auf Inka-Ruinen aus war, sondern in erster Linie auf Ruhm.[61] Zeitgenossen stützen dieses Bild eines Mannes, der von Geltungsdrang getrieben und dessen Charakter von Überheblichkeit geprägt war. Hiram Bingham III. genoss es in der Öffentlichkeit zu stehen. 1914/15 organisierte er eine dritte Expedition, dieses Mal mit zweifacher Unterstützung, durch die Yale Universität und die National Geographic Society. Diese letzte Expedition traf in Peru auf eine Phase politischer Unruhe und regierungsfeindliche Politiker beschuldigten Hiram Bingham III. kostbares nationales Eigentum in die Vereinigten Staaten schaffen zu wollen.[62] Das archäologische Material, dass Hiram Bingham III. außer Landes brachte, bestand angeblich nur aus Knochen, Tonscherben und kleinen Dingen ohne besonderen Wert. Er wurde allerdings angeklagt, große Mengen des Goldschatzes geraubt zu haben. Bislang war es Hiram Bingham III. immer gelungen sich der peruanischen Innenpolitik zu entziehen. Er kannte die führenden Persönlichkeiten des Landes, er war charmant und er durchschaute die Mechanismen der Macht.[63] 1915 verließ Hiram Bingham III. schließlich Peru, da Gefahr bestand, dass er verhaftet und ein Ausreiseverbot über ihn verhängt werden würde. Dieser medienwirksame Umgang mit ihm bescherte ihm wiederum den Ruhm, den er gesucht hatte. Er war jetzt endgültig der Mann geworden, der einen wichtigen Platz in der Geschichte der Archäologie und der Entdeckungen verdient hatte.[64] Nach seinen Expeditionen schrieb Hiram Bingham III. mehrere Bücher, darunter das 1922 (sieben Jahre nach seiner letzten Exkursion) erschienene Buch „Inca Land“ (oder auch: „Das Land der Inka“), in dem er die verlorene Welt der Inka lebendig werden lässt. Sein Buch gibt jedoch nicht nur Einblick in die Welt der Inka, sondern auch eine Welt freien, uneingeschränkten Forschens, in der der Unternehmungsgeist eines Hiram Binghams III. einen jungen Mann sehr weit bringen konnte.[65] Hiram Binghams III. spätere Bücher (nach 1922) waren geprägt von seiner Überheblichkeit, wo er mehr aus seiner Rolle macht, als sie es verdient.[66]

3. Fazit

Die Gemeinsamkeiten zwischen dem Abenteuerhelden Indiana Jones und seinem historischen Vorbild zeigt sich am offensichtlichsten an ihrer Profession - beide waren Archäologen, Entdecker und Universitätsprofessoren. Sowohl Indiana Jones als auch Hiram Bingham III. hatten Lehrstühle für Südamerikanische Geschichte inne und lehrten in Yale, Connecticut. Und über beide lässt sich sagen, dass sie in erster Linie an der Entdeckung als solcher interessiert waren, als an der wissenschaftlichen Erforschung und präzisen Dokumentation der Artefakte. Vor diesem Hintergrund lässt sich sagen, dass die beiden „(…) für ihre Zeitgenossen keine genaue Übersetzung der Vergangenheit liefern, sondern vielmehr als Vermittler fungieren“.[67] Im Fall von Machu Picchu identifiziert die Geschichtsschreibung Hiram Bingham III. als den Entdecker der verlorenen Stadt, während andere zu ihrer Erforschung beigetragen haben.[68] Im Rückblick ist Hiram Bingham III. nicht wegen seiner politischen Erfolge, als Universitätslehrer oder wegen seiner Karriere in der Luftfahrt im Gedächtnis geblieben. Man erinnert sich seiner ausschließlich einer einzigen Leistung wegen. Er war der Forscher, der die berühmtesten Ruinen der westlichen Erdhalbkugel auffand: die „verlorene Inka-Stadt“ Machu Picchu, die er auf seiner zweiten Expedition 1911 durch das Inka-Land im Inneren von Peru fand. Hiram Bingham III. war ein Entdecker, kein Archäologe. Es war ihm nicht bestimmt, Machu Picchu zu verstehen, sondern nur, es zu „finden“.[69] Immerhin gab er 1922 zu, Machu Picchu nicht selbst „entdeckt“ zu haben. In diesem Zusammenhang erklärte er auch den Unterschied zwischen dem Auffinden einer Stätte und der Veröffentlichung des Fundes.[70] Ausgangslage der vorliegenden Arbeit war unter anderem die Frage, ob es wirklich Archäologen gab, die wie Indiana Jones echte Abenteurer waren. Gresh & Weinberg zufolge erscheint es „(…) sehr wahrscheinlich, dass Abenteurer tief in den peruanischen Dschungel eingedrungen sind, um ihr Glück zu suchen“.[71] Insbesondere die Lebensgeschichte von Hiram Bingham III. führt vor Augen, dass die Archäologie, die Anfang des 20. Jahrhunderts noch weit davon entfernt war, eine wissenschaftliche Disziplin zu sein, Hobbyforschern und Abenteurern umfassende Möglichkeiten bot. Obgleich ihre Arbeitsweise nicht an den modernen archäologischen Standards gemessen werden kann, sind sowohl die fiktive Figur, als auch ihr historisches Vorbild zu Ikonen der Archäologie geworden. In seinem Artikel „In defense of Indiana Jones, archaeologist“ spricht sich Max Gladstone dafür aus, dass man nicht den Fehler begehen dürfe, die Arbeit von Indiana Jones nach heutigen (modernen) Standards in der Archäologie zu beurteilen. Nach modernen Standards gälten die Methoden von Indiana Jones mindestens als unorthodox. Gladstone wendet jedoch ein, dass man Indiana Jones den Maßstäben seiner Zeit entsprechend beurteilen müsse.

[...]


[1] Zitat aus „Jäger des verlorenen Schatzes“ (Spielfilm, 1981).

[2] Heaney, S. 12.

[3] Vgl. Gresh & Weinberg, S. 22.

[4] S. 12.

[5] Vgl. Brandt, S. 9.

[6] Vgl. ebd.

[7] Vgl. Brandt, S. 10.

[8] Vgl. Brandt, S. 9.

[9] Vgl. Brandt, S. 8.

[10] Vgl. Brandt, S. 7.

[11] S. 23.

[12] Brandt, S. 9.

[13] Vgl. Brandt, S. 10.

[14] Brandt, S. 7.

[15] Vgl. ebd.

[16] Bärtle, S. 26.

[17] Gresh & Weinberg, S. 18.

[18] S. 29.

[19] Ebd.

[20] Zitat aus „Jäger des verlorenen Schatzes“ (Spielfilm, 1981).

[21] Bärtle, S. 29.

[22] Vgl. ebd.

[23] vgl. Gresh & Weinberg, S. 18.

[24] Zitat aus “Jäger des verlorenen Schatzes” (Spielfilm, 1981).

[25] Vgl. Gresh & Weinberg, S. 24.

[26] Gresh & Weinberg, S. 18.

[27] Vgl. Brandt, S. 11.

[28] Vgl. Brandt, S. 11.

[29] vgl. Gresh & Weinberg, S. 18.

[30] Vgl. Gresh & Weinberg S. 19.

[31] „Jäger des verlorenen Schatzes“, Minute 7:00-8:20

[32] http://www.praehistorische-archaeologie.de/wissen/grabungen/ausgrabung/definition/

[33] Gresh & Weinberg, S. 19.

[34] „Jäger des verlorenen Schatzes“, Minute 4:38-9:43.

[35] Ebd.

[36] Vgl. Gresh & Weinberg, S. 20.

[37] S. 21.

[38] Bärtle, S. 276.

[39] S. 29.

[40] Bärtle, S. 37.

[41] Vgl. Brandt, S. 13.

[42] Vgl. Brandt, S. 13.

[43] Vgl. Brandt, S. 10.

[44] Vgl. Brandt, S. 11.

[45] Vgl. Brandt, S. 11.

[46] Vgl. Brandt, S. 11.

[47] Vgl. ebd.

[48] Vgl. Brandt, S. 12.

[49] Vgl. ebd.

[50] Laut National Geographic hat Hiram Bingham III. 1911 einen peruanischen Führer dafür bezahlt, dass er ihn zu den nahegelegenen Ruinen führt (vgl. Gresh & Weinberg, S. 23).

[51] Gresh & Weinberg, S. 23-24.

[52] „Jäger des verlorenen Schatzes“, Minute 8:20-9:25.

[53] Vgl. ebd.

[54] Vgl. Brandt, S. 12.

[55] Vgl. Brandt, S. 13.

[56] Vgl. ebd.

[57] Vgl. Brandt, S. 8.

[58] Vgl. Brandt, S. 14.

[59] Vgl. ebd.

[60] Vgl. ebd.

[61] Vgl. Brandt, S. 8-9.

[62] Vgl. Brandt, S. 15.

[63] Vgl. ebd.

[64] Vgl. ebd.

[65] Vgl. Brandt, S. 16.

[66] Vgl. Brandt, S. 15-16.

[67] Gresh & Weinberg, S. 21.

[68] Gresh & Weinberg, S. 22.

[69] Vgl. Brandt, S. 16.

[70] Vgl. Brandt, S. 14.

[71] S. 22.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Archäologen oder Abenteurer und Schatzsucher? Die Wissenschaft bei Indiana Jones und Hiram Bingham III.
Untertitel
Ein Vergleich zwischen Filmfigur und historischer Persönlichkeit
Hochschule
Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig  (Historisches Seminar)
Veranstaltung
Entdecker und Entdeckungen in der Archäologie
Note
2,3
Autor
Jahr
2016
Seiten
21
Katalognummer
V383597
ISBN (eBook)
9783668589322
ISBN (Buch)
9783668589339
Dateigröße
1760 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Indiana Jones, Archäologie, Hiram Bingham III, Geschichte, Film, Jäger des verlorenen Schatzes
Arbeit zitieren
Anna Buchroth (Autor:in), 2016, Archäologen oder Abenteurer und Schatzsucher? Die Wissenschaft bei Indiana Jones und Hiram Bingham III., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/383597

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