Die Lösung des Investiturstreits im Wormser Konkordat 1122


Hausarbeit, 2016

14 Seiten, Note: 3,0

Anonym (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Beschlüsse des Wormser Konkordats

3. Quellenkritik
3.1. Äußere und formale Kritik
3.1.1. Quellentyp und Gattung
3.1.2. Kritik der Provenienz
3.1.3. Überlieferungs- und Echtheitskritik
3.2. Innere Kritik
3.2.1. Tendenzkritik
3.2.2. Wahrheitsgehalt und Glaubwürdigkeit

4. Quelleninterpretation und Ausblick

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die folgende Hausarbeit widmet sich der Lösung des Investiturstreits im Wormser Konkordat. Dabei wird ein Blick auf die Urkunden als Quelle selbst gelegt, um eine möglichst präzise und unvoreingenommene Vorstellung von den damaligen Geschehnissen zu bekommen. Abschließend soll geklärt werden inwiefern das Wormser Konkordat wirklich die Lösung des langjährigen Investiturstreits darstellt.

Der Investiturstreit war im hohen Mittelalter ein zentraler Konflikt zwi­schen den kirchlichen und weltlichen Herrschern. Es ging im Allgemeinen um die Frage nach der Erlaubnis eine Person in ein kirchliches Amt durch bestimmte Symbole und Rituale einweisen zu dürfen, also um die Investitur. Durch die ab dem Ende des 9. Jahrhundert steigende Laienaktivität beanspruchten nun auch die weltlichen Herrscher für sich kirchliche Ämter verleihen zu können. Dabei wurden auch die kirchlichen Investitursymbole wie zum Beispiel ein Altartuch oder ein Kirchenbuch durch weltliche Symbole wie die eines Stabes oder Ringes ersetzt.[1]

Der Investiturstreit ist in vielen Quellen des 12. Jahrhunderts belegt.[2] Den Anstoß gab es mit König Heinrich III, der gegen die herrschende Simonie kämpfte und eine Reihe von Kaisern und Päpsten als mitschuldig betitelte. Sein Ziel war außerdem das Beendigen des Papstschismas von 1046. Dazu setzte er alle drei Päpste ab und forderte eine Neuwahl, bei der Clemens II Papst wurde. Die Papstweihe und die Kaiserkrönung von Heinrich III fielen auf einen Tag, wodurch noch einmal unterstrichen wurde, dass Heinrich III und damit auch das nachfolgende Königtum ein gewisses Recht bei der Papstwahl ausüben konnte. So setzte auch sein Nachfolger und Sohn Heinrich IV Päpste ein, wodurch es immer mehr zu Konflikten zwischen der Kirche und den weltlichen Herrschern kam. Papst Gregor VII war ein starker Gegner der Laienaktivität und stellte in seinem Gedächtnisprotokoll ‚dictatus papae‘ die seiner Meinung nach richtige Verteilung von weltlicher und geistiger Macht dar.[3] Auch unter Heinrich V verbesserte sich das Verhältnis zum Papsttum zunächst nicht, da auch er „[…] Bischöfe durch eine Investitur mit Ring und Stab in ihr Amt einführte“[4]. Schließlich kam es aber noch unter Heinrich V zu einer neuen Machtverteilung, die das ‚regnum‘ vom ‚sacerdotium‘ trennen sollte . Am 23. September 1122 schlossen Heinrich V und Papst Calixtus II das Wormser Konkordat, welches die Lösung und damit eine Neuregelung für die Zukunft darstellen sollte.

2. Beschlüsse des Wormser Konkordats

Die Beschlüsse des Wormser Konkordats sind ausschlaggebend für die Beantwortung der Frage, ob der Vertrag wirklich die Lösung des Investiturstreits darstellt. Aus diesem Grund werden hier vorab die Bedingungen der beiden Urkunden explizit genannt und gebündelt.

In der Urkunde Heinrichs V finden sich zwei Abschnitte, in denen er sein zukünftiges Verhalten festhält. Der erste Punkt ist der Wichtigste für die Lösung des Investiturstreits. In diesem lehnt er die Investitur mit Ring und Stab von nun an ab und führt stattdessen in seinem Herrschaftsgebiet die freie Weihe und kanonische Wahl ein. Des Weiteren sichert er der Kirche seine Hilfe bei der Rückbeschaffung ihres Besitzes zu. In dem zweiten Punkt richtet er sich direkt an Papst Calixt II und die Kirche. Er schenkt allen den wahren Frieden, die während des Investiturstreits hinter dem Papst standen und versicherte nochmal seine Unterstützung in allen Bereichen.[5]

In der päpstlichen Urkunde wird Heinrich V das Recht zugesichert bei den Wahlen von deutschen Äbten und Bischöfen anwesend zu sein. Zudem erteilt der Papat ihm die Befugnis bei Unstimmigkeiten zusammen mit dem Oberbischof und den Konprovinzialen zwischen zwei Parteien entscheiden zu können. Die Voraussetzung ist, dass alles ohne Simonie und Gewalt verläuft. Der Gewählte soll schließlich innerhalb von sechs Monaten die Regalie in Form eines Zepters von Heinrich V überreicht bekommen. Abschließend sichert auch der Papst Heinrich V jegliche Hilfe zu.[6]

3. Quellenkritik

3.1. Äußere und formale Kritik

3.1.1. Quellentyp und Gattung

Der Aufbau der beiden Schriftstücke des Wormser Konkordats lässt darauf schließen, dass es sich um zwei Urkunden eines Vertrages handelt. Schon die Überschriften der beiden Urkunden zeigen, dass es sich im Folgenden um eine Einigung durch neue, festgelegte Rechte zwischen den weltlichen und geistigen Herrschern handelt. Für die mittelalterlichen öffentlichen Urkunden gab es einen festgeschriebenen Aufbau, um die Glaubwürdigkeit des Schriftstückes zu wahren. Dieser besagt, dass die Urkunde mit dem Protokoll startet gefolgt von dem Kern der Urkunde, dem Kontext. Anschließend endet die Urkunde mit dem Eschatokoll. Das Protokoll kann ebenfalls in die drei Teile eingeteilt werden, die Invocatio, Intitulatio und Inscriptio. Ein wichtiger Bestandteil des Eschatokolls ist der Subscriptio mit der Rekognitionszeile.[7]

Besonders die kaiserliche Urkunde des Wormser Konkordats weist eine strikte Form auf. Die Urkunde beginnt mit den Worten „In nomine sanctae et individuae Trinitatis“[8]. Dies entspricht der Norm der Invocatio. Es folgt die Einhaltung der Intitulatio, indem Heinrich V sich selbst als Verfasser der Urkunde nennt. Das Protokoll der kaiserlichen Urkunde schließt mit der Nennung der Empfänger (Inscriptio). Hier verweist Heinrich V zunächst auf Gott selbst und die Apostel Petrus und Paulus aber auch auf die gesamte katholische Kirche und speziell auf den Papst Calixt II.

Auch das Eschatokoll erfüllt die formalen Richtlinien einer mittelalterlichen Urkundenlehre. Es finden sich am Ende achtzehn Unterschriften von Bischöfen und Fürsten, die ebenfalls den Inhalt des Schriftstückes bezeugen. Die Rekognitionszeile mit der Unterschrift vom Erzbischof von Köln und Erzkanzler Friedrich ist ebenfalls vorhanden. Abschließend lässt sich über die kaiserliche Urkunde also sagen, dass sie ein sehr hohes Maß an formaler Genauigkeit aufweist.

Die päpstliche Urkunde des Wormser Konkordats ist formal nicht so strikt aufgebaut wie das kaiserliche Bekenntnis und enthält daher nur einen „stark reduzierte[n] Formenapparat“[9]. Im Protokoll wird jedoch auch die Intitulatio mit den Worten „ego Calixtus episcopus“[10] eingehalten und im Zuge der Inscriptio der Empfänger Heinrich V genannt. Das Eschatokoll fehlt fast gänzlich in der päpstlichen Urkunde. Lediglich der letzte Satz: „Do tibi veram pacem et omnibus, qui in parte tua sunt vel fuerunt tempore huius discordiae“[11] kann als Segenswunsch und damit als ein Teil des Eschatokolls interpretiert werden.

Durch die Feststellung, dass es sich bei den vorliegenden Schriftstücken um die Gattung der Urkunden eines staatskirchlichen Vertrags handelt, sind sie als Überrestquellen anzusehen. Überrestquellen sind oftmals nicht speziell für die Nachwelt geschaffen, sondern in der jeweiligen Gegenwart notwendig. Traditionsquellen hingegen sind oftmals geformt und schon interpretiert, um dem Leser eine bestimmte Botschaft zu vermitteln.[12]

Im Fall des Wormser Konkordats kann man jedoch auch von einer Traditionsquelle sprechen, da sie eine immense inhaltliche Bedeutung für die nachfolgende Zeit hatte. Sie stellt die Grundlage für die neue Regelung bezüglich der Investitur dar und hält fest, dass beide Parteien mit den Beschlüssen einverstanden sind. Sie ist für die nachfolgende Zeit Rechtsgrundlage, um Streitigkeiten bezüglich der Investitur zu klären und musste somit mindestens für die betroffene Bevölkerung öffentlich gemacht werden.

3.1.2. Kritik der Provenienz

Wie im vorherigen Kapitel schon festgestellt wurde besteht das Wormser Konkordat aus zwei Urkunden. Der erste Urheber ist Heinrich V, welcher schon 1106 zum König gekrönt wurde und bis zu seinem Tode am 23.Mai 1125 in Utrecht sein Land regierte.[13] In seinem Teil der Urkunde, die auch Heinricianum genannt wird[14], wird deutlich, dass es sich um eine Regelung für das römische Reich gehandelt haben muss. Dies ist daraus zu schließen, da er sich selbst mit den Worten „romanae ecclesiae“[15] als Kaiser der Römer betitelt.

Papst Calixt II stellt den Urheber der zweiten Urkunde, die auch Calixtinum genannt wird, dar.[16] Dieser wurde am 2. Februar 1119 zum Papst ernannt. Vorher war er bekannt unter dem Namen Guido von Burgund und Erzbischof von Vienne. Er verstarb am 13. November 1124 in Rom.[17] In der päpstlichen Urkunde wird das betroffene Gebiet des Römischen Reiches noch weiter eingegrenzt und als Deutsches Reich betitelt. Aus den Urkunden selbst geht jedoch kein genauer Abfassungsort hervor.

Die Verhandlungen zwischen der weltlichen und kirchlichen Macht zur Beendigung des Investiturstreits hatten schon vor einiger Zeit begonnen. So gab es schon zuvor mehrere gescheiterte Verhandlungsversuche zwischen Heinrich V und der Kirche. 1111 scheiterte bei Ponte Mammolo einer der Beschlüsse zur Beendigung des Investiturstreits zwischen ihm und Papst Paschalis II. Dieser sorgte aufgrund seiner radikalen Verteilung der Mächte zugunsten der weltlichen Herrscher zu großen Aufständen. Nach der Papsternennung von Calixt II, der ebenfalls ein starker Gegner der bisherigen Beschlüsse zur Investitur war, kam es 1119 in Mouzon zu neuen Verhandlungsgesprächen. Aber auch diese scheiterten.[18] Dies hatte vermehrt weitere stärkere Aufstände zur Folge. Daraufhin übten auch die Fürsten Druck auf Heinrich V aus, welcher schließlich auf dem Würzburger Reichstag 1121 zu einem Kompromiss zwischen ihm und dem Papst bereit war.[19] Besonders die Verhandlungsdokumente von 1119 dienten anschließend den Urkunden des Wormser Konkordats als Vorlage. Aber auch die Dokumente von 1111 finden sich in dem neuen Vertrag wieder.[20]

[...]


[1] Vgl. Heimerl, Hans, Art. Investitur, in: LThK, hg. v. Josef Höfer [u.a.], Freiburg im Breisgau 1965, Bd. 5, Sp. 741-742.

[2] Vgl. Schieffer, Theodor, Art. Investiturstreit, in: LThK, hg. v. Josef Höfer [u.a.], Freiburg im Breisgau 1965, Bd. 5, Sp. 742-746.

[3] Vgl. Jakobs, Hermann, Kirchenreform und Hochmittelalter 1046-1215. Bd. 7. Oldenbourg Grundriss der Geschichte, München 31994, S.21f.

[4] Hartmann, Wilfried, Investiturstreit, München 32007, S.35.

[5] Vgl. Fritz,Wolfgang, Quellen zum Wormser Konkordat, S.71f.

[6] Vgl. Ebd.

[7] Vgl. Wolbring, Barbara, Neuere Geschichte studieren, Konstanz 2006, S. 83.

[8] Fritz,Wolfgang, Quellen zum Wormser Konkordat. Kleine Texte für Vorlesungen und Übungen, Berlin 1955, S.71f.

[9] Zey, Claudia, Der Romzugsplan Heinrichs V. 1122/23. Neue Überlegungen zum Abschluß des Wormser Konkordats, in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 56 (2000), S. 447-504, hier S.453f.

[10] Fritz,Wolfgang, Quellen zum Wormser Konkordat, S.71f.

[11] Ebd.

[12] Vgl. Wolbring, Barbara, Neuere Geschichte studieren, Konstanz 2006, S. 83.

[13] Vgl. Schaller, Hans Martin, Art. Heinrich V, in: LThK, hg. v. Josef Höfer [u.a.], Freiburg im Breisgau 1965, Bd. 5, Sp. 181.

[14] Vgl. Hartmann, Wilfried, Investiturstreit, München 32007, S. 41.

[15] Fritz,Wolfgang, Quellen zum Wormser Konkordat, S. 71f.

[16] Vgl. Hartmann, Wilfried, Investiturstreit, München 32007, S. 41.

[17] Vgl. Schieffer, Theodor, Art. Calixtus II, in: LThK, hg. v. Josef Höfer [u.a.], Freiburg im Breigau 1965, Bd. 2, Sp. 884.

[18] Vgl. Bernheim, Ernst, Das Wormser Konkordat und seine Vorurkunden. Hinsichtlich Entstehung, Formulierung, Rechtsgültigkeit, Breslau 1906.

[19] Vgl. Jakobs, Hermann, Kirchenreform und Hochmittelalter 1046-1215, S.36.

[20] Vgl. Zey, Claudia, Der Romzugsplan Heinrichs V. 1122/23, S. 447-504, hier S.451.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Die Lösung des Investiturstreits im Wormser Konkordat 1122
Hochschule
Universität Münster
Note
3,0
Autor
Jahr
2016
Seiten
14
Katalognummer
V377535
ISBN (eBook)
9783668549364
ISBN (Buch)
9783668549371
Dateigröße
423 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
lösung, investiturstreits, wormser, konkordat
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Anonym (Autor:in), 2016, Die Lösung des Investiturstreits im Wormser Konkordat 1122, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/377535

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