Das Zunftwesen im Mittelalter. Eine Analyse dargestellt an Sebastian Brants "Das Narrenschiff"


Hausarbeit (Hauptseminar), 2014

15 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

Das Zunftwesen im Mittelalter
Die Entstehung des Zunftwesens in den Städten
Die Zünfte: Höhepunkt vs. Zunftvorschriften

Eyn gesellen schiff“

Kritik am Zunftwesen

Schluss

Literaturverzeichnis
Primärliteratur
Sekundärliteratur

Einleitung

Die Geschichte des Handwerks reicht bis in die Anfänge der Menschheit zurück. Schon in der Steinzeit setzte der Mensch seine Fähigkeiten ein, um Gegenstände herzustellen, die ihm das tägliche Leben und Überleben erleichterten. Archäologische Ausgrabungen beweisen, dass der Mensch schon ab der Steinzeit die Rohstoffe der Natur nutzte, um z.B. Jagdgegenstände oder agrarische Geräte anzufertigen. Das oberste Ziel des Menschen war im Wesentlichen die Nahrungsbeschaffung, weshalb die gewerbliche Produktion relativ unorganisiert blieb. Dies änderte sich bis weit in das Frühmittelalter hinein kaum. Im Mittelalter jedoch, vollzog sich ein elementarer Wandel der bis dahin bestehenden gesellschaftlichen Strukturen. Und zwar der Wechsel von der autonomen, agrar- und viehwirtschaftlich orientierten Gesellschaft auf dem Lande, hin zur Handwerks-, Handel- und Gewerbetreibenden Gesellschaft in den großen Städten. „Handwerk hat goldenen Boden“ so sagt der Volksmund. Der „goldene Boden“ auf dem das Handwerk sich vollends zu entfalten begann, war unweigerlich der, der mittelalterlichen Stadt. Handwerker und Händler organisierten sich in Zünften und Gilden. Mit den Jahren gewannen diese immer mehr an Macht und dominierten fast das gesamte Leben in den mittelalterlichen Städten. Die deutschen Zünfte des Mittelalters wurden als konstituierendes Element einer hoch entwickelten Städtekultur angesehen, welche zusammen mit dem deutschen Kaisertum die Größe Deutschlands ausmachte.[1]

Diese Hausarbeit befasst sich zunächst mit den allgemeinen Strukturen des Zunftwesens im Mittelalter. Beginnend mit der Entstehung und der Entwicklung in den Städten wird schließlich über die mittelalterliche Blütezeit, aber auch von Restriktionen und Vorschriften der Zünfte berichtet, die sie zu beachten hatten. Im zweiten Teil dieser Arbeit steht Sebastian Brants bekanntes Werk „Das Narrenschiff“ im Mittelpunkt meiner Ausführungen. In den 112 Kapiteln des Narrenschiffs wird „das lasterhafte Verhalten [der Menschen] und seine negativen Konsequenzen geschildert. Dabei beschränkt sich der Autor weitgehend auf die Laster; positive Gegenentwürfe treten demgegenüber in den Hintergrund.“[2] Dieses Zitat trifft auch voll und ganz auf Kapitel 48 „Eyn gesellen schiff “ zu, auf das ich mich beschränken werde. In dieser Erzählung kritisiert der Autor einerseits die Verhaltensweise der Handwerker, andererseits aber auch die Strukturen des zünftigen Systems im Allgemeinen. Mit einer Zusammenfassung im Schlussteil wird diese Arbeit schließlich abgerundet.

Das Zunftwesen im Mittelalter

Die Entstehung des Zunftwesens in den Städten

„Eine Zunft ist ein geografisch begrenzter Zwangsverband von Betrieben des Handwerks, des Kleinhandels oder der Dienstleistungen, der in vormodernen Epochen marktordnende Aufgaben wahrnimmt.“[3] Wie diese Definition schon anklingen lässt, waren die Zünfte in der Tat wichtige Bestandteile im Leben der mittelalterlichen Stadt. Sie sorgten sowohl für das wirtschaftliche Wohlergehen ihrer Mitglieder als auch für das der Verbraucher.[4] Einerseits durch den technischen Fortschritt und die Herausbildung neuer Handwerksbereiche, aber auch durch die Spezialisierungen in verschiedenen Handwerksberufen, spaltete sich das ursprüngliche Handwerk in 30-40 Zünfte, die ab dem 12. Jahrhundert in Deutschland entstanden.[5] Die selbstgenügsame Abgeschlossenheit der Naturalwirtschaft wurde durch den Warenverkehr überwunden. Die Zeiten, in denen die Bauern in jedem Dorf fast alles, was zum Leben notwendig war, selbst herstellten, waren vorbei. Das Land leerte sich von Handwerkern, die in den Städten bessere Arbeitsbedingungen und Absatzmöglichkeiten fanden. Bäcker, Schmiede, Schneider und andere Handwerksleute begannen, die agrarischen Tätigkeiten größtenteils aufzugeben. Das 13. und 14. Jahrhundert wurden zur großen Epoche der Städte – und somit der Zunftgründungen. „Allmählich wandelten sich die Märkte zu Städten […], in denen Kaufleute und Handwerker wohnten, die vom Lande in die ummauerte Zentralsiedlung gezogen waren.“[6] Dieser Zuzug in die Städte bewirkte einen starken Aufschwung von Handwerk und Gewerbe. In den Städten versammelten sich die Handwerker, während die ländlichen Gebiete in der Gründungsphase des Zunftwesens noch keine Rolle spielten. Mit der urbanen Welt entstand das Fundament, auf dem das rasch wachsende mittelalterliche Gewerbesystem aufbaute.

Am Ende des 13. Jahrhunderts besaßen bereits mehr als 50 Städte Zünfte, vorwiegend größere Handelsstädte. Später kamen Mittel- und Kleinstädte dazu. „Um 1800 ist von einer Größenordnung von 30.000 bis 50.000 Zünften im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation auszugehen.“[7]

Auch dem Staat nutzten die Handwerkerorganisationen. Mit ihrer Hilfe konnte er leichter über ihre Mitglieder herrschen und die Versorgung der Bevölkerung gewährleisten sowie Steuern und Abgaben einziehen. Den Mitgliedern der Organisationen winkten im Gegenzug wirtschaftliche, soziale und politische Vorteile. „Demzufolge können Zünfte als zentraler Baustein des gesellschaftlichen Gefüges in den Städten gedeutet werden, die dem einzelnen Handwerker seinen ihm darin zustehenden Platz vermittelten.“[8]

Während die Handwerker sich in den Zünften organisierten, gründeten die Kaufleute äquivalente Gilden. Da Brant sich in „Eyn gesellen schiff“ hauptsächlich mit Handwerkern beschäftigte, wird auch der Schwerpunkt meiner Arbeit auf den Zünften liegen.

Die Zünfte: Höhepunkt vs. Zunftvorschriften

Mit der Entfaltung des Städtewesens war ein aufblühendes, mehr und mehr marktorientiertes Handwerk verbunden. Im Kern dienten die Zünfte sowohl der Daseinsvorsorge der Handwerker, als auch zur wirtschaftlichen Stabilisierung der Gesellschaft. Die steigende Warenproduktion bewirkte ein wirtschaftliches und politisches Erstarken der Zünfte, die ab dem 13. bzw. 14. Jahrhundert dann auch Zugang zum Rat erhielten und somit ihre Machtposition innerhalb der Stadt weiter ausbauen konnten.

In der Zeit seiner mittelalterlichen Blüte „war das Zunftwesen zeitgemäß und nützlich, es entsprach den Interessen der Produzenten und Konsumenten, schuf für die gewerbliche Bevölkerung gute, gesunde Verhältnisse, führte zu großen Fortschritten in der Technik […], war ein wichtiges Förderungsmittel des gemeinen Wesens und Wohls und eine wesentliche Ursache jener Blüte des deutschen Städtewesens“.[9]

Trotz des unverkennbaren Booms des Zunftwesens gab es auch für die Zünfte und deren Mitglieder einige Schwierigkeiten und Regeln, mit denen sie sich auseinandersetzen mussten. So gab es beispielsweise bestimmte Zunftordnungen, an die sich die Zünfte halten mussten.

[...]

[1] Vgl. Kluge, Arnd: Die Zünfte, Stuttgart 2007, S. 44.

[2] Voss, Friederike: Das mittelniederdeutsche Narrenschiff (Lübeck 1497) und seine hochdeutschen Vorlagen, Köln 1994, S. 19.

[3] Ebd., S. 34.

[4] Der Terminus „Zunft“ wird in dieser Arbeit nicht ausgiebig vom Wortursprung her definiert, da dies den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde.

[5] Vgl. Schulz, Knut: Handwerk, Zünfte und Gewerbe, Darmstadt 2010, S. 94.

[6] Kluge: Die Zünfte, S. 59.

[7] Schindler, Thomas/ Keller, Anke/ Schürer, Ralf: Zünftig! Geheimnisvolles Handwerk 1500-1800, Nürnberg 2013, S. 14.

[8] Ebd., S. 162.

[9] Kluge: Die Zünfte, S. 13.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Das Zunftwesen im Mittelalter. Eine Analyse dargestellt an Sebastian Brants "Das Narrenschiff"
Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg  (Philosophisches Institut)
Veranstaltung
Seminar Literaturgeschichte: Literatur und Handwerk
Note
1,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
15
Katalognummer
V378747
ISBN (eBook)
9783668561557
ISBN (Buch)
9783668561564
Dateigröße
592 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zunftwesen, Mittelalter, Analyse, Sebastian Brant, Das Narrenschiff, Handwerk, Struktur
Arbeit zitieren
Dominik Kremer (Autor:in), 2014, Das Zunftwesen im Mittelalter. Eine Analyse dargestellt an Sebastian Brants "Das Narrenschiff", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/378747

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Das Zunftwesen im Mittelalter. Eine Analyse dargestellt an Sebastian Brants "Das Narrenschiff"



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden