Der deutsche Corporate Governance Kodex. Begriff und Bedeutung


Hausarbeit, 2017

19 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkurzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriff des Kodex
2.1 Entstehung und Geschichte
2.2 Aufbau
2.3 Ziele

3. Bedeutung des Kodex
3.1 Rechtsnatur
3.2 Rechtsfolge
3.3 Rechtsfolge des §161 AktG
3.4 VerstoB gegen den Kodex
3.5 VerstoB gegen §161 AktG

4. Akzeptanz des Kodex

5. Fazit

Literaturverzeichnis

Abkurzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Am 21. Marz 2002 erschutterte eine der groBten Unternehmenspleiten Deutschlands den Kapitalmarkt, das Bauunternehmen Philipp Holzmann AG stellte einen Antrag auf In- solvenz.[1] Die im Jahr 1849 gegrundete Baufirma, welche sich zu einem GroBunterneh- men mit internationalen Auftragen entwickelte, wies uberraschend Fehlbetrage von mehreren Millionen DM auf.[2] Zuvor wurde zur Rettung der AG ein Sanierungspaket in Hohe von 4,3 Mrd. DM zur Verfugung gestellt. Der Betrag wurde von Glaubigerbanken als auch von der deutschen Bundesrepublik erbracht[3]. Nach Erhalt des Sanierungspakets wurde bereits ein Jahr spater wegen Betrugs und Untreue gegen die AG, Vorstande und Wirtschaftsprufer ermittelt.[4] Daraufhin wechselten Mitglieder des Vorstandes und Auf- sichtsrates, eine Erholung der AG erfolgtejedoch nicht mehr.[5]

Im Laufe des Insolvenzverfahrens kristallisierte sich heraus, dass schlechte und falsche Managementfuhrung zum Untergang der Holzmann AG fuhrte. Dem Vorstand wurde vorgeworfen, mit fehlenden Risikobewusstsein Entscheidungen getroffen zu haben.[6] Der Aufsichtsrat habe viel zu spat gehandelt und das Mitspracherecht der Banken, in Form von Hauptaktionaren, Kreditgeber, Glaubiger und als Mitglieder im Aufsichtsrat, war schlichtweg zu groB.[7]

Um genau solche Untemehmenskrisen, wie die der Philipp Holzmann AG zukunftig zu verhindern, war eine Reform der Unternehmensfuhrung und -Kontrolle notwendig.[8]

Mit dem deutschen Corporate Governance Kodex wurde der deutschen Wirtschaft ein Instrument und Leitfaden zur Verfugung gestellt,[9] der einer guten und effektiven Unter­nehmensfuhrung und -Kontrolle dient.

2. Begriff des Kodex

Der aus dem angelsachsischen stammende Begriff „Corporate Governance lasst sich am besten mit dem deutschen Begriff „Untemehmensverfassung“ ubersetzen.[10] In der Literatur finden sich viele weitere Begriffsdefinitionen, die aber alle die Corporate Governance als Untemehmensverfassung und Regulierung der Organisation von Un- ternehmensfuhrung und -Uberwachung darstellen.[11]

Den Bezug und die Perspektive von Corporate Governance kann man auf die Innensicht und AuBensicht von Gesellschaften richten. Die Innere Corporate Governance beschaf- tigt sich mit den Kompetenzen, Funktionsweisen und das Zusammenwirken von Vor- stand und Aufsichtsrat. Die auBere Corporate Governance bezieht sich dagegen auf das Verhaltnis der Untemehmen mit den Bezugsgruppen (Stakeholdern), sowie den dazu- gehorigen Anteilseignern (Shareholdern).[12]

Bisher stehen groBe, internationale und borsenorientierte Untemehmen im Mittelpunkt von Corporate Governance, da Interessen, Fragestellungen und Probleme sich hier in besonders ausgepragter Form zeigen.[13] Borsenorientiert sind im Sinne des Kodex alle Gesellschaften, deren Aktien im geregelten Markt und im amtlichen Handel zugelassen sind.[14]

Allerdings kann der Kodex auch auf andere Unternehmensformen mit geringerer GroBe angewandt werden.

In Deutschland hat sich der Begriff der Corporate Governance in den letzten Jahren zusehends etabliert und wird haufig in offentlichen Diskussionen zur Sprache ge- bracht.[15]

2. 1 Entstehung und Geschichte

„Noch vor wenigen Jahren war der Begriff Corporate Governance in Deutschland nur einer kleinen Zahl Eingeweihter bekannt. Heute ist er in aller Munde.“[16]

Anfang 1990 setzte die Bewegung der Corporate Governance, zunachst international in Form von vielfaltiger Codes, Guidelines, Principles, Reports und Statements ein. Die genannten Regelwerke beinhalteten recht heterogene Standards fur gute Unternehmens- fuhrung. Die darin dargestellten Govemanceregeln beruhten auf Zusammenschlusse von Expertenkreisen, Top-Managern, einzelnen Unternehmen sowie Investmentfonds. Be- sonders bekannt wurden die OECD-Richtlinien. Diese bestehen aus einer Liste von Leitlinien zur Corporate Governance, ohne Anspruch auf Vollstandigkeit. Die OECD- Richtlinien setzten sich in Australien, Teilen Europas, Sudafrika, USA, Kanada, Brasili- en, Japan, Indien und Hongkong durch.[17]

Neben den OECD-Richtlinien erhielten auch der franzosische Vienot-Bericht und der britische Combined Code groBes Ansehen. Die bis dahin verfassten Regelwerke hatten nicht den Status von formellen Gesetzen, sie wurden daher als ,,Soft Law“ bezeichnet, denn sie beruhten alle auf mehr oder weniger freiwilliger Basis.[18]

Die Idee zur Einfuhrung eines Kodex ist in Deutschland, im Gegensatz zu der internati- onalen Entwicklung, vergleichsweise spat aufgenommen worden.[19]

Erst im Jahr 2000 lagen zwei Entwurfe fur einen deutschen Corporate Governance Ko­dex vor. Dies war zum einen die Corporate Governance-Grundsatze fur borsenorientier- te Gesellschaften von der Grundsatzkommission Corporate Governance und zum ande- ren der Kodex Entwurf von dem Initiativkreis German Code of Corporate Governance.

Die beiden Vorschlage unterschieden sich sowohl inhaltlich von ihren juristischen und betriebswirtschaftlichen Ansatzen, als auch von der Anzahl und von dem Umfang der Regelungen. Da es problematisch geworden ware, fur die Unternehmen auf Dauer zwei Kodizes zu befolgen, die in ihren Aussagen so unterschiedlich sind, wurde daraufhin im Jahr 2000 eine Kommission zur Ausarbeitung eines einheitlichen Deutschen Corporate Governance Kodex einberufen.[20]

Die Regierungskommission „Corporate Governance - Untemehmensfuhrung - Unter- nehmenskontrolle - Modernisierung des Aktienrechts“ wurde, unter der Fuhrung von Dr. Theodor Baums, mit Schreiben vom 29. Mai 2000 ins Leben gerufen. Der Bundes- kanzler beauftragte die Kommission, sich mit den Defiziten des deutschen Systems, der Untemehmensfuhrung und -Kontrolle zu befassen. Hintergrund des Auftrags war, nicht nur die Vereinheitlichung eines Kodex, sondem auch der Fall Holzmann, der im glei- chen Jahr Aufsehen erregte.[21]

Der Auftrag der Kommission war klar definiert. Sie sollten einen Kodex vorlegen, der kurz, verstandlich und einfach umsetzbare Grundsatze von guter und richtiger Unter- nehmensfuhrung enthalt. Das wesentliche Ziel der Erstellung des Kodex war, eine brei- te Akzeptanz nicht nur in der deutschen Wirtschaft zu finden, sondern international zu beweisen, dass auch in Deutschland gute Untemehmensfuhrung betrieben wird, die den internationalen Vergleich standhalt.[22]

Nach zahlreichen Diskussionen und Plenarsitzungen, wurde der deutsche Corporate Governance Kodex in der Sitzung am 23. Januar 2002 einstimmig verabschiedet.[23] Kurz darauf wurde der Kodex am 26. Februar 2002 auf der Website der Kodexkommission veroffentlicht. Um ihn auch fur auslandischen Investoren, Unternehmen und Manager verstandlich zu machen, wurde er ins englische, franzosische, spanische und italienische ubersetzt.[24]

Seit der Veroffentlichung des deutschen Corporate Governance Kodex ist die Kommis­sion dazu verpflichtet einmal jahrlich zusammenzutreten und aufgrund nationaler und internationaler Entwicklung den Kodex zu prufen und bei Bedarf anzupassen.[25]

2.3 Aufbau

Der deutsche Corporate Governance Kodex stellt in seiner aktuellen Fassung vom 14. Februar 2017, veroffentlicht am 24. April 2017, ein 20-seitiges Dokument dar.[26]

Er ist in die sieben Kapitel Praambel, Aktionare und Hauptversammlung, Zusammen- wirken von Vorstand und Aufsichtsrat, Vorstand, Aufsichtsrat, Transparenz, Rech- nungslegung und Abschlussprufung und Anhang - Mustertabellen gegliedert.

Inhaltlich basiert der Kodex auf drei verschiedene Elemente.

- Gesetzlichen Vorschriften
- Empfehlungen (Soll-Vorschriften)
- Anregungen (Kann-Vorschriften)

Die gesetzlichen Vorschriften beruhen auf Wiedergabe des geltenden Rechts uber das Verhalten, Leitung und Kontrolle deutscher Unternehmen. Insgesamt besteht fast die Halfte des Kodex aus dem Referat des geltenden Rechts.

Die Empfehlungen, welche im Satzbau durch „soll“ gekennzeichnet sind, stellen unge- fahr 50 % des Inhalts dar und entsprechen somit in der aktuellen Fassung 105 Soll- Vorschriften. Sie formulieren die Grundsatze der Erfolgsmethoden, wie sie in gut ge- fuhrten Unternehmen befolgt werden oder zukunftig noch befolgt werden sollen.

Anregungen beanspruchen den kleinsten Teil mit etwa 10 % und an der Zahl von nur 6 Stuck im deutschen Corporate Governance Kodex. Die sog. Kann-Vorschriften haben sich noch nicht als Erfolgsgarantien durchgesetzt, sollen sich aber langfristig in diese Richtung entwickeln. Ein wichtiger Teil der Anregungen verlangt die Veroffentlichung der Gehalter der Vorstande. Dazu erhalt man bei Aufruf des Kodex auf der entspre- chenden Internetseite einen Anhang. In dem Anhang sind zwei Mustertabellen hinter- legt, wie man die variable Vergutung der Vorstande angeben kann.

Auf der Internetseite des deutschen Corporate Governance Kodex kann jederzeit der aktuelle Kodex aufgerufen, gespeichert und ausgedruckt werden.

[...]


[1] Mielke, Defizite, 58.

[2] Mielke, Defizite, 48.

[3] Mielke, Defizite, 54.

[4] Mielke, Defizite, 55.

[5] Mielke, Defizite, 57 ff.

[6] Mielke, Defizite, 58.

[7] Mielke, Defizite, 60.

[8] Mielke, Defizite, 302.

[9] Knoringer-Frohlich, Bedeutung, 3.

[10] Mielke, Defizite, 11.

[11] Mielke, Defizite , 26.

[12] Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder,Kommentar, 11.

[13] Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Corporate Governance, 5.

[14] Knoringer-Frohlich, Bedeutung, 82.

[15] Mielke, Defizite, 27.

[16] Hommelhoff/Hopt/v. Werder, Corporate Governance, V.

[17] Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar, 12.

[18] Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar, 13.

[19] Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar, 13.

[20] Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar, 14.

[21] Baums, Bericht, 1.

[22] Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar, 19.

[23] Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar, 23.

[24] Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder, Kommentar, 23.

[25] Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex, http://www.dcgk.de/de/. 22.04.2017.

[26] Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex , http://www.dcgk.de/de/. 28.05.2017.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Der deutsche Corporate Governance Kodex. Begriff und Bedeutung
Hochschule
FOM Hochschule für Oekonomie & Management gemeinnützige GmbH, Düsseldorf früher Fachhochschule
Note
1,7
Autor
Jahr
2017
Seiten
19
Katalognummer
V378201
ISBN (eBook)
9783668565166
ISBN (Buch)
9783668565173
Dateigröße
1170 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
unternehmensführung, unternehmenskontrolle, corporate governance kodex, kodex
Arbeit zitieren
Isabel Wiese (Autor:in), 2017, Der deutsche Corporate Governance Kodex. Begriff und Bedeutung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/378201

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