"Las Fallas". Ein valencianisches Fest und Selbstkarikatur einer Stadt


Hausarbeit, 2017

16 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Las Fallas
2.1 Ursprung der Fallas

3. Valencia und ihre Skyline
3.1 Die politische Strategie der Fallas

4. Die Fallas eine „religion civil”

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit einem valencianischen Fest, namens Las Fallas. Die Comunidad Valenciana, (die valencianische Gemeinde) veranstaltet, seit dem XVIII Jahrhundert, jedes Jahr im März ein großes Fest: Las Fallas, oder auch Les Falles in valencianischer Sprache genannt. Dieses Fest, seine verwurzelte Tradition, seine Bräuche und seine Symbolik, sollen in dieser Arbeit, aus einer stadtsoziologischen Perspektive betrachtet werden.

Das Augenmerk der Analyse liegt auf der „kulturelle[n] Selbstdarstellung”1 der Stadt Valencia, und wie sie mittels eines großen Festes und seiner jahrhundertalten Ritualien, eine bestimmte Gruppenzugehörigkeit erzeugt.

Die Frage die dieser Arbeit zugrunde liegt, ist in wie fern eine Strategie der „Politik der großen Ereignisse”2, die Stadt Valencia und ihr Fest beeinflussen. Inwiefern die beschleunigten politischen und sozialen Veränderungen, die Stadt in ein Ungleichgewicht bringen und wie das Bedürfnis nach einer „kulturellen Selbstinszenierung”3 des valencianischen Wesens entsteht.

Um einen tiefen Einblick in das valencianische Fest zu bekommen, werde ich zuerst den Ablaufes der Fallas beschreiben und dessen historischen Hintergrund darstellen. Zunächst werde ich zu einen klein Exkurs der Geschichte Valencias kommen. Danach komme ich zu einem Theoretischen Teil, der auf auf Hartmut Häußermanns und Walter Siebels Aufsatz ,Festivalisierung der Stadtpolitik. Stadtentwicklung durch große Projekte’, basiert und auf Christiane Schwabs Monographie ,Texturen einer Stadt. Kulturwissenschaftliche Lektüren von Sevilla’. Zum Schluss komme ich dann, auf der Basis von Antonio Ariño Villaroyas Text ,La Fiesta de las Fallas. Una liturgia civil del valencianismo temperamental ’, auf die Rituale der Fallas, und wie diese eine Gruppenzugehörigkeit erzeugen, die als Rettungsanker der valencianischen Identität dienen.

2.Las Fallas

Les Falles, so wie der Name im Valenciano ausgesprochen wird, ist zweifellos das wichtigste Fest der Comunidad Valenciana. Letztes Jahr, im November 2016, wurden die Fallas als Weltkulturerbe der UNESCO anerkannt.

Das Fest findet offiziell jedes Jahr im Frühling statt, vom 15. bis zum 19. März, die Wahrheit ist jedoch dass das Fest für die Valencianer selbst, schon Ende Februar anfängt und zwar genau am Tag der Crida, der letzte Sonntag im Februar. Die Crida ist der Tag an dem die Falleras mayores, also die Repräsentantinnen des Festes, die Valencianer auffordern sich für die Fallas vorzubereiten und für die Valencianer das Fest eröffnen. Die Crida findet in der Altstadt statt, an der Torres de Serranos. An diesem Tag wird der Fallera mayor, also die höchste Repräsentantin des Festes, den Schlüssel der Stadt übergeben.

Ab diesem Zeitpunkt wird die kleine Stadt Valencia in einen riesigen Freizeitpark verwandelt. Musik spielt auf öffentlichen Bühnen, Paraden laufen durch die Stadt, Paellas werden an jeder Straßenecke in enormen Töpfen gekocht und Feuerwerke hallen zu jeder Uhrzeit des Tages und der Nacht durch die kleinen Gassen.

Der wichtigste Part sind jedoch die Statuen selbst, die Fallas. Fallas ist nicht nur der Name des Festivals, sondern auch der Name der Fallas Statuen. Diese sind Monumente die eine Höhe von 5 bis 30 Meter erreichen. Die kleinsten von ihnen werdend hingegen Ninots genannt.

Die Figuren bestehen aus Holz, Glasfasern und Pappmaché. Sie stellen politische Satiren dar, sowohl spanische als auch ausländische, dessen Bedeutung auf kleinen Schildern nur den Valencianern zugänglich gemacht werden, denn diese sind nur auf Valencianisch. Die besten Statuen gewinnen ein Preis. Die Figuren werden am 19.03., dem letzten Tag der Fallas, am Tag des Heiligen Josefs, dem San Jose, Schutzpatron der Stadt, dem Feuer geopfert. Diese Verbrennung heißt Crem à . Nur die Gewinner der Ninots, also der Kategorie der kleinen Figuren, werden vom Feuer verschont und am Ende des Festes in einem Museum ausgestellt. Die Anderen werden Traditionsmäßig verbrannt.

Die Fallas werden in jeder zweiten Straße von Valencia aufgestellt und stehen dort für 4 Tage. Die Figuren werden innerhalb von mehreren Tagen aufgestellt und müssen bis zum 16.03 vollständig stehen. Dieser Akt heißt im Valenciano plant à und bedeutet etwa Aufrichten. Die Fallas werden in der Regel von artistas falleros (Fallas Künstler) über das ganze Jahr hin angefertigt. Diese Künstler arbeiten wiederum im Auftrag von den jeweiligen Fallas Kommissionen. Es gibt Fallas Figuren an denen bis zu 200 Künstler arbeiten. Jede Falla Figur hat eine comision fallera, die selbst auch Fallas heißen und ihren headquarter an einem Ort haben, der Casal genannt wird. Diese Kommissionen bestehen wiederum aus Falleros und Falleras, aus Männer und Frauen, sowie deren Kindern die sich für die Realisierung der Figuren und der Organisation des eigenen Festes einsetzen. Von den jeweiligen Kommissionen wird jedes Jahr eine Fallera mayor als weibliche Repräsentantin auserwählt. Jede Kommission ist für die Finanzierung der jeweiligen Figur und des Festes verantwortlich, denn jede Kommission veranstaltet während der Fallas, eine eigene Feier, an dem jeder teilnehmen kann.

Jedes Stadtteil hat mindestens eine comision fallera, wenn nicht oft auch sogar jede dritte Straße. Die Kommissionen bestehen aus Familien, die oftmals schon seit Generationen Falleros und Falleras sind, Nachbarn und Freunden die Spaß am gemeinsam sein haben. Falleros und Falleras müssen ein jährlichen Beitrag für die Realisierung des Festes zahlen. Caterina (Name geändert), eine Fallera der Comision ,Ferran el Catolic ’, erzählt mir, während ihre aufwendige Frisur geflochten wird, dass die Kosten der Fallas von der Größe dieser abhängig sind. In ihrer Falla, die eine kleine Falla ist, müssen junge Leute bis 30 Jahren 180 Euro im Jahr zahlen, ab 30 werden es dann 300. Dieses Geld wird vor allem für die Finanzierung der Figuren und der Organisation von Festen, sowie soziale Aktivitäten, rund um das ganze Jahr benutzt4. Wer Fallero oder Fallera ist, wird dies das ganze Jahr über sein, denn das Fest benötigt einer aufwendigen Vorbereitung. Das ganze Jahr hinüber bemühen sich die Fallas Kommissionen um die Finanzierung ihrer Figur, um die Organisation von sozialen Veranstaltung und von Kinderaktivitäten. Caterina erzählt zum Beispiel, wie sie dieses Jahr, zusammen mit den Kindern, eine kleine Falla gebastelt haben, „ como antiguamente ” 5 (wie früher) als noch keine Fallas Künstler eingestellt wurden und das Volk die Figuren selber auf die Beine stellte.

Die gemeinsame Organisation des Festes, bietet die Gelegenheit zwischenmenschlichen Bündnisse zu festigen und die Zugehörigkeit einer Gruppe zu sichern. Caterina meint: „es ist eine Gelegenheit deine Freunde zu sehen, ich weiß nicht… es gibt Leute die ich nicht treffen würde wenn ich nicht hierherkommen würde”6.

Während des Festes selbst sind die Falleros und die Falleras in der Regel Tag und Nacht aktiv. Tagsüber marschieren sie im Musiktakt durch die Straßen. Die Frauen tragen schwere, barocke Kleider aus kostbaren Stoffen mit Blumenmustern. Ihre Haare sind zu aufwendigen Frisuren geflochten und an den Ohren hängen schwere Ohrringe aus Gold und Perlmutt. Die Männer tragen bunte Fracks und ruschige, weiße lange Strümpfe. Die Stoffe stammen aus der lokalen Produktion und sind also made in Valencia.

Morgens gegen 9 Uhr, laufen die Falleros und die Falleras mit anderen Valencianern durch die Gassen für die Despert à, eine Parade die den Rest der Stadt mit lauten Knallfröschen und Trommeln wachrüttelt.

Zur Mittagszeit genau um 14:00 Uhr, laufen Falleros, Falleras, Valencianer und Touristen zur Plaza de Ayuntamiento, dem Rathausplatz, wo die Masclet à stattfindet. Die Masclet à reguliert mit ihrer Pünktlichkeit und ihrer repetitiven Performance einen ganzen Monatg lang den Tagesablauf der Valencianer. Die Masclet à ist neben den Figuren, die größte Attraktion des Festes. Ein enormes Feuerwerk, was aus einer sehr lauten Knallsinfonie und buntem Rauch besteht, der in der Brust der Zuschauer widerhallt.

Nachts begnügen sich die jüngsten Falleros und Falleras, auf den vielen Verbenas. Verbenas bestehen in der Regel aus einer Bühne mit Musik, churros und Bier Stände. Gespielt wird vor allem Reggetton und spanische Charts. Die Straßen sind mit bunten Lichtern geschmückt und ein weiteres großes Feuerwerk bezaubert die Zuschauer um 00:00 erneut in der Plaza de Ayuntamiento und am Turia, dem Park im alten Flußbett.

Man kann sich also in Valencia während der Fallas nicht langweilen, schlafen kann man jedoch auch nicht.

2.1 Ursprung der Fallas

Ein genaues Datum an dem das Fest erfunden wurde, gibt es nicht. Man weiß jedoch, dass es von einer alten Tradition der Tischler, aus dem XVI Jahrhundert stammt. Diese verbrannten am 19.03, am Feiertag von San Jos é, der Patrons, dem Schutzheiligen von Valencia, alte Utensilien und Holzplatten. Deswegen fällt der Tag der Crem à , an dem die Fallas Figuren noch heute verbrannt werden, immer noch am 19. März.

Das Fest hat also religiöse Wurzeln, die durchaus auch heute noch zu spüren sind, jedoch stehen heute neben dem Patron vorallem die Figuren und der Spaß am Feiern selbst im Vordergrund.

Im Laufe der Zeit gesinnten sich auch andere Bürger der Tischlertradition zu. Man brachte alte Sachen zum Feuer, wie zum Beispiel Kleidungsstücke. Es wird gesagt, dass aus diesen Lumpen satirische Figuren gebastelt wurden die an Vogelscheuchen erinnerten. Im Laufe der Zeit erlangten die Figuren und ihre Ironie eine wichtigere Bedeutung so, dass im XVIII Jahrhundert die rudimentären Vogelscheuchen zu aufwendigeren, grotesken Figuren wurden. Im XIX Jahrhundert wurden es regelrechte Kunstwerke.7

Die Wurzeln der Fallas sind wie schon angedeutet, von religiöser Natur, im Laufe der Jahrhunderte verloren die Fallas aber zunehmend ihre religiöse Bedeutung, ohne jedoch auf den ritualen Charakter zu verzichten. Die Fallas nahmen relativ bald, ab dem XIX Jahrhundert, eine karnevalistische Form an. Das Volk aus den untersten sozialen Schichten, fing an diesen Anlass als sozio-politische Protest zu nutzen, indem es Figuren konstruierte die sich ironisch und satirisch über die politische Klasse lustig machten. Das unterste Volk wurde also Protagonist des Festes.

Dank der sich wandelnden sozialen Verhältnisse, wurde das Fest der Fallas eine Feier die alle soziale Schichten vereinigte. Es wurden die Fallera mayores eingeführt, Frauen die aus höheren sozialen Schichten auserwählt wurden, um eine führende Position einzunehmen. Es verwandelte sich also in eine Feier für alle Valencianer. Die Fallas wurden dann bald als Fiesta mayor, also als wichtigstes Fest der Comunidad Valenciana erklärt. Ab dem XIX Jahrhundert verschob sich die Bedeutung der Fallas nun, zunehmender zu einer Feier des valencianischen Volkes8. Ein Fest was die Stadt und ihre Bürger zelebrierte und eine bestimmte Gruppenzugehörigkeit erschaffte. Damit erlangten die Fallas einen nationalistischen Charakter, oder besser gesagt in diesem Fall, einen regionalen, der wiederum die Protest- und die satirische Bedeutung der Figuren in den Hintergrund rücken ließ. Die Satire spielt bei den Fallas heute noch eine Rolle, jedoch nur marginal. Diesen Bedeutungswandel, bezeichnet Antonio Ariño Villaroya, ein spanischer Soziologe und Professor an der Universität Valencia, als Metamorphose, dessen Ursache in den wandelnden sozialen und ökonomischen Verhältnissen, einer modernen Valencia liegt9.

[...]

1 Schwab 2013, S. 300.

2 Häußermann /Siebel 1993, S. 12.

3 Schwab 2013, S. 300.

4 vgl. Anhang, S. 2.

5 ebd., S. 1.

6 ebd., S. 3.

7 vgl. Ariño Villaroya 1992, S. 34.

8 vgl. ebd., S. 33.

9 vgl. ebd.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
"Las Fallas". Ein valencianisches Fest und Selbstkarikatur einer Stadt
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin
Note
2,3
Autor
Jahr
2017
Seiten
16
Katalognummer
V380513
ISBN (eBook)
9783668571341
ISBN (Buch)
9783668571358
Dateigröße
453 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
fallas, fest, selbstkarikatur, stadt
Arbeit zitieren
Lilian Sassanelli (Autor:in), 2017, "Las Fallas". Ein valencianisches Fest und Selbstkarikatur einer Stadt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/380513

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