Die Entwicklung der Presse in Frankreich ab dem 19. Jahrhundert


Hausarbeit (Hauptseminar), 2002

24 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Die Presse Anfang des 19. jahrhunderts
2.1 Die Ausgangssituation
2.2 Politische Repressionen
2.3 Die wirtschaftliche Situation
2.4 Die gesellschaftliche Situation

3. Das goldene Zeitalter der französischen Presse
3.1 Politische Rahmenbedingungen
3.2 Technische Voraussetzungen
3.3 Gesellschaftliche Veränderungen
3.4 Der Beginn der kommerziellen Massenpresse
3.5 Die vier Großen

4. Stagnation und Krise im 20. Jahrhundert
4.1 Der Einbruch Anfang des 20. Jahrhunderts
4.2 Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges
4.3 Presseindustrie und Pressekonzentration
4.4 Die Preisentwicklung auf dem französischen Pressemarkt
4.5 Die Entwicklung der französischen Zeitschriften

5. Die französische Presse und ihre Besonderheiten
5.1 Zentralisierung versus Regionalisierung
5.2 Pressesubventionen
5.3 Die Presse in der französischen Medienlandschaft
5.3.1 Presse und Fernsehen
5.3.2 Presse und Neue Medien
5.4 Perspektiven

6. Zusammenfassung

7. Literatur

1. Einleitung

Was wird im Zusammenhang dieser Arbeit unter Presse verstanden und welche Aspekte behandelt? Die heute zur Definition verwendeten Merkmale eines ungebundenen Druckwerkes von mäßigem Seitenumfang, das sich durch Aktualität, Universalität, Publizität und Periodizität auszeichnet, sollen als Eingrenzungen des Pressebegriffs dienen. In der französischsprachigen Fachliteratur findet man den Ausdruck „presse écrite“[1], ´geschriebene Presse´. Bleibt eine wahre Flut an periodisch erscheinenden Druckprodukten, seien es Zeitungen oder Zeitschriften in all ihren vielfältigen Erscheinungsformen.

Wie kam es zur Entwicklung dieser Masse, zur Industrialisierung der Presse in Frankreich? Um diese Frage zu beantworten, werde ich Aspekte der politischen, technischen und sozialen Entwicklung und die Besonderheiten der französischen Presse behandeln. Zum einen soll eine retrospektive Sicht Aufschluss über die geschichtliche Entwicklung geben, zum anderen soll das für die französische Presse Charakteristische gezeigt werden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Bereich Tageszeitung. So soll gezeigt werden, wie aus der Presse als intellektuelles Produkt in kleinen Auflagen für erlesenes Publikum ein kommerzielles Massenmedium wird, wie die heutige Pressesituation in Frankreich aussieht und welche Perspektiven sich ergeben.

2. Die Presse Anfang des 19. jahrhunderts

Auf wackligen, unerfahrenen Füßen scheint die französische Presse in dieser Zeit zu stehen. Sowohl die zeitaufwendige und komplizierte Herstellung, die aufgrund der fehlenden Infrastruktur schwierige Verteilung und schließlich der Kauf selber sind kostspielige Unterfangen. Dementsprechend hatte die Zeitung noch nicht die Bedeutung, die sie heute hat.

Sie war für einen Großteil der französischen Bevölkerung ein Luxusgut oder aber völlig bedeutungslos, da man sowieso das Lesen nicht beherrschte. Über politische Ereignisse gewann die Presse an Gewicht, was zur Folge hatte, dass sie stets durch Zensur im Zaum gehalten oder aber lediglich mit einer Scheinfreiheit ausgestattet wurde.

2.1 Die Ausgangssituation

Da die Entwicklung der französischen Presse nicht erst Anfang des 19. Jahrhunderts beginnt, ist die Schilderung der Ausgangslage ausschlaggebend, um die Umwälzungen in der Presselandschaft Frankreichs aufzuzeigen. Die ersten Gehversuche französischer Zeitungen und Zeitschriften stehen unter der Bevormundung durch das absolutistische System. Informationen und Unterhaltsames in Druckform waren ein Exklusiv-Vergnügen für Adel und wohlhabendes Bildungsbürgertum. Die erste französische Zeitung erschien bereits 1631: die Gazette[2] von Theophraste Renaudot, quasi die Urgroßmutter der politischen Nationalzeitungen. Die ersten Zeitschriften gab es von und für Gelehrte, wie das Journal des Savants 1665, aber auch die Unterhaltungssparte ließ nicht lange auf sich warten, und belustigte in Form des Mercure Galant die ausgewählte Leserschaft mit Neuigkeiten vom Hof.[3] Erst mit der Französischen Revolution 1789 beginnt die Presse, sich zu emanzipieren. Sie wächst sprichwörtlich aus den Kinderschuhen heraus:

„La presse est sortie de l´enfance, c´est maintenant une adolescente.“[4]

Deutlichstes Zeichen für einen Fortschritt ist die Verankerung der Meinungs- und Pressefreiheit in den Droits de l´homme et du citoyen. Jeder Bürger darf frei sprechen, schreiben und drucken. Dementsprechend kommt es zu einer Explosion auf dem Pressemarkt. Zwischen 1789 und 1799 erscheinen mehr als 1300 Zeitungen aller Formen, Stilrichtungen und Tendenzen.[5] Der aus dem Zusammentreffen der umwälzenden Ereignisse entstandene Informationsbedarf lässt die Zahl der Tageszeitungen von drei im Januar 1789 auf 33 im Dezember des gleichen Jahres anwachsen.[6] Das Postwesen wird 1793 verstaatlicht und ausgebaut, das Personal aufgestockt. Für den hauptsächlich über Abonnement laufenden Zeitungsabsatz werden also die besten Voraussetzungen geschaffen.[7]

2.2 Politische Repressionen

Der explosionsartigen Euphorie der Französischen Revolution, die auch auf die Erkenntnis der Einflussmöglichkeiten durch das Medium Presse zurückzuführen ist, wird durch die neue Regierung mit Napoleon ein Riegel vorgeschoben.

Die „Hydra mit den tausend Köpfen“ [wird vom 1799-1804 regierenden Konsulat] „mit dem Schuhabsatz zertreten.“[8] Sehr deutlich erkennt auch Napoleon die Bedeutung des Einflusses der Presse. Deshalb bleibt er kategorisch:

„Ihr die Freiheit lassen, dann könnte ich sofort abdanken, um auf einem Bauernhof weit entfernt von Paris zu leben.“[9]

Viele Zeitungen werden verboten, die verbleibenden werden mit einem Zensor ausgestattet. Der 1799 gegründete Moniteur Universel wird das offizielle Blatt des Landes. Den mehr als 170 Zeitungen der Provinz droht die Schließung, wenn sie nicht die Artikel des Propagandaorgans des „einzigen Journalisten namens Napoleon“[10] übernehmen.

1810 beschränkt Napoleon die Zahl der Blätter pro Departement auf ein einziges, um die Kontrolle aus Paris zu erleichtern. Diese rigorose Pressepolitik führt dazu, dass neben diesen Departementszeitungen nicht mehr als vier Titel in Paris übrig bleiben: Moniteur Universel, Journal de l`Empire, Gazette de France und Journal de Paris.[11] So kommt es in dieser Zeit rein politisch betrachtet wieder zu Verhältnissen wie im Absolutismus.

2.3 Die wirtschaftliche Situation

Aber nicht nur politische Umstände bremsen den Eifer der Neugründungen. Mangels wirtschaftlicher Erfahrungen scheitern viele auf dem glatten Parkett des Zeitungsgeschäfts. Die zaghaft beginnende Entwicklung der Werbung war durch die Revolution jäh unterbrochen worden, so dass das Budget einer Zeitung gleichzusetzen war mit der Balance zwischen Abonnementkunden bzw. Einzelverkauf und den anfallenden Ausgaben. Dabei waren die Preise für die Herstellung, Papier, Druck und das Falten der größte der vier Posten.[12]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Feyel, Gilles (1999), S. 52.

Zur großen Belastung durch die Ausgaben für Herstellung und Verteilung kamen die so genannten rétributions, von Napoleon auferlegte Abgaben, die nicht weniger als ein Drittel der Jahreseinnahmen ausmachten.[13] So war es nicht verwunderlich, dass Zeitungen mangels einer ausreichend großen Leserschaft in finanzielle Zwangslagen gerieten, aus denen sie sich durch krumme Geschäfte zu befreien versuchten. Dabei waren Subventionen der Regierung für gefällige Berichterstattung keine Ausnahme.[14]

2.4 Die gesellschaftliche Situation

Zeitung war aufgrund des hohen Preises[15] ein Luxusgut für weniger wohlhabende Bevölkerungsschichten. Mündliche Informationsübermittlung hatte eine entscheidende Bedeutung, da die französische Gesellschaft dieser Zeit zu zwei Dritteln aus Analphabeten bestand (1832 waren es 53 %).[16] Die wenigen Lese- und Schreibkundigen gehörten hauptsächlich der gesellschaftlichen und politischen Elite an, der es erlaubt war zu wählen.[17] Neu sind öffentliche Vorleser oder kollektive Lesezirkel, die zumindest in großen Städten dem einfachen Arbeiter den Informationszugang ermöglichen. Zeitungen werden von einem Hauptabonnenten gegen Gebühr weitergegeben, so dass man zwar günstiger, dafür aber erst am Abend des Folgetages zur Lektüre kam.[18]

3. Das goldene Zeitalter der französischen Presse

Warum man erst ab dem Ende des 19. Jahrhunderts in Frankreich von Presse als Massenmedium sprechen kann, ergibt sich im Blick auf das in den vorangegangenen Kapiteln Geschilderte. Bisher waren weder die politischen, noch die sozialen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen vorhanden. Eine derartigen Entwicklung, wie sie in den so genannten „Goldenen Jahren der Presse“[19] bis 1914 stattfand, war erst durch das Zusammentreffen mehrer Faktoren möglich, die im Folgenden geschildert werden sollen. Letztlich waren auch die bisher gesammelten Erfahrungswerte eine wichtige Basis für die Erfolgsentwicklung der französischen Presse.

3.1 Politische Rahmenbedingungen

Schon am Beispiel der Französischen Revolution hat sich gezeigt, dass gesellschaftliche Aktivität im Zusammenhang mit politischen Ereignissen der Presseentwicklung durchaus zuträglich ist. Das 19. Jahrhundert ist eine Zeit, die von häufigen politischen Systemwechseln geprägt ist, an denen die Presse auch aktiv mitwirkt. Sie ist nicht mehr nur Betrachter eines Ereignisses, sondern auch Akteur.

Adolphe Thiers, Leiter der National, ist Mitorganisator der Protestbewegung gegen die Regierung, die schließlich zur Julirevolution 1830 führt. Die zweite Republik unter Louis Philippe macht Neugründern mit einem relativ großen Freiheitszugeständnis Mut. Die Presselandschaft wird zunehmend profilierter, die Presse mehr und mehr zu einem politisch meinungsbildenden Instrument. Erstmals sind Zeitungen „Organe bestimmter politischer Gruppierungen.“[20] Es entsteht die Presse für den `kleinen Mann` als Beginn der Wandlung zum Massenmedium.[21]

[...]


[1] S. z.B. Albert, Pierre (1978): La Presse Française. Paris: La Documentation Française (= Notes et Etudes Documentaires 4469).

[2] Frz. Zeitungs- bzw. Zeitschriftennamen werden kursiv gedruckt.

[3] Vgl. Albert, Pierre (1992): Le Passé de la Presse Française. In: Französische Presse und Pressekarikaturen 1789-1992. Hg. v. Rolf Reichardt (Ausstellungskatalog der Uni Mainz 3.6.-17.7.1992). Mainz: Schmidt, S. 7-9. Und: Wilke, Jürgen (2000): Grundzüge der Medien- und Kommunikationsgeschichte: von den Anfängen bis ins 20. Jahrhundert. Weimar; Wien: Böhlau, S. 72f.

[4] Bailly, Christian: De la Gazette à Internet. Les grandes étapes de la Presse Française. In: http://www.museedelapresse.org/Hp1a_E.html (26.04.2002).

[5] Vgl. Albert, Pierre (1992), S. 8.

[6] Vgl. Feyel, Gilles (1999): La Presse en France des origines à 1944. Histoire politique et matérielle. Paris: Ellipses, S. 44.

[7] Vgl. ebd., S. 50.

[8] Übersetzt aus Bailly, Christian.

[9] Übersetzt aus ebd.

[10] Übersetzt aus ebd.

[11] Vgl. Albert, Pierre (1992), S. 8. Und: Histoire de la Presse Française au 19eme siècle. In: http://members.aol.com/melinette/essai1.htm (07.05.2002).

[12] Vgl. Schaubild 1, S. 5 dieser Arbeit.

[13] Vgl. Feyel, Gilles (1999), S. 59.

[14] Vgl. ebd., S. 53.

[15] S. Schaubild 3, S. 13 dieser Arbeit.

[16] Vgl. Lüsebrink, Hans-Jürgen (1992): Presse und Öffentlichkeit in Frankreich. Ästhetische Darstellungsformen, intellektuelle Rollenbilder, historische Wandlungsprozesse. In: Französische Presse und Pressekarikaturen 1789-1992. Hg. v. Rolf Reichardt (Ausstellungskatalog der Uni Mainz 3.6.-17.7.1992). Mainz: Schmidt, S. 10-19, hier S. 16.

[17] Vgl. Feyel, Gilles (1999), S. 71.

[18] Vgl. Feyel, Gilles (1999), S. 51.

[19] Vgl. Albert, Pierre (1992), S. 8.

[20] Wilke, Jürgen (2000), S. 143. Und vgl. Feyel, Gilles (1999), S. 73 f.

[21] S. Kapitel 3.4 dieser Arbeit.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Die Entwicklung der Presse in Frankreich ab dem 19. Jahrhundert
Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Veranstaltung
Hauptseminar: Neue Medien
Note
2,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
24
Katalognummer
V37788
ISBN (eBook)
9783638370417
Dateigröße
771 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Entwicklung, Presse, Frankreich, Jahrhundert, Hauptseminar, Neue, Medien
Arbeit zitieren
Franziska Moschke (Autor:in), 2002, Die Entwicklung der Presse in Frankreich ab dem 19. Jahrhundert, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/37788

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