Schützen Toilettensitzerhöhungen vor Stürzen?

Was hat B. Latour mit Pflege zu tun?


Ausarbeitung, 2016

30 Seiten, Note: 1,2


Leseprobe


Inhalt

1.0 Zusammenfassung

2.0 Einleitung

3.0 Fragestellung

4.0 Methode
4.1 Auswahl der Klient_innen:
4.7 Zum Gesundheitszustand der Klient_innen
4.8 Medikamente, die die Klient_innen nahmen
4.9 Welche Hilfsmittel wurden genutzt?

5.0 Der Untersuchungsablauf

6.0 Statistische Analyse der Daten
6.1 Deskriptive Statistik
6.2 Schließende Statistik

7.0 Ergebnisse
7.1 Sturzhäufigkeit
7.2 Sturzintensität

8.0 Diskussion
8.1 Praktische Erkenntnisse
8.2 Theoretische Einbindung in die Akteur-Netzwerk-Theorie

9.0 Literatur

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 Rekrutierung der Klient_innen

Abbildung 2 Altersstruktur & BMI der Klient_innen

Abbildung 3 stund-ups der Klient_innen

Abbildung 4 Welche Medikamente wurden wie oft genommen?

Abbildung 5 Wie viele Medikamente wurden gleichzeitig genommen?

Abbildung 6 Die ersten Schritte der Auswertung

Abbildung 7 Sturzhäufigkeit ohne und mit Sitzerhöhung

Abbildung 8 Sturzintensität

1.0 Zusammenfassung

Der folgenden Untersuchung lagen häufigere Beobachtungen aus der Pflegepraxis in der ambulanten Pflege zugrunde: stürzten Klient_innen[1] beim Toilettengang häufiger, wurde ihnen in der Regel eine Toilettensitzerhöhung zur „Sturzprophylaxe“ empfohlen. Häufig weigerten sich die Klient_innen zunächst, eine solche zuzulassen. Wenn dann doch die Erhöhung „eingebaut“ wurde, hatte ich den Eindruck, dass die Betroffenen mindestens genauso häufig, wenn nicht im Einzelfall sogar häufiger stürzten, als vorher.

Während meiner Tätigkeit als stellvertretende Pflegedienstleitung in verschiedenen ambulanten Pflegediensten in Hamburg, entwickelte ich einen Beobachtungsbogen, um die Beobachtung besser protokollieren zu können. Diese Beobachtungsbögen werte ich in der folgenden Arbeit aus.

Die Protokolle von 27 Personen, die im Pflegedienst betreut wurden, liegen der Datenanalyse zugrunde. Sie werden im Weiteren ausführlicher dargestellt. Das Ergebnis dieser Untersuchung bestätigt meine Vermutung: nach Einbau der Toilettensitzerhöhung stürzen die Klient_innen signifikant häufiger und verletzen sich schwerer, als vorher.

Aus diesem Ergebnis werden erste Empfehlungen zur Betreuung der Betroffenen ausgesprochen.

2.0 Einleitung

Mit zunehmendem Alter geschieht es immer häufiger, dass Klient_innen mit dem Toilettengang nicht zurechtkommen. Häufig verunreinigen die älteren Personen das Toilettenumfeld (z.B. schmeißen Papier neben die Toilette, vermögen es nicht mehr, rechtzeitig auf die Toilette zu gelangen und verschmieren deshalb den Kot auf Toilettenbrille etc.) oder stürzen bei dem Gang zur oder von der Toilette zurück. (Bleijlevens, Diederiks, Hendriks, van Haastregt, Crebolder, von Eijk 2010).

Stürzen die Senior_innen während des Toilettengangs, wird ihnen häufig empfohlen, Haltegriffe zu montieren, Toilettenvorleger zu entfernen und Toilettensitzerhöhungen durch Sanitätshäuser montieren zu lassen (Sachsenmaier 1991: 115, Füsgen & Melchior 1997: 171, Tideiskaar 2008: 136, DIMDI 2012: 35, Hayder, Kuno & Müller 2012: 89, DNQP 2013, 80 ff.). Allgemein wird davon ausgegangen, dass diese Maßnahmen den älteren Menschen helfen, sicher ihren Toilettengang zu absolvieren und das Sturzrisiko zu reduzieren. Neben diesen die Umgebung beeinflussenden Interventionen haben Mitarbeiter_innenqualifikationen und die Auswahl der verwendeten Interventionen einen Einfluss auf die outcome-Qualität der Bemühungen um eine effektive Sturzprophylaxe (DIMDI 2012: 40, Gau & Schlubach 2016: 176).

In diversen Übersichtsarbeiten wird als Sturzort das Badezimmer der Klinik oder des Altenheimes genannt, ohne allerdings differenziert darzulegen, inwieweit der Sturz in direktem Zusammenhang mit dem Toilettengang erfolgte (vgl. DIMDI 2012, Adner & Klewer 2011: 38 - 49, Münch & Klewer 2013: 152f.) Zudem wurde bisher nicht untersucht, ob der Einbau sog. „seniorengerechter Toiletten“ (Toilettensitzerhöhung) die Situation zu ändern vermag.

Die Inzidenz von Stürzen in deutschen Badezimmern wird (in Seniorenheimen) mit ca. 13% der Stürze angegeben (Rapp, Becker, Cameron, König & Büchele 2011) Österreich (Boukal 2008) berichtet von ca. 12.000 Stürzen, die in Kliniken behandelt werden müssen.

Die volkswirtschaftlichen Folgen der Stürze sind beachtlich, wenn gleich dazu deutsche Untersuchungen bisher nicht publiziert wurden. Die veröffentlichten Daten aus internationalen Untersuchungen sind nicht vergleichbar, weil die Berechnungen sehr unterschiedlich erfolgten: Einige Untersuchungen beschäftigen sich mit den direkten Kosten (medizinische [Kliniksaufenthalt, OP-Kosten etc.] und nichtmedizinische [z.B. Kosten für Krankentransport]), andere Studien wiederrum mit den indirekten Kosten, die z.B. die Kosten für Fehltage im Arbeitsleben o.ä. entstehen (DIMDI 2012). Eine systematische Literaturübersicht über 32 Studien wurden von Heinrich (Heinrich, Rapp, Rissmann, Becker, König 2010) veröffentlicht. Die Analyse dieser Studien (die zumeist die Kosten für die ambulante Pflege nicht mit einbezogen) zeigt, dass die sturzassoziierten Kosten 2,2 – 3,7% des Gesamtaufwands der Gesundheitskosten betrugen bzw. 0,23 – 0,29% des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Das BIP betrug in Deutschland im Jahr 2014 2.915,7 Milliarden Euro (Statistische Bundesamt 2015). Somit wird deutlich, dass der Sturzpävention große Bedeutung zugemessen werden muss, bedeutet doch für jede Person, die sich bei einem Sturz verletzt, dass sie möglicherweise längere Kliniksaufenthalte in Kauf nehmen muss und die Kostenträger mit erheblichen (häufig vermeidbaren) Kosten belastet werden.

Diese Studie untersucht 27 Personen in fortgeschrittenem Alter über zunächst 12 Monate täglich in der eigenen häuslichen Umgebung und erfasst dabei (über den ambulanten Pflegedienst), die Anzahl der Stürze. Bei den gleichen Klient_innen wurde dann – nach Einbau einer Toilettensitzerhöhung und zusätzlicher Haltegriffe – erneut die Sturzfrequenz und die Sturzausprägung erfasst und mit den Daten des ersten Erfassungszeitraums verglichen.

3.0 Fragestellung

1. Welches Zahlenmaterial lässt sich hinsichtlich der Faktoren Sturz und Sturzausprägung durch ältere Menschen in deren Häuslichkeit erheben.
2. Wie verändert sich die Situation, wenn eine Toilettensitzerhöhung und zusätzliche Haltegriffe montiert wurden bei den gleichen Klient_innen.
3. Lässt sich die Annahme, dass Toilettensitzerhöhungen und Haltegriffe die Sicherheit der Klient_innen erhöhen, auf Grund dieser Datenlage belegen?

4.0 Methode

4.1 Auswahl der Klient_innen:

Die Abbildung 1 zeigt die Rekrutierung der in dieser Untersuchung beschriebenen Klient_innenpopulation, besonderes Merkmal wurde bei dem zu untersuchenden Klientel auf klassische biometrische Daten sowie auf das Ausmaß der Kontinenz (Kontinenzprofil), die Gesäß-Bein-Länge, die Handkraft und den Chair-Rise-Test gelegt. Die Daten wurden jeweils für die Gruppe Frauen (n=14) und die Gruppe Männer (n = 13) getrennt untersucht und nach statistisch signifikanten Unterschieden gesucht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 Rekrutierung der Klient_innen

4.2 Biometrische Daten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 zeigt die Altersverteilung und die BMI-Situation der an der Untersuchung beteiligten Personen, getrennt nach Geschlecht. Statistisch unterschieden sich die beiden Gruppen nicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 Altersstruktur & BMI der Klient_innen

4.3 Kontinenzprofile

Aus der Gruppe der inkontinenten Klient_innen (n = 56) wurden jene ausgewählt, die das KP 2 (unabhängig erreichte Kontinenz) bzw. KP 4 (unabhängig kompensierte Kontinenz) hatten. Diese Kontinenzprofile beschreiben mit dem Begriff „unabhängig“, dass die Klient_innen selbständig und ohne fremde Hilfe ihre „(In-)Kontinenz“ handhaben konnten und eine Mitwirkung Dritter, in diesem Falle also Pflegekräfte, nicht zum Einsatz kamen. (DNQP 2007: 35)

4.4 Gesäß-Beinlänge

Die Gesäß-Beinlänge (G-B-Länge) wurde erfasst, um Sturzereignisse die durch ein ungünstiges Verhältnis von G-B-Länge zur Toilettenhöhe zumindest theoretisch das Sturzrisiko erhöhen könnten, für diese Untersuchung auszuschließen. Die G-B-Länge lag ebenfalls im Normbereich (norm: 980 mm, 50 Perzentile) (Jürgens 2004: 43).

4.5 Handkraft

Die Handkraft der rechten und linken Hand (HK re / HK li) (norm: re: 24,2 +/- 5,1; li: 22,4 +/- 4,8) (Hank, Jürges,Schupp & Wagner 2009: 117 – 126, Norman, Nikolov, Demuth, Steinhagen-Thiesen & Eckardt 2013: 38) wurde mit dem Smedley-Spring-Dynamometer jeweils routinemäßig bei allen Klient_innen des betreuenden Pflegedienstes erhoben. Die Daten der Handkraftmessung zeigen, dass die Klient_innen altersentsprechende Kräfte mobilisieren konnten, um sich z.B. an den Haltegriffen festzuhalten bzw. abzustützen.

Die Handkraft wurde monatlich ermittelt.

4.6 Chair-Rise-Test

Der Chair-Rise-Test (Aufstehtest) misst als Produkt aus Kraft und Geschwindigkeit die muskuläre Leistung. (Rikli & Jones 1991a, Rikli & Jones 1991b, Jones & Rikli 2002a, Jones & Rikli 2002b, Messerer 2012). Die Patientinnen und Patienten müssen, so schnell wie möglich (also in Maximalgeschwindigkeit), von einem Stuhl mit ca. 46cm Sitzhöhe nacheinander aufstehen, wobei die Arme vor der Brust gekreuzt sein sollen. Ein aufstützen auf den Stuhllehnen oder den Knien ist nicht gestattet. In dieser Untersuchung wurde die Anzahl der „stand ups“ gemessen, die in der Zeit von 5,4 – 19,4 sec. durchgeführt werden konnten. Der gesunde Mensch schafft mehr als fünf „stand ups“ während dieser Zeit.

Die folgende Abbildung 3 zeigt die stand-ups bei der ersten Messung; die folgenden monatlichen Messungen blieben konstant, es konnte in allen Messungen kein statistischer Unterschied zwischen den Geschlechtern nachgewiesen werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenAbbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


[1] Der Gender Gap ist die Antwort auf das Zweigeschlechtersystem. Der durch den Unterstrich symbolisierte Zwischenraum soll all jene Personen einschließen, die sich nicht in das klassisch-hegemoniale System Frau/Mann einlassen und irgendwo zwischen diesen beiden Polen verorten wollen (z.B. transidente Personen). (vgl. Hermann 2003)

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
Schützen Toilettensitzerhöhungen vor Stürzen?
Untertitel
Was hat B. Latour mit Pflege zu tun?
Note
1,2
Autor
Jahr
2016
Seiten
30
Katalognummer
V383233
ISBN (eBook)
9783668586925
ISBN (Buch)
9783668586932
Dateigröße
806 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Ausarbeitung für die Hochschule wurde wesentlich erweitert.
Schlagworte
Stürze Toilettensitzerhöhung Senioren
Arbeit zitieren
Klaus Neander (Autor:in), 2016, Schützen Toilettensitzerhöhungen vor Stürzen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/383233

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