Die private Ltd. in der EU nach dem Brexit


Seminararbeit, 2017

27 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

A. Einleitung

B. Die Britische Limited
I. Private Company Limited by Shares
II. Gründe für die Verbreitung der Limited in Deutschland
1. Vorteile
2. Nachteile
III. Deutsche Alternative zur Limited: UG

C. Britische Limited in der EU
I. Grundsätzliche Niederlassungsfreiheit gemäß EU-Recht
II. Sitz- und Gründungstheorie
1. Sitztheorie
2. Gründungstheorie
3. Anwendung der Theorien

D. Folgen des Brexits für die Limited in Deutschland
I. Harter oder weicher Brexit
II. Auswirkungen des Brexits auf neue Limiteds in Deutschland
III. Auswirkungen des Brexits auf bestehende Limiteds
1. Umqualifizierung in eine Gesellschaft mit deutscher Rechtsform
2. Bestandsschutz für bestehende Limiteds in Deutschland
3. Die brtitische Limited als deutsche „Restgesellschaft“
IV. Präventivmaßnahmen gegen nachteilige Folgen des Brexits
1. Vermögensübertragung per Asset Deal
2. Grenzüberschreitender Formwechsel
3. Grenzüberschreitende Verschmelzung
4. Verlegung der Hauptverwaltung

E. Fazit

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

A. Einleitung

Nachfolgend wird in dieser Seminararbeit mit dem Thema „Die private Ltd. in der EU nach dem Brexit“ ein sehr aktuelles Thema beleuchtet. Die Private Company Limited by Shares wird auch als Limited oder Ltd. bezeichnet und lässt sich auf Deutsch als private GmbH auf Aktien beschreiben. Die Mitgliedsstaaten der EU und deren Bürger nehmen innerhalb der jeweils anderen EU-Mitgliedstaaten in vielerlei Hinsicht eine Sonderrolle im Vergleich zu anderen Ausländern ein. Sie bilden einen gemeinsamen Binnenmarkt und haben im Zuge dessen auch Grundfreiheiten, die in den einzelnen Mitgliedsstaaten gegenüber EU Ausländern garantiert werden, inne (Art. 23ff., 39ff., 49ff., 56ff. EG-Vertrag Art. 26 AEUV). Zu diesen Grundfreiheiten zählt neben der Personenfreizügigkeit auch der freie Verkehr von Waren, Dienstleistungen und Kapital.[1]

Aufgrund dieser Grundfreiheiten ist es einem Unternehmen aus einem EU-Mitgliedstaat möglich, auch in anderen EU-Ländern Geschäfte zu machen und bei Bedarf auch den Unternehmenssitz in ein anderes EU-Land zu verlegen. Dies führt dazu, dass innerhalb der einzelnen Mitgliedsstaaten der EU auch Unternehmen mit Rechtsformen anderer Mitgliedsstaaten anzutreffen sind. Bei der Entscheidung der Rechtsformwahl bei der Gründung oder Transformation eines Unternehmens kommen daher auch ausländische Rechtsformen wie die britische Limited in Betracht. Wegen der hohen Verbreitung der Private Company limited by Shares im Vergleich zu anderen ausländischen Kapitalgesellschaften in Deutschland und des anstehenden Brexits von Großbritannien, lohnt es sich besonders, einen Blick auf die britische Limited zu werfen und hier auch besonders auf die Auswirkungen eines möglichen Brexits einzugehen.[2]

Im Rahmen dieser Seminararbeit wird zunächst auf die britische Limited als solche eingegangen. Anschließend wird die britische Limited in Bezug zu ähnlichen Kapitalgesellschaften in Deutschland gesetzt und die Vor- und Nachteile der Limited werden im Detail beleuchtet. Danach folgt eine Erläuterung der rechtlichen Grundlagen, die für das Bestehen von britischen Limiteds in der EU wichtig sind. Darauffolgend wird am Beispiel Deutschland untersucht, welche Auswirkungen der Brexit auf bereits bestehende Limiteds in der EU hat und wie möglicherweise damit umgegangen werden könnte.

B. Die Britische Limited

Unter die Bezeichnungen britische Limited, Limited oder Ltd. fällt die britische Kapitalgesellschaft „Private Company Limited by Shares“. Andere Kapitalgesellschaften aus dem britischen Gesellschaftsrecht wie z.B. die Private Company Limited by Guarantee oder die Public Limited Company, die auch den englischen Begriff „limited“, den man mit „limitiert, begrenzt“ ins Deutsche übersetzen kann, beinhalten, sind hiermit nicht gemeint.[3]

Nachfolgend wird die Limited näher beschrieben und auf mögliche Gründe für ihre Verbreitung in der EU und insbesondere in Deutschland eingegangen. Im Anschluss wird ein Vergleich mit ähnlichen deutschen Kapitalgesellschaften hergestellt.

I. Private Company Limited by Shares

Die Private Company Limited by Shares ist eine Rechtsform juristischer Personen in Großbritannien, wo sie ausschließlich gegründet werden kann. Hierbei handelt es sich, gem. Companies Act 2006, um eine Kapitalgesellschaft, die mit der deutschen GmbH vergleichbar ist. Die Gesellschafter haften lediglich mit ihrer Einlage persönlich.[4] Gleichzeitig ist für die Gründung einer Limited kein Mindestkapital vorgeschrieben, weshalb die Kapitaluntergrenze durch das für den Geschäftsbetrieb notwendige Kapital determiniert wird.[5] Die Limited wird durch die Aushändigung der Gründungsurkunde durch das Companies House, ähnlich dem deutschen Handelsregister, rechtsfähig und muss in Großbritannien, bzw. England oder Wales, gegründet werden. Ein Sitz in Großbritannien ist zum Zeitpunkt der Gründung unbedingt erforderlich.[6]

Ebenfalls ist bei der Gründung ein Gesellschaftsbuch anzulegen, welches unter anderem Auskunft zu den Gesellschaftern und Geschäftsführern sowie Informationen bzgl. der Verteilung der Anteile, der Besicherung, Prüfungsberichten etc. beinhaltet.

Auch bei einem anschließenden Wegzug muss ein Firmensitz in Großbritannien fortbestehen.[7]

II. Gründe für die Verbreitung der Limited in Deutschland

Die Limited gehört zu den verbreitetsten ausländischen Kapitalgesellschaften in Deutschland.[8] Da die Limited hier mit der inländischen GmbH, bei der es sich ebenfalls um eine Kapitalgesellschaft handelt, in weiten Teilen vergleichbar ist, müssen die Vor- und Nachteile der britischen Limited außerhalb von Großbritannien, hier exemplarisch für Deutschland, besonders abgewogen werden.[9]

1. Vorteile

Eine Limited kann vergleichsweise schnell gegründet werden. Üblicherweise kann von einer Verfahrensdauer von 5 Werktagen ausgegangen werden. Gegen eine Gebühr kann sich die Gründung sehr stark verkürzen und innerhalb von 24 Stunden vollzogen werden. Die Gebühr liegt je nachdem, ob eine Eintragung innerhalb von 24 Stunden gewünscht ist, bei 50£ bzw. 20£.[10] Des Weiteren wird für die Gründung einer Limited im Gegensatz zur Gründung deutscher Kapitalgesellschaften kein Notar benötigt, weshalb keine Notarkosten anfallen.[11]

Neben der Möglichkeit, eine Limited vergleichsweise schnell zu gründen, besteht die Option, eine sog. „Shelf Company“ (Vorratsgesellschaft) zu erwerben. Auch die Bezeichnung „Mantelkauf“ ist hierfür gebräuchlich.[12] Eine solche Gesellschaft kann von einem der zahlreichen darauf spezialisierten Serviceunternehmen erworben werden.

Aufgrund der nichtvorhandenen Mindestkapitalanforderungen treten hierbei keine, mit der in Deutschland wirtschaftlichen Neugründung verbundenen, Probleme einer möglichen Unterkapitalisierung auf.[13]

Nichtsdestotrotz empfiehlt es sich, eine Versicherung des Verkäufers zu bestehenden Verbindlichkeiten einzuholen, um so das Haftungsrisiko zu begrenzen. Nach dem Kauf einer solchen Vorratsgesellschaft müssen dem Companies House lediglich die Änderungen bei Geschäftsführer, Gesellschafter, Firmensitz etc. angezeigt werden. Hierbei kann von einem dreistelligen Eurobetrag ausgegangen werden.[14]

Grundsätzlich haften die Gesellschafter nur mit ihrem Anteil am Gesellschaftskapital (Companies Act 2006).[15] Für eine in Deutschland tätige Limited gilt das englische Gesellschaftsrecht, weshalb die im GmbH-Recht üblichen Kapitalerhaltungsgrundsätze nicht auf die Limited anzuwenden sind.[16] Eine weitergehende Haftung ist also nur in Ausnahmefällen, wie z.B. im Rahmen des deutschen Deliktrechts, denkbar.[17] Die „Directors“ (vergleichbar mit dem deutschen Vorstand) haften ebenfalls nicht nach deutschem, sondern nach englischem Gesellschaftsrecht. Auch hier sind Ausnahmen nur für das deutsche Deliktsrecht möglich, während das GmbH-Recht, bspw. § 11 Abs. 2 GmbHG, nicht anzuwenden ist.[18]

2. Nachteile

Die in Deutschland tätige Limited hat jedoch auch Nachteile gegenüber einer inländischen Kapitalgesellschaft wie der GmbH. Diese Nachteile beruhen hauptsächlich darauf, dass sowohl englisches als auch deutsches Recht angewendet wird. Hierbei stammen die Gesellschaftsrechtlichen Vorschriften aus dem englischen Recht, während aus dem deutschen Recht Vorschriften und Regelungen des Deliktrechts, des Insolvenzrechts sowie des Steuerrechts anzuwenden sind. Eine Eintragung als Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft im Handelsregister ist zwingend erforderlich.[19]

Im Einzelfall ist die Abgrenzung zwischen dem Geltungsbereich der verschiedenen Rechtsgrundlagen nicht immer unstrittig.[20]

Des Weiteren ist Rechts- und Steuerberatung i.d.R. mit höheren Kosten verbunden, da sowohl englisches als auch deutsches Recht relevant ist.[21]

Die fehlende Rechtssicherheit sowie das schlechte Image der Limited bei deutschen Gläubigern ist ein weiterer Nachteil. Auch wenn für die Limited keine Mindesteinlage vorgeschrieben ist, führt eine Unterkapitalisierung dazu, dass die Finanzierung deutlich erschwert wird bzw. Banken diese verweigern. Ebenfalls können Haftungsrisiken durch Unterkapitalisierung entstehen.[22]

III. Deutsche Alternative zur Limited: UG

Seit die EU-Rechtsprechung 2002 die Möglichkeit, mit einer englischen Limited in Deutschland tätig zu sein, eröffnete, trat die britische Limited zunehmend in Konkurrenz zur GmbH. Aufgrund der steigenden Zahl in Deutschland tätiger Limiteds und den damit einhergehenden Komplikationen wurde die Unternehmergesellschaft als Substitut für die Limited ins Leben gerufen.[23] Die Unternehmergesellschaft, oder auch „Mini-GmbH“, „UG“, „UG haftungsbeschränkt“ genannt, ist eine Kapitalgesellschaft mit großer Ähnlichkeit zur GmbH. Laut § 5a GmbHG ist der einzige Unterschied zur GmbH, dass für die UG-Gründung, statt der für die GmbH-Gründung notwendigen 25.000 Euro, lediglich ein Euro Stammkapital benötigt wird. Die Anforderungen an das Stammkapital wurden also stark abgesenkt.[24]

Aufgrund der skizzierten Vorteile der UG ggü. der GmbH, welche weitgehend den Vorteilen der Limited entsprechen, entfällt die Notwendigkeit des Rückgriffs auf die britische Limited.[25]

C. Britische Limited in der EU

Nachdem die britische Limited näher beschrieben wurde, behandelt dieses Kapitel nun die Voraussetzungen für die Geschäftstätigkeit der britischen Limited außerhalb von Großbritannien und innerhalb der Mitgliedsstaaten der EU. Hierbei wird zunächst auf die im EU-Recht verankerte Niederlassungsfreiheit gem. Art. 43 EGV bzw. Art. 26 II AEUV eingegangen. Anschließend wird auf die nationale Umsetzung der Niederlassungsfreiheit für die britische Limited in Deutschland Bezug genommen.

I. Grundsätzliche Niederlassungsfreiheit gemäß EU-Recht

Die Niederlassungsfreiheit als Grundrecht ist in Art. 43 EGV bzw. Art. 49, 54 AEUV geregelt und Teil des Primärrechts, weshalb diese unmittelbar wirkt. Gemäß Art. 43 Abs. 1 Satz 2 EGV dürfen Zweigniederlassungen, Tochtergesellschaften und Agenturen der einzelnen Mitgliedsstaaten in anderen Mitgliedsstaaten nicht beschränkt werden. Des Weiteren wurde gem. Art. 44 Abs. 2 EGV eine Angleichung des Rechts der Mitgliedsstaaten bzgl. Zweigniederlassungen angestrebt und in der sog. Zweigniederlassungsrichtlinie festgehalten.[26] Nach Art. 48 EGV gelten für Gesellschaften ebenfalls die Regelungen zur Niederlassungsfreiheit. Es wird an dieser Stelle seitens des EU-Rechts jedoch offengelassen, in wie weit die verschiedenen Rechte der EU-Mitgliedsstaaten für die Gesellschaft maßgeblich sind.[27]

II. Sitz- und Gründungstheorie

Auf Grundlage der Niederlassungsfreiheit gem. Art. 43 EGV müssen Kapitalgesellschaften aus anderen Mitgliedsstaaten der EU in Deutschland anerkannt werden.[28] Die Rechte und Pflichten einer Kapitalgesellschaft, wie der britischen Limited, richten sich nach der in einer Gesellschaft vorherrschenden Rechtsordnung.[29]

Bisher fielen der Sitz der Gesellschaft sowie der Ort, an dem die Gesellschaft registriert war, zusammen. Daher war die für die Gesellschaft geltende Rechtsordnung klar. Bei einer britischen Limited mit Verwaltungssitz in Deutschland und obligatorischer Eintragung im britischen Companies House ergeben sich jedoch, je nachdem ob man die Sitztheorie oder die Gründungstheorie anwendet, unterschiedliche Ergebnisse. Die Sitztheorie geht davon aus, dass die Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft nach dem Recht des tatsächlichen Verwaltungssitzes zu beurteilen ist.[30] Die Gründungstheorie dagegen besagt, dass für eine Gesellschaft immer das Recht ihres Gründungsstaates anzuwenden ist.[31] Nachfolgend werden die Auswirkungen der Sitz- und Gründungstheorie auf die britische Limited in Deutschland beleuchtet.

1. Sitztheorie

Die Sitztheorie geht davon aus, dass der tatsächliche Verwaltungssitz der Gesellschaft maßgeblich für das anzuwendende Gesellschaftsrecht ist.[32] Die Anwendung der Sitztheorie sorgt dafür, dass den Gesellschaften anderer Staaten der Zuzug verwehrt wird. Neben Deutschland wandten unter anderem auch Spanien, Frankreich und Italien die Sitztheorie an. Grundlage für die Anwendung der Sitztheorie war die Befürchtung, dass es zu einem Konkurrenzkampf internationaler Gesellschaftsrechtssysteme und einem damit einhergehenden Verfall entsprechender Standards kommen könnte.[33]

In Deutschland sind die gesetzlichen Regelungen der Gesellschaftsformen abschließend, was bedeutet, dass ausländische Kapitalgesellschaften mit Verwaltungssitz in Deutschland nicht anerkannt wurden. Man spricht hier vom Numerus-clausus-Prinzip.[34] Ausländische Kapitalgesellschaften würden daher ihre Rechtspersönlichkeit verlieren oder als Personenhandelsgesellschaft eingeordnet werden und somit die Haftungsbeschränkung verlieren. Dies würde dazu führen, dass eine Limited gem. englischem Gesellschaftsrecht nicht als Rechtsform für eine in Deutschland tätige Gesellschaft in Frage kommt.[35]

2. Gründungstheorie

Die Gründungstheorie geht davon aus, dass der tatsächliche Sitz der Gesellschaft keinen Einfluss auf das anzuwendende Gesellschaftsrecht hat, da hier auf den Gründungsort der Gesellschaft abgestellt wird. Demnach kann eine Gesellschaft ihren Sitz nach der Gründung ins Ausland verlegen. Hierbei bleibt die Gesellschaft sowie das anzuwendende Gesellschaftsrecht weiterhin bestehen. Eine Gesellschaft kann ihren Sitz also frei wählen. Eine in Großbritannien gegründete Limited kann demnach gem. § 13 ff. HGB über eine Zweigniederlassung in Deutschland tätig sein.[36]

3. Anwendung der Theorien

Gesetzlich existiert in Deutschland keine Regelung hinsichtlich Sitz- oder Gründungstheorie. Anfänglich wurde in Deutschland die Auffassung vertreten, dass die Sitztheorie anzuwenden sei. Die Meinung zur Anwendung der Sitztheorie war derart ausgeprägt, dass ihre Bedeutung bald gewohnheitsrechtlicher Natur war.[37]

Der EuGH ging stattdessen davon aus, dass die Verlegung des Verwaltungssitzes einer Kapitalgesellschaft in einen EU Mitgliedsstaat unschädlich für die im Gründungsland geltende Partei- und Rechtsfähigkeit der Kapitalgesellschaft ist.[38] Die Niederlassungsfreiheit gilt auch, wenn der Tätigkeitsschwerpunkt der Gesellschaft überwiegend oder ganz in einem anderen Mitgliedsstaat liegt bzw. liegen soll.[39] Der BGH entschied, dass die bei der Gründung im Ausland bestehende Partei- und Rechtsfähigkeit der Gesellschaft erhalten bleibt. Eine Umdeutung in eine dem deutschen Gesellschaftsrecht zugehörige Rechtsform seitens des BGH erfolgte hier nicht.[40] Der BGH geht damit bei der Betrachtung der Rechtsfähigkeit und der Frage, welches Gesellschaftsrecht anzuwenden ist, nicht mehr von der Sitztheorie aus, sondern stellt ebenso wie der EuGH, auf die Gründungstheorie ab.[41]

Es ist demnach möglich, dass sich eine Gesellschaft durch die Wahl ihres Satzungssitzes in Großbritannien das Englische Recht als Gesellschaftsstatut wählt. Eine britische Limites mit Satzungssitz in Großbritannien kann also einen Verwaltungssitz in einem anderen EU-Land haben und auch den Schwerpunkt ihrer Geschäftstätigkeit dort haben.[42]

D. Folgen des Brexits für die Limited in Deutschland

Die Niederlassungsfreiheit führt dazu, dass ausländische Kapitalgesellschaften wie die britische Limited ihre Geschäftstätigkeit in Deutschland ausüben können.[43] Problematisch hierfür ist der von Großbritannien anvisierte Austritt aus der EU, der sog. Brexit. Seit dem am 23.06.2016 durchgeführten Referendum Großbritanniens ist davon auszugehen, dass Großbritannien die EU verlassen wird.

Der Brexit stellt damit einen bisher einmaligen Sonderfall dar, weshalb zu den Auswirkungen keine Rechtsprechung vorhanden ist.[44]

Maßgeblich für das Verständnis der Auswirkungen des Brexits ist das Gesellschaftskollisionsrecht (Art. 3 EGBGB), welches von einer Rechtsquellentrias und entsprechend verschiedenen Rechtsfolgen ausgeht. Entscheidend für die Mobilität einer Gesellschaft ist die anzuwendende Rechtsquelle:[45]

1. Europäisches Gesellschaftskollisionsrecht gem. Art. 49, 54 AEUV ermöglicht sowohl grenzüberschreitende Satzungssitzverlegung als auch eine grenzüberschreitende Verlegung des Verwaltungssitzes.[46]

2. Die Verlegung des Verwaltungssitzes kann ebenso im Rahmen völkerrechtlicher Verträge möglich sein.[47]

3. Wenn weder Kollisionsnormen der EU noch völkerrechtlicher Natur zum Tragen kommen, spricht man von Drittstaatenkonstellationen.[48] Gem. Art. 3 Abs. 1 a-e EGBGB greift in diesem Fall das deutsche Gesellschaftskollisionsrecht. Hiernach kommt die Sitztheorie zur Anwendung, was eine Satzungs- oder Verwaltungssitzverlegung verhindert.[49]

Entscheidend für die britische Limited in Deutschland ist, in wie weit für Großbritannien nach dem Brexit die Grundfreiheiten des Binnenmarktes bestehen bleiben, oder ob Großbritannien als Drittland anzusehen ist. Bei einer weiterhin hohen Integration Großbritanniens in die EU mit gemeinsamen Binnenmarkt handelt es sich um einen weichen Brexit, während die Annahme des Status als Drittland einen harten Brexit bedeuten würde.[50]

I. Harter oder weicher Brexit

Bei einem weichen Brexit könnte das Bestehen einer weitrechenden Integration Großbritanniens in die EU durch eine Mitgliedschaft im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) aufrechterhalten werden. Der EWR stellt eine Freihandelszone zwischen den Mitgliedern der EU und der European Free Trade Association (Europäische Freihandelsassoziation, EFTA) dar. Eine Mitgliedschaft im EWR würde also den Fortbestand der Niederlassungsfreiheit garantieren, weshalb weiterhin die Gründungstheorie anzuwenden wäre.[51] Dies würde, gem. Art. 82 EWR-Abkommen, allerdings dazu führen, dass Großbritannien weiterhin finanzielle Mittel an die EU abführen und aufgrund der Niederlassungsfreiheit ebenfalls die Freizügigkeit des Personenverkehrs hinnehmen müsste. Da der Brexit jedoch gerade diese beiden Aspekte für die Zukunft ausschließen soll, ist nicht von einem weichen Brexit auszugehen.[52]

Für ein Fortbestehen britischer Kapitalgesellschaften in der EU ist maßgeblich, dass die Gründungstheorie weiterhin anzuwenden ist.

[...]

[1] Fritz, in: Fritz/Hermann, Rn. 1,3ff. Segner/Matuszok, S. 8f.

[2] Fritz, in: Fritz/Hermann, Rn. 1,3ff. Segner/Matuszok, S. 8f.

[3] Fritz, in: Fritz/Hermann, S.1 Volb, Rn. 2.

[4] Fritz, in: Fritz/Hermann, Rn. 6f. Volb, Rn. 2, 7, 47.

[5] Volb, Rn. 8.

[6] Volb, Rn. 2, 47f.

[7] Volb, Rn. 47f. Nave/Gäbel, NBW 2007, S. 4387, S. 4390.

[8] Fritz, in: Fritz/Hermann, Rn. 1, 3 ff.

[9] Volb, Rn. 7.

[10] Fritz/Hermann, S. V, Rn. 96 Volb, Rn. 64f. Bernstorff, RIW 2004, S. 498 ff.

[11] Segner/Matuszok, S. 7.

[12] Fritz/Tschentscher, in: Fritz/Hermann, Rn. 98.

[13] Segner/Matuszok, S. 7f.

[14] Fritz/Hermann, S. V Volb, Rn. 52, 67 Römermann, in: Volker, Rn. 15 BGH Urteil v. 10. 12. 2013 – II ZR 53/12, DB 2014 S. 410.

[15] Volb, Rn. 112.

[16] Volb, Rn. 114 ff. BGH v. 14.03.2005 – II ZR 5/03, BB 2005 S. 1016.

[17] Art. 40 EGBGB BGH v. 14.03.2005 – II ZR 5/03, BB 2005 S. 1016.

[18] Volb, Rn. 165.

[19] Klose-Mokroß, DStR 2005 (Teil I), S. 971 ff. Klose-Mokroß, DStR 2005 (Teil II), S. 1013 ff.

[20] Volb, Rn. 10 Fritz, in: Fritz/Hermann, Rn. 2.

[21] Volb, Rn. 11 Kessler/Eicke, DStR 2005, S. 2101, 2106.

[22] Volb, Rn. 12 Segner/Matuszok, S. 8 f.

[23] Segner/Matuszok, S. 7 ff.

[24] Segner/Matuszok, S. 7, 9, 99 f.

[25] Segner/Matuszok, S. 11 ff., S. 100 ff.

[26] 11. Gesellschaftsrechtliche Richtlinie vom 21.12.1989 – Publizitätsrichtlinie für Zweigniederlassungen 89/666/EWG, Amtsblatt EG 1989 Nr. L 395 S. 36 Volb, Rn. 22 f.

[27] Volb, Rn. 22 ff.

[28] Volb, Rn. 24.

[29] Fritz, in: Fritz/Hermann, Rn. 12.

[30] Fritz, in: Fritz/Hermann, Rn. 12, 14.

[31] Fritz, in: Fritz/Hermann, Rn. 15.

[32] Volb, Rn. 15.

[33] Volb, Rn. 16 BGH v. 30.03.2000 – VII ZR/370/98, ZIP 2000, 967.

[34] Das Nummerus-clausus-Prinzip: Anzahl an Rechtsformen sind abschließend definiert.

[35] Volb, Rn. 17 f. BGH v. 01.07.2002 – II ZR 380/00, NJW 2002 S. 3540.

[36] Volb, Rn. 19 ff. Fritz, in: Fritz/Hermann, Rn. 15.

[37] Volb, Rn. 14 f. Fritz, in: Fritz/Hermann, Rn. 13 Kindler, NJW 1999, S. 1993 f.

[38] Volb, Rn. 26 Segner/Matuszok, S. 7 EuGH v. 05.11.2002 – Rs. C-208/00, BB 2002 S. 2402.

[39] Volb, Rn. 27.

[40] Volb, Rn. 26 BGH v. 01.07.2002 – II ZR 380/00, NJW 2002 S. 3539 BGH v. 14.03.2003 – VII ZR 370/98, NJW 2003 S. 1461.

[41] Fritz, in: Fritz/Hermann, Rn. 12-15.

[42] Weller/Thomale/Benz, NJW 2016, S. 2379.

[43] Volb, Rn. 26 f.

[44] Miras, in: Ziemons/Jaeger, Rn. 15d Art. 12 EGBGB Basedow, ZEuP 2016, Rn. 567 ff.

[45] Weller, in: MüKoGmbHG, Rn. 338 ff.

[46] Thomale, NZG 2011, Rn. 1290.

[47] Art. 25 des Deutsch-US-Amerikanischen Handels-, Schiffahrts- und Freunschaftsvertrages von 1954.

[48] Hübner, S. 33 ff.

[49] Weller/Thomale/Benz, NJW 2016, S. 2379.

[50] Teichmann/Knaier, IWRZ 2016, Rn. 244.

[51] Art. 31 Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 03.10.1994 Servatius, in: Henssler, Rn. 20 BGH v. 19.09.2005 – II ZR 372/03, NJW 2005, S. 3351 BGH v. 27.10.2008 – II ZR 158/06, NJW 2009, S. 289 Teichmann/Knaier, IWRZ 2016, Rn. 244.

[52] Teichmann/Knaier, IWRZ 2016, Rn. 244.

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Die private Ltd. in der EU nach dem Brexit
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum
Note
1,0
Autor
Jahr
2017
Seiten
27
Katalognummer
V380523
ISBN (eBook)
9783668571365
ISBN (Buch)
9783668571372
Dateigröße
614 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
brexit
Arbeit zitieren
Benedikt Durben (Autor:in), 2017, Die private Ltd. in der EU nach dem Brexit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/380523

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