Die schiitische Konfession, ihre Historie und ihre Schwächen im alten Irak


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

17 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

1. Geschichte
1.1 Frühe Schiiten und ihr Ursprung
1.2 Verschiedene schiitische Gruppen und Sekten
1.3 Schiiten im Irak

2. Glaubensunterschiede gegenüber den Sunniten
2.1 Sunniten
2.2 Schiiten
2.3 Unterschiede
2.4 Gemeinsamkeiten

3. Politikverständnis der Schiiten
3.1 Politische Möglichkeiten der Schiiten im Irak

Schlußwort

Literatur

Einleitung

Bislang wurde der Irak von dem Diktator Saddam Hussein und der Baath-Partei regiert. Saddam Hussein nahm Einfluß bis in die privaten Bereiche der Bevölkerung. Er sorgte für eine Omnipräsenz seiner Person. Überall in den Straßen, Cafes, staatlichen Gebäuden und in den Wohnungen der Bevölkerung hingen von ihm Bilder. Auf der einen Seite stellte Saddam Hussein sich als der väterliche Freund dar, der bei „Überraschungsbesuchen“ in privaten Haushalten gute Ratschläge gab und versuchte zu helfen, auf der anderen Seite lähmte er die ganze Bevölkerung einschließlich hoher Regierungsbeamter durch Terror, indem er seinen eigenen Sohn einsperren und Konkurrenten und Feinde erschießen ließ. Die Baath-Partei bestand hauptsächlich aus Sunniten, womit auch der Hauptteil der Macht im Irak in sunnitischer Hand lag.

Mit der Niederlage Iraks gegen Amerika und seinen Verbündeten und dem damit verbundenen Sturz Saddam Husseins durch die Amerikaner ist im Irak ein großes Machtvakuum entstanden. Die ganze Gesellschaft im Irak steht vor einer Neustrukturierung. Gerade in den westlichen Staaten ist diese Situation mit vielen Fragen verknüpft. Kann man das entstandene Machtvakuum füllen und wenn ja, wer wird es sein? Gelingt es eine westliche Demokratie zu etablieren? Welche Vorstellungen haben die vielen irakischen religiösen oder ethnischen Gruppen? Um was für Gruppen handelt es sich dabei? Welche davon ist regierungsfähig, beziehungsweise hat eine Chance, die Macht zu erlangen?

Die größte Gruppe im Irak bilden die Schiiten, die in dieser Arbeit näher dargestellt werden. Zunächst werde ich zum besseren Überblick ihren Ursprung, ihre Entstehungsgeschichte beschreiben. Da auch die Schiiten sich aus verschiedenen Gruppierungen zusammensetzen, werden die wichtigsten hier kurz vorgestellt und ihre Eigenheiten dargestellt. Dann werde ich ihre bisherige Situation, als eine von einer Minderheit regierte Mehrheit, im Irak erläutern und die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den Schiiten und den bisher an der Macht beteiligten Sunniten aufzeigen. Dies wird die Position der Schiiten zu Saddam Hussein und der Baath-Partei verdeutlichen. In bezug auf die Möglichkeit, daß der Irak zukünftig von den Schiiten regiert wird, stellt sich die Frage, wie ein solcher Staat aussehen soll und wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, daß der Irak unter den Schiiten ein zweiter Iran wird. Darum werde ich die allgemeinen schiitischen Vorstellungen einer idealen Staatsführung darlegen, das Verhältnis der iranischen und irakischen Schiiten beleuchten und die Möglichkeiten auf eine zukünftige schiitische Regierung betrachten.

1. Geschichte

Der schiitische Glaube ist im Gebiet des heutigen Irak, welcher auch heute noch eines der Kernländer der Schiiten ist, entstanden. Hier haben sich auch die wichtigsten Ereignisse der schiitischen Leidensgeschichte zugetragen und von sechs der zwölf Imame liegen hier die Grabheiligtümer. Im Mittelalter wurde im Irak die Theologie der Schiiten entwickelt.[1]

1.1 Frühe Schiiten und ihr Ursprung

Der Prophet Mohammed sprach, nach schiitischer Übersetzung, zu seiner Gemeinde: „Allen, denen ich gebiete, soll auch Ali gebieten“. Die Schiiten entnahmen dieser Aussage den Befehl, Ali dieselbe Stellung einzuräumen, wie dem Propheten Mohammed. Ali sollte also als Imam und Kalif von der Gemeinde anerkannt werden. Ali war der zweite, der von Mohammed den Islam annahm, er war Mohammeds engster Vertrauter und erhielt dessen Tochter Fatima zur Frau. Nach dem Tod des Propheten wurden zunächst erst seine beiden Gefährten Abu Bakr und dann Umar Kalifen und damit Mohammeds Nachfolger. Nach Umars Tod wurde von einem sechsköpfigen Wahlgremium, dem auch Ali angehörte, Uthman als dritter Kalif ausgerufen. Spannungen zwischen Ali und Uthman führten zu einer Spaltung der Gemeinde und zu einem Machtkampf, bei dem Uthman in seinem Haus ermordet wurde. Nun wurde Ali von seinen Anhängern zum Kalifen ernannt.[2]

Die ersten Schiiten bekannten sich zu keinen einheitlichen oder klar abgegrenzten religiösen Zielen. Sie wurden ausschließlich durch die politische Unterstützung Alis zusammengehalten, wie auch aufgrund ihrer Opposition gegen diejenigen, die sich ihrer Ansicht nach gegen ihn auflehnten. Zu den Gegnern gehörte zum Beispiel Muawija, ein Verwandter des Kalifen Uthman und der Begründer der Omaijadendynastie innerhalb des Kalifats und die Charidschiten.[3] Muawija ließ sich 660 zum Kalifen ausrufen und wurde von vielen als solcher anerkannt. Kurz darauf wurde Ali im Jahre 661 ermordet und wurde so der erste Märtyrer der Schiiten.[4] Nun suchten einige der Schiiten unter dessen Söhnen nach dem rechtmäßigen Nachfolger für das Amt des Kalifen. Zwar würden aufgrund dieses Vorhabens Alis Nachfolger zu Rivalen werden und die schiitischen Anhänger sich in entsprechende Gruppen aufspalten, die Einheit der Schiiten wäre jedoch zumindest durch die Aufrechterhaltung des Kalifats im Hause Alis gesichert.[5] Zunächst wurde Alis Sohn Hasan von den Schiiten zum Kalifen ausgewählt, womit sie den Kalifen Muawija als unrechtmäßig erklärten. Muawija rückte daraufhin mit seinem Heer in den Irak ein und die nun folgenden Verhandlungen führten zum Verzicht Hasans auf das Kalifat. Dieser Verzicht wurde ihm von Muawija mit einer großen Summe Geld gelohnt. Nach dem Tod Muawijas im Jahre 680 versuchten die Schiiten den zweiten Sohn Alis, Husein, zum Kalifen zu machen. Auf dem Weg in den Irak wurde dieser allerdings von den Truppen des Gouverneurs bei Kerbela angegriffen und getötet. Durch diesen Tod war wieder ein Märtyrer erschaffen worden und die Schiiten gelangten dadurch zu dem religiösen Phänomen, das sie heute noch darstellen. Huseins Anhänger aus Kufa litten unter großen Gewissensbissen. Sie fühlten sich schuldig an dem Schicksal, das Husein und seine Familie ereilt hatte, weil sie ihn in diese Situation gebracht hatten und ihr Versprechen, ihn zu unterstützen, nicht hielten. Es entsteht der Wunsch, diese Schande durch den eigenen Tod zu sühnen. Der Koran verbietet allerdings die Selbsttötung, wie die Tötung von Muslimen. Die einzige Möglichkeit ist der Sühnetod auf dem Schlachtfeld. So ziehen Büßer aus Kufa im Jahre 684 in Richtung Syrien, um dann von syrischen Truppen angegriffen und getötet zu werden. Die Überlebenden schämten sich, dem Tod entronnen zu sein. Diese Scham begegnet uns auch heute noch bei überlebenden schiitischen Soldaten. Die Büßerbewegung aus Kufa ist die eigentliche Keimzelle des schiitischen Glaubens. Hier werden alle wesentlichen religiösen Merkmale herausgebildet. Die Bereitschaft zum Opfertod ist bis heute das wichtigste Element.[6] Heute wird diese verlorene Schlacht von den Schiiten mit den Trauerfeierlichkeiten im Monat Muharram in Form von Prozessionen gefeiert.[7] Während dieser Prozessionen geißeln sich die Schiiten oder verwunden sich mit Schwertern, um zu zeigen, daß sie Husein beigestanden hätten und um so den Opfertod ritualisiert zu erdulden. Die heutigen Schiiten betrachten ihre Darstellung des Islam als reine Form der ursprünglichen Religion Mohammeds.[8]

1.2 Verschiedene schiitische Gruppen und Sekten

Während der Omaijadenzeit (661-750 n. Chr.) ernannten die Schiiten wiederholt Nachkommen Alis zu Imamen, die sie als würdige (allerdings verschmähte) Führer der muslimischen Gemeinschaft ansahen. Da Ali mehrere Frauen und eine Vielzahl männlicher Nachkommen hatte, gab es auch viele rivalisierende „Aliden“ (von Ali abstammende). Entsprechend spalteten sich die frühen Schiiten in unterschiedliche Gruppen. Die meisten der schiitischen Gruppen beschränken die Imame auf die Nachkommen Alis und dessen Ehefrau Fatima (die Tochter des Propheten). Dagegen haben z. B. die Kaysanis bereits seit frühesten Zeiten die Nachkommenschaft Ibn Hanafiyyas, des Sohnes einer anderen Ehefrau Alis, anerkannt. Aufgrund der Ernennung eines dieser Kaysani-Imame machten die frühen Kalifen der Abbasiden ihren Anspruch auf Rechtmäßigkeit geltend. Über die Frage der Nachfolge kam es innerhalb einiger Gemeinschaften zu erneuten Teilungen, was zur Entstehung neuer Richtungen oder sogar neuer Religionen führte. Heute gehören zu den wichtigsten Gruppen die Zaiditen, die Ismaeliten und die Imamiten.

Zuerst entstanden die Zaiditen bei der ersten Spaltung der Schiiten.

Um 713, nach dem Tod des 4. Imams, beanspruchten sowohl Zaid Ibn Ali, als auch Muhammad al-Bakir das Imamat. Die Anhänger des Zaid wurden „Zaiditen“ oder „Fünferschiiten“, weil es sich um das 5. Imamat handelte, genannt.[9] Zaid forderte, daß jeder Schiit bereit sein müsse, den Anspruch auf das Kalifenamt zu erkämpfen. Seiner Theorie nach hat ein Imam keine übermenschlichen Fähigkeiten. Imame besitzen lediglich die besten Führungseigenschaften und werden bei den Zaiditen als religiöse Gelehrte anerkannt. Jeder Nachkomme Alis kann Imam werden, wenn er sich das Amt mit dem Schwert erkämpft. Die Zaiditen lehnen den Glauben an die absolute Macht der Imame ab, insbesondere, daß diese das wissenschaftliche Gesamtwissen in den Rechtswissenschaften, der Theologie und der Auslegung der heiligen Schriften besitzen. Die imamitischen und ismaelitischen Imame werden von den Zaiditen als echte Übermittler des prophetischen Hadiths (Privataussagen) anerkannt, wobei der Hadith der Imame abgelehnt wird. Die Zaiditen hatten vom 9. Jahrhundert bis 1963 ihren eigenen Staat in Jemen.[10]

Die zweite Spaltung brachte 765 bei der Wahl des 7. Imams die Ismaeliten, beziehungsweise „Siebenerschiiten“ hervor.[11]

[...]


[1] Halm, Heinz: Der schiitische Islam, S.9

[2] s.o., S.15

[3] http://www.geocities.com/Paris/5276/schiiten.htm

[4] Halm, Heinz: Der schiitische Islam, S.18

[5] http://www.geocities.com/Paris/5276/schiiten.htm

[6] Halm, Heinz: Der schiitische Islam, S.32f

[7] Antes, Peter: Der Islam als politischer Faktor, S.28f und Halm, Heinz: Der schiitische Islam, S.20ff

[8] http://www.geocities.com/Paris/5276/schiiten.htm

[9] Antes, Peter: Der Islam als politischer Faktor, S.29

[10] www. geocities.com/Paris/5276/schiiten.htm

[11] Antes, Peter: Der Islam als politischer Faktor, S.29

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Die schiitische Konfession, ihre Historie und ihre Schwächen im alten Irak
Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover  (Seminar für Religionswissenschaft)
Veranstaltung
Demokratie im Irak - Die Rolle der Religion(en) bei der Neuformierung der irakischen Gesellschaft
Note
2
Autor
Jahr
2005
Seiten
17
Katalognummer
V38070
ISBN (eBook)
9783638372541
Dateigröße
508 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Konfession, Historie, Schwächen, Irak, Demokratie, Irak, Rolle, Religion(en), Neuformierung, Gesellschaft
Arbeit zitieren
Ulrike Kemper (Autor:in), 2005, Die schiitische Konfession, ihre Historie und ihre Schwächen im alten Irak, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/38070

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