Die Organisation als Netzwerk. Pathologische Formen der Arbeitsteilung verhindern und Innovationen ermöglichen


Essay, 2005

12 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Zum Inhalt

1. Durkheims pathologische Formen der Arbeitsteilung

2. Das Netzwerk – unterschiedliche Bedeutung starker und schwacher Bindungen

3. Die Organisation als Netzwerk

4. Die Organisation als Teil eines Netzwerkes

Literaturverzeichnis

Entwicklung und Implementierung von Innovationen in einer Organisation sind umso wahrscheinlicher, je reibungsloser die innerbetrieblichen Arbeitsprozesse vonstatten gehen und je größer das Vertrauen und die Solidarität unter den Mitarbeitern ist. (vgl. Powell 1990, S. 305; Heidenreich 2004, S. 105 (207)) Es gibt viele Störquellen, die Unruhe und Chaos in eine Organisation bringen können. Eine davon stellt die suboptimale Organisation der Arbeit dar, genauer gesagt der Arbeitsteilung. Durkheim benennt drei Formen der Arbeitsteilung, die zu Anomie, Konflikt und mangelnder Solidarität führen. (vgl. Durkheim 1992, S. 421-465)

Ziel dieser Arbeit ist es, Durkheims pathologische Formen der Arbeitsteilung mit der Netzwerktheorie zu verbinden und der Frage nachzugehen, wie ein intraorganisationales Netzwerk beschaffen sein muss, damit einerseits anormale Arbeitsteilung verhindert und (dadurch) andererseits Innovationen in einer Organisation ermöglicht werden.

Dazu werden die entsprechenden Ausführungen Durkheims umrissen (Kap. 1), die Netzwerktheorie skizziert und die unterschiedliche Bedeutung von starken und schwachen Bindungen hinsichtlich der Möglichkeit von Innovationen herausgearbeitet. Anschließend wird versucht, zentrale (und globale) Gesichtspunkte eines innovationsfreundlichen intraorganisationalen Netzwerks zu bestimmen (Kap. 4). Ergänzend dazu soll Kapitel 4 das Verständnis dafür schärfen, dass eine Organisation nicht nur per se ein Netzwerk darstellen, sondern auch Teil eines umfassenderen Netzwerks sein sollte.

1. Durkheims pathologische Formen der Arbeitsteilung

Die anomische Arbeitsteilung verhindert die Entstehung solidarischer Bindungen unter den einzelnen Mitarbeitern einer Organisation (o.ä.), weil die „wechselseitigen Beziehungen der Funktionen“ nicht geregelt sind (Durkheim 1992, S. 433f). Das bedeutet, dass das einzelne Individuum zwangsläufig von seinen Kollegen isoliert wird und nicht erkennt, dass es doch gemeinsam mit den anderen an ein und demselben Werk arbeitet (Ebd., S. 425). Durch den mangelnden Kontakt und einen fehlenden gemeinsamen Referenz- oder Identifikationspunkt werden solidarische Gefühle unterbunden. Dem kann durch die (grobe) Reglementierung der Beziehungen der einzelnen Mitarbeiter sowie der einzelnen Funktionsbereiche untereinander vorgebeugt werden, weil „der Anomiezustand überall dort unmöglich ist, wo die solidarischen Organe in hinreichendem und genügend langem Kontakt miteinander stehen.“ (Ebd.,

S. 437) Durch Regeln provozierter bzw. initialisierter Kontakt ist also eine grundlegende Bedingung für Solidarität. Die Frage, die sich hier stellt ist, was genau unter einem „hinreichend und genügend langem Kontakt“ verstanden werden muss bzw. wie man ihn in die Netzwerktheorie (im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen in einer Organisation) einzuarbeiten hat.

Im Gegensatz zur anomischen Arbeitsteilung (AT) gründet die erzwungene AT – als zweite Form der pathologischen AT – auf einem Übermaß an Regeln. Durkheim zielt dabei ab auf die strenge Organisation der Klassen und Kasten, die den Mitgliedern niederer Gruppen den Zugang zu höheren Positionen verwehrt. In vielen Fällen entspricht die Aufgabenverteilung in Kasten oder Klassen nicht den natürlichen Fähigkeiten des Einzelnen, weshalb dieser unzufrieden ist und eher gegen das System, das ihn an seiner Selbstverwirklichung hindert, aufbegehrt, als sich mit seinen Mitgliedern solidarisch zu fühlen (Ebd., S. 443f). Allerdings löst sich das Problem der erzwungenen AT – aufgrund eines funktionalen Automatismus – im Laufe der Modernisierung der Gesellschaft von selbst (vgl. Ebd., S. 445, 447), weshalb diese pathologische AT im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht weiter verfolgt werden muss.

Eine „ weitere anormale Form der Arbeitsteilung “ – nennen wir sie dysfunktionale AT – entsteht dadurch, dass die einzelnen Funktionen falsch oder ungerecht koordiniert werden (Ebd., S. 459): die Arbeit des einzelnen ist entweder durch unnötige Aufgaben überlastet und schränkt ihn in seiner Handlungsfreiheit ein, oder sie füllt seine Kapazitäten schlichtweg nicht zur Genüge aus. Durch mangelnde Funktionalität der einzelnen Tätigkeiten und aufgrund der dadurch verursachten Abstimmungsprobleme zwischen den verschiedenen Funktionsbereichen kommt es nicht nur zu Störungen des Arbeitsprozesses, sondern auch zu Missmut unter den Arbeitern, weil manche von ihnen unter- und andere überfordert sind. Beides lässt sich beseitigen, indem die Funktionalität des Einzelnen erhöht wird (Ebd., S. 459ff). So weit so gut – nur leider bietet sich hier kein Ansatzpunkt für eine Theorie, die sich nicht auf individuelle Tätigkeiten, sondern auf die Qualität der Beziehungen zwischen den Individuen bezieht. Die einzige Form der pathologischen AT, die weiterhin Beachtung verdient, ist die anomische Arbeitsteilung. Bevor diese mit der Netzwerktheorie verbunden werden kann, sollen zunächst die wichtigsten Gesichtspunkte der Netzwerktheorie herausgearbeitet werden.

2. Das Netzwerk – unterschiedliche Bedeutung starker und schwacher Bindungen

Das Netzwerk war ursprünglich nur ein methodisch-theoretischer Grundbegriff, aus dem sich im Laufe der Zeit schließlich nicht (nur) eine einheitliche Theorie, sondern viele Theoriestränge entwickelt haben (vgl. Hasse/Krücken, S. 4ff). Da wir die Beschaffenheit von Netzwerken im Inneren einer Organisation – also die Beziehung zwischen den Mitgliedern einer Organisation – beleuchten wollen, konzentrieren wir uns zunächst auf die Netzwerktheorie, die als methodischer Individualismus verstanden wird. Ein Netzwerk besteht – ganz allgemein – aus Akteuren (hier: Individuen), die teilweise oder vollständig mehr oder weniger stark miteinander verbunden sind. Die Bindungen zwischen den Akteuren können nun unterschiedlich beschaffen sein: in der Regel stellen sie sich als (relativ) lineare Kombination von Kontakt- und Kommunikationshäufigkeit, aufgewendeter Zeit, emotionaler Betroffenheit und gegenseitigem Vertrauen dar. Das heißt: Je häufiger sich zwei (oder mehr) Menschen treffen und je mehr Zeit sie miteinander verbringen, desto häufiger und mehr können sie miteinander kommunizieren, desto homogener wird der gemeinsame Informationspool, desto ähnlicher werden sich die Akteure (Granovetter 1982, S. 108), desto größer wird die Sympathie bzw. die Solidarität, die die Akteure füreinander empfinden, und desto stärker wird die Bindung zwischen ihnen. Die Unterscheidung zwischen starken und schwachen Bindungen ist also eigentlich eine graduelle. Nichtsdestotrotz wird sie von der Wissenschaft – und auch jetzt von mir – als absolute aufgefasst.

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Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Die Organisation als Netzwerk. Pathologische Formen der Arbeitsteilung verhindern und Innovationen ermöglichen
Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
12
Katalognummer
V38252
ISBN (eBook)
9783638373722
ISBN (Buch)
9783638848497
Dateigröße
513 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Organisation, Netzwerk, Oder, Netzwerk, Formen, Arbeitsteilung, Innovationen
Arbeit zitieren
Sebastian Wiesnet (Autor:in), 2005, Die Organisation als Netzwerk. Pathologische Formen der Arbeitsteilung verhindern und Innovationen ermöglichen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/38252

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