Die KPD in ihrer ultralinken Phase


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

29 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung
1.1. Aufbau
1.2. Forschungsstand

2. Die KPD in der Weimarer Republik 1918-
2.1. Die Entstehungsphase der KPD
2.2. Die realpolitische Phase

3. Die ultralinke Phase der KPD
3.1. Die KPD als Sektion der Komintern
3.2. Der Kurswechsel
3.3. Die SPD - Hauptfeind des Kommunismus
3.3.1. Die "Faschisierung" der Sozialdemokratie
3.3.2. Der Kampf gegen die Gewerkschaften
3.3.3. Die Einheitsfront von unten
3.4. Erfolgsmodell ultralinke Politik? - Die NSDAP, der unterschätzte Gegner

4. Zusammenfassung und Ausblick

5. Literatur

6. Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

"In den vierzehn Jahren der Weimarer Republik formierte sich die kommunistische Bewegung zu einer politisch-ideologisch einheitlichen Organisation; in den zwölf Jahren der Hitler-Diktatur war die KPD blutig unterdrückt"[1] und über vierzig Jahre beherrschte die SED als kommunistische Staatspartei die DDR. In der Bundesrepublik wurde die KPD 1956 als verfassungsfeindlich eingestuft und daraufhin verboten. Erst 1968 wurde mit der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) wieder eine Kommunistische Partei zugelassen.[2]

Das Scheitern der Weimarer Republik, an deren Ende eine faschistische Diktatur die Macht im Staat erlangte, läutete für Deutschland eine Epoche der Unterdrückung, Verfolgung und des Krieges ein, deren Konsequenz in der Ermordung zigtausender "Gegner" des Hitlerschen Regimes bestand. Viele unterschiedliche Faktoren gaben in den 1920er Jahren den Ausschlag zu eben dieser unglückseligen Epoche, allen voran die Zerstrittenheit der linken Opposition. Die Unvereinbarkeit der politischen Ziele von Sozialdemokraten und Kommunisten war daher ein, wenn nicht gar der entscheidende Faktor, der die Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 erst ermöglichte.

Seit 1928 verfolgte die KPD einen neuen politischen Kurs, der sie von den Positionen, welche Sozialdemokraten und Kommunisten vormals einte, abrücken ließ. Die damit einhergehende Isolierung der Partei innerhalb der Arbeiterschaft wurde zudem noch dadurch verstärkt, dass die KPD einem Fehlurteil hinsichtlich der Bekämpfung ihres politischen Hauptfeindes erlegen war.

Die vorliegende Arbeit hat es sich daher zum Ziel gesetzt, zum einen die Merkmale dieses neuen politischen Kurses zu beschreiben und zum anderen die Bedeutung dieser Phase im Kontext der nationalsozialistischen Machtergreifung herauszuarbeiten.

1.1. Aufbau

Um die ultralinke Phase der KPD untersuchen zu können, ist es zunächst angeraten, den geschichtlichen Werdegang, der zu dieser Linksradikalisierung der Partei führte, nachzuzeichnen (Kapitel 2). Dabei folgt die Arbeit der in der Geschichtsforschung gängigen Einteilung in zwei Phasen.[3] Die revolutionäre Periode, deren Zeitraum auf die Jahre 1918-1924 festgelegt wird, soll in Kapitel 2.1. veranschaulicht werden. Die Phase der Realpolitik, die sich von 1925-1928 erstreckte, ist Gegenstand der Untersuchung in Kapitel 2.2.

In Kapitel 3. erfolgt die Problematisierung der ultralinken Politik der KPD von 1929-1933. In Kapitel 3.1. wird zunächst der Einfluss der Komintern auf die Politik der KPD untersucht. Im Anschluss daran (Kapitel 3.2.) werden sowohl der Kurswechsel innerhalb der Partei als auch die damit einhergehende Ausschaltung der innerparteilichen Opposition nachgezeichnet. Gegenstand der Untersuchung in Kapitel 3.3. ist das ambivalente Verhältnis der beiden großen Linksparteien Deutschlands - KPD und SPD – zueinander. Zunächst soll anhand der "Faschisierung" die ideologische Abgrenzung der Kommunisten von den Sozialdemokraten beschrieben werden (Kapitel 3.3.1.). In Kapitel 3.3.2. wird schließlich die Taktik der "Einheitsfront von unten" erörtert. Die aus den zuvor untersuchten Parametern zu schlussfolgernde Unterschätzung der NSDAP wird in Kapitel 3.4. dargestellt.

Nach den vorangegangenen Untersuchungen werden in Kapitel 4. die gewonnenen Erkenntnisse nochmals zusammenfassend wiedergegeben. Zudem wird ein Ausblick auf die kommenden Ereignisse im Hinblick auf die Ergreifung der Macht durch die Nationalsozialisten und die Verfolgung der Kommunisten gegeben.

1.2. Forschungsstand

Der Umfang der Forschungsliteratur zur Geschichte der KPD ist durchaus ansehnlich. Besondere Erwähnung muss dabei Hermann Weber[4] finden, der sich durch eine Vielzahl von Publikationen als Chronist der KPD-Geschichte hervorgetan hat. Mit dem Fall des Eisernen Vorhangs Anfang der 1990er Jahre verbesserte sich auch die Quellenlage merklich. Vor allem die dadurch zugänglich gewordenen Moskauer Archive der KPdSU und der Kommunistischen Internationale ermöglichten das Erscheinen neuer Quellensammlungen.[5] Diese Quellen ließen zudem neue Erkenntnisse über interne Vorgänge sowohl in der Komintern als auch der KPD zu, die wiederum in wissenschaftlichen Abhandlungen thematisiert wurden.[6]

Die Literatur über die Gründungsphase der KPD erschien entgegen der oben genannten Beispiele meist vor dem Wegfall des Eisernen Vorhangs. Es empfiehlt sich daher eine Unterteilung in bundesdeutsche[7] und DDR-Literatur[8] vorzunehmen. Da die ostdeutsche Geschichtsforschung von der kommunistischen Ideologie beeinflusst war, ist die Dokumentation der Ereignisse oftmals lückenhaft. Das zu Grunde liegende Quellenmaterial ist aufgrund der besseren Verfügbarkeit von Originalunterlagen in der DDR jedoch weitaus umfangreicher als jenes der bundesdeutschen Forscher. Daher eignet sich die DDR-Literatur trotz aller Bedenken zur Gewinnung von Fakten mit kritischem Blick auf diese.

2. Die KPD in der Weimarer Republik 1918-1928

2.1. Die Entstehungsphase der KPD

Mit der Novemberrevolution 1918 brach in Deutschland eine neue Zeit herein. Die Ausrufung der Republik durch Philipp Scheidemann war der Beginn einer neuen Ära in der deutschen Politik.

Die sozialistischen Kräfte sahen in der Revolution nicht nur eine politische Wende, sondern auch den Beginn einer sozial-ökonomischen Umwandlung Deutschlands. Diese Politik bestimmte auch in erster Linie die Politik der um die Jahreswende 1918/1919 gegründeten Kommunistischen Partei Deutschlands.[9]

Die KPD verstand sich an erster Stelle als "Instrument der Arbeiterklasse zur Durchführung der proletarischen Revolution"[10], wie es im von Rosa Luxemburg verfassten "Spartakusprogramm" heißt. Nach dem sich alsbald herausstellte, dass die SPD, von der ihr fortan innewohnenden Machtbefugnis überrumpelt, zu Konzessionen gegenüber den einstigen Trägern der Monarchie - Militär, Beamtenschaft und Großgrundbesitz - bereit war, fühlten sich nicht wenige aus der Arbeiterschaft ihrer Erfolge beraubt und verraten.[11] Diese Entwicklung begünstigte zugleich den Zulauf zu den radikalen Parteien, in denen die Enttäuschten nun ihre Zukunft sahen. Erster großer Nutznießer dieses Trends war die KPD, deren Mitgliederstärke bis Oktober 1919 auf über 100.000 anstieg.[12] Diejenigen, die sich nun den Kommunisten anschlossen, waren in der Mehrzahl Industriearbeiter, viele von ihnen arbeitslos.[13]

Ideologisch sahen sich die Parteigenossen in engster Bindung zum sowjetrussischen Kommunismus. So heißt es in einer Zeitung der KPD 1924: "Kommunisten haben nur ein Vaterland und eine Heimat, das ist Sowjetrußland."[14] Diese Darstellung übertrug sich zum einen auf die Wahrnehmung der Partei in der Bevölkerung und zum anderen prägte sie recht schnell das innerparteiliche Gefüge.[15]

Schon bei der Gründung der KPD[16] entwickelten sich parteiinterne Widersprüche. Während Rosa Luxemburg den Namen "Sozialistische Partei" bevorzugte, konnten sich Eberlein und Liebknecht mit ihrem Vorschlag "Kommunistische Partei" durchsetzen. Die Frage, ob sich die KPD an den Wahlen zur Nationalversammlung beteiligen sollte, führte im Oktober 1919 zur Spaltung der jungen Partei. Die KPD verlor durch diesen Streit die Mehrzahl ihrer Mitglieder. Auf dem III. Parteitag der deutschen Kommunisten wurden als Reaktion auf die Abspaltung die Bezirke Nord, Nordwest, Berlin, Niedersachsen und Dresden aus der Partei ausgeschlossen. Die Oppositionellen traten diesem Ausschluss entgegen, indem sie noch im April 1920 die KAPD gründeten.[17] Derart geschwächt suchte die KPD, nunmehr nur noch 80.000 Mitglieder zählend, den Schulterschluss mit anderen Arbeiterorganisationen. Erst im Dezember 1920 konnten sich die Kommunisten wieder auf eine breite Parteibasis stützen. Grund dafür war der vorangegangene Zusammenschluss der KPD mit dem linken Flügel der Unabhängigen Sozialdemokraten. Die Kommunisten profitierten dabei in vielerlei Hinsicht von dieser politischen Verschmelzung, denn der linke Flügel der USPD bestand nicht nur aus 350.000 Mitgliedern, er verfügte auch über einen funktionierenden Parteiapparat und mehrere Tageszeitungen.[18]

Kaum war der Zusammenschluss der beiden Gruppierungen vollzogen, besann sich die Parteiführung um Heinrich Brandler der revolutionären Bestimmung der KPD. "Nach der Besetzung Mitteldeutschlands durch Polizeieinheiten im März 1921 rief die Parteiführung die Arbeiter auf, zu den Waffen zu greifen."[19] Die so genannte "März-Aktion" wurde jedoch blutig niedergeschlagen, was auch dem politischen Kurs der KPD einen empfindlichen Dämpfer versetzte.

Seit 1922, zeitgleich mit der Übernahme der Führung durch Ernst Meyer, stellte sich eine Phase der Realpolitik in der KPD ein. Mit dem Zusammenschluss von KPD und USPD hatte eine innere Reinigung der Partei von zu extremen und radikalen Auffassungen stattgefunden. Der Grundkonsens in der KPD bestand aus der Anerkennung der Komintern als politischer Oberinstanz sowie der Verfolgung politischer Ziele nach Leninscher oder Luxemburgischer Ideologie.[20] Geblieben waren dennoch zwei Grundströmungen: Zum einen die realpolitische, die durch die Einheitsfront mit anderen Arbeiterorganisationen an die Macht gelangen wollte, und zum anderen die radikale linke Strömung, die jedweden Kompromiss ablehnte und den revolutionären Aufstand ohne Umweg über Koalitionen anstrebte.[21]

Der letzte militärische Putschversuch der Kommunisten scheiterte 1923. Mit tatkräftiger Unterstützung des EKKI bereiteten im Herbst jenes Jahres deutsche Kommunisten eine Revolution nach dem Vorbild der russischen Oktoberrevolution vor. In Sachsen und Thüringen trat die KPD im Oktober 1923 in die Regierungen ein. Doch nachdem die Reichsregierung das sächsische Kabinett abgesetzt hatte, verlor die KPD einen Großteil ihrer politischen Macht. Die Rechten in der Partei sahen den bevorstehenden Putsch als bereits gescheitert - nicht so die linken Kommunisten um den Hamburger Ernst Thälmann. Sie schlugen wie geplant zu. Als Einzelaktion musste dieser Versuch jedoch angesichts der überlegenen Polizei- und Militärpräsenz scheitern.[22] In Reaktion auf die Oktober-Revolte sprach sich die Reichsregierung am 23. November 1923 für ein Verbot der KPD aus.[23]

Dieser letzte Versuch eines revolutionären Umsturzes läutete zugleich eine neue Phase in der Geschichte der KPD ein.

[...]


[1] Flechtheim, Ossip Kurt: Die KPD in der Weimarer Republik. Mit einer Einleitung von Hermann Weber. Frankfurt [a.M.] 1976, S. 5.

[2] Vgl. Ebenda.

[3] Vgl. Weber, Hermann: Kommunismus in Deutschland 1918-1945. In: Erträge der Forschung. Bd. 198. Darmstadt 1983.

[4] Weber, Hermann: Die Wandlung des deutschen Kommunismus. Die Stalinisierung der KPD in der Weimarer Republik. Bd. 1+2. Frankfurt [a.M.] 1969.; Weber, Hermann: Hauptfeind Sozialdemokratie. Strategie und Taktik der KPD 1929-1933. Düsseldorf 1982.; Weber, Hermann; Bayerlein, Bernhard H. (Hrsg.): Der Thälmann-Skandal. In: Archive des Kommunismus - Pfade des XX. Jahrhunderts. Bd. 2. Berlin 2003.; Weber, Hermann: Veränderungen der innerparteilichen Struktur der Kommunistischen Partei Deutschlands 1924-1929. Inaugural Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Philosophie der Universität Mannheim. Mannheim 1968. Weber, Hermann (Hrsg.): Der deutsche Kommunismus. Dokumente Köln, Berlin 1962. Weber, Hermann: Kommunismus in Deutschland 1918-1945. In: Erträge der Forschung. Bd. 198. Darmstadt 1983.

[5] Vgl. Benser, Günter (Hrsg.): Dokumente zur Geschichte der kommunistischen Bewegung in Deutschland. München 1996.; Weber, Hermann (Hrsg.): Die Gründung der KPD. Protokoll und Materialien des Gründungsparteitages der Kommunistischen Partei Deutschland 1918/1919. mit einer Einführung zur angeblichen Erstveröffentlichung durch die SED. Berlin 1993.

[6] Watlin, Alexander: Die Komintern 1919-1929. In: Studien zur Geschichte der Komintern. Bd.1. Mainz 1993.; Kersten, Michael: Die Beiträge deutscher Marxisten in der Programmdiskussion der Komintern. In: Studien zur Geschichte der Komintern. Bd.2. Mainz 1994.; Weber, Hermann; Bayerlein, Bernhard H.: Der Thälmann-Skandal. In: Archive des Kommunismus - Pfade des XX. Jahrhunderts. Bd. 2. Berlin 2003.

[7] Koch-Baumgarten, Sigrid: Aufstand der Avantgarde. Die Märzaktion der KPD 1921. In: Quellen und Studien zur Sozialgeschichte. Band 6. Frankfurt, New York 1986.;

[8] Hiemer, Katrin; Ittershagen, Siegfried: Die Novemberrevolution in Deutschland und die Gründung der KPD. Berlin 1988.

[9] Weber, Hermann: Die Wandlung des deutschen Kommunismus. Bd. 1. , S. 23.

[10] Zit. nach: Weber, Hermann: Der Deutsche Kommunismus. Dokumente. Köln, Berlin 1963, S. 34.

[11] Vgl. Weber: Die Wandlung, S. 25 f.

[12] Zahlenwerte nach: Collotti, Enzo (Hrsg.): Die Kommunistische Partei Deutschlands 1918-1933. Ein bibliographischer Beitrag. Mailand 1961, S. 210.

[13] Vgl. Weber: Die Wandlung, S. 27.

[14] Zit. nach: Ebenda.

[15] Siehe unten: Kapitel 3.1.

[16] 30.12.1918-1.1.1919 im Festsaal des Berliner Abgeordnetenhauses. Vgl. Weber: Wandlung, S. 38.

[17] Vgl. Weber, Hermann: Thälmann und Stalin, die KPdSU und die KPD. In: ders.; Bayerlein, Bernahard H. (Hrsg.): Der Thälmann-Skandal. Geheime Korrespondenzen mit Stalin. Berlin 2003, S. 12 f.

[18] Vgl. Ebenda, S. 13.

[19] Ebenda, S. 14.

[20] Vgl. Ebenda.

[21] Ebenda, S. 14 f.

[22] Vgl. Ebenda, S. 15 f.

[23] Vgl. Weber: Wandlung, S. 52.

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Die KPD in ihrer ultralinken Phase
Hochschule
Universität Rostock  (Historisches Institut)
Veranstaltung
Der ungeliebte Parteienstaat - Parteien und Parteiensysteme 1918-1933
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
29
Katalognummer
V37834
ISBN (eBook)
9783638370745
Dateigröße
500 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Hauptseminararbeit setzt sich im Kern mit der Problematik der stalinisierung der KPD in den späten Jahren der Weimarer Republik auseinander. Dabei wird dieses Phänomen von der Gründung der KPD 1918/19 ausgehend, dargestellt. Auch die direkten und indirekten Auswirkungen der "ultralinken Phase" der KPD werden dargestellt. Die Arbeit wurde von Prof. Dr. Werner Müller bewertet.
Schlagworte
Phase, Parteienstaat, Parteien, Parteiensysteme
Arbeit zitieren
Christian Strobelt (Autor:in), 2004, Die KPD in ihrer ultralinken Phase, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/37834

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