Suizid - ein Diskurs zur Flucht aus dem Leben


Hausarbeit, 2002

18 Seiten, Note: gut


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung

2 Einige Mythen über Suizid

3 Theorien suizidalen Verhaltens
3.1 Individuumzentrierte Suizidtheorien
3.1.1 Die Medizinische Theorie
3.1.2 Psychoanalytische Theorien
3.2 Soziologische Suizidtheorien
3.3 Lerntheoretische Erklärungsansätze
3.3.1 Suizidalität nach dem Modell der gelernten Hilflosigkeit
3.3.2 Suizidgefährdung durch Modellernen

4 Persönlichkeitsstörungen und -merkmale

5 Krisen und Suizidgefährdung
5.1 Einschätzung der Suizidalität

6 Suizidale Beziehungsmuster

7 Diskussion

8 Hilfe für Suizidgefährdete

9 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Diesem tödlichen Spiel,

das von der Erhellung der Existenz

zur Flucht aus dem Leben führt,

muß man nachgehen,

und man muß es begreifen.

Albert Camus (1942)

Im Jahr 2000 begingen in Deutschland 11.100 Menschen Suizid - 8.100 Männer und 3.000 Frauen. Im Vergleich dazu: Bei Vekehrsunfällen kamen "nur" 7.800 Menschen ums Leben.[1] Suizidalhandlungen[2] gehören zu den häufigsten psychopathologischen Phänomenen. Die Dunkelziffer ist zudem beträchtlich. Man geht davon aus, daß auch ein Teil der Autounfälle und Drogentote auf Suizid bzw. Suizidversuche zurückzuführen ist. Dies ist m. E. Grund genug, sich mit der Frage zu beschäftigen, warum Menschen Suizid begehen und wie man die Suizidgefährdung eines Menschen feststellen kann.

In dieser Arbeit möchte ich den Leser zunächst mit einigen Fehlannahmen über Suizid bekannt machen. Im Folgenden gebe ich einen kurzen Überblick zu verschiedenen Suizidtheorien und den Zusammenhang von Suizid mit Persönlichkeitsmerkmalen und -störungen. Das Kapitel Krisen und Suizidgefährdung informiert darüber, was man unter einer Krise versteht und wie man die Suizidgefährdung eines Menschen abschätzen kann. Im folgenden Kapitel beschreibe ich Ergebnisse einer Studie zu suizidalen Beziehungsmustern. Abschließend beschäftige ich mich mit ethischen Fragen und gebe Hinweise zu Institutionen, an die sich Hilfesuchende mit Suizidgedanken wenden können.[3]

2 Einige Mythen über Suizid

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3 Theorien suizidalen Verhaltens

3.1 Individuumzentrierte Suizidtheorien

Die Ursache für die Suizidhandlung wird ausschließlich im Individuum vermutet. Die medizinische Theorie geht von körperlichen, die psychoanalytischen Theorien von psychischen Ursachen aus. Das Umfeld des Klienten und soziologische Aspekte werden nicht berücksichtigt.

3.1.1 Die Medizinische Theorie

Diese Theorie geht vor allem auf Erwin Ringel (1953) zurück. Eine Suizidhandlung ist danach der Abschluß einer krankhaften Entwicklung, eine Krankheit oder ein Symptom einer Krankheit[5]. Ringel untersuchte 745 Personen nach Suizidversuchen. Bei fast allen wurden folgenden Merkmale, die er als präsuizidales Syndrom beschrieben hat, festgestellt[6]:

- Zunehmende Einengung der Wahrnehmung und Gefühle verbunden mit einem Rückzug auf die eigene Person und Empfindungen von Ausweglosigkeit. Vermutete Auslöser: Kränkungen, Enttäuschungen und Mißerfolge.
- Gehemmte und gegen die eigene Person gerichtete Aggression
- Selbstmordphantasien

Die Entwicklungsstadien des präsuizidalen Syndroms[7]:

- Suizid wird als Problemlösung erwogen. Die psychodynamische Faktoren sind Aggressionshemmung und soziale Isolierung; bedeutsam sind suggestive Einflüsse (z.B. auch Pressemeldungen).
- Die Person schwankt zwischen dem Wunsch nach Selbsterhaltung und Selbstzerstörung; häufig sind direkte Suizidankündigungen.
- Die Person beschließt den Suizid; äußerlich kommt es zur Beruhigung, von der Umwelt oft fälschlicherweise als Besserung interpretiert; indirekte Suizidankündigungen (z.B. Person trennt sich von wertvollen Besitztümern[8])

Therapie: hauptsächlich medikamentöse Behandlung.

3.1.2 Psychoanalytische Theorien

3.1.2.1 Die Aggressionstheorie

Freud (1916) stellt[9] in seiner Suizidtheorie einen Aggressionskonflikt in den Mittelpunkt. Die Suizidhandlung bezieht sich auf ein geliebtes und (nach dessen physischem oder psychischem Verlust[10]) zugleich gehaßtes Objekt. Das verlorene Objekt wird als unverzichtbar erlebt und der Verlust als lebensbedrohend empfunden. Negative Gefühle werden jedoch gegen die eigene Person gerichtet, wodurch es zu einer depressiven Reaktion kommt. Die Suizidhandlung ist Ausdruck dieses (Selbst)Hasses. Beim Suizid bringt sich die betroffene Person nicht nur selbst um, sondern auch den anderen, denn

"(...) kein Neurotiker [verspürt] Selbstmordabsichten, der solche nicht von einem Mordimpuls gegen andere auf sich zurück wendet."[11]

Da der Suizidant sich oft wegen seines Hasses schuldig fühlt, wird der eigene Tod als gerechte Strafe empfunden.

In seiner späteren Theorie (1920) geht Freud von einem Todestrieb aus, der dem Lebenstrieb entgegenwirkt. Die meisten Menschen können mit diesem Todestrieb umgehen, indem sie ihn auf andere umlenken. Suizidale Menschen richten diesen Trieb gegen sich selbst.

Der Rückgang von Suizidhandlungen in Kriegszeiten[12] scheint diese Theorie zu belegen, da Menschen den Todestrieb im Krieg konkret auf ihr Feindbild lenken können. Bei einer Analyse von Abschiedsbriefen von Suizidanten (Ruckman, Kleiner und Lavell, 1959[13]) wurden jedoch kaum Anzeichen von Feindseligkeit gefunden.

[...]


[1] http://www.destatis.de/presse/deutsch/pm2001/p3840092.htm, 2001

[2] Suizide und Suizidversuche

[3] vgl. Davison/Neale 1998, S. 282 f. sowie Nagel-Kuess in Sonneck, 1997, S. 234

[4] vgl. Henseler, 1990, S 26

[5] vgl. Buri 1993, S. 14

[6] vgl. Sonneck 1997, S. 155 f.

[7] vgl. Buri 1993, S. 16

[8] vgl. Davison/Neale 1998, S. 281

[9] vgl. Buri 1993, S. 17 f.

[10] z.B. durch Enttäuschung

[11] Freud 1917, S. 205

[12] Davison/Neale, 1998, S. 281

[13] ebd. S. 284

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Suizid - ein Diskurs zur Flucht aus dem Leben
Hochschule
Hochschule Zittau/Görlitz; Standort Görlitz
Veranstaltung
Störungen der Kommunikation
Note
gut
Autor
Jahr
2002
Seiten
18
Katalognummer
V38349
ISBN (eBook)
9783638374392
ISBN (Buch)
9783638799348
Dateigröße
671 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Suizid, Diskurs, Flucht, Leben, Störungen, Kommunikation
Arbeit zitieren
Dipl.-Kommunikationpsychologin Petra Bühler (Autor:in), 2002, Suizid - ein Diskurs zur Flucht aus dem Leben, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/38349

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