Sprache als Qualitätskriterium in fachjournalistischen Publikationen


Hausarbeit, 2005

19 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. EINLEITUNG

2. SPRACHE ALS QUALITÄTSKRITERIUM
2.1 QUALITÄTSKRITERIEN IM FACHJOURNALIMUS
2.2 ALLROUND-JOURNALIST VS. FACHJOURNALIST

3. FACHSPRACHEN
3.1 FACHSPRACHE VS. GEMEINSPRACHE

4. FACHEXTERNE KOMMUNIKATION
4.1 FACHJOURNALIST VS. EXPERTE
4.2 ERKLÄRUNGSMUSTER
4.3 METAPHERN

5. SCHLUSSBETRACHTUNG

BIBLIOGRAPHIE

ANHANG

1. Einleitung

Sprache gehört zu den wichtigsten Instrumenten für den Journalismus. Tagtäglich werden Tausende Wörter aneinander gereiht, werden Sätze formuliert und zu Nachrichten, Radiobeiträgen oder Fernsehmoderationen geformt. Dabei hat jedes Medium seinen eigenen Stil, sein eigenes Genre, seine eigene Sprache. Über Verständlichkeit wird dabei viel diskutiert, da diese neben Universalität, Aktualität, Relevanz bzw. Vollständigkeit und Wahrheit zu den journalistischen Qualitätskriterien zählt (vgl. Pöttker: 22). Doch wann ist ein Text verständlich? Was ist guter Stil? Wie schreibt man einen guten Bericht?

Wenn Journalisten schreiben, dann tun sie das in erster Linie für andere. Nicht sie selbst müssen verstehen, worum es geht, da sie sich im idealen Fall bereits ausführlich mit einer Materie auseinander gesetzt haben, sondern dem Leser soll klargemacht werden, worum es sich in diesem oder jenem Zusammenhang handelt (vgl. Schindler: 11). Ferner muss sich jeder Journalist darüber im Klaren sein, für welche Zielgruppe sein Text, sein Beitrag, sein Feature gedacht ist (vgl. Ahlke, Hinkel: 13) Diese Anforderungen sollten für alle Teilbereiche des journalistischen Systems Gültigkeit besitzen, ganz gleich, ob es sich um die Redaktion eines Lokalblattes oder um ein renommiertes Wissenschaftsmagazin handelt. Doch in wie weit kann Sprache überhaupt die Mittel liefern, komplexe Sachverhalte aus der Wissenschaft für den Laien verständlich aufzubereiten, ohne den eigentlichen Tatbestand aus den Augen zu verlieren? In wie weit können unsere sprachlichen Möglichkeiten bestimmten fachlichen Termini gerecht werden und damit den größer werdenden Anspruch nach einem öffentlichen Verständnis von Wissenschaft[1] erfüllen?

Schon häufig wurden Forderungen an den journalistischen Umgang mit Sprache gestellt. Eine immer noch aktuelle Auflistung stammt aus dem Jahre 1975 des DDR-Stilistikers Georg Möller. Demnach zählen Eindeutigkeit, Unverwechselbarkeit, Vollständigkeit, Begriffliche Schärfe, Knappheit des Ausdrucks und Eingängigkeit zu den Forderungen an die Gebrauchssprache des Journalisten (vgl. Ahlke, Hinkel: 13).

In der vorliegenden Arbeit soll untersucht werden, ob der Fachjournalismus den sprachlichen Anforderungen an das System Journalismus gerecht werden kann. Nun kann natürlich die Frage gestellt werden, ob es die primäre Aufgabe von Fachjournalismus sein muss, den sprachlichen Kriterien Rechnung zu tragen, oder ob es eher darum geht, Inhalte vielmehr zielgruppenorientiert denn allgemein rezipientengerecht aufzubereiten. Allerdings sollten, da Fachjournalismus als Subsystem von Journalismus betrachtet wird, die (sprachlichen) Qualitätskriterien sowohl für das eine als auch für das andere anzuwenden sein.

Weiterhin stellt sich die Frage, ob der Fachjournalismus lediglich als Übersetzer zwischen dem jeweiligen Fachgebiet und der Öffentlichkeit oder doch als kritischer Vermittler von Inhalten fungiert. Dafür werden die journalistischen Qualitätskriterien Aktualität, Universalität, Verständlichkeit, Relevanz und Wahrheit unter linguistischer Betrachtung auf den Fachjournalismus übertragen. Ferner soll die Entstehung und Entwicklung von Fachsprachen beleuchtet werden, um deren Einbettung in die journalistische Sprache besser nachvollziehen zu können. Anhand einiger Beispiele fachjournalistischer Publikationen[2] soll im Verlauf gezeigt werden, dass der Fachjournalismus die sprachlichen Anforderungen an das journalistische System kaum oder nur bedingt erfüllen kann.

2. Sprache als Qualitätskriterium

Bei den erwähnten Qualitätsmerkmalen spielt die Verwendung von Sprache sicherlich in alle Teilbereiche mit hinein (vgl. Pöttker:26). Die wichtigste Verwendung findet sie aber wohl im Bereich der Verständlichkeit, da „[d]ie verständliche Vermittlung von Informationen [..] die zentrale Forderung im Zusammenhang mit gutem Stil [ist]“ (Ahlke; Hinkel: 20). Hier kann erneut gefragt werden, was denn die Verständlichkeit eines journalistischen Textes überhaupt ausmacht. Laut dpa liegt die optimale Verständlichkeit bei neun Wörtern pro Satz (vgl. Schneider: 90). Doch reicht es sicherlich nicht aus, sich nur an der Anzahl der Wörter in einem Text zu orientieren.

Diesen Gedanken verfolgten auch die drei Professoren des Psychologischen Instituts der Universität Hamburg, Inghard Langer, Friedemann Schulz von Thun und Reinhard Tausch, als sie das so genannte Hamburger Modell für die Verständlichkeit von Texten entwickelten. Auch, wenn dieses Modell ganz grundsätzlichen Kriterien folgt, so lassen sich die Ergebnisse auch für den Journalismus anwenden[3]. Das Hamburger Modell listet vier Merkmale der Verständlichkeit auf (vgl. Langer, Schulz von Thun, Tausch: 21ff). Der Komplex Einfachheit „bezieht sich auf die Wortwahl und den Satzbau, also auf die sprachliche Formulierung“ (ebd: 22). Dabei bezeichnen die Autoren das Nicht-Erklären von Fremd- und Fachwörtern als einen Aspekt von Kompliziertheit. Das Merkmal Gliederung und Ordnung fordert, dass Sätze nicht beziehungslos nebeneinander stehen und der Aufbau eines Textes für den Rezipienten nachvollziehbar gemacht wird. Weiterhin macht Kürze und Prägnanz einen Text verständlich, wobei es hier um die Frage geht, ob die Länge des Textes in einem angemessenen Verhältnis zum Informationsziel steht. Unwesentliches und abschweifende Passagen machen einen Text schwierig zu lesen. Zuletzt sind die Autoren der Ansicht, dass Anregende Zusätze für die Verständlichkeit eines Textes anzuwenden sind. Hiermit sind Elemente gemeint, „mit denen ein Schreiber oder Redner bei seinem Publikum Interesse, Anteilnahme, Lust am Lesen oder Zuhören wecken will“ (ebd.:27). Zusammen mit den Forderungen von Georg Möhn lässt sich also folgender Kriterienkatalog für das zu gebrauchende Vokabular sowie für die Satzstruktur erstellen, der für die Verständlichkeit, insbesondere journalistischer Texte, anzuwenden ist:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Im Folgenden soll nun versucht werden, diese sprachlichen Merkmale in fachjournalistischen Publikationen einzuordnen.

2.1 Qualitätskriterien im Fachjournalismus

Wie in vielen Bereichen des Fachjournalismus fällt es gerade bei den fachjournalistischen (Print-) Publikationen schwer, eine klar abgrenzende Definition für die einzelnen Produkte zu formulieren. Auf der einen Seite gibt es diejenigen, die der „Informationsweitergabe von Experten an Experten“ (Erler, Paulus: 41) dienen und somit keinen hohen Anspruch an die Vermittlerkompetenz eines (Fach-)Journalisten stellen. Diese Zeitschriften sind zumeist nicht im freien Handel zu beziehen und richten sich an klar definierte Ziel-, nämlich bestimmte Berufs- und Expertengruppen. Demgegenüber stehen die so genannten Special Interest Zeitschriften wie Schnitt – Das Filmmagazin und die populärwissenschaftlichen Publikationen wie zum Beispiel Spektrum der Wissenschaft. Weiterhin könnte an dieser Stelle eine Unterteilung in Fachjournalismus im engeren Sinne, Wissenschaftsjournalismus, Wissenschaftlicher Journalismus und Wissenschaftliches Publizieren vorgenommen werden (vgl. Tiberius, Teichmann: 23). Diese unterschiedlichen Gruppen unterscheiden sich im Bereich des Fachjournalisten (Wissenschaftler oder Nicht-Wissenschaftler), der Leserschaft (Laie oder Experte) und des Mediums (Fachzeitschrift oder Publikumszeitschrift). Von dieser detaillierten Unterteilung soll im Folgenden jedoch abgesehen werden.

Wenn die bereits genannten Qualitätskriterien auf den Fachjournalismus übertragen werden sollen, muss zunächst festgestellt werden, dass die meisten fachjournalistischen Produkte auch für ein (fach-) spezifisches Publikum produziert wird. Trotzdem sollte auch in diesem Zusammenhang das wichtigste Qualitätsmerkmal die Verständlichkeit oder die Vermittlung sein (vgl. Ahlke, Hinkel: 20).

Betrachten wir erneut den Artikel “Frühtest auf Rinderwahnsinn“ des populärwissenschaftlichen Magazins Spektrum der Wissenschaft, um diesen anhand der journalistischen Qualitätsmerkmale in Kürze zu bewerten.

1. Aktualität: Auch, wenn im Februar 2005 das BSE-Problem keinen aktuellen Nachrichtenwert besitzt (keine neuen Fälle, etc.), so gehört das Thema doch zu den stets aktuellen, insbesondere, wenn wie im vorliegenden Fall über mögliche Medikamente berichtet wird. Demnach kann davon ausgegangen werden, dass im Fachjournalismus Themen, die für die Wissenschaft aktuell sind, auch eine Aktualität für das betreffende Publikum besitzen.
2. Universalität: Eigentlich als Merkmal für Zeitungen und Zeitschriften bekannt, nennt Pöttker Universalität auch zu den journalistischen Qualitätskriterien zugehörig. Wenn dieses Merkmal auf einzelne fachjournalistische Beiträge bezogen wird, so muss bei näherer Betrachtung festgestellt werden, dass anders als im Allround-Journalismus, wo der Journalist oftmals mit Zeitdruck, technischen Problemen und schwachem Basismaterial (vgl. auch Kaiser: 13) sowie einer vorgegebenen Zeilenanzahl zu kämpfen hat, im Bereich der Fachpublikationen häufig mehr Möglichkeiten für eine allumfassende Darstellung einer Materie (inkl. Graphiken, Diagrammen, etc) vorhanden sind, Universalität im vorliegenden Falle also durchaus gegeben ist.
3. Relevanz: Die Relevanz von (populär-)wissenschaftlichen Publikationen ist meiner Ansicht nach schwer zu beurteilen, da es stets auf die Leserschaft ankommt, die Wichtigkeit eines Artikels zu bewerten. Im vorliegenden Falle ist eine Relevanz für eine breite Öffentlichkeit jedoch gegeben, da BSE einen Großteil der Bevölkerung, wenn auch indirekt, betrifft.
4. Wahrheit: Die Wahrheit, bzw. die Richtigkeit eines fachjournalistischen Textes ist mit Sicherheit ein heikles Thema, denn „[d]ie Kommunikation mit der Öffentlichkeit ist – gemessen an wissenschaftlichen Kriterien – sensationalisierend, manchmal übertreibend, oft vereinfachend und gelegentlich auch einmal falsch“ (Göpfert: 74). Für die Leserschaft ist es gerade in wissenschaftlichen Bereichen schwierig, Beiträge auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen. Auch, wenn Fachjournalisten die Funktion der Vermittlung einnehmen sollten, so geschieht dies häufig als pure Übersetzung ohne eigene Recherche. Da der Rezipient oftmals nicht über ähnliche Fachkenntnisse wie der Autor eines wissenschaftlichen Textes verfügt, bleibt ihm in diesen Fällen nur übrig, dem Dargestellten Glauben zu schenken.
5. Verständlichkeit, bzw. Vermittlung: Hier können nun die in Punkt 2 zusammengetragenen Kennzeichen für verständliche Texte angewendet werden. Sicherlich müssen nicht alle Kriterien erfüllt werden, allerdings sollte doch ein Großteil in journalistischen Texten und Beiträgen zu finden sein. Die Verständlichkeit, bzw. die Vermittlung spielt gerade beim Fachjournalismus eine zentrale Rolle, denn die Journalisten müssen das Fachwissen nicht nur weitergeben, sondern sprachlich angemessen vermitteln (Ahlke, Hinkel: 50). Und genau an dieser Stelle gilt es zu entscheiden, ob der (Fach-)Journalist seine Funktion als Vermittler wahrnimmt oder nur das ihm vermittelte Expertenwissen für das Publikum übersetzt. Eine bloße Übersetzung birgt zumeist die Gefahr, dass trotz verständlicherer Sprache die Verständlichkeit für den Rezipienten ausbleibt, da ein Zusammenhang nicht hergestellt werden kann.

[...]


[1] Die Initiative “Public Understanding of Science and Humanities“ hat ihren Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika, wo mit der Eröffnung des Exploratoriums in San Francisco bereits 1969 erkannte wurde, dass mehr für das öffentlicher Verständnis von Wissenschaft getan werden muss.

[2] Zum einen wird der Artikel “Frühtest auf Rinderwahnsinn“ aus der Zeitschrift Spektrum der Wissenschaft (erste Seite siehe Anhang C) auf seine fachsprachlichen Elemente hin überprüft werden. Weiterhin wurden Ausschnitte aus Bild der Wissenschaft und Schnitt – Das Filmmagazin partiell untersucht.

[3] Vgl. auch Anhang A: Das Verständlichkeitsmodell für Journalisten

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Sprache als Qualitätskriterium in fachjournalistischen Publikationen
Hochschule
Hochschule Bremen
Veranstaltung
Medientheorie V
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
19
Katalognummer
V38042
ISBN (eBook)
9783638372312
Dateigröße
535 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sprache, Qualitätskriterium, Publikationen, Medientheorie
Arbeit zitieren
Kathrin Lau (Autor:in), 2005, Sprache als Qualitätskriterium in fachjournalistischen Publikationen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/38042

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