Biodiversität bei der Planung von Naturschutzgebieten. Probleme des "Species Set Covering" und des "Backup Species Covering"


Bachelorarbeit, 2017

58 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Symbolverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Notwendigkeit des Naturschutzes
2.1 Ausgangslage
2.2 Argumente für den Naturschutz
2.3 Begriff Biodiversität
2.4 Bedrohungen der Biodiversität
2.5 Naturschutzstrategien / Conservation Biology

3 Systematische Naturschutzplanung
3.1 Systematische Naturschutzplanung
3.2 Anforderungen an ein Reservat
3.3 Das Konzept UNESCO Biosphärenreservat

4 Quantitative Verfahren der Naturschutzplanung
4.1 Voraussetzungen der Modelle
4.2 Einführung eines Fallbeispiels
4.3 Species Set Covering-Probleme in der Naturschutzplanung
4.4 Maximal Covering Species Problem
4.5 Backup Species Covering Probleme
4.6 Auswirkungen unterschiedlicher Kriterien in der Primärabdeckung auf die Backup-Abdeckung
4.7 Allgemeine Kritik an den Modellen

5 Fazit / Ausblick

Anhang

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Landnutzung durch den Menschen

Abbildung 2: Bedrohungen der Biodiversität

Abbildung 3: Bundesamt für Naturschutz - Biosphärenreservate - Zonierung.

Abbildung 4: Übertragung Fiktives Gebiet in Parzellenraster.

Abbildung 5: In Parzellen (1-22) eingeteiltes Fiktives Gebiet mit Spezies (A-P).

Abbildung 6: Grafischer Vergleich der Primärabdeckungen BMCSP (S1,V1).

Abbildung 7: Grafischer Vergleich Backup-Abdeckungen BMCSP (S1,V1,V2).

Abbildung 8 : Modellierung BMCSP (V1) in Excel

Abbildung 9: Solver-Parameter BMCSP (V1) im ExcelSolver

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Beispiel der Organisationsebenen und Merkmale von Biodiversität

Tabelle 2: Ökosystemleistungen und menschliches Wohlergehen

Tabelle 3: Parzellen/Spezies Matrix des Beispielfalls inkl. Gewichtungen.

Tabelle 4: Excel Solver Lösung des Beispielfalls mit SSCP.

Tabelle 5: Excel Solver Lösung des Beispielfalls mit MCSP.

Tabelle 6: Excel Solver Lösung des Beispielfalls mit BSSCP.

Tabelle 7: Excel Solver Lösung des Beispielfalls mit BMCSP (S1).

Tabelle 8: Excel Solver Lösung des Beispielfalls mit BMCSP (V1).

Tabelle 9: Excel Solver Lösung des Beispielfalls mit BMCSP (V2) und Vergleich zu (S1).

Tabelle 10: Excel Solver Lösungen der BMCSP (S1,V1,V2) Primär-und Backup-Abdeckung.

1 Einleitung

Stärker als je zuvor ist die Natur durch den Eingriff des Menschen gefährdet. Daher ist auch ihr Schutz umso nötiger denn je. Die Argumente hierfür liefern nicht erst die gegenwärtigen Diskussionen um den Klimawandel, sondern bereits die 38. UNO-Generalversammlung 1987 mit dem Bericht „Unsere gemeinsame Zukunft“ – der sogenannte Brundtland-Bericht – in dem zu einer nachhaltigen Verwendung unserer natürlichen Ressourcen für künftige Generationen aufgerufen wird (Weltkommission, Brundtland 1987). Natürliche Ressourcen sind nicht unbegrenzt vorhanden. Das heißt, mit den natürlichen Rohstoffen ist behutsam, effizient und nachhaltig umzugehen. Und dafür müssen jetzt Vorkehrungen getroffen werden.

Eine Möglichkeit ist, Naturschutzgebiete auszuweisen. Das kann auf verschiedenen Wegen geschehen. Lange Zeit waren Schönheit von Natur und Landschaft oder das Auftreten einer seltenen Art Maßstab für die Auswahl eines Gebietes (Pressey et al. 1993). Heute wird von vielen ineinandergreifenden Naturschutzaspekten ausgegangen, die letztendlich die Unterhaltung und Aufrechterhaltung ganzer Ökosysteme sichern sollen. Solch ein Schutz verlangt eine systematische Planung. Der Schutzstatus derartiger Gebiete wird je nach Anforderung an Reichhaltigkeit, Repräsentativität, Repräsentation, Komplementarität und Effizienz der natürlichen Ressourcen festgelegt (Kukkala et al. 2013). Diese Vorgaben wiederum stehen im Kontext räumlicher Kriterien (Williams et al. 2005). Das am stärksten zu schützende Gebiet ist ein UNESCO-Biosphärenreservat. Ein solches Gebiet bildet mit seinem reichhaltigen Naturpotential eine international repräsentative Modellregion. In Deutschland sind 16 UNESCO-Biosphärenreservate ausgewiesen (UNESCO 2017).

Um die Artenvielfalt zu erhalten, ist im Rahmen einer systematischen Planung zum einen eine Bestandsaufnahme nötig und zum anderen das Potential für einen maximalen Nutzen zu ermitteln. Für Letzteres stehen mehrere Optionen für die Anwendung mathematischer Modelle zur Auswahl. So kann mit quantitativen Größen wie Repräsentativität, Kosten, Bedrohungen u. a. die Eignung von Gebieten als Naturschutzreservat ermittelt werden (Church et al. 1996). Eine weitere wichtige quantitative Größe für die Ausweisung eines schützenswerten Gebietes ist die Biodiversität. Für die Planung ist das Modell eines „mathematischen Überdeckungs-Verfahrens“, das „Species Set Covering Problem“, eine Möglichkeit, um das zukünftige Gebiet mit der größten Artenvielfalt abzusichern. Dieses Verfahren stammt als „Set Covering Modell“ aus dem Handelswesen für die Standortplanung, wo z.B. der Bedarf an Konsumgütern für die Verteilung an Verkaufsstätten errechnet wird (Lossen& Steinfels 2006; Daskin 1995). Da jedoch eine Sicherheit der Artenvielfalt erreicht werden soll, empfiehlt sich das Modell „Backup Covering Species“, das von einer doppelten bzw. mehrfachen Überdeckung ausgeht. Beide Modelle bieten Möglichkeiten, je nachdem, welche Erweiterungen und Verifizierungen angefordert werden. Mit diesen Modellen soll eine Erkenntnis darüber gewonnen werden, welches Gebiet den höchsten Schutzwert mit dem geringsten Unterhaltungsaufwand aufweist (Church et al. 1996). Die jeweiligen Vor- und Nachteile der angeführten Problemformulierungen werden nachfolgend im Einzelnen herausgestellt.

Der Aufbau dieser Arbeit stellt sich folgendermaßen dar: In Kapitel 2 werden die Notwendigkeit des Naturschutzes motiviert, sowie die hierfür wichtigsten Begriffe eingeführt. Kapitel 3 verdeutlicht die Grundlagen der systematischen Naturschutzplanung. Anschließend werden in Kapitel 4, welches den Fokus dieser Arbeit ausmacht, verschiedene Mathematische Modelle zur Bestimmung geeigneter Gebiete für Naturschutzreservate vorgestellt, sowie an einem Fallbeispiel erläutert. Kapitel 5 soll diese Arbeit mit einem Fazit abschließen.

2 Notwendigkeit des Naturschutzes

In diesem Kapitel soll auf die Bedeutung der Natur für den Menschen eingegangen werden. Es werden verschiedene Funktionen aufgezeigt, die die Natur für den Menschen sowohl direkt als auch indirekt erfüllt. Des Weiteren werden vom Menschen herbeigeführte Prozesse aufgezeigt, die diese Funktionen empfindlich stören können. In diesem Zusammenhang werden die wichtigsten Begriffe für einen möglichen Naturschutz eingeführt.

2.1 Ausgangslage

Durch das stetige Wachsen der Zivilisation werden immer größere Mengen an Nahrung, Holz, Raum und anderen Ressourcen des Ökosystems benötigt (DeFries et al. 2004, S.249). Um den zunehmenden Bedarf an Ressourcen zu decken, wurden und werden ganze Landschaften zu ihrer vom Menschen benötigten Funktion entsprechend transformiert. Seit der Antike werden durch Agrar- und Forstwirtschaft weite Landstriche für Bauwirtschaft und Lebensmittelproduktion umgewandelt (siehe Abbildung 1). Obwohl Ölpalmen (Elaeis guineensis) die am Flächenverbrauch sparsamsten und dennoch ertragreichsten Ölpflanzen sind, wurden schon zwischen 1990 und 2005 etwa 56 % der Ölpalmplantagen auf ehemaligen indonesischen Primärwaldflächen angelegt. Indonesien und Malaysia sind die weltweit größten Palmölproduzenten (Knoke et al. 2015, S.1).

Aber auch die Verstädterung hat erheblichen Einfluss, da sie durch Zersplitterung und Isolieren des natürlichen Lebensraumes vorhandene Spezies-Zusammensetzungen homogenisiert, das hydrologische System stört und den Energiefluss sowie sonstige Nahrungskreisläufe ändert (Alberti 2005, S.168). Hierdurch werden die Funktionsweise des Ökosystems und damit auch die Funktionen, die dieses Ökosystem für den Menschen und andere Spezies übernimmt, in erheblichem Ausmaß verändert bzw. eingeschränkt. Diese Zerstörung des natürlichen Lebensraumes ist der Hauptgrund für das Aussterben vieler Spezies (Seabloom et al. 2002, Pimm et al. 2000). So ist das Ausmaß des Aussterbens der Spezies heutzutage in etwa 100- bis 1000-mal größer als vor der menschlichen Zivilisation. Auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) stehen 23.928 gefährdete Tier- und Pflanzenarten. Ein Drittel der 82.945 erfassten Tier- und Pflanzenarten hat die IUCN als bedroht eingestuft (WWF 2016).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Landnutzung durch den Menschen

(DeFries 2004, S. 250).

2.2 Argumente für den Naturschutz

Hauptaufgabe des Naturschutzes ist die Erhaltung der freilebenden Pflanzen- und Tierarten sowie derer Lebensgemeinschaften. Eine besondere Gefährdung geht hier von der Zerstörung dieser Lebensräume aus, welche es somit zu schützen gilt. Des Weiteren sollen die Leistungsfähigkeit und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts sowie die Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Natur und Landschaften dauerhaft sichergestellt werden (vgl. §1 BNatSchG). Nach Hupke (2015, S.26) werden folgende fünf Punkte als wichtigste Argumente für den Naturschutz vorgebracht:

1. Ethisches Argument: Der Mensch besetzt eine dominante Position in der Natur und besitzt die Fähigkeit, bewusst über das „Sein oder Nichtsein“ der Arten zu entscheiden. Die Ethik fordert, das Recht auf Leben für alle Arten zu achten.
2. Theoretisch-wissenschaftliches Argument: Biotope und Arten dienen dem menschlichen Streben nach Erkenntnis als Anschauungs- und Untersuchungsobjekte. Das langfristige Beobachten und Studieren der ungestörten Lebensräume soll zu Erkenntnissen führen, welche Probleme des Menschen lösen können.
3. Pragmatisches Argument: Für ein dauerhaftes Überleben benötigt der Mensch Naturgüter bzw. Leistungen des Ökosystems, u.a. Heilpflanzen, Bestäubung, Schädlingsregulierung. Dabei gilt es insbesondere die erschöpflichen Quellen wie Pflanzen- und Tierarten zu bewahren.
4. Anthropobiologisches Argument: Es wird davon ausgegangen, dass der Mensch die Natur zur Anregung und Erholung benötigt. Die Natur gibt den Menschen Lebensqualität, Heimatgefühl und wirkt identitätsstiftend.
5. Historisch-kulturelles Argument: Die durch menschliche Aktivitäten über Jahrhunderte und Jahrtausende geprägten Kulturlandschaften gilt es zu bewahren.

Es konnte dargestellt werden, dass die Existenz des Menschen einen negativen Einfluss auf die Natur ausübt. Es wurden Argumente gefunden, welche für eine Notwendigkeit des Naturschutzes sprechen. Im folgenden Absatz soll diese Notwendigkeit durch die Klärung des Begriffs „Biodiversität“ sowie der Erörterung ihrer Bedeutung für den Menschen weiter vertieft werden.

2.3 Begriff Biodiversität

Um im weiteren Verlauf auf die Rolle der systematischen Erhaltungsplanung sowie der Biosphärenreservate eingehen zu können, soll an dieser Stelle zunächst die Bedeutung der Biodiversität, welche den Grundpfeiler dieser Themen bildet, geklärt werden.

Im Forschungsfeld der Ökologie werden unter den Funktionen des Ökosystems jene verstanden, welche es der Erde ermöglichen, Leben über einen langen Zeitraum zu erhalten. Eine wesentliche Rolle zur Funktionsfähigkeit und Nachhaltigkeit des Ökosystems kommt hier der Biodiversität zu (Alberti 2005, S.173). Unter Biodiversität werden in diesem Zusammenhang die Vielfalt der Arten, Vielfalt der Gene und Vielfalt der Ökosysteme verstanden (Swingland 2001, S.378). Im Wesentlichen bezieht sich der Begriff „Biodiversität“ also auf das Leben in all seinen Formen sowie auf die biologischen Prozesse, welcher es bedarf, um das Überleben der Tier- und Pflanzenarten zu sichern. Für ein besseres Verständnis des Konzeptes „Biodiversität“ ist es hilfreich, es in seine Komponenten zu zerlegen. Nach Vold et al. (2008, S.1ff) bietet es sich an, die Biodiversität in 3 Organisationsebenen (Ökosystem, Arten und Gene) sowie 3 primäre Merkmale (Zusammensetzung, Struktur und Funktionen) zu unterscheiden:

- Ein Ökosystem ist ein dynamisches Gebilde aus Pflanzen-, Tieren- und Mikroorganismen-Populationen sowie abiotische Elemente (nicht lebend), welche zusammen eine funktionsfähige Einheit bilden.

- Arten sind vollständige, selbst reproduzierende und einzigartige Kombinationen genetischer Variationen.
- Gene sind die Träger der Erbinformationen. Durch genetische Variationen wird es Populationen ermöglicht, sich an Änderungen der Umwelt derart anzupassen, dass diese weiterhin an den ökologischen Prozessen teilnehmen können. Die genetische Vielfalt bildet den Grundstein der Biodiversität.
- Zusammensetzung meint die Identität und Vielfalt eines Ökosystems. Anzahl und Vielfalt der Spezies dienen hier als Bemessungsgrundlange.
- Struktur beschreibt die physische Organisation bzw. das Muster eines Habitats.
- Funktionen sind das Ergebnis der ökologischen und evolutionären Prozesse. Als Beispiele können hier das „Jäger-Beute-Prinzip“ sowie Wasserreinigung als auch der Nährstoffkreislauf genannt werden.

Die Zusammenhänge zwischen Organisationebenen und Merkmalen der Biodiversität werden in der folgenden, von Vold et al. (2008) übernommenen Tabelle 1 noch einmal veranschaulicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Beispiel der Organisationsebenen und Merkmale von Biodiversität

(Vold et al. 2008, S. 2).

Biodiversität bildet die Grundlage einer Vielzahl von Funktionen des Ökosystems, welche für das Wohlergehen des Menschen von entscheidender Bedeutung sind. Diese sogenannten Ökosystemleistungen versorgen den Menschen mit Gütern, kulturellen Diensten sowie regulierenden und unterstützenden Diensten (Tabelle 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Ökosystemleistungen und menschliches Wohlergehen

(Vold et al. 2008, S. 3).

2.4 Bedrohungen der Biodiversität

Die Biodiversität wird durch eine Vielzahl von durch den Menschen hervorgerufenen Prozessen belastet. Nach Groom (2005, S.64) kann dabei zwischen vier verschiedenen Haupttypen unterschieden werden, welche die Biodiversität bedrohen:

- Lebensraumzerstörung bezeichnet die vollständige Umformung eines Lebensraumes, so dass dieser seine natürlichen Eigenschaften verliert und somit nicht mehr als Lebensraum der dort ursprünglich ansässigen Spezies dienen kann. Aber auch schwere Lebensraumverschlechterung und Verschmutzung sowie Zersplitterung des Lebensraumes fallen unter diese Kategorie und erschweren das Überleben der dort ansässigen Organismen erheblich. Als Beispiele menschlicher Aktivitäten für die Zerstörung oder Beeinträchtigung des natürlichen Lebensraumes können u.a. die Industrie, Agrarwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischereiwirtschaft, Bergbau sowie sämtliche Formen von Verschmutzung genannt werden.
- Raubbau: Als offensichtliche Folge des Raubbaus kann sowohl das globale als auch das lokale Aussterben ganzer Arten oder Populationen[1] genannt werden. Nicht direkt ersichtliche Folgen resultieren aus der Verringerung von Populationsgrößen. Diese können zu Kettenreaktionen führen, welche das Potential haben, die Funktionalität des gesamten Ökosystems nachteilig zu beeinträchtigen.
- Invasion nicht heimischer Arten: Hierunter wird das Eindringen oder auch Einführen von Spezies in ein Gebiet verstanden, in dem diese nicht natürlich ansässig sind. Diese Eindringlinge beeinflussen das natürliche Gleichgewicht der heimischen Arten durch Störung des Jäger-Beute-Verhältnisses, Einführen fremder Parasiten und Krankheiten u. a.
- Anthropogener Klimawandel: Der vom Menschen verursachte Klimawandel ist als besonders bedrohlich anzusehen. Anhand geologischer Aufzeichnungen ist ersichtlich, dass der Klimawandel in der Erdgeschichte eine Hauptursache für das Massensterben der Arten war. Aufgrund des hohen Tempos des derzeitigen Klimawandels sind immense Auswirkungen auf die Biodiversität zu erwarten.

Die folgende von Groom (2005) übernommene Darstellung (Abbildung 2) soll diese Zusammenhänge verdeutlichen, indem die Ursache der Hauptbedrohungen sowie ihre Wirkungsweise als auch Folgen darstellt werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Bedrohungen der Biodiversität

(Groom 2005, S. 64).

2.5 Naturschutzstrategien / Conservation Biology

Die Biodiversität konnte als wesentlicher Faktor aller Funktionen des Ökosystems der Erde ausgemacht werden. Daher fokussiert eine Vielzahl von verschiedenen Naturschutzstrategien auf das Erhalten der Biodiversität. Das multidisziplinäre Forschungsfeld der Erhaltungsbiologie nennt diesbezüglich zwei zentrale Ziele. Zum einen soll der Einfluss des Menschen auf die Biodiversität beurteilt werden. Hierzu ist es notwendig, eine Vielzahl von Daten über Anwesenheit der Arten, Populationsgrößen, Bedrohungen etc. zu erheben. Zum anderen müssen anhand der gewonnenen Daten Methoden entwickelt werden, welche das Aussterben von Arten und damit die Verringerung der Biodiversität aufhalten können (Soule et al. 1986). Diese Methoden können wiederum in zwei Kategorien unterteilt werden, die In-Situ- und die Ex-Situ-Schutzmaßnahmen. Ex-Situ-Schutzmaßnahmen finden außerhalb des natürlichen Lebensraumes der Organismen statt. Beispiele hierfür sind Saatgutbanken für Pflanzen und das Züchten von Tieren in der Gefangenschaft (Zoos) mit der Möglichkeit, diese zu einem späteren Zeitpunkt wieder in ihren natürlichen Lebensraum einzuführen. Ex-Situ-Schutzmaßnahmen sind insbesondere in Bezug auf Maßnahmen für Tiere sehr kostspielig und aufgrund des Verlustes von genetischer Vielfalt durch den Gründereffekt[2] sowie der hohen Wahrscheinlichkeit von Inzucht als eher problematisch und suboptimal einzuschätzen (Swingland 2001, S.386). In-Situ-Schutzmaßnahmen beschreiben alle Maßnahmen zum Schutz der Arten in ihrem natürlichen Lebensraum und gelten generell als effektiver in Bezug auf den Erfolg des Artenschutzes und die Ausnutzung der finanziellen Ressourcen. Als Beispiele können hier Naturschutzreservate, Biosphärenreservate und dergleichen genannt werden. Die Naturschutzmaßnahmen, deren Anwendungen im weiteren Verlauf dieser Arbeit erläutert werden, sind allesamt In-Situ-Schutzmaßnahmen.

3 Systematische Naturschutzplanung

Naturschutzreservate wurden bereits gegründet, bevor die systematische Naturschutzplanung formuliert worden war. Mathematisch-formale Kriterien wie die Erhaltung der maximalen Biodiversität spielten bei der Gebietswahl meistens keine Rolle. Die meisten in der Vergangenheit angelegten Naturschutzreservate können in Gebieten gefunden werden, welche für anderweitige Nutzung, wie z.B. die Agrarwirtschaft, ungeeignet waren. Die Gebiete dieser Reservate wurden typischerweise aufgrund ihrer landschaftlichen Schönheit oder Eignung als Urlaubsgebiet bestimmt (Pressey et al. 1993). In anderen Fällen wurden Gebiete für Naturschutzreservate anhand einiger weniger besonders beliebter Spezies festgelegt, ohne garantieren zu können, dass dies die Biodiversität der Region angemessen erhält (Simberloff 1998). Im Allgemeinen kann die Leistungsfähigkeit der älteren Naturschutzreservate – die ersten wurden in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhundert ausgewiesen – als sehr dürftig eingeschätzt werden (Possingham et al. 2000, S.291).

3.1 Systematische Naturschutzplanung

Im Vordergrund der Naturschutzplanung steht folgende Frage: „Wie können mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen bzw. finanziellen Mitteln so viel Arten wie möglich geschützt werden?“ (Myers et al. 2000, S.853). Somit beschreibt Naturschutzplanung den Prozess der Entscheidung, wann, wo und wie die begrenzt zur Verfügung stehenden Ressourcen eingesetzt werden sollten, um einen gegebenenfalls unvermeidbaren Verlust an Biodiversität möglichst effizient zu begrenzen sowie die Funktionen des Ökosystems aufrechtzuerhalten (Pressey et al. 2009, S.464). Das Feld der Naturschutzplanung ist sehr vielfältig. Regierungsorganisationen sowie zivile Einrichtungen entwickelten weltweit eine Vielzahl von verschiedenen Ansätzen. Unterschiede bestehen z.B. sowohl hinsichtlich der eigentlichen Ziele, den Annahmen über „Taxa“-Daten[3] als auch bei der Festlegung von Prioritäten in der Naturschutzplanung. Das hierdurch entstandene breite Spektrum an Vorgehensweisen mag in mancher Hinsicht vorteilhaft sein, führt jedoch mitunter auch zu Unstimmigkeiten zwischen Auftraggebern bzw. Mittelgebern und Naturschutzplanern. Zur Vermeidung bzw. Verringerung der Unstimmigkeiten entwickelten bzw. verfeinerten Pressey et al. (2009, S.464ff) Richtlinien, welche sich in 11 Schritte darstellen:

1. Entscheidungsfindung bezüglich der Planungsteamzusammenstellung, Festlegung des verfügbaren Budgets sowie Kalkulation des notwendigen Budgets.
2. Identifizierung und Einbeziehung der beteiligten Interessensgruppen unter Berücksichtigung, in welchem Maß diese Gruppen Einfluss auf die Erhaltungsmaßnahmen ausüben bzw. von diesen betroffen sind.
3. Beschreibung des sozialen, ökonomischen und politischen Rahmens für die Naturschutzplanung sowie Identifizierung möglicher Bedrohungen der Naturmerkmale, welche durch Erhaltungsmaßnahmen abgemildert werden können.
4. Identifizierung der qualitativen Ziele bezüglich der Biodiversität (Repräsentation, Persistenz), der Ökosystemfunktionen, sowie anderer Ziele.
5. Erhebung von sozioökonomischen Daten wie Rohstoffabbau-Potential, Kosten der Erhaltungsmaßnahmen, spezielle Einschränkungen oder Möglichkeiten der Planung sowie Vorhersage über künftiges Bedrohungspotential.
6. Erhebung von Daten zur Biodiversität und den Naturmerkmalen.
7. Interpretation der Inhalte zur Festlegung quantitativer Schutzziele für alle räumlichen Merkmale.
8. Betrachtung der bereits geschützten Gebiete und Bewertung, in welchem Maße die festgelegten Erhaltungsziele erreicht wurden.
9. Auswahl zusätzlicher Schutzgebiete, welche die bisherigen bezüglich der zu erreichenden Ziele möglichst effektiv ergänzen.
10. Ausführung der Schutzmaßnahmen in den ausgewählten Gebieten.
11. Pflege und Überwachung der Schutzgebiete zur Sicherstellung des langfristigen Erfolges.

[...]


[1] Unter Population wird eine Gruppe von Individuen derselben Art, die ein bestimmtes geografisches Gebiet bewohnen, sich untereinander fortpflanzen und über mehrere Generationen genetisch verbunden sind, verstanden (vgl. http://www.spektrum.de/lexikon/biologie)

[2] Der Gründereffekt beschreibt die durch Neubesiedlung eines Lebensraumes bewirkte Veränderung im Genpool einer isolierten Population (vgl. www.biologie-lexikon.de)

[3] Taxa sind Einheiten innerhalb der biologischen Systematik, z.B. Arten (vgl. biologie-lexikon.de)

Ende der Leseprobe aus 58 Seiten

Details

Titel
Biodiversität bei der Planung von Naturschutzgebieten. Probleme des "Species Set Covering" und des "Backup Species Covering"
Hochschule
FernUniversität Hagen
Note
2,3
Autor
Jahr
2017
Seiten
58
Katalognummer
V379293
ISBN (eBook)
9783668598164
ISBN (Buch)
9783956872105
Dateigröße
12602 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
MCSP, SSCP, MCLP, Naturschutz, Covering Probleme, Reservate, Standortplanung, Standort Optimierung, Biosphärenreservate, UNESCO, Naturschutzplanung, Revervate, Species Set Covering Problem, Backup Covering Species
Arbeit zitieren
Heiko Fuchs (Autor:in), 2017, Biodiversität bei der Planung von Naturschutzgebieten. Probleme des "Species Set Covering" und des "Backup Species Covering", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/379293

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