Verfeindete Brüder. Motivforschung zum Drama "Die Räuber" von Friedrich Schiller


Hausarbeit, 2016

14 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.Einleitung

2. Das Motiv der feindlichen Brüder

3. Charaktere
3.1. Graf von Moor
3.2 Karl Moor
3.3 Franz Moor

4. Gegenüberstellung von Karl und Franz

5. Fazit- Ist die Thematik heute noch aktuell?

6. Literaturverzeichnis

1.Einleitung

Die Räuber ist der Titel des ersten veröffentlichten Dramas von Friedrich Schiller. Das Werk, welches zunächst nicht als Bühnenstück, sondern als Lesedrama gedacht war, gliedert sich in fünf Akte mit jeweils zwei, drei und fünf Szene. Meistens ändert sich mit der nächsten Szene auch der Ort der Handlung. In Schillers Drama wird zunächst der traditionelle Aufbau in Exposition, steigende Handlung, Höhe-/Wendepunkt, fallende Handlung und Katastrophe bzw. Lösung beibehalten. Jedoch weicht das Drama durch die Vielzahl der Handlungsräume, die längeren Handlungszeiträume und die Einschübe von Liedern und Erzählungen vom klassischen Drama ab. Man kann „Die Räuber“ in der Epoche der Aufklärung einordnen und ist der Strömung Sturm und Drang in der deutschen Literatur zuzurechnen. Die „Uraufführung der Räuber in Mannheim am 13. Januar 1782 […] war ein außerordentlicher Erfolg“[1]. Das Stück sorgte für ein nationales Aufsehen und machte Schiller schlagartig berühmt. Ein Augenzeuge kommentierte die Aufführung wie folgt: „Das Theater glich einem Irrenhaus, rollende Augen, geballte Fäuste. Heisere Aufschreie im Zuschauerraum!“.

Schiller thematisiert in seinem Drama die Rivalität der zwei Brüder Karl und Franz von Moor. Karl ist der erstgeborene Sohn des Grafen Moor. Er wird als der „Liebling“ des Vaters beschrieben und wird nicht nur von seinem Vater, sondern auch von der Dienerschaft bevorzugt. Franz ist der zweitgeborene Sohn und hat sich zeitlebens ungeliebt gefühlt. Er strebt nach dem Erbe seines Vaters und versucht dieses mit einer Intrige an sich zu reißen, während Karl in Leipzig ist, um sein Studium abzuschließen. Das Motiv der verfeindeten Brüder nimmt in dem Drama eine zentrale Rolle ein. Ziel dieser Arbeit ist es, dieses Motiv im Drama näher zu erläutern, den Konflikt in der Familie herauszuarbeiten und die Beziehungen zwischen Karl und Franz zu analysieren. Dazu wird im Folgenden zunächst auf das Motiv der feindlichen Brüder eingegangen, um danach die einzelnen Personen der Familie Moor vorzustellen und zu charakterisieren.

Bevor im Rahmen dieser Arbeit das Motiv der feindlichen Brüder behandelt wird, soll eine allgemeine begriffliche Klärung des literarischen Motivs aufgezeigt werden.

2. Das Motiv der feindlichen Brüder

„Das Motiv ist eine sich wiederholende, typische und das heißt also menschlich bedeutungsvolle Situation“[2]. Das wiederum bedeutet, dass das Motiv nie an einen bestimmten Stoff gebunden ist, sondern „als Abstraktion aus den bestimmten Fakten die verschiedensten Stoffe beinhaltet“[3]. Das Motiv der feindlichen Brüder im Sturm und Drang und auch in „Die Räuber“ ist durch Nebenmotive wie zum Beispiel „Streit um eine Frau“, „Vaterkonflikt“ und „Spaltung der familiären Gemeinschaft“ gekennzeichnet. All diese Motive finden sich in Schillers Drama „Die Räuber“ wieder. Man kann sagen, dass kein Werk der neueren deutschen Literatur auf diesem Weg so explosiv, vielschichtig und epochenrepräsentativ wie Schillers Räuber ist.

Der Bruderhass, auch „Bruderkonflikt“ oder das Motiv der „verfeindeten Brüder“, ist eines der ältesten Motive in der Literatur. Es bezieht sich auf den „Antagonismus von Brüderlichkeit und Feindschaft“[4]. Väter und Söhne, feindliche und freundliche Brüder sind zentrale Spielfiguren der Phantasie in allen patriarchalischen Kulturen. Laut des Berichts der Bibel und des Korans sind Kain und Abel die ältesten Söhne von Adam und Eva, die ersten Menschen, die Gott laut Altem Testament auf der Erde erschaffen hatte. Kain empfindet Neig gegenüber seinen Bruder Abel, hat böse Gedanken, hört nicht auf die Ermahnungen Gottes und erschlägt ihn schließlich. Damit wird er zum ersten Mörder in der Geschichte.

„Nach einiger Zeit brachte Kain dem Herrn ein Opfer von den Früchten des Feldes dar; auch Abel brachte eines dar von den Erstlingen seiner Herde [...]. Der Herr schaute auf Abel und sein Opfer, aber auf Kain und sein Opfer schaute er nicht. Da überlief es Kain ganz heiß, und sein Blick senkte sich. [...] Hierauf sagte Kain zu seinem Bruder Abel: Laß uns aufs Feld gehen! Und als sie auf dem Felde waren, erhob sich Kain wider seinen Bruder Abel und schlug ihn tot. Da sprach der Herr: "Was hast du getan? Das Blut deines Bruders schreit zu mir vom Ackerboden. [...] Verflucht seist du auf der Erde, die ihr Maul hat aufgetan und deines Bruders Blut von deinen Händen empfangen. Wenn du den Acker bebauen wirst, wird er dir keinen Ertrag mehr geben. Unstet und flüchtig sollst du sein auf Erden." [...] Kain antwortete dem Herrn: "Meine Strafe ist zu schwer, als daß ich sie tragen könnte. [...] So wird mir's gehen, daß mich totschlägt, wer mich findet". Der Herr aber sprach: "Darum soll jeder der Kain erschlägt, siebenfacher Rache verfallen". Daraufhin machte der Herr dem Kain ein Zeichen, damit ihn keiner erschlage, der ihn finde. Dann ging Kain vom Herrn weg und ließ sich im Lande Nod nieder, östlich von Eden."[5]

In der Antike findet sich ein weiteres Beispiel für das Motiv der feindlichen Brüder. Das Motiv bei Romulus und Remus, ist „in überraschend paralleler Weise zur biblischen Ausprägung in Kain und Abel auch in den Gründungsmythos Roms eingesenkt“[6]. Die Zwillinge und Hirten Romulus und Remus, waren nach der römischen Mythologie die Gründer der Stadt Rom im Jahre 753 v. Chr. Sie waren die Söhne des Mars und der Priesterin Rhea Silvia. Sie gerieten beim Bau der Stadt in Streit, da Remus sich über die niedrige Mauer lustig gemacht hat, die Romulus als Befestigung erbauen ließ. Daraufhin springt Remus „in Hohn und Neid über die von Romulus erbaute Stadtmauer und wird von diesem erschlagen“[7].

Der Feindschaft zwischen Karl und Franz liegt der Urhass zwischen Erst- und Zweitgeborenem zugrunde, weil der eine von der Natur in mehreren Punkten begünstigt und der andere von ihr benachteiligt wurde. Das Geschwisterverhältnis ist klar hierarchiert und es gibt sowohl eine klare Rangordnung zwischen dem Erben und dem Zweitgeborenen, als auch eine Rangfolge nach Geburtsjahren[8]. Hinzu kommt, dass Karl, ebenfalls von der Natur begünstigt, als „ansehnlich“ beschrieben wird und Franz als „hässlich“[9]. Franz kann diese Ordnung nicht akzeptieren und versucht durch eine Intrige, die ihm unzugängliche Herrschaft zu erlangen. Er setzt sich kritisch mit der Tatsache auseinander, dass er der Zweitgeborene ist: „Warum bin ich nicht der erste aus Mutterleib gekrochen?“[10]. Er möchte, dass der Vater das „Vatersöhnchen“ und „Schoßkind“[11] wie er Karl nennt, verstößt und leitet die Intrige mit einem gefälschten Brief ein. Franz verfasst vermeintlich im Auftrag des vaters einen Brief , indem er Karl mitteilt, dass sein Vater nichts mehr mit ihm zu tun haben will und ihn verstößt. Franz glaubt nicht an die „Heiligkeit der Familie“[12] und die Blutliebe. Da er aufgrund der gegebenen Ordnung keinen großen Stellenwert in der Familie genießt, bedeutet diese ihm nicht viel. Auch ist ihm unverständlich, weshalb man ein inniges Verhältnis zu jemandem haben muss, nur weil dieser der Familie angehört:

„Das ist dein Bruder! [...] Er ist aus eben dem Ofen geschossen worden, aus dem du geschossen bist - also sei er dir heilig! - Merkt doch einmal diese verzwickte Konsequenz, diesen possierlichen Schluss von der Nachbarschaft der Leiber auf die Harmonie der Geister; [...]“[13].

Durch seine Intrige zerrüttet Franz die natürlichen Verhältnisse der Familie, die nach Benno von Wiese „die Urform des gesellschaftlichen Lebens, in der noch Natur und Gesellschaft zusammenfallen“ bedeuten und „Autorität, Liebe, Vertrauen, Erbarmen, aber nicht Intrige“ kennt[14].

Karls Zorn richtet sich vorerst gegen den Vater, da er nichts von der Intrige ahnt. Sein Bruderhass entfaltet sich erst, als er die Wahrheit herausfindet und seinen verhungerten Vater findet. Daraufhin schwört er Rache:„So zerreiß ich von nun an auf ewig das brüderliche Band (...)“.[15]

Mit der Tragödie der feindlichen Brüder wird nicht nur das Scheitern einer Familie aufgezeigt, vielmehr geht es um das das Ende eines Gesellschaftssystems. Ein System bildet sich heraus, in dem die Werte und Normen der Natur nicht mehr anerkannt werden. Es stellt den Zusammenbruch aller Naturgesetze dar, auf welche die Familie angewiesen ist, um zu existieren[16]

Man sollte zunächst einen Blick auf die Charaktere werfen, um zu verstehen wie es zu dem Bruderkonflikt kommt. Nach Benno Wiese, ist „nicht der Konflikt der Brüder […] das dramatische Thema, sondern die gestörte Vaterordnung.“[17] Aus diesem Grund werden im Folgenden die Charaktere kurz vorgestellt.

[...]


[1] Andreas Englhart, Einführung in das Werk Friedrich Schillers, Darmstadt, 2010, S.74.

[2] Kayser: das sprachliche Kunstwerk S.60

[3] Wenzel, Stefanie: Das Motiv der feindlichen Brüder im Drama des Sturm und Drang, S 7

[4] Frenzel, Elisabeth ;Motive der Weltliteratur

[5] Auszug aus der Bibel, 1. Buch Mose Genesis 4,1-16: 1

[6] Gehard Kaiser, feindliche Brüder und ihre Väter, S. 52

[7] Gerhard Kaiser, feindliche Brüder und Ihre Väter S. 52

[8] Sophie Ruppel, Verbündete Rivalen: Geschwisterbeziehungen im Hochadel des 17. Jahrhunderts, Köln, 2006

[9] Die Räuber, S.19

[10] Die Räuber, S.19

[11] Die Räuber S. 18

[12] Michelsen, 1979, S. 79)

[13] Die Räuber S, 20

[14] Wiese, 1963, S. 146

[15] Die Räuber, S.124

[16] vgl. Martini, 1972, S. 26.

[17] Wiese , S.145

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Verfeindete Brüder. Motivforschung zum Drama "Die Räuber" von Friedrich Schiller
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Note
2,3
Autor
Jahr
2016
Seiten
14
Katalognummer
V378099
ISBN (eBook)
9783668552968
ISBN (Buch)
9783668552975
Dateigröße
1006 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Friedrich Schiller, Die Räuber
Arbeit zitieren
Fjolla Maloku (Autor:in), 2016, Verfeindete Brüder. Motivforschung zum Drama "Die Räuber" von Friedrich Schiller, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/378099

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