Polysemie und Homonymie in der italienischen Sprache


Hausarbeit, 2016

18 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

Polysemie und Homonymie in der italienischen Sprache

Einleitung

Polysemie
Arten lexikalischer Polysemie
Metaphorische Polysemie
Kohyponymische Polysemie
Taxonomische Polysemie
Metonymische Polysemie
Auto-konverse Polysemie
Antiphrastische Polysemie
Auto-antonymische Polysemie
Sekundäre Polysemie
Kontextvarianz
Lexikalisierung
Darstellung der semantischen Relationen
Bedeutungen von it. scuola
Bedeutungen von it. grande
Bedeutungen von it. bustarella

Homonymie
Homophonie
Homographie
Sekundäre Homonymie

Fazit

Literaturverzeichnis

Einleitung

Die Semantik ist ein Teilgebiet der Sprachwissenschaft und befasst sich mit der Bedeutungslehre. Dabei wird die Bedeutung sprachlicher Einheiten untersucht. Bei sprachlichen bzw. lexikalischen Einheiten lässt sich z. B. zwischen Wörtern, Wortgefügen und Sätzen unterscheiden. „Lexikalische Einheit“ wird, in der folgenden Arbeit, im Sinne von Wort gebraucht.

Die historische Semantik, die seine Anfänge im 19. Jahrhundert hat, verfolgt das Ziel den lexikalischen Bedeutungswandel[1] zu beschreiben. Mit der Arbeit Stephen Ullmanns fand die historische Semantik Mitte des 20. Jahrhunderts ihren vorläufigen Abschluss, während nun die Klassifikation des Bedeutungswandels im Vordergrund stand. Auffallend sind dabei die Arbeiten Andreas Blanks, an denen sich auch diese Hausarbeit orientieren soll.

Diese Hausarbeit soll sich mit den „internen semantischen Relationen“ beschäftigen, wie Thomaßen (2004: 62) sie nennt. Darunter fallen Polysemie, kontextuelle Varianz und Homonymie, bei denen es sich um sehr eng verwandte Phänomene handelt, wobei die Grenzen zwischen eben genannten Phänomenen verschwimmen können. Es handelt sich um sprachliche Erscheinungen, die nicht an eine Sprache gebunden, sondern sprachübergreifend sind, obwohl jede Sprache laut Thomaßen (2004: 6) ein geschlossenes System darstellt. Zwar verfügen verschiedene Sprachen über ähnliche Formen von Polysemie und Homonymie, doch findet man selten genaue Äquivalenten bestimmter Bedeutungen. Viel mehr handelt es sich um Überschneidungen oder Annäherungen der Bedeutungen.

Den verschiedenen Definitionen und Erläuterungen der sprachwissenschaftlichen Phänomene sind Beispiele zwischengeschaltet. Vor allem soll sich aber mit den von Blank definierten Typen der lexikalischen Polysemie auseinandergesetzt werden, um sie besser zu verstehen und einordnen zu können.

Da es sich nicht einfach gestaltet für jede Art von Polysemie Unmengen an italienischen Beispielen zu finden, soll sich auf die genaue und ausführliche Definition dieser Typen konzentriert werden. Des Weiteren soll sich in einem empirischen Teil mit verschiedenen Bedeutungen italienischer Wörter auseinandergesetzt werden, wobei der Fokus auf den semantischen Relationen liegt.

Polysemie

Geprägt hat den Terminus Polysemie der französische Philologe Michel Bréal in seinem 1897 veröffentlichten Werk Essai de sémantique, Science des significations, wobei der Begriff mit „Mehrdeutigkeit“ übersetzt werden kann. Um Polysemie handelt es sich, wenn eine lexikalische Einheit zwei oder mehr Bedeutungen aufweist, die etwas miteinander gemein haben und sich unter Umständen aus einer einzigen Grundbedeutung ableiten lassen. Für Bréal sei die Polysemie die synchronische Folge des Bedeutungswandels, die je nach Typ des Bedeutungswandels unterschiedliche Ausprägungen haben könne (Blank 2001: 104). Zu dieser Definition Bréals sagt der deutsche Romanist und Sprachwissenschaftler Andreas Blank (2001: 104): „Bréals Erkenntnis ist in jeder Hinsicht fundamental, beruht jedoch auf einer rein diachronischen Herangehensweise.“ Für ihn ist diese Definition zu eng, weshalb er in seiner Arbeit weitere Kriterien für lexikalische Mehrdeutigkeit entwickelt.

Die Mehrdeutigkeit sprachlicher Zeichen kann Schwierigkeiten bereiten, da sich die Frage danach stellt wie es gelingen kann, eine bestimmte Bedeutung einer lexikalischen Einheit von seinen anderen Bedeutungen abzugrenzen. Dies gestaltet sich problematisch, da uns Wörter nur in konkreten Verwendungen begegnen und es gilt, invariante Bedeutungen des Wortes daraus abzuleiten (Blank 2001: 103). Die Aufgabe besteht darin, die lexikalischen Einheiten zu desambiguieren, um einzelne Bedeutungen differenziert und im Vergleich zu ihren anderen Bedeutungen betrachten zu können.

Arten lexikalischer Polysemie

Blank sieht die Polysemie, ähnlich wie Bréal als Existenz einer semantischen Relation zwischen den lexikalisierten Bedeutungen eines Wortes, wobei es ihm wichtig ist, die Art und Weise der Relation zu definieren, wodurch er Bréals Ansatz weiterführt. Blank betont, dass es keine vollkommene Übereinstimmung zwischen Verfahren des Bedeutungswandels und synchronischen semantischen Relationen gebe, er ordnet elf Typen von Bedeutungswandel sieben Typen von Polysemie zu (Blank 2001: 104). Der Sprachwissenschaftler hält fest: „Die Grenzen der einzelnen diachronischen Prozesse und synchronischen Relationen stimmt ebenfalls nicht völlig überein“ (Blank 2001: 104).

Im Folgenden sollen die sieben Arten der lexikalischen Polysemie, bei Blank in einer Tabelle festgehalten, definiert und anhand von Beispielen veranschaulicht werden.

Metaphorische Polysemie

Bei Metaphern handelt es sich um die bildliche oder übertragene Verwendung von Wörtern. Sie übermitteln eine oder mehrere Eigenschaften einer Bedeutung an eine andere abgeleitete Bedeutung. Dabei muss eine Ähnlichkeitsbeziehung zwischen ursprünglichem und neuem Referenten des metaphorisch verschobenen Begriffs vorliegen.

(1) it. covare le uova ‘Eier ausbrüten’, it. covare una malattia ‘Eine Krankheit ausbrüten’ (Dizionari.repubblica.it 2011: „covare“)

Durch den metaphorischen Bedeutungswechsel ist die Bedeutung ‘ausbrüten’ von etwas Konkretem zu etwas Abstraktem geworden, die neue Bedeutung des italienischen Verbes covare ist also zu einer metaphorischen Polysemie geworden.

Dazu sagt Blank (2001: 75): „Die innovative Bildung einer Metapher setzt eine kreative Konzeptualisierung voraus: wir müssen etwas als etwas anderes sehen und dann als dieses andere versprachlichen.“ Meist werden solche metaphorischen Polysemien gar nicht mehr bewusst als solche wahrgenommen, da sie häufig bereits sehr tief in der Kognition der Sprecher verankert sind.

Kohyponymische Polysemie

In diesem Fall entsteht Ambiguität zwischen zwei Kohyponymen. Beide Konzepte gehören demselben Sachfeld an, wobei die entsprechenden lexikalischen Einheiten Kohyponyme eines Hyperonyms sind. Dieser Fall von Polysemie findet sich fast ausschließlich bei Tieren und Pflanzen und entsteht, wenn Sprecher von einem Lebensraum, in einen anderen kommen. Sie übertragen dann die ihnen bekannten Bezeichnungen auf ähnliche, ihnen aber bisher unbekannte Tiere und Pflanzen (Blank 2001: 86).

(2) it. ratt, ratta/-o ‘Ratte’, it. (reg.) ebenfalls ‘Maus’

Taxonomische Polysemie

Bei der taxonomischen Polysemie handelt es sich um die lexikalische Absorption ins Determinatum (Blank 2001: 106).

(3) it. uomo ‘Mensch’, ‘Mann’

Dieses Beispiel für eine taxonomische Polysemie hat sich aus der Spezialisierung entwickelt. Dabei wurde die Bedeutung ‘Mensch’ weiter differenziert, die spezialisierte Bedeutung ‘Mann’ kam zur ursprünglichen hinzu, wodurch das italienische Substantiv uomo polysem wurde. Taxonomische Polysemien sind auch durch das umgekehrte Phänomen, die Generalisierung, und durch lexikalische Absorption entstanden, obgleich die ursprüngliche Richtung deren Wandels nicht mehr erkennbar ist (Blank 2001: 106).

Metonymische Polysemie

Metonymien zeichnen sich dadurch aus, dass, anders als bei Metaphern, zwischen dem ursprünglichen und dem übertragenen Referenten keine Ähnlichkeitsbeziehung, sondern eine Zugehörigkeit bzw. Kontiguität besteht. Alle Bedeutungen des Wortes sind demnach Teile derselben konzeptuellen Struktur.

(4) it. vendemmia ‘Weinlese’, ‘Zeit der Weinlese’

Ebenfalls gibt es Konzeptmetonymien, die auf verschiedenen Konzepten, wie dem Ursache-Folge-Konzept beruhen.

(5) it. spina ‘Dorn’, ‘stechender Schmerz’

Bei diesem Beispiel kommt die Bedeutung des stechenden Schmerzes als Folge bzw. abgeleitete Form der Grundbedeutung ‘Dorn’ hinzu. Man verspürt einen stechenden Schmerz, wenn man sich an einem Dorn sticht. Diese Konzeptmetonymie lässt sich auch leicht auf Adjektive übertragen:

(6) a. Maria hat fatto una triste annuncio a Paolo [Ursache]

b. Paolo è triste. [ (als von (1))]

Die Ursache-Folge-Konstellation ist laut Blank so markant, dass die Umsetzung der Konstellation für fast alle Frames möglich sei. Es gibt jedoch auch Konstellationen, die weniger markant sind, was die Versprachlichung erschwere oder sogar blockieren könne. Nach Blank seien solche Konzeptmetonymien so produktiv, dass man nicht mehr von metonymischen Bedeutungswandeln sprechen könne, sondern von analogischen Bedeutungswandeln (Blank 2001: 114).

Anders als bei der taxonomischen, lässt sich bei der metonymischen Polysemie die lexikalische Absorption ins Determinans beobachten, jedoch gilt diese Art von Polysemie im engeren Sinne nur für Fälle bei denen beide Bedeutungen nicht durch Wortart- oder Genusunterschiede weiter differenziert werden. Als Beispiel dafür nennt Blank das italienische Substantiv portatile, mit seinen Bedeutungen ‘tragbar’ und ‘Notebook-Computer’ (Blank 2001: 106). Es handle sich dabei allerdings um einen Grenzfall von Polysemie und womöglich um eine separate sprachliche Einheit, da sie nicht nur durch den Bedeutungswandel, sondern auch durch Wortart- bzw. Genuswechsel entstanden sei. Konzepte wie diese sind weit verbreitet und „erzeugen [...] einen Typ von semantischer Mehrdeutigkeit, der nicht den üblichen Kriterien der Lexikalisierung entspricht, aber [...] eben doch sehr regelmäßige semantische Relationen zulässt“ (Blank 2001: 115).

Auto-konverse Polysemie

Die auto-konverse Polysemie kommt selten vor. Sie beruht auf konzeptueller Kontiguität, ähnlich wie die metonymische Polysemie. Dabei sind die unterschiedlichen Bedeutungen entweder räumlich, zeitlich oder logisch aufeinander bezogen. Es wird ein Perspektivwechsel vollzogen, wobei das bisherige Grundkonzept zu einer Figur wird und das bisherige Figurkonzept in den Hintergrund tritt (Blank 2001: 84).

(7) it. noleggiare ‘mieten’, ‘vermieten’

Der eben genannte Perspektivwechsel wird in diesem Beispiel sehr deutlich, da von einer Partei gemietet wird und von der anderen vermietet. Trotzdem hat sich dafür keine weitere lexikalische Einheit, sondern eine weitere Bedeutung entwickelt. Hierbei handelt es sich um ein Beispiel für sprachübergreifende Polysemie, die sich nicht nur im Italienischen, sondern auch im Französischen und Spanischen entwickelt hat (Blank 2001: 105).

Antiphrastische Polysemie

Auch hierbei handelt es sich um eine seltene Form der Polysemie. Sie kommt in Gestallt von ad-hoc-Bildungen im Diskurs vor und wird u. a. zum Ausdruck von Ironie oder Euphemismus genutzt (vgl. Blank 2001: 43f.). Die antiphrastische Polysemie beruht auf einem „solienten Gegensatz im Weltwissen oder bei den Konnotationen“ (Blank 2001: 92f.).

(8) sard. siñaladu ‘berühmt’, ‘berüchtigt’

Auto-antonymische Polysemie

Dabei handelt es sich um den zweiten Fall der kontrabasierten Polysemie, ähnlich wie die antiphrastische Polysemie, auch sie ist äußerst selten. Dabei steht die neue Bedeutung in Antonymie zur ursprünglichen Bedeutung (Blank 2001: 93).

(9) sard. masetu ‘sanft’, ‘aufbrausend’

(10) fr. sacré ‘heilig’, ‘verflucht’

Abschließend hält Andreas Blank fest:

Die Spezialität des analogischen Bedeutungswandel ist gerade die Kopie einer bereits bestehenden anderweitigen (meist metaphorischen oder metonymischen Polysemie) bei einem anderen Wort, das in seiner ursprünglichen Bedeutung in lexikalischer Relation (meist Synonymie) zu jenem Wort steht, dessen Polysemie kopiert wird. (Blank 2001: 107)

Damit meint er, dass keine neuen Typen von Polysemien entstehen, sondern es sich lediglich um Kopien der oben genannten Typen handle.

Wie bereits erwähnt ordnet Blank seine sieben Typen der Polysemie elf Typen des Bedeutungswandels zu. Er betont an dieser Stelle, dass einige der Arten jedoch in der Synchronie verschmelzen oder gar verschwinden, weshalb ein ungleiches Bild zwischen Bedeutungswandel und Arten von Polysemie entstehe: „Wir erkennen also, dass die synchronische Beziehung zwischen zwei Bedeutungen nicht exakt den diachronischen Prozess ihrer Entstehung widerspiegeln muss“ (Blank 2001: 107).

Ebenfalls wichtig ist es sich zu vergegenwärtigen, dass sich bestimmte Polysemien nur auf die Relation zwischen zwei Bedeutungen eines Wortes beziehen. Hat die lexikalische Einheit mehr als zwei Bedeutungen, dann ist es möglich noch weitere Typen von Polysemie zu finden.

[...]


[1] Die Veränderung der Bedeutung einer lexikalischen Einheit im Verlauf seiner sprachgeschichtlichen Entwicklung (vgl. Blank 2001: 70).

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Polysemie und Homonymie in der italienischen Sprache
Hochschule
Universität Münster  (Romanisches Seminar)
Veranstaltung
Italienische Semantik
Note
2,0
Autor
Jahr
2016
Seiten
18
Katalognummer
V376687
ISBN (eBook)
9783668539853
ISBN (Buch)
9783668539860
Dateigröße
602 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Italienisch, Linguistik, Sprachwissenschaft, Semantik, Polysemie, Homonymie
Arbeit zitieren
Beate Bruns (Autor:in), 2016, Polysemie und Homonymie in der italienischen Sprache, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/376687

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