Paulus und die Philipper. Der Umgang mit Geld


Seminararbeit, 2017

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Fragestellung

2 Das Verhältnis von Paulus zum Geld

3 Das Verhältnis von Paulus zu den Philippern

4 Die Gemeinschaft im Geben und Nehmen

5 Auswertung und Fazit

6 Literaturverzeichnis

1 Fragestellung

Im Volksmund ist der Spruch „bei Geld hört die Freundschaft auf“ sehr bekannt und scheint auch durchaus seine Berechtigung zu haben. Doch ist das bei Paulus auch so? Zeichnet sich Paulus Freundschaft zu den Philippern nicht gerade darin aus, dass es sich um eine Gemeinschaft im Geben und Nehmen handelt? Diese Arbeit wird das Verhältnis von Paulus zu den Philippern unter dem Aspekt des Geldes genauer beleuchten, indem zunächst das Verhältnis von Paulus zum Geld und anschließend das Verhältnis von Paulus zu den Phi- lippern untersucht werden. Für ersteres werden die Briefe des Apostels in Be- zug auf die Geldthematik untersucht und interpretiert, denn Paulus hat einige Aussagen zu seinem Umgang mit Geld in den Briefen getätigt und diese auch theologisch untermauert. Welche finanziellen Grundsätze verfolgte Paulus? Zur Feststellung der Beziehung zu den Philippern wird der Brief an die Philip- per analysiert und als Freundschaftsbrief identifiziert. Daraufhin zeigt die Ar- beit die Gemeinde der Philipper als eine Ausnahme, welche im Detail betrach- tet wird. Dabei wird besonders der Fokus auf Phil 4,10-20 gelegt. Es werden Indizien gesucht, weshalb die Philipper in einer Sonderstellung zu dem Apostel stehen und weshalb er gerade von ihnen Gaben entgegen nimmt. Handelt es sich um eine Handlung aus seiner Tugend heraus oder wider Willen? Warum schreibt er im ersten Korintherbrief, dass er keine Gaben annähme, aber im zweiten von einer großzügigen Unterstützung aus Mazedonien berichtet? Im fünften Kapitel werden die Ergebnisse zusammengefasst und die aufgeworfe- nen Fragen beantwortet, dazu werden Schlaglichter auf die Kernaspekte der Arbeit geworfen.

2 Das Verhältnis von Paulus zum Geld

Wie ist das Verhältnis von Paulus zum Geld? Ist Geld resp. Reichtum per se etwas Schlimmes? Kann Geld nutzbringend sein? Um diesen Fragen nachzugehen, wird in diesem Kapitel der Corpus Paulinum untersucht. So soll gewährleistet werden, dass ein umfangreiches Bild skizziert wird. Offenbar hat Paulus seine finanzielle Strategie so angelegt, dass sie der Verbreitung des Evangeliums genutzt hat. Mit Blick auf seine sehr erfolgreiche Mission kann angemerkt werden, dass Paulus Strategie - vor allem mit seinen theologischen Gedanken - anscheinend fruchtbar gewesen sind1. Geld kann rein logisch be- trachtet also nicht als causa mali abgetan werden. Die folgende Betrachtung zeigt die paulinischen Grundsätze auf (im Rahmen dieser Arbeit ist keine detaillierte Analyse möglich).

Zunächst wird der erste Brief an Timotheus (1Tim 6,6-12; 17-19) unter- sucht. Paulus sieht die Gefahr der Wanderlehrer2, welche eine schwer zu iden- tifizierende Komposition „aus jüdischen, christlichen und gnostisch- asketischen Gedanken1 verbreiten“3 Diese ließen sich für ihre Vorträge bezah- len, wodurch sie sich klar von Paulus unterschieden. Der Brief selbst themati- siert einen ersten Gedanken, der als Grundsatz Pauli identifiziert werden soll: Genügsamkeit als Gewinn. Paulus betont, dass die εὐσέβεια ein - nicht im ma- teriellen Sinne - Gewinn darstellt, welcher sich in Kombination mit αὐταρκείας ergibt. Roloff sieht darin eine „polemische Antithese“4 zum ge- winnorientierten Streben der Wanderlehrer. Weiterhin wird ein Paradigmen- wechsel markiert, da ein Wechsel „von der diesseitig-materiellen Ordnung […] zu einer diesseitig-theozentrischen Sicht“5 mit Ewigkeitsperspektive stattfindet. Paulus intendiert, dass wahrer Reichtum, Reichtum bei Gott bedeutet und nicht diesseitig materiell sein kann, sondern sich durch Frömmigkeit und Genüg- samkeit als Gewinn für das „Reich-Sein-bei-Gott“6 auszeichnet.7 Somit fordert Paulus die Gemeinde in Ephesus dazu auf, geistlich reich zu werden bei Gott.8

Paulus predigt aber keine Armut per se, sondern zeigt auf, was der Mensch zum Leben benötigt: Wenn wir Nahrung und Kleidung haben, soll uns das genügen (1Tim 6,8). Paulus und seine Mitarbeiter, wie auch Jesus und sei- ne Jünger sind für diese Lebensansicht glaubhafte Beispiele (2Kor 11,27; Mt 6,25-33 par.). Das Prinzip der Autarkeia9 - Genügsamkeit - wird hier mit In- halt gefüllt. Mit diesem Prinzip ergeben sich zwei Ebenen. Zum einen entsteht der Gewinn dadurch, dass eine fruchtsame Perspektive über den Eigenbedarf hinausgeht (Paulus nimmt für sich in Anspruch stets für seine Mitstreiter ge- sorgt zu haben) und somit der Gewinn nicht für sich selbst, sondern für andere ausgezeichnet wird. Die zweite Ebene zeigt sich dann im Gewinn, der sich als Schatz für die Ewigkeit zeigt.

Allerdings gibt es verschiedene Ansichten darüber wie arm Paulus tat- sächlich war. Stegemann und Stegemann weisen Paulus durch das Zeugnis der Apostelgeschichte als ein Mitglied der gesellschaftlichen Oberschicht aus, ob- wohl er sich selbst der Unterschicht zurechnet.10 Dieser Widerspruch findet allerdings Aufklärung in den beiden Korintherbriefen (1Kor 9,19; 2Kor 11,7), in denen eine freiwillige Armut angedeutet wird. Little wiederum ist der An- sicht, dass Paulus sein gesamtes Leben über beträchtliche Mengen an Geld verfügt haben muss, weil sonst ein so langer Prozess in Rom undenkbar gewe- sen wäre.11 Unabhängig von der Tatsache, ob Paulus arm oder reich war - un- abweisbar ist, dass er sehr bescheiden gelebt hatte und zum Vorbild der Ge- nügsamkeit wurde.

Ein zweiter Grundsatz des Paulus lässt sich in der Gefahr des Strebens nach Wohlstand erkennen (1Tim 6,9f.). Paulus zeigt auf, dass „Menschen, die ihre Sicherheit im Anhäufen von Reichtum sehen, […] Götzendiener [sind], da sie ihre Sicherheit im Geld und nicht bei Gott suchen.“12 Hierbei wird ersicht- lich, dass nicht der Reichtum selbst, sondern das Vertrauen darin und somit das fehlende Vertrauen in Gott das Übel markieren. Gott steht an erster Stelle und nicht der Mammonglaube.13

Der gesellschaftliche Aspekt von Geld lässt sich im ersten Korinther- brief (1Kor 9,1-18) erkennen. In diesem Brief bezieht sich Paulus insbesondere auf das Recht der Versorgung durch die Gemeinde (und das Recht eine Frau mit auf die Reisen zu nehmen). Senn konstatiert dazu: „Der Apostel kämpft […] nicht für ein Salär, sondern dafür, dass die Gemeinde ihn mit den Lebens- notwendigkeiten versorgt.“14 Paulus zeigt dafür verschiedene Alltagsbeispiele auf und untermauert so seinen Themenschwerpunkt: „Der Apostel hat das Recht, vom Evangelium zu leben.“15 Durch das Εγὠ δὲ wird ein neuer Aspekt eingeleitet: Paulus sucht nicht nach einer Überzeugung für seine Unterstützung, sondern erstrebt das Gegenteil. Er rühmt sich dafür, dass er stets für sich selbst gesorgt hat (Ich aber habe all das nicht in Anspruch genommen 1Kor 9,15). Paulus zeigt auf, dass eine Belohnung seine Stellung und Aufgabe abwerten würde, da er nur noch Angestellter sei, aber dies trifft nicht zu, das er „unfrei- willig (V 17a) mit der Verwaltung (οἰκονομία) der Sache Gottes betraut wor- den (vgl. 4,1 ff).“16 Bemerkenswerterweise werden die Zahlungen aus Maze- donien (Kapitel 4) nicht weiter erwähnt (welche aber Beachtung in 2Kor 11,8 finden).

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Paulus kein Geld von der Kirche, die er in Begriff war aufzubauen, entgegen nahm, da er das Evangelium nicht sabotieren wollte. So konnte er auch Missverständnissen entgegenwirken, da keinesfalls eine persönliche Bereicherung im Fokus stand. Somit machte Paulus kein Gebrauch vom Recht, Geld entgegen zunehmen, sondern es zu verweigern. Diese Tatsache hinderte ihn aber nicht daran von etablierten Gemeinden Geld zu erbitten (z.B. für die Kollektensammlung), wo- bei nicht sein eigener Lebensunterhalt, sondern die Spende für die Gemeinde in Jerusalem im Blickfeld war. Die Bereitschaft der Annahme der Unterstützung durch die Philipper scheint eine Ausnahme von der Regel zu sein, die im vier- ten Kapitel genauer untersucht wird.

3 Das Verhältnis von Paulus zu den Philippern

Die Philipper stehen in einem sehr freundschaftlichen Verhältnis zu Paulus und werden auch als seine Lieblingsgemeinde charakterisiert. In diesem Kapitel wird der Philipperbrief hinsichtlich der Identifikation der Philipper als Freunde Pauli untersucht.

Durch die brieftheoretischen Bestimmungen und der besonderen Merkmale des Philipperbriefes kann festgestellt werden, dass es sich um einen Freundschaftsbrief handelt. Freundschaftsbriefe nehmen eine wichtige Rolle in der Gattung der Briefe ein, da sie Menschen über eine räumliche Distanz hin- weg miteinander verbinden können und so der freundschaftliche Kontakt bei- behalten wird. Neben den allgemeinen brieflichen Bestimmungen, können be- sondere brieftypische Momente in Bezug auf Freude und Zuneigung wie auch ein hoher Grad an Emotionalität festgestellt werden.17 Als besonderes Merkmal wurden „joy expressions“18 herausgestellt. Weiterhin spricht die sehr private Superscriptio (Verzicht auf den Titel) für eine freundschaftliche Beziehung zwischen Paulus und den Philippern. Auch ist das „ἀπών/πάρων-Motiv“19, als stilistischer Hinweis für die Belegung des Philipperbriefes als ein Freund- schaftsbrief häufig vertreten (Phil 1,7.25.27a; 2,12.18.24). Mit diesem Motiv wird die geistige Zugehörigkeit von Sender und Empfänger, gerade trotz einer räumlichen Distanz ausgewiesen.

Der Philipperbrief ist „stark vom antiken Freundschaftsbrief geprägt, woraus sich folgern lässt, dass eine intensive und innige Beziehung zwischen Paulus und den Philippern besteht.“20 Im Detail kann diese Feststellung folgendermaßen belegt werden:

Zum einen findet die „briefliche Parusie“21 (suggerierte Anwesenheit) Bedeutung (vgl. 1,27; 2,12), ebenso werden Hoffnungen auf einen Besuch aus- gesprochen (vgl. 1,26; 2,24). Als ein klares Merkmal für die Zuordnung gilt die Freundschaftssprache im Philipperbrief. Der Begriff der Freudenäußerung er- scheint 15 Mal (als Prädikat: 1.18.19; 2.17 (zweimal). 18 (zweimal); 3,1; 4,4 (zweimal).10; als Substantiv: 1,4.25; 2,2.29; 4,1).

[...]


1 Vgl. Senn, Patrik: Der Umgang des Paulus mit Geld. Die finanziellen Prinzipien des Apostels und ihre heutige Bedeutung. MA-Diplomarbeit IGW International, 2007, Internetdokument auf https://www.igw.edu/assets/data/Abschlussarbeiten/Der_Umgang_des_Paulus_mit _Geld_Senn_Patrik_2007.pdf , von 2007, Zugriff am 09.04.2017 (im Folgenden zitiert als: Senn: Der Umgang des Paulus mit Geld).

2 Weiterführende Literatur: Senn: Der Umgang des Paulus mit Geld, Kapitel 2.2.6 Das Verhal- ten wandernder griechischer Lehrer und Philosophen. Senn verwendet zur Darstellung 1Thess 2,1-12.

3 Senn: Der Umgang des Paulus mit Geld.

4 Roloff, Jürgen: Der erste Brief an Timotheus. Evangelisch-katholischer Kommentar zum NT 15, Zürich, 1988, S. 334 (im Folgenden zitiert als: Roloff: Der erste Brief an Timotheus).

5 Senn: Der Umgang des Paulus mit Geld.

6 Ebd.

7 Zur Bestärkung spielt Paulus auf Hiob 1,21 an: Ich bin nackt von meiner Mutter Leibe gekommen, nackt werde ich wieder dahinfahren. Der Herr hat´s gegeben, der Herr hat´s genommen; der Name des Herrn sei gelobt!

8 Vgl. Rosner, Brian: Warum die wahren Reichen wenig Geld brauchen: So finden Sie mehr Zufriedenheit und ein entspanntes Verhältnis zum Geld. Weisheiten aus der Bibel, Gießen, 2007, S. 109.

9 Der Begriff wird dreimal im NT gebraucht: 2Kor 9,8; Phil 4,11; 1Tim 6,6.

10 Vgl. Stegemann, Ekkehard W.; Stegemann, Wolfgang: Urchristliche Sozialgeschichte: Die Anfänge im Judentum und die Christusgemeinden in der mediterranen Welt, Stuttgart, Berlin, Köln, 1995, S. 256-260.

11 Vgl. Little, Christopher R.: Mission in the Way of Paul: Biblical Mission for the Church in the Twenty-First Century, New York, 2005 (Studies in Biblical Literature; Band 80), S. 23-26 (im Folgenden zitiert als: Little: Mission in the Way of Paul).

12 Senn: Der Umgang des Paulus mit Geld.

13 Paulus spricht in diesem Zusammenhang oft von πλεονεζία (Röm 1,29; Eph 5,5; Kol 3,5).

14 Senn: Der Umgang des Paulus mit Geld.

15 Ebd.

16 Ebd.

17 Vgl. Greinke, Anita: Freundschaft in Gefangenschaft - der Philipperbrief des Apostels Paulus und seine Resonanz bei Dietrich Bonhoeffer, Bachelorarbeit an der Katholischen Fakultät, Lehrstuhl Neues Testament, Ruhr Universität Bochum, 2015 (im Folgenden zitiert als: Greinke: Freundschaft in Gefangenschaft).

18 Vgl. Schnider, Franz/ Stenger, Werner: Studien zum neutestamentlichen Briefformular, Leiden 1987 (New Testament tools and studies, v. 11), S. 175 (Im Folgenden zitiert als: Schnider, Franz/ Stenger, Werner: Studien zum neutestamentlichen Briefformular).

19 Schoon-Janssen, Johannes: Umstrittene „Apologien“ in den Paulusbriefen. Studien zur rheto-rischen Situation des 1. Thessalonicherbriefes, des Galaterbriefes und des Philipperbrie- fes, Göttingen 1991, S. 136 (Im Folgenden zitiert als: Schoon-Janssen, Johannes: Apologien).

20 Greinke: Freundschaft in Gefangenschaft.

21 Hoegen-Rohls, Christina: Zwischen Augenblickskorrespondenz und Ewigkeitstexten. Eine Einführung in die paulinische Epistolographie, Neukirchen-Vluyn, 2013 (Biblisch-Theologische Studien, 135), S. 33 (im Folgenden zitiert als: Hoegen-Rohls, Christina: Paulinische Epistolog- raphie).

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Paulus und die Philipper. Der Umgang mit Geld
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Fakultät für Katholische Theologie Lehrstuhl für Neues Testament)
Veranstaltung
Seminar: Gott und Geld
Note
1,3
Autor
Jahr
2017
Seiten
20
Katalognummer
V378389
ISBN (eBook)
9783668554856
ISBN (Buch)
9783668554863
Dateigröße
645 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Der Thessalonicherbrief ist von einem Schüler Pauli geschrieben worden und kann daher nicht vollkommen für die Argumentation genutzt werden (daher auch nur die Note 1,3). Allerdings zeigt auch der Blickwinkel der Schüler Pauli das allgemeine Verhältnis von Paulus zum Geld.
Schlagworte
Paulus, Geld, Mammon, Freundschaft, Philipperbrief
Arbeit zitieren
Anita Greinke (Autor:in), 2017, Paulus und die Philipper. Der Umgang mit Geld, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/378389

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Paulus und die Philipper. Der Umgang mit Geld



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden