Demenz und Retraumatisierung. Herausforderungen in der Altenpflege von jüdischen Holocaust-Überlebenden


Bachelorarbeit, 2010

73 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Aufgabenstellung und Zielsetzung der Arbeit

3 Historischer Hintergrund

4 Literaturstudie
4.1 Trauma
4.2 Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)
4.3 Traumatische Erfahrungen im zweiten Weltkrieg
4.4 Reaktivierung von Traumatisierungen im Alter
4.5 Demenz
4.6 Person-zentrierter Ansatz zur Pflege von Menschen mit Demenz nach Kitwood

5 Schnittstelle zwischen Demenz und Retraumatisierung
5.1 Methodisches Vorgehen
5.2 Demenz und Retraumatisierung

6 Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang
Originalaussagen der Homepage von www.claimscon.org
Interviewfragen
Interview mit dem Pflegepersonal
Interview mit der Pflegedienstleitung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Das dritte Reich hinterließ tiefe Spuren in unserer Zivilisation. Dieser Einfluss ist trotz der seither vergangenen Zeit nicht geringer geworden. Die Machtergreifung und das Leben, wie es sich unter den Nationalsozialisten abspielte, stellen immer noch gegenwärtige Fragen unter den aktuell jungen Menschen dar (vgl. Mosse, 1978, S. 1).

Vor Beginn des zweiten Weltkrieges stellten die Juden eine religiöse und traditionelle Minderheit in Deutschland dar. Durch führende Rollen in Wirtschaft, Politik und Kultur besaßen sie aber als Sprach- und Kulturgemeinschaft ebenfalls eine Zugehörigkeit zum deutschen Staat. Ein unterschwelliger Antisemitismus war im Jahr 1932 in den meisten Staaten Europas, besonders Osteuropa, England, den Niederlanden und Österreich zu verspüren (vgl. Pentzlin, 1985, S. 165). Diese Diskriminierung wuchs besonders im deutschen Reich stark an und führte zu einem deutschen Zerrbild einer feindlich gesonnenen Schar fremdartiger Schmarotzer, die als politisches Instrument missbraucht wurden (vgl. Benz, 2008, S. 16). Der anschließende Völkermord an Millionen von Juden ist als tiefste Wunde der deutschen Geschichte anzusehen.

Die Überlebenden des Holocausts, die durch traumatische Erlebnisse für ihr Leben geprägt sind, sind in der jetzigen Altersschicht von 70- bis 90 Jahren wieder zu finden. Die psychosozialen Folgen der Erfahrungen infolge des Holocausts sind in Arbeiten mit diesen Menschen zu wenig wahrgenommen worden. Das Leben dieser Generation ist durch das Schweigen über die seelischen Auswirkungen dieser Erfahrungen, wie zum Beispiel Ängste, Flucht, Vergewaltigungen und Misshandlungen geprägt. 50-65 % der Holocaust-Überlebenden leiden an posttraumatischen Belastungsstörungen (vgl. Liebermann, 2009, Folie 3). Demnach ist ein professioneller Umgang mit unverarbeiteten Traumata jener Menschen für das Pflegepersonal unumgänglich und zwingend erforderlich. Das Wiederaufbrechen von Traumata, die Retraumatisierung, ist eine entscheidende Aufgabe von Sozialarbeitern in der Berliner Jüdischen Gemeinde (vgl. Jahn, 2008). In der jüdisch-christlichen Budge-Stiftung in Frankfurt am Main sind Berichten zufolge Aufforderungen wie beispielsweise zum Duschen als Auslöser für die Retraumatisierung anzusehen. Des Weiteren spielt der Zusammenhang zwischen einer Demenzerkrankung und einer Retraumatisierung eine entscheidende Rolle, die durch einschlägige Literatur nachgewiesen ist (vgl. Weitzel-Polzer, 2002, S. 190-198).

2 Aufgabenstellung und Zielsetzung der Arbeit

Die Generation von Menschen, die in die Fürsorge der Altenhilfe und Pflege hinein kommen, ist die Altersgruppe, die den zweiten Weltkrieg unmittelbar als Kinder und Jugendliche erlebt hat. Nicht nur bei Holocaust-Überlebenden und Verfolgten, sondern auch bei anderen Menschen bestehen Traumatisierungen in Folge von Bombardierungen, Fluchterfahrungen und sozialen Verlusten (vgl. Fooken, 2007, S. 4).

Diese Arbeit jedoch befasst sich speziell mit jüdischen Überlebenden des Holocausts, die sich aufgrund ihrer gesundheitlichen Lage in Pflegeeinrichtungen befinden. Die Anpassung der Altenhilfe an die Bedürfnisse der Holocaust-Überlebende steht hierbei im Vordergrund. Besonders der Zusammenhang zwischen einer Retraumatisierung und einer Demenzerkrankung soll dargelegt werden. Dabei stellt sich die Frage, was genau bei Demenzerkrankten zu beachten ist, um eine Retraumatisierung zu vermeiden. Hierfür ist eine kurze Krankheitsbeschreibung der Demenz notwendig, um zu erarbeiten welche Aspekte der Demenz Anteil an Retraumatisierungen haben. Es ist zu klären, ob die Demenzerkrankung einen verstärkenden Faktor für Retraumatisierungen darstellt. Bei einem tatsächlichen Zusammenhang zwischen Demenz und Retraumatisierung ist dieser Faktor bzw. diese Faktoren darzulegen und zu bestimmen. Hierbei wird von der Fragestellung ausgegangen, ob Retraumatisierungen bei demenzerkrankten Menschen häufiger und auch vielleicht intensiver auftreten. Zudem soll diese Arbeit eine weitere Betrachtung des Pflegepersonals aufnehmen, um zu erörtern, inwieweit das Pflegepersonal das Eintreten von Retraumatisierungen überhaupt, und wenn ja, wie wahrnimmt.

Für die Beleuchtung dieser Fragen und Zusammenhänge ist eine Recherche in der deutschen Geschichte und in dem Versorgungssystem der Altenpflege in Bezug auf Holocaust-Überlebende, die damals noch Kinder und Jugendlich waren, notwendig. Hierfür werden traumatische Erlebnisse der betroffenen Menschen ermittelt, um auf Auslöser für die Retraumatisierungen schließen zu können. Weiterhin werden in einem jüdischen Altenwohnheim in dem Überlebende des Holocausts betreut werden, Interviews mit Pflegenden geführt.

Das Ziel dieser Arbeit ist die Darlegung einer möglichen Schnittstelle zwischen Demenz und Retraumatisierung. Außerdem soll die Aufnahme des theoretischen Ansatzes nach Kitwood zur Pflege demenziell erkrankter Menschen, als Grundmodell dienen, um Aspekte der pflegerischen Entscheidungen in der Altenhilfe bei traumatisierten und demenzerkrankten jüdischen Menschen theoretisch zu begründen.

3 Historischer Hintergrund

Innerhalb dieses Kapitels werden der historische Hintergrund und ein Teil der Geschichte des Judentums dargestellt. Für eine spätere Betrachtung demenzkranker Holocaust-Überlebender, die Retraumatisierungen ausgesetzt sind, sind die Darstellungen ihrer Geschichte und ihres Erlebten notwendig.

Vor der „Machtübernahme“ Hitlers am 30. Januar 1933 kristallisierte sich eine rechtsradikale Bewegung innerhalb Deutschlands heraus. Die Mandatsverteilungen bei den Wahlen von 1912 bis 1933 zeigten einen ständigen Zuwachs der Rechtsradikalen. Im Jahr 1932 überwog zum ersten Mal die NSDAP mit 230 Mandaten die mit 133 Mandaten geschlagene SPD (vgl. Eitner, 1990, S. 14). Aus dieser rechtsradikalen Bewegung entwickelte sich eine Macht, die verantwortlich ist für die organisierte Ermordung von rund 6 Millionen Juden. Dieser Völkermord wird als Holocaust bezeichnet. Der Holocaust bezeichnet also die Ermordung jener Menschen, die im deutschen Reich zur Zeit des zweiten Weltkrieges als Juden definiert wurden.

Juden sind die Angehörigen des jüdischen Volkes, welches sich über das Judentum definiert. Das Judentum beinhaltet die Kultur, Geschichte, Religion und Tradition des sich selbst sehenden Volkes Israels. Die Religionsgemeinschaft besaß über Jahrhunderte hinweg kein eigenes Gebiet, bis Mitte des 20. Jahrhunderts der Staat Israel gegründet wurde.

Mitte der zwanziger Jahre lebten in Deutschland rund 568.000 Juden, was 0,90 % der Gesamtbevölkerung ausmachte. Die Anzahl sank im Jahre 1933 auf 503.000 Juden (vgl. Eitner, 1990, S. 375). Trotz ihrer relativ geringen Anzahl präsentierten die Juden einen hohen Anteil an Universitätsprofessoren, Ärzten und Rechtsanwälten. Die Tatsache, dass Juden als intellektuelle Gruppe angesehen wurden, erregte Neid und führte zu einem stetig wachsenden Antisemitismus. Dieser „Judenhass“ erwies sich als das zentrale Ziel Hitlers und wuchs ab seiner Machtergreifung zu einer Staatsideologie (vgl. Hildebrand, 1987, S. 95-98). Als Beginn des Leidensweges der Juden wird der am 1.April 1933 organisierte Boykott jüdischer Geschäfte dargelegt. Dieser vollzieht sich bis 1939 für jedermann sichtbar und zieht Entrechtungen, Bedrohungen und Erniedrigungen nach sich. Bis 1938 wandern nur rund 170.000 Juden aus Deutschland aus. Eine weitaus höhere Abwanderung der Juden scheiterte zum Teil an restriktiven Immigrationsbestimmungen von vielen anderen Staaten (vgl. Zitelmann, 1989, S. 127). Die Auseinandersetzung der deutschen Bevölkerung mit dem Schicksal der jüdischen Mitbürger gerät nach Kriegsbeginn im Jahr 1939 in den Hintergrund. Die Aufmerksamkeit der Bevölkerung liegt größtenteils auf der Konfrontation mit dem unmittelbaren zweiten Weltkrieg. Erst im Herbst 1941 entwickelt sich innerhalb der Bevölkerung des deutschen Reiches durch die beginnenden Deportationen von Juden ein Nachdenken. Das bevorstehende schlimme und ungewisse Schicksal der Juden wurde durch die Sprachregelung der Absiedlung entkräftet und verschwand weitgehend aus dem öffentlichen Bewusstsein. Die organisierte Verschleppung der Juden deutscher und anderer Staatsangehörigkeiten vollzog sich durch den Abtransport der Menschen mittels Bussen, Lastwagen, Personen- oder Güterzügen. Diese Massendeportationen endeten in Polen, Frankreich, besetzten Ostgebieten, Auschwitz und Theresienstadt in so genannten Arbeits- und Vernichtungslagern (vgl. Gruner, 2005, S. 21).

Innerhalb der Arbeitslager wurden die Menschen als Arbeitskräfte ausgebeutet. Sobald sie keine Arbeit mehr leisten konnten, wurden die Menschen, soweit sie unter den Bedingungen innerhalb der Lager nicht bereits verstorben waren, ermordet oder durch Sammeltransporte in Vernichtungslager geschickt. In diesen Vernichtungslagern wurden die Juden, wie auch andere Minoritäten, massenhaft in Gaskammern ermordet (Corleis, 1985).

4 Literaturstudie

Die Literaturrecherche beginnt mit geschichtlichen Komponenten, die einen Teil dieser Arbeit bestimmen. Es folgen Definitionen für den Begriff des Traumas und zur Posttraumatischen Belastungsstörung, um die Thematik von ihrem Ursprung her zu erarbeiten. Weiterhin wird hinsichtlich traumatischer Einflüsse auf jüdische KZ-Insassen bezüglich ihrer jetzigen Situation als pflegebedürftige Holocaust-Überlebende in der Altenhilfe recherchiert. Für die Bearbeitung der Schnittstelle von Demenz und Retraumatisierung wird nach den Begriffen Retraumatisierung, dem Person-zentrierten Ansatz nach Kitwood und der Erkrankung Demenz gesucht.

4.1 Trauma

Der Begriff des Traumas wird in Hinblick auf viele verschiedene auslösende Situationen verwendet. In der Gegenwart und in der Geschichte unserer Welt geschahen und geschehen immer wieder kaum greifbare Ereignisse, welche Menschen in Angst und Schrecken versetzen (vgl. Morgan, 2007, S. 9). Die Ereignisse können viele aber auch einzelne Menschen betreffen. Das Erleben von körperlicher und sexualisierter Gewalt, Vergewaltigung, gewalttätige Angriffe, Entführung, Geiselnahme, Terroranschläge, Kriege, Kriegsgefangenschaft, politische Haft, Folterung, Gefangenschaft in einem Konzentrationslager, Natur- oder durch Menschen verursachte Katastrophen, Unfälle oder eine lebensbedrohlichen Krankheit stellen nur einen Teil der Ursprünge für traumatische Erlebnisse dar (vgl. Flatten et al., 2004, S. 4). Geschehnisse, die einen Menschen in seiner Denk- und Gefühlswelt überfordern und sogar überwältigen, sind die Kernpunkte eines Traumas. Es gibt drei ineinander greifende Aspekte, die eine Traumatisierung ausmachen: das Traumaereignis, die Traumaerfahrungen sowie die daraus resultierenden Traumafolgen. Darüber hinaus beeinflussen die traumatischen Situationen nicht nur den Betroffenen, sondern können auch den Beobachter des Ereignisses traumatisieren und durch die Folgeerscheinungen auf das Umfeld wie Familie, Angehörige und Freunde wirken (vgl. Ermann, 2007, S. 144-150). Traumaerfahrungen können in jedem Lebensalter auftreten. Im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen Holocaust-Überlebende, die in jüdischen Pflegeheimen betreut werden und während des zweiten Weltkrieges traumatischen Situationen ausgesetzt waren. Um die Auswirkungen psychisch-traumatischer Erfahrungen des zweiten Weltkriegs zu verstehen, ist es zunächst wichtig zu wissen, was unter dem Begriff Traumatisierung verstanden wird und welche psychischen und psychosomatischen Störungen ein Trauma als Folgeerscheinungen mit sich zieht. Dieses beinhaltet zunächst die Klärung des Begriffs Trauma sowie eine Klassifizierung.

4.1.1 Definition von Trauma

ICD ist die International Classification of Diseases und wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herausgegeben. In Kapitel V (F) werden die psychischen Störungen beschrieben. Die Definition des Begriffs Trauma im ICD zeigt zwar den Schweregrad eines traumatischen Ereignisses auf, bleibt aber hinsichtlich der Ausführung der daraus folgenden traumatischen Reaktion oberflächlich.

Im ICD- 10 wird Trauma definiert als "ein belastendes Ereignis oder eine Situation außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalen Ausmaßes (kurz oder lang anhaltend), die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde"(vgl. ICD-10; WHO 2000, S. 169).

DSM ist das Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders und wird von der American Psychiatric Association herausgebracht. Es befasst sich mit der Beschreibung psychischer Störungen. Das amerikanische System DSM - IV bezieht sich auf aktuelle Forschungen und definiert das Trauma als eine Konfrontation mit einem oder auch mehreren Situationen, die den drohenden Tod, Lebensgefahr oder massive Körperverletzung beinhalten. Im DSM - IV wird das subjektive Erleben stärker hervorgebracht durch die Beschreibung der resultierenden traumatischen Reaktionen wie Angst, Entsetzen und Hilflosigkeit (vgl. DSM – IV, 1996, S. 487).

Beide Systeme dienen der Klassifikation psychischer Störungen und können daher als „sich ergänzend“ betrachtet werden und nicht als konkurrierend.

4.1.2 Klassifizierung von Traumata

Eine Einteilung der Traumata erfolgt aufgrund des Lebensalters des Betroffenen zum Zeitpunkt des traumatischen Erlebnisses und/oder der Ursache desselben:

- Frühe Traumatisierung: entsteht im Kindes- und Jugendalter
- Späte Traumatisierung: entsteht am Ende der persönlichen Entwicklung
- Direkte Traumatisierung: betreffen Menschen die als Zeuge und Helfer während traumatischen Situationen fungiert haben
- Absichtliche Traumatisierung: beispielsweise Vergewaltigungen
- Unabsichtliche Traumatisierung: beispielsweise Unfälle
- Kollektive Traumatisierung: hier werden soziale (Kriege) und umweltbedingte (Naturkatastrophen) Ereignisse unterschieden

Traumatische Erlebnisse zerstören aufgrund ihrer überwältigenden Stärke die natürliche menschliche Verbindung zwischen dem eigentlichen Verstehen und der dazugehörigen Bewertung. Sie führen zu einer langzeitlich wirkenden Überstimulation. Traumatische Situationen erfolgen unerwartet und können plötzlich und in jedem Lebensalter auftreten (vgl. Ermann, 2007, S. 144-145).

4.2 Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)

Sind die Bewältigungsstrategien zur Verarbeitung des Traumas nicht erfolgreich und der belastende Einfluss des erlebten Traumas bleibt kontinuierlich bestehen, kommt es zu posttraumatischen Störungen. Um von der gerontopsychologischen Seite her die Retraumatisierungen der NS-Verfolgten zu verstehen, ist es neben der Begriffsklärung des Traumas notwendig zu wissen, welche psychischen Erkrankungen sich nach einer zeitlichen Verzögerung im Zuge der Traumatisierung bilden können. Jüdische Holocaust-Überlebende haben das Schweigen als eine Überlebensstrategie gewählt, wodurch der posttraumatische Prozess jedoch verstärkt wird (vgl. Birck et al., 2002, S. 60). Diese Störungen können die körperliche als auch die seelische Ebene betreffen und sind mit einer demenziellen Erkrankung im Zusammenhang zu sehen, wie in Kapitel 5 erläutert wird. Weiterhin treten die Störungen oftmals mit sehr differenzierten Ursprüngen und visuellen Erscheinungen auf. Daher ist es notwendig, den Begriff der „Posttraumatischen Belastungsstörung“ sowie die daraus resultierenden Folgen kurz zu erläutern, um diese Bereiche mit Holocaust-Überlebenden in Verbindung setzen zu können.

4.2.1 Definition PTBS

Die Posttraumatische Belastungsstörung ist eine mögliche eintretende Reaktion auf eine oder mehrere traumatische Situationen. Epidemiologisch wird momentan hinsichtlich der PTBS von einer Lebenszeitprävalenz von sieben bis acht Prozent ausgegangen (vgl. Lieb et al., 2008, S. 270). Zur PTBS gehören die unter dem Kapitel 4.1 erläuterten traumatischen Ereignisse, denen eine Person selbst ausgesetzt war und/oder solche, die diese an fremden Menschen miterlebt hat. Oftmals führt dies zu Hilflosigkeit und zu einem Verlust des Vertrauens in die Welt.

4.2.2 Symptome der PTBS

Die PTBS ist durch typische Symptome geprägt. Dazu gehören folgende:

- belästigende und tyrannisierende Gedanken und Erinnerungen an das Trauma
- Intrusionen (Bilder, Alpträume, Flash-backs)
- Übererregungssymptome (Schlafstörungen, Schreckhaftigkeit, Reizbarkeit)
- Vermeidungsverhalten (Vermeidung von Sachverhalten, die an das Trauma erinnern)
- emotionale Empfindungslosigkeit (apathisch, Desinteresse, allgemeiner Rückzug, Gleichgültigkeit)

Die Symptome des Posttraumatischen Belastungssyndrom können zeitnah nach der Traumatisierung, aber auch nach einer jahrelangen Verzögerung eintreten (vgl. Flatten et al., 2004, S. 4).

4.2.3 Komplexe PTBS

Die komplexe Posttraumatische Belastungsstörung wurde in die DSM – IV als Ergänzung mit aufgenommen (vgl. Haenel & Wenk-Ansohn, 2004, S.16).

Es gibt Menschen, deren Körper und Seele mit der Bewältigung ihrer Traumata überfordert sind, um diese zu bewältigen. Die Schwere und die Dauer der Traumatisierung haben dabei den größten Anteil an dem Schweregrad der daraus resultierenden psychischen Störungen.

Die komplexe PTBS wird auch als KZ-Syndrom und Holocaust-Syndrom bezeichnet (vgl. Steiner & Krippner, 2006, S. 55). In seiner Verwendung geht es bei diesem Begriff also ursprünglich um Überlebende des Holocausts, die durch die Lagerhaft und Verfolgung psychisch stark traumatisiert wurden. Diese massive Traumaerfahrung zieht unter anderem die folgenden zusätzlichen Symptome nach sich:

- „Störungen der Affektregulation;
- Impulskontrollverluste;
- schwere dissoziative Zustände;
- die Gefahr der Retraumatisierung:
- Rückzug und Isolation“…. (vgl. Lieb et al., 2008, S. 270)

4.3 Traumatische Erfahrungen im zweiten Weltkrieg

Verfolgung, Folterung und Vernichtung sind traumatische Erlebnisse, die sich im Zuge des NS-Regimes innerhalb der jüdischen Bevölkerung des 20. Jahrhunderts zugetragen haben. Momentan leben ca. 517.000 jüdische NS-Opfer in Deutschland (vgl. Probst & Bilger, 2010). Die Folgen der unvorstellbaren Ereignisse des zweiten Weltkrieges liegen fast 70 Jahre zurück. Dennoch bleiben die traumatischen Folgen aus der Utopie des Nationalsozialismus bestehen. Die körperlichen uns seelischen Folgen der Holocaust-Überlebenden betreffen selbst die nachfolgenden Generationen der Kinder und Enkel (vgl. Friedmann et al., 1999, S. 75).

Durch die Situation, permanent einer Bedrohung ausgeliefert gewesen zu sein und getötet werden zu können, erlitten die Menschen tiefgreifende Traumata. Sie mussten Verluste verkraften und waren immer auf der Flucht vor Verfolgung, waren Zwangsarbeiter in Arbeitslagern oder wurden in Konzentrationalager gebracht. Viele lebten in ständiger Ansgt, mit einer falschen Identität, Familien mussten sich zerteilen, um ihre Überlebenschance zu vergrößern. Viele dieser Überlebenden leiden unter seelischen und körperlichen Qualen. Die Verletzungen der Seele wurden durch menschliche Gewalteinwirkung hervorgerufen, welches als „ man-made-disaster” bezeichnet wird (vgl. Härri, 2006, S. 4).

Die Literatur über die Auswirkungen auf die psychischen Ebenen beginnt erst ganz allmählich zu wachsen. Schnittstellen zwischen der historischen Geschichte und im Bereich der Traumapsycholgie werden hergestellt. Die Auswirkungen der massiven Traumaerfahrungen des zweiten Weltkriegs sind in vielfältigen Studien festgehalten worden und werden als „ survivor syndrome” betitelt (vgl. Flatten et al., 2004, S. 59). Neben Schuld- und Schamgefühlen gehören eine stark manifestierte Angst und Persönlichkeitsstörungen zu den daraus resultierenden Folgen, die in den Ergebnissen festgehalten wurden.

Die Kriegstraumatisierung zeichnen sich durch ihren spezifischen prozesshaften Charakter aus (vgl. Härri, 2006, S. 15). Das traumatsiche Erlebnis ist hierbei der Krieg, welcher sich über einen längeren andauernden Zeitraum aus verschiedenen Gegebenheiten zusammensetzt. Es handelt sich daher beim Holocaust um ein kollektives Trauma (vgl. Vyssoki et al., 2004, S. 202). Die Opfer leiden zusammen unter den Schrecknissen des Krieges.

Die heute kriegstraumatisierten Menschen haben ein hohes Alter erreicht, wodurch sich zusätzliche Probleme und Einschränkungen manifestieren (vgl. Härri, 2006, S. 34-35). Dieses ist eine besondere Aufgabe für die Altenhilfe, worauf im Kapitel 4.3.3 zur Situation der Holocaust-Überlebenden eingegangen wird wie auch später speziell im Hinblick auf eine demenzielle Erkrankung.

4.3.1 Holocaust

Der Begriff „Holocaust“ (griechisch: holókaustos, "vollständig verbrannt") bezeichnet den Völkermord an ca. sechs Millionen Menschen durch das NS- Regime. Diese Bezeichnung gab es zunächst nur im englischen Sprachraum und behielt seitdem seine Bezeichnung in den politischen Diskussionen. Der Begriff „Schoah“ (hebräisch: שואה) hat dieselbe Bedeutung wie der Begriff des „Holocausts“. Er wird seit 1948 für den Völkermord an den Juden verwendet. In Deutschland hat sich der Begriff des Holocaust durchgesetzt (vgl. Benz, 2008, S. 93-101 /vgl. Pohl, 2008, S. 109).

Weiterhin umfasst der Begriff des Holocausts auch die Eliminierung von anderen Minoritäten, die nicht der nationalsozialistischen Ideologie entsprachen. Die Literatur vermittelt überwiegend den Begriff des „Holocausts“, so dass dieser auch für die vorliegende Arbeit gebraucht wird

4.3.2 Traumatische Einflüsse des Holocausts auf jüdische KZ-Insassen

Erst seit den 60er und 70er Jahren gibt es Publikationen über die körperlichen und seelischen Folgen der NS-Verfolgung. Die meisten heute noch lebenden Holocaustopfer haben den zweiten Weltkrieg als Kinder bzw. Jugendliche überlebt. Durch den heutigen Forschungsstand ist bewiesen, wie wichtig die ersten Lebensjahre für die psychosoziale Entwicklung des Kindes sind. Die Folgen der Kriegstraumatisierung sind daher besonders tiefgehend und lang anhaltend. Bei den Forschungen über Holocaust-Überlebende und ihre Kriegserlebnisse werden folgende traumatisierende Einflüsse aufgelistet:

- Erleben und Aushalten permanenter Bombenangriffe (Verlust des häuslichen Besitzes)
- problematische Lebensumstände durch Hunger, Unterernährung, Armut und körperlichen Erkrankungen, die nicht behandelt werden konnten
- Verlust- und Trennungserfahrungen innerhalb der Familie
- Evakuierungen
- auch Kinder und Jugendliche waren Opfer von Flucht, Vertreibung, Verfolgung und in lebensbedrohlichen Situationen
- Verlust der Existenz
- Konfrontation mit gewaltsamem Tod, Toten, Plünderung, Gefangenschaft, Beschuss
- zeitlich langanhaltender Flüchtlingsstatus (vgl. Decker & Brähler, 2006, S. 119)

Der Zeitraum, in denen jene Menschen den traumatisiernenden Einflüssen ausgesetzt waren, sind sehr lang und nicht mit anderen Traumaereignissen zu vergleichen. Der tägliche Überlebenskampf aufgrund der Gegebenheiten im zweiten Weltkrieg und die Gewissheit, dass es keinerlei Hilfe und Schutzmöglichkeiten gab, führte zur einem psychsichen Ausnahmezustand. Wie schon erwähnt, handelt es sich um ein kollektives Trauma und ist durch die parallel vorhanden subjektiven Traumatsierung als sehr außergewöhlich und komplex anzusehen. Kinder konnten den geschichtlichen Kontext zu damaliger Zeit kaum nachvollziehen, Hitlers Vorhaben wurde nicht verstanden. Für ein Kind zählen nur die erlebten Gewalttaten, die Trennung von den Eltern und Geschwistern, die Angst, die Panik, die extreme Hilfs- und Machtllosigkeit, der Hunger, die Vergewaltigung und die Einsamkeit, die in der Verlassenheit steckt. Aus diesen Gründen wurden im späteren Leben Situationen, die mit Hilfslosigkeit in Verbindung standen, grundsätzlich aus großer Angst heraus versucht zu vermeiden.

Die KZ-Erfahrung ist an dieser Stelle noch einmal besonders hervorzuheben. Die Gefühle, Gedanken und Beobachtungen während der Gefangenschaft in nationalsozialitischen Konzentrationslagern sind schockierend und gehen über die menschliche Vorstellungskraft hinaus. Jede Situation und Gegebenheit im Altag des Konzentrationslagers ist ein Trauma gewesen. Kinder wurden vom NS-Regime als den erwachsenen gleichwertige Häftlinge angesehen. Nach Ziegler (2006, S.38-39) war das Dasein im KZ durch Stress, Krankheit, Hunger, Todesangst, Bedrohung, Misshandlung und Verzweiflung geprägt. Der Tagesablauf war straff geregelt und organisiert. Er war terrorisierend und unmenschlich. Um die jetzige Situation pflegebedürftiger jüdischer Überlebender zu verstehen, folgt an dieser Stelle eine kurze Exkursion in das KZ-Leben, um die Erfahrungen der Überlebenden darzustellen. Drobisch und Wieland (1993, S. 106-122) legen dar, dass es schon bei der Einlieferung Misshandlungen und Bedrohungen durch Erschießung seitens der NS-Soldaten gab. Überlebende berichten, dass sie gleich zu Anfang geknebelt, gefesselt und mit verschiedenen Gegenständen, oft am ganzen nackten Körper, geschlagen wurden. Sie wurden hin- und hergehetzt, mit Peitschen geschlagen, beschimpft, und es wurden ihnen Stricke zugeworfen, damit sie sich am besten gleich selbst erhängten. Sobald ein Transport das KZ erreicht hatte, wurden die Ankömmlinge oftmals mit Hilfe des kompletten KZ-Personals überfallen und maltretiert. Nach Aufnahme der Personalien wurden die Kopfhaare kurz geschoren. Kinder, Kranke, Alte und Behinderte wurden genauso behandelt. Es gab systematisch organisierte Verprügelungen bis hin zur Bewusstlosigkeit.

Die Unterkünfte waren Baracken, in denen mehr als 50 Menschen auf engstem Raum zusammengepfercht waren. Sie hatten nur sehr kleine Schlafstätten, Strohsäcke zum Zudecken und keinen Platz zwischen den Feldbetten. Für viele war gar kein Platz und sie schliefen auf den blanken Fußböden. Waschmöglichkeiten gab es kaum und die hygienischen Bedingungen waren eine Zumutung. Viele Überlebende berichten von unerträglichen Gerüchen. Nie wurde geheizt und die Kleidung bestand aus der durch Arbeit und Strafen zerrissenen Zivilkleidung oder aus alten Uniformen. Die Insassen wurden auch nachts kollektiv gequält, indem sie unerwartet geweckt und ihre Schlafstätten verwüstet wurden. Sie wurden dazu aufgefordert, Salzheringe zu verschlingen und in kalte Flüsse zu springen. Anschließend mussten sie ihre Schlafstätten wieder aufräumen oder anderen verlangten Peinigungen nachgehen, um nicht erschossen zu werden.

Die Mahlzeiten waren pro Person genau abgemessen. So gab es beispielsweise 500 Gramm Brot ohne Butter am Tag. Die Portionen variietren von KZ zu KZ. Aber Krankheit und Unterernährung waren durch die mangelnde Versorgung überall die Folgen. Oft gab es keine Löffel und die Häftlinge wurden gezwungen ihre wässrige Suppe mit Schuhanziehern zu sich zu nehemen. Oftmals gab es auch tagelangen Essensentzug als Bestrafung. Die Erkrankten wurden vom Lagerarzt als Simulanten abgetan, und wer bei der Lagerarbeit zusammenbrach, wurde aus dem Weg geräumt. Die kräftezehrende Arbeit im KZ war entwürdigend. Von Innenarbeiten bis Gartenarbeiten gab es alles. Oft gab es auch kein Werkzeug und die Arbeiten mussten mit bloßen Händen verrichtet werden: „und die Haut hing in Fetzen von den blutenden Händen” (vgl. Drobisch & Wieland, 1993, S.119). Häufig mussten die Häftlinge mit Zahnbürsten putzen.

Immer neue Schikanen wurden ausgedacht, wie beispielweise Gefangene tagelang im Kreis laufen zu lassen. Es ist an dieser Stelle zu weitgehend, alle barbarischen Foltermethoden aufzählen zu wollen.

Für die vorliegende Arbeit ist diese kurze Schilderung der Ereignisse wichtig, um die Traumatisierungen der Kinder und Jugendlichen durch das individuelle Erleben und auch durch die Rolle des Zuschauers darzulegen. Dies ist wichtig für die jetzige Situation pflegebedürftiger Überlebenden, vor allem hinsichtlich des Aspektes der Demenz und der Retraumatisierung wie in Kapitel 5 erläutert wird.

In vielen Literaturquellen und auch im Internet informieren Autoren und Betroffene selbst über die traumatisierenden Einflüsse des Holocausts. Beispielseweise gibt es unter www.claims-conference.de eine Organisation, die es sich seit 1951 zur Aufgabe gemacht hat, Entschädigungsleistungen für jüdische NS-Verfolgte aufzubringen. Sie entschädigen Besitze, die von Nationalsozialisten zerstört wurden und helfen beim Wiederaufbau von vielen jüdischen Gemeinden. Weiterhin bemühen sie sich um Sozialdienste für die hochbetagten Überlebenden. Die Deutsche Regierung hat mehr als 60 Milliarden Dollar als Entschädigungszahlungen zur Verfügung gestellt. Die claims conference versucht, sich auf der ganzen Welt um die immer größeren Nöte der mittlerweile sehr alten jüdischen NS-Opfer zu kümmern. Auf der Homepage der claims conference sind weiterhin Berichte von Zeitzeugen zu finden, die Finanzierungen der claims conference erhalten haben.

Ergänzend zu den in der Literatur dokumentierten KZ-Ereignissen, die hier kurz aufgeführt wurden, sollen in diesem Kapitel eine Auswahl an Zitaten aus den persönlichen Geschichten der Holocaust-Überlebenden dargestellt werden, um die traumatischen Einflüsse auf jüdische KZ-Insassen lebensnaher darzustellen und um den Bezug bzw. die Schnittstelle von der Geschichte zur Traumatisierung zu verdeutlichen (vgl. Claims Conference (a), 2009).

Die folgenden Zeitzeugenberichte sind von noch lebenden jüdischen Holocaustopfern, die sich unter den Nationalsozialisten medizinischen Experimenten unterziehen mussten. Die unten aufgeführten Personen wollen ihre Erfahrungen den historischen Aufzeichnungen beifügen. Ihre Namen bleiben aufgrund der Empfindlichkeit des Materials anonym.

Frau A. (83 Jahre alt) ist selbst Überlebende und war von April 1943 bis Mai 1945 Gefangene in Ausschwitz. Sie sagt über ihre Erlebnisse im deutschen Lager folgendes:

„Das Experiment an mir wurde im Block 10 in Ausschwitz durchgeführt. Es wurden Versuche mit meiner Gebärmutter gemacht. Es wurden Schüsse in meine Gebärmutter gesetzt und ich wurde von den heftigen Schmerzen ohnmächtig. Jahre später war meine Gebärmutter die eines vierjährigen Kindes und meine Eierstöcke waren geschrumpft.” (vgl. Claims Conference (b), 2009)

Herr E. (69 Jahre alt) war in der Sadt Mogilev, eine Stadt in Weißrussland, von August 1943 bis Oktober 1943 als Kleinkind in einem Konzentrationslager gefangen. Er schildert seine Erlebnisse wie folgt:

„Ich war zu medizinischen Experimenten ab Anfang August 1943 bis Ende Oktober 1943 dem Nazi-Regime unterworfen. In dem Lager, wo ich als Kind gehalten wurde, erhielten wir für ein paar Tage keinerlei Nahrung. Wir riefen nach Nahrung. Dann kam der Chef zu uns Kindern. Er verteilte diverse Desserts für uns Kinder. Nach ein paar Stunden haben wie erkannt, dass mit dem Essen etwas nicht in Ordnung war. Ich fühlte mich wirklich krank, litt unter Krämpfen, Schüttelfrost und Fieber. Viele starben an den Folgen der vergifteten Lebensmittel. Aufgrund dieser stark vergifteten Nahrung fühlten sich meine Beine wie gelähmt an. Ich konnte mehrere Wochen nicht zu Fuß gehen und konnte nur getragen werden. Sobald ich mich erholt hatte, erhielt ich zahlreiche Injektionen von einem Arzt in die rechte Seite meines Mundes, nah an meinem Unterkiefer. Warum es injiziert wurde und was für eine Substanz es war, weiß ich nicht, da ich erst acht Jahre damals war. Ich habe immer noch ein Loch in meiner rechten Wange.“.…(vgl. Claims Conference (b), 2009)

Frau G. (81 Jahre) war von März bis April 1944 in Auschwitz und erzählt einen kleinen Teil ihrer Geschichte:

„Jeden Tag bin ich in heißes Wasser getaucht worden. Immer wenn ich versucht habe, meinen Kopf aus dem Wasser zu nehmen, um zu atmen, wurde ich wieder in das Wasser von Dr. Josef Mengele zurück getaucht. Er war vergnügt dabei. Diese Prozedur dauerte immer 10 Minuten. Danach wurde ich sofort in kaltes Wasser gesteckt und das gleiche wurde dann immer wieder wiederholt. Wir waren zu fünft -einschließlich mir- die den gleichen Prozess durchmachen mussten. Nach den täglichen Sitzungen wurden wir in die Auschwitz Baracke Nr. 8 gebracht, welche dafür hergestellt war, um zu sehen, wie lange wir unter diesen Versuchen überleben würden. Eine Frau sah mich gestikulierend und weinend um Hilfe rufen durch eine Planke in der Wand der Holzbaracke. Sie löste die Planke und wickelte mich ein. Ich war in Sicherheit. Ich weiß nichts über das Schicksal der anderen vier Personen.“ (vgl. Claims Conference (b), 2009).

Ein Großteil der Kinder überlebte durch das Leben in Verstecken, also in einem Zustand der permanenten Bedrohung. Die Zeitzeugenberichte sind sozusagen ein Staubkorn in dem Sand des unbegreiflichen und unfassbaren Naziterrors. Jedes Kind, welches die Gewalttaten überlebt hat, hat ein Stück seiner Identität und seiner Seele verloren.

[...]

Ende der Leseprobe aus 73 Seiten

Details

Titel
Demenz und Retraumatisierung. Herausforderungen in der Altenpflege von jüdischen Holocaust-Überlebenden
Hochschule
Fachhochschule Münster
Note
1,0
Autor
Jahr
2010
Seiten
73
Katalognummer
V379717
ISBN (eBook)
9783956873355
ISBN (Buch)
9783956873379
Dateigröße
12376 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit wurde in Zusammenarbeit mit dem Nelly-Sachs Haus in Düsseldorf für jüdische Holocaust Überlebende erarbeitet.
Schlagworte
Demenz, Flashbacks, Retraumatiserung, Trigger, Holocaust, Holocaust-Überlebende, Posttraumatische Belastungsstörung, Altenpflege
Arbeit zitieren
Kristina Klages (Autor:in), 2010, Demenz und Retraumatisierung. Herausforderungen in der Altenpflege von jüdischen Holocaust-Überlebenden, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/379717

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Titel: Demenz und Retraumatisierung. Herausforderungen in der Altenpflege von jüdischen Holocaust-Überlebenden



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