Eine Analyse der qualitativen und ökonomischen Effizienz von privatisierten US-Strafvollzugsanstalten

Ein mögliches Modell für die Bundesrepublik Deutschland?


Hausarbeit, 2017

16 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Ursprunge, Ursachen und AusmaB der Privatisierung von US-Strafvollzugsanstalten

3. Private und staatliche US-Gefangnisse im Vergleich
3.1 Sicherheit
3.2 Management
3.3 Rehabilitation
3.4 Finanzielle Effizienz

4. Fazit und Implikationen fur die Bundesrepublik

1. Einleitung

Als Donald J. Trump am 9.November 2016 uberraschend zum 45. Prasidenten der USA gewahlt wurde, reagierten die Aktienmarkte weltweit zunachst mit Verunsicherung und Kurseinbruchen. Zwei der wenigen Aktien, die bereits am Tag nach der Wahl rapide an Wert gewannen, waren die der Corrections Corperation of America (CCA) und der GEO Group. Die Aktien der beiden groBten amerikanischen Betreibern von privaten Strafvollzugsanstalten stiegen binnen eines Tages um 43 bzw. 21 Prozent und bis Ende des Jahres 2016 sogar um 75 bzw. 54 Prozent (ACLU, 2017).

Der Kandidat der Republikaner hatte sich bereits im Wahlkampf als Verfechter von Privatisierung zu erkennen gegeben und eine Expansion von privaten Strafvollzugsanstalten befurwortet. Seine Konkurrentin Hillary Clinton pochte hingegen darauf, dass der Staat das Gefangnissystem wieder alleine organisieren sollte. Der Wahlsieg von Donald Trump lieB die Branche wieder neue Hoffnung schopfen, nachdem sie seit Jahren mit Negativschlagzeilen und sinkenden Aktienkursen zu kampfen hatte, in deren Folge viele privatisierte Haftanstalten wieder vom Staat ubernommen wurden.

Zuerst werde ich einen kurzen Uberblick daruber geben, weshalb und in welchem AusmaB US-Gefangnisse privatisiert wurden. Darauffolgend vergleiche ich private und staatliche Strafvollzugsanstalten hinsichtlich wesentlicher Faktoren. Da eine Untersuchung aller relevanten Aspekte den Rahmen dieser Hausarbeit jedoch bei Weitem ubersteigen wurde, werde ich mich bei meiner Analyse auf einige Kernpunkte beschranken. Charles Logan stellte 1992 in seinem Aufsatz Well Kept: Comparing Quality in Private and Public Prisons Kriterien auf, anhand derer man private und staatliche Gefangnisse hinsichtlich ihrer Qualitat vergleichen kann. Diese lauten: Sicherheit, Schutz, Ordnung, Fursorge, Aktivitat, Gerechtigkeit, Zustand und Management. Exemplarisch werde ich hiervon die meines Erachtens wichtigsten Kriterien Sicherheit und Management untersuchen. Da es sich bei diesen Punkten ausschlieBlich um Kriterien der Qualitat handelt, werde ich zusatzlich Ruckfallraten und eine Kostenanalyse miteinbeziehen, um die qualitative bzw. finanzielle Effizienz zu messen. AbschlieBend fasse ich die Ergebnisse in einem Fazit zusammen und diskutiere, inwieweit sich aus diesen Erkenntnissen Implikationen fur die Bundesrepublik Deutschland ableiten lassen. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass eine Privatisierung im Strafvollzug eher nicht empfehlenswert ist.

2. Ursprunge, Ursachen und AusmaB der Privatisierung von US-Strafvollzugsanstalten

Laut Chandler und Plano (1988) beschreibt Privatisierung den Prozess, in dem Aufgaben, die traditionell vom Staat ausgefuhrt wurden, an private Trager uberfuhrt werden. Fur eine allgemeine Einfuhrung zu diesem Thema siehe Megginson (2005) und Parker (2003). Fur einen Uberblick der Methoden und Praktiken siehe Pirie (1988) Privatisierung wird grundsatzlich mit zwei Hauptargumenten begrundet: Der Wunsch nach einem „schlankeren Staat“ (Makarios & Maahs, 2012: 338), sowie der These, dass der freie Markt die gleiche Aufgabe besser und gunstiger erfullen konnte (Culp, 2005: 424).

Die Determinanten, die den Ausschlag zur Privatisierung der US- Strafvollzugsanstalten gaben, sind jedoch vielfaltiger. Jing (2010) fuhrt in seinem Aufsatz Grunde fur die Privatisierungsentscheidung an. Er stutzt sich dabei auf eine Studie, die die Entscheidungstrager der Privatisierung befragte. Die am haufigsten genannten Ursachen waren: Reduzierung der Uberfullung, schnellere Bereitstellung neuer Betten, der Wunsch nach mehr Flexibilitat, sowie die Kostenreduktion bei Betrieb und Bau der Anlage.

Andere Autoren verweisen auBerdem auf die steigende Zahl von illegalen Migranten, die eine uberwachte Unterbringung erfordern (Kish & Lipton, 2013) oder die Umgehung langer, zustimmungspflichtiger Entscheidungsprozesse (McDonald, 1994: 32). Ferner kommt eine Untersuchung von Price und Riccucci (2005) zu dem Ergebnis, dass eher die politische Kultur eines Staates und die Programmatik der regierenden Partei die Privatisierungsentscheidung bestimmen.

Wenn man die Wurzel der Privatisierung von US-Gefangnissen sucht, beginnt man in der Regel am Anfang der Siebziger Jahre. In dieser Zeit kam es zu einem Wechsel der politischen und offentlichen Mentalitat in Bezug auf Kriminalitat und Inhaftierung (Aman & Greenhouse, 2015: 376-378). Als Konsequenz daraus wurden viele Gesetze 2 verscharft oder verabschiedet, neue Regulierungen traten in Kraft und Polizei- und Justizbehorden erhielten mehr Mittel und Befugnisse (Skarbek, 2014). Insbesondere der von US-Prasident Richard Nixon 1971 ausgerufene und von seinen Nachfolgern fortgefuhrte War on Drugs1 sorgte fur drastisch steigende Verhaftungs- und Inhaftierungszahlen.

Waren die Inhaftierungsraten Anfang der 1980iger Jahre noch vergleichbar mit anderen westlichen Staaten, ubertreffen sie den europaischen Durchschnitt heute fast um das Funffache (Skarbek, 2014: 412). Allein von 1985 bis 1994 verdoppelte sich die Zahl der Haftlinge nahezu von 744 200 auf 1 476 600, wahrend sich die dadurch entstehenden Kosten von 6,4 Milliarden US-Dollar auf 17,7 Milliarden US-Dollar fast verdreifachten (Austin und Coventry, 2001). Ende 2015 waren etwa 1 526 800 Menschen in offentlichen Bundes- oder Staatsgefangnissen inhaftiert, wovon 8 Prozent, also ca. 126 300 Menschen in privatisierten Strafvollzugsanstalten untergebracht waren (Bureau of Justice Statistics, 2016). Seit der Jahrtausendwende ist die Zahl der Inhaftierten in privatisierten US-Gefangnissen um 45% gestiegen (The Sentencing Project, 2017).

3. Private und staatliche US-Gefangnisse im Vergleich

Private und staatliche Gefangnisse lassen sich anhand zahlreicher Faktoren gegeneinander abwagen. In seinem 1992 publizierten Aufsatz analysierte Charles H. Logan als einer der ersten die Gefangnisse unterschiedlicher Tragerschaften anhand von normativen Kriterien, welche die Qualitat der Anstalten messen und beurteilen sollten. Zu diesem Zweck definiert er die Kernaufgabe von Gefangnissen folgendermaBen:

The mission of a prison is to keep prisoners - to keep them in, keep them safe, keep
them in line, keep them healthy, and keep them busy, and to do it with fairness,
without undue suffering and as efficiently as possible (Logan, 1992: 580)

1 Der War on Drugs beschreibt eine Serie von Regelungen und Handlungen, mit welchen versucht wurde, die Produktion, den Vertrieb und den Konsum illegaler Drogen einzudammen und zu bekampfen. Bekannte Beispiele waren die Kampagne der First Lady Nancy Reagan oder die Grundung der Drug Enforcement Administration (Encyclopedia Britannica 2016).

Aus dieser Definition leitet er acht Kriterien ab, von denen zwei in dieser Arbeit untersucht werden: Sicherheit und Management. Damit nicht nur Merkmale der Qualitat, sondern auch der Effizienz kontrolliert werden, werde ich zusatzlich die Rehabilitationserfolge bzw. Ruckfallraten, sowie die finanzielle Komponente analysieren und vergleichen.

3.1 Sicherheit

Wenn Charles H. Logan von einer sicheren Strafvollzugsanstalt spricht, dann meint er damit, dass „sie in beide Richtungen, von drinnen nach drauBen und umgekehrt, undurchlassig ist.“ (Logan, 1992: 582). Wichtige Indikatoren, um die Sicherheit von einem Gefangnis zu beurteilen, sind fur ihn Sicherheitsprozeduren, Drogenkonsum, Gangaktivitaten, meldepflichtige Zwischenfalle, Ausbruche und Personalqualitat.

In einer Untersuchung zum Drogenmissbrauch kommen Camp & Gaes (2002) zu dem Schluss, dass private Strafvollzugsanstalten wesentlich hohere positive Testergebnisse bei zufallig ausgewahlten Haftlingen aufweisen. 60 Prozent der privaten Gefangnisse erzielen Werte von uber 3 Prozent, ein Drittel davon sogar von 10 Prozent und hoher. Im Vergleich dazu werden bei den Testwerten von staatlichen Einrichtungen nur bei etwa einem Sechstel der Daten eine Rate von 3 Prozent oder hoher festgestellt. Passend dazu fanden Blakely & Bumphus (2004) heraus, dass die Zahl an Haftlingen, die sich in einem Drogenentzugsprogramm befinden, in privaten Anstalten durchschnittlich doppelt so hoch ist, wie in staatlichen.

AuBerdem gelangen Studien zu dem Ergebnis, dass die Gewaltrate in privaten Gefangnissen hoher ist. Austin und Coventry (2001) stellen sowohl eine hohere Quote bei Angriffen von Insasse auf Insasse, als auch von Insasse auf Warter fest. Jedoch konnten bei anderen Untersuchungskriterien, wie zum Beispiel Aufstande, kein Unterschied zwischen den Anstalten unterschiedlicher Tragerschaften ermittelt werden.

Auch bei den Ausbruchen schneiden die privaten Einrichtungen schlechter ab als ihre staatlichen Gegenstucke. Archambault & Deis (1997/1998) verglichen drei Gefangnisse gleichen Alters und gleicher Sicherheitsstufe in Louisiana. Das eine wurde vom Staat betrieben, die zwei anderen von jeweils unterschiedlichen privaten Firmen. Wahrend es in der beobachteten Zeit in den privaten Anstalten zu 4 bzw. 5 Ausbruchen kam, wurde kein einziger Fall in der staatlichen Einrichtung verzeichnet.

Camp & Gaes (2002) kommen zu einem ahnlichen Resumee. Die Wissenschaftler stellten fest, dass sich in 15% der privaten Gefangnisse einer oder mehrere erfolgreiche Fluchtversuche im untersuchten Zeitraum ereignet hatten. Im Kontrast dazu, waren es bei den staatlichen Haftanstalten nur 1,5%

3.2 Management

Wie gut das Management einer Strafvollzuganstalt ist, evaluiert Charles H. Logan an folgenden Kriterien: Zufriedenheit mit dem Beruf, Stress und Burn-Out, Kundigungsraten, Beziehung zwischen Personal und Management, Berufserfahrenheit des Personals, Bildung und Training, Bezahlung und Uberstunden sowie die Effizienz der Angestellten. Ein effektives Management wurde also bedeuten, dass mit einer kleinmoglichen Zahl an zufriedenem und kompetentem Personal eine qualitativ hochwertige Haftanstalt gefuhrt wird (Logan, 1992: 585).

Mit 60-80% sind Personalausgaben in einem Gefangnis der groBte Kostenfaktor. Deshalb bieten sich die Angestellten auch als das groBte Einsparungspotenzial fur die privaten Anstalten an (Camp & Gaes, 2002: 428-429). Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass das Lohnniveau fur Arbeitskrafte in privatisierten Gefangnissen deutlich unter dem der staatlichen liegt. Laut dem US Bureau of Labor Statistics verdiente ein Warter 2016 in einer staatlichen Strafvollzugsanstalt im Median 41 160$ und damit 6000-9000$ mehr als ein Warter, der in einer privaten Einrichtung tatig war (Prison Legal News, 2016a). Gleichzeitig werden die Leiter der privaten Firmen sehr viel besser bezahlt, als ihre Kollegen auf staatlicher Seite. 2007 beispielsweise erhielten die Fuhrungskrafte der beiden groBten privaten Betreiber Gehalter zwischen 350 000 bis 2,7 Millionen US-Dollar. Im gleichen Zeitraum erhielt der Leiter einer staatlichen Strafvollzugsanstalt durchschnittlich 106 893$ und maximal 150 000$ (Raher, 2010).

Dies durfte wohl auch ein Faktor sein, weshalb die Kundigungsraten des Personals in privaten Strafvollzugsanstalten wesentlich hoher sind, als bei ihren staatlichen Gegenstucken (Camp & Gaes, 2002: 437-440). Studien beziffern die jahrliche Kundigungsrate bei privaten Anstalten bei 52% und bei staatlichen zwischen 12-25% (Gentner et al., 2012: 606) Analog dazu stellen Camp et al. (2002) dar, dass sich das Personal von staatlichen Gefangnissen starker mit seinem Arbeitgeber identifiziert, als dies bei privaten Haftanstalten der Fall ist.

Das haufige Auswechseln von Mitarbeitern hat zur Folge, dass in privaten Gefangnissen eher unerfahreneres Personal beschaftigt wird. Des Weiteren ist auffallig, dass auszubildende Warter in privaten Anstalten im Durchschnitt 58 weniger Trainingsstunden absolvieren (Blakely & Bumphus, 2004). Dieser Umstand tragt zu mangelnder Kompetenz und Expertise bei, was zum Beispiel eine Ursache fur die erhohten Ausbruchszahlen sein konnte. Auch das haufig wiederholte Argument der groBeren Effizienz wirkt hinfallig, da verschiedene Arbeiten zeigen, dass private und staatliche Gefangnisse ungefahr das gleiche Verhaltnis von Insassen und Angestellten aufweisen (Makarios & Maahs, 2012; Camp & Gaes, 2002).

3.3 Rehabilitation

Neben der Bestrafung ist die Resozialisierung der Haftlinge die zweite wichtige Aufgabe des Strafvollzugs. Inwieweit Menschen nach VerbuBen ihrer Freiheitsstrafe erneut Verbrechen begehen und inhaftiert werden, spiegelt auch die Qualitat und Effizienz einer Haftanstalt wieder (Spivak & Sharp, 2008). Zum Beispiel beeinflussen Gefangnisse den Erfolg zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft damit, dass sie moglichst wenig kriminelle Aktivitaten innerhalb ihrer Mauern zulassen oder ein vielfaltiges Berufs- und Bildungsangebot zur Verfugung stellen. Fur einen Uberblick zum Konzept der Ruckfalligkeit von Strafgefangenen siehe Maltz (1984) und Farrington & Zara (2016).

Zwar ist die Anzahl der vorliegenden Studien zu diesem Thema etwas begrenzt, jedoch weisen sie fast alle eine hohe wissenschaftliche Qualitat und sorgfaltige Methodik auf. Es muss jedoch angemerkt werden, dass Charles Thomas von der Ethik Kommission in Florida angeklagt und zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, weil er umfangreiche Zahlungen von privaten Betreibern erhalten hatte (Prison Legal News, 2016b). Charles Thomas ist der Leiter des Private Corrections Project, welches eine Studie zu diesem Thema durchgefuhrt hat. Des Weiteren ist er Co-Autor einer weiteren Arbeit, die privaten Gefangnissen niedrigere Ruckfalligkeitsraten bescheinigt. Die Ergebnisse von Lanza-Kaduce et al. (1999) und Lanza-Kaduce & Maggard (2001) sind deshalb nur begrenzt vertrauenswurdig. Beide Studien kommen zu dem Schluss, dass Haftlinge aus privaten Strafvollzugsanstalten nach ihrer Entlassung weniger wahrscheinlich erneut straffallig werden und ins Gefangnis zuruckkehren, als freigelassene Insassen aus staatlichen Anstalten.

Jedoch kommen auch objektivere Analysen zu ahnlichen Ergebnissen. Farabee & Knight (2002) differenzieren bei ihrer Untersuchung nach Geschlecht. Die Wissenschaftler kommen zu folgendem Ergebnis: Bei den mannlichen Haftlingen ist kein Unterschied erkennbar, jedoch bei den weiblichen. Sie greifen dabei auf uber 4400 Paare zuruck, die sie anhand entscheidender Kriterien wie Alter und Vorstrafen bilden. Auch werden die Probanden uber einen angemessenen Zeitraum von drei Jahren uberwacht, damit die Ergebnisse zuverlassiger sind. Bei den weiblichen Vergleichspaaren zeigt sich, dass entlassene Insassen aus privaten Strafvollzugsanstalten zu 25 Prozent weniger erneut straffallig werden. Bei der erneuten Inhaftierungsrate schneiden die Haftlinge in privaten Anstalten sogar mit 34 Prozent besser ab, als ihre Vergleichspartner in staatlichen Einrichtungen.

Bales et al. (2005) ziehen eine andere Bilanz. Die Wissenschaftler konzentrieren sich im Gegensatz zu den Vorgangerarbeiten nicht darauf, aus welcher Art von Gefangnis die Insassen entlassen wurden oder die letzten sechs Monate ihrer Strafe verbuBten, sondern wo sie die meiste Zeit ihrer Inhaftierung verbracht haben. Nach einer funfjahrigen Beobachtungszeit, zeichnet sich fur die Autoren keine relevanten Unterschiede bei der Ruckfalligkeitsrate ab.

Die sorgfaltigste und umfangreichste Studie zu diesem Thema kommt jedoch zu dem Schluss, dass entlassene Haftlinge aus privaten Strafvollzugsanstalten eine hohere Wahrscheinlichkeit bergen, erneut straffallig und inhaftiert zu werden (Spivak & Sharp, 2008). Die Arbeit stutzt sich auf eine breite Anzahl von Kriterien, um geeignete Vergleichspaare zu erstellen, zum Beispiel Bildungsabschluss oder Lange der Inhaftierung. Auch beobachteten sie die Entwicklung der 22 359 Probanden bis zu sieben Jahre nach ihrer Entlassung und damit langer als alle anderen Studien. Clark und Duwe (2013) kommen zu dem gleichen Ergebnis. In ihrer Untersuchung analysieren sie die Performanz von 3532 Gefangenen in Minnesota nach ihrer Entlassung. Die Wissenschaftler konstatierten, dass freigelassene Haftlinge aus privaten Einrichtungen eine 13-prozentig hohere Wahrscheinlichkeit aufwiesen wieder verhaftet zu werden. AuBerdem stieg die Wahrscheinlichkeit einer erneuten

Verurteilung um 22 Prozent, wenn der Gefangene seine Zeit in einer privaten Strafvollzugsanstalt verbracht hatte.

3.4 Finanzielle Effizienz

Dass private Dienstleiter eine staatliche Aufgabe bei gleichbleibender oder sogar besserer Qualitat gunstiger erledigen konnen, ist eines der Hauptargumente von Privatisierungsbefurwortern (Austin & Coventry, 2001: 22). Dementsprechend ist die Kostenanalyse ein zentraler Forschungsgegenstand, wenn man die Effizienz von privaten und staatlichen Gefangnissen beurteilen mochte. Wichtig hierbei ist, dass die Bilanzen von sich ahnelnden staatlichen und privatisierten Anstalten verglichen werden. So sollten beispielsweise die Zahlen der Inhaftierten und die Sicherheitsstufe kongruent sein, um interpretierbare und verlassliche Ergebnisse zu erhalten (Makarios & Maahs, 2012: 338-339). Des Weiteren ist es entscheidend, alle Kosten miteinzubeziehen. Berucksichtigt werden mussen beispielsweise auch die Summen, die entstehen, wenn der Staat die Qualitat der privatisierten Anstalten und die Einhaltung der geschlossenen Vertrage uberwacht (Shichor & Sechrest, 2002; Kish & Lipton, 2013: 95-97). Fur eine ausfuhrliche Ubersicht potenzieller versteckter Kosten siehe Prison Legal News (2016c).

Die Debatte um die finanzielle Effizienz von privatisierten Gefangnissen ist kontrovers. Hinsichtlich keines anderen Aspekts werden staatliche und private Haftanstalten haufiger untersucht und verglichen. Es ist auffallig, dass viele Studien zu dem Ergebnis kommen, dass privatisierte Einrichtungen niedrigere Kosten aufweisen, als ihre staatlichen Gegenstucke. Perrone und Pratt (2003) kommen bei einem Vergleich mehrerer Arbeiten, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen, beispielsweise zu diesem Resultat: Im Median sind die privaten Einrichtungen 3,40 US-Dollar pro Gefangener und pro Tag gunstiger. Die Autoren kritisieren jedoch, dass viele Studien Schwachen bei ihrer Methodik enthalten, weshalb die Ergebnisse nicht unangreifbar sind.

Segal und Moore (2002) uberprufen 28 Studien und teilen sie nach Qualitat gestaffelt in drei Gruppen ein. Fur die Arbeiten ergab sich dadurch folgendes Bild: sechs wurde die hochste Qualitat bescheinigt, vier die niedrigste und dem Rest eine mittlere. Fast alle Studien wiesen Kosteneinsparungen zugunsten der privatisierten Anstalten auf. In keiner Untersuchung konnten die staatlichen Gefangnisse gunstiger betrieben werden, als die in privater Tragerschaft. In der Fraktion mit der hochsten Qualitat, lag die durchschnittliche Kosteneinsparung bei 13 Prozent. Bei den Studien, denen eine mittlere Qualitat attestiert wurde, lag die durchschnittliche Reduzierung der Ausgaben bei 11 Prozent. Drei der vier Studien mit niedriger Qualitat konnten keine Kosteneinsparungen identifizieren. Die vierte fand jedoch mit 37 Prozent die hochsten Einsparungen uberhaupt. Auch in der Louisiana-Studie von Archambault und Deis (1997/1998) schneiden die privaten Gefangnisse besser ab. Bei einem Vergleich dreier Anstalten gleicher Sicherheitsstufe, Kapazitat und gleichen Alters sind die privaten im Durchschnitt 3,67$ bzw. 3,11$ pro Tag und pro Gefangener gunstiger.

Auch kommen Autoren_zu dem Schluss, dass private Strafvollzugsanstalten zwar ein niedrigeres Budget pro Haftling und pro Tag benotigen, diese Einsparungen jedoch nicht von der Tragerschaft abhangen (Armstrong & McKenzie, 2003). Entscheidend sind vielmehr die Anzahl der Gefangenen und die Sicherheitsstufe. Dabei gilt: Je mehr Gefangene eine Einrichtung hat, desto niedriger sind die taglichen Kosten pro Haftling. Weiterhin konstatieren die Wissenschaftler, dass die privaten Betreiber bei Anstalten mit hoher Sicherheitsstufe wesentlich kosteneffizienter sind, als bei Gefangnissen mit niedriger oder mittlerer Sicherheitsstufe (Pratt & Maahs, 1999).

Jedoch muss beachtet werden: es gelangen eine betrachtliche Zahl an Untersuchungen zu dem Schluss, dass sich die finanziellen Bilanzen unterschiedlicher Tragerschaften gleichen oder kaum unterscheiden. Zum Beispiel kommen Austin und Coventry (2001) zu dem Ergebnis, dass die durchschnittlichen Einsparungen von privaten Gefangnissen gegenuber ihren staatlichen Gegenstucken meist weit unter den Erwartungen zuruckbleiben. Statt der von vielen Privatisierungsbefurwortern prognostizierten 15-20 Prozent fanden die Wissenschaftler nur eine durchschnittliche Reduzierung der Kosten von einem Prozent. Lappin et al. (2005) kommen zu einem ahnlichen Ergebnis. Die Autoren verglichen drei staatliche und ein privates Gefangnis gleichen Alters, gleichen Designs und ahnlicher Insassen in Kalifornien. In ihrer Studie konnten keine finanziellen Unterschiede festgestellt werden.

Prison Legal News (2016b): www.prisonlegalnews.org. Abgerufen am 11.09.2017 von https://www.prisonlegalnews.org/news/2016/may/5/floridas-private-prison- movement-alive -and-well/

Prison Legal News (2016c): www.prisonlegalnews.org. Abgerufen am 12.09.2017 von

https://www.prisonlegalnews.org/news/2016/oct/3/apples-fish-public-and-private-

prison-cost-comparisons/

Raher, S. (2010): The Business of Punishing: Impediments to accountability in the private corrections industry. Richmond Journal of Law and Public Interest, 13, S. 209-249.

Segal, G., & Moore, A. (2002): Weighing the Watchmen: Evaluating Costs and Benefits of Outsourcing Correctional Services. Part II: Reviewing the Literature on Cost and Quality Comparisons . Reason Public Policy Institute.

Shichor, D., & Sechrest, D. (2002): Privatization and Flexibility: Legal and Practical Aspects of Interjurisdictional Transfer of Prisoners. The Prison Journal, 82(3), S. 386-407.

Skarbek, D. (2014): Prisonomics: Lessons from America's Mass Incarceration. Economic Affairs, 34(3), S. 411-421.

Spivak, A., & Sharp, S. (2008): Inmate Recidivism as a Measure of Private Prison Performance. Crime & Delinquency, 54(3), S. 482-508.

The Sentencing Project (2017): Private Prisons in the United States. Abgerufen am 5.09.2017 von http://www.sentencingproject.org/wp- content/uploads/2017/08/Private-Prisons-in-the-United-States.pdf

Wissenschaftliche Dienste des Bundestags (2007): Privatisierung im Strafvollzug. Abegrufen am 02.09.2017 von www.bundestag.de:

www.bundestag.de%2Fblob%2F407046%2F27f9d04e8dc54423e2696a2cc058251f %2Fwd-7-076-07-pdf-data.pdf&usg=AFQj CNGcXLQBwotD S7_Lj 4DqaaZJJc abgerufen

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Details

Titel
Eine Analyse der qualitativen und ökonomischen Effizienz von privatisierten US-Strafvollzugsanstalten
Untertitel
Ein mögliches Modell für die Bundesrepublik Deutschland?
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Wirtschaft und Gesellschaft Basisseminar
Note
1,0
Autor
Jahr
2017
Seiten
16
Katalognummer
V381327
ISBN (eBook)
9783668577121
ISBN (Buch)
9783668577138
Dateigröße
550 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Privatisierung, USA, Gefängnis, Strafvollzug, Vergleich, Analyse, Justiz, Inhaftierung
Arbeit zitieren
Jacob Städtler (Autor:in), 2017, Eine Analyse der qualitativen und ökonomischen Effizienz von privatisierten US-Strafvollzugsanstalten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/381327

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