Aktionsparameterüberblick der Erbschaft- und Schenkungsteuerplanung bei der unentgeltlichen Unternehmensnachfolge

Beispielhafte Vorteilhaftigkeitsanalyse


Seminararbeit, 2017

24 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Grundlagen
2.1 Grundlagen des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes
2.2 Methodische und betriebswirtschaftliche Grundlagen der betrieblichen Steuerpolitik

3 Steuerplanerische Untersuchung
3.1 Wahlrechte für begünstigtes Vermögen
3.2 Allgemeine Sachverhaltsgestaltungen
3.3 Vom begünstigungsfähigen zum begünstigten Vermögen

4 Fallbeispiel

5 Zusammenfassung der Ergebnisse

6 Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Wichtige Aktionsparameter der unentgeltlichen Unternehmensnachfolge

Abbildung 2: Aktionsparameter zur Beeinflussung des VV und der VVQ

Abbildung 3: Abschmelzender Verschonungsabschlag und Verschonungsbedarfsprüfung

Abbildung 4: Vergleich von Regel- u. Optionsverschonung

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Regel- und Optionsverschonung

Tabelle 2: Abschmelzender Verschonungsabschlag

Tabelle 3: Fallbeispiel

Tabelle 4: Wirkungen der Aktionsparameter

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Die häufigste Form der Beendigung der unternehmerischen Betätigung dürfte der Generationenwechsel sein. Neben der Vererbung von Todes wegen kann es bereits zu Lebzeiten, durch die vorweggenommene Erbfolge, zu einer Teilübertragung eines Betriebes oder von Gesellschaftsanteilen kommen.[1] Die sorgfältige Planung der Unternehmensnachfolge stellt ein Erfolgskriterium dar, das den Fortbestand des Unternehmens sichern kann.[2] Um die mit der Übergabe verbundenen Zahlungsabflüsse zu ermitteln, muss eine Erbschaft- und Schenkungsteuerplanung durchgeführt werden. Bei der Übertragung von Betriebsvermögen entstehen durch Ausnutzung der Aktionsparameter unterschiedliche Steuerwirkungen. Diese beziehen sich auf die steuerliche Bemessungsgrundlage, den Steuersatz und die Steuerfälligkeit.[3]

Der Bereich der Erbschaft- und Schenkungsteuerplanung ist von großer Unsicherheit gekennzeichnet. Diese beruht insbesondere auf Datenunsicherheit, die mit dem Planungszeitraum positiv korreliert sowie dem Risiko der zukünftig ungewissen Rechtsprechung.[4] Ziel dieser Arbeit ist es, Handlungsalternativen und deren Wirkung nach der aktuellen Rechtslage darzustellen und kritisch zu würdigen. Beschränkt wird die Analyse auf die unentgeltliche Unternehmensnachfolge in Form von Vererbung, Schenkung und Stiftung. Untersucht wird die Übertragung inländischen Betriebsvermögens und Anteilen an inländischen Kapitalgesellschaften.

Die Arbeit ist wie folgt aufgebaut: Nach der Einleitung werden im Kapitel 2 die rechtlichen Grundlagen des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes erarbeitet (nachfolgend nur ErbStG), welche für die Übertragung von Betriebsvermögen von Bedeutung sind. Daran anschließend werden betriebswirtschaftliche Grundlagen erarbeitet und die Aktionsparameter klassifiziert. Im Kapitel 3 werden darauf aufbauend die Wirkungen ausgewählter Handlungsalternativen aufgezeigt und näher betrachtet. Im Kapitel 4 wird anhand eines Fallbeispiels das Vorgehen veranschaulicht. Den Abschluss bildet Kapitel 5 mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse.

2 Grundlagen

2.1 Grundlagen des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes

Die gesetzliche Grundlage für die unentgeltliche Übertragung von Vermögen bildet das ErbStG. Der Erbschaft- und Schenkungsteuer (im Folgenden nur ErbSt) unterliegen gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 ErbStG die hier untersuchten Vorgänge der Nachfolgeformen: Vererbung, Schenkung und Stiftung. Nachfolgend wird ein kurzer Überblick über die grundlegenden Rechtsnormen aufgezeigt, dabei wird die persönliche Steuerpflicht gem. § 2 ErbStG unterstellt. Die Steuerpflicht entsteht bei Erwerb von Todes wegen mit dem Tod des Erblassers gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, bei Erwerb unter Lebenden im Zeitpunkt der Schenkung gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG, für Stiftungen darüber hinaus in Zeitabständen von 30 Jahren (sog. Erbersatzsteuer) gem. § 9 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG. Der steuerpflichtige Erwerb ist die Bereicherung des Erwerbers, sofern diese nicht steuerfrei ist, § 10 Abs. 1 S. 1 ErbStG. Die für die Unternehmensnachfolge besonders relevanten Normen werden nachfolgend betrachtet.

Der § 13a ErbStG regelt in den Absätzen 1 und 10 die Steuerbefreiungen für Betriebsvermögen und Anteile an Kapitalgesellschaften bis zur sog. Prüfschwelle von 26 Mio. €. Die Steuerbefreiungsmöglichkeiten sowie die zu erfüllenden Voraussetzungen werden in der folgenden Tabelle 1 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[5]

Tabelle 1: Regel- und Optionsverschonung

Werden die Lohnsummen oder Behaltensfristen nicht eingehalten, erfolgt eine anteilige[6] Nachversteuerung gem. § 13a Abs. 6 ErbStG. Von einer rückwirkenden Besteuerung, wird im Falle der Behaltensfristen abgesehen, wenn der Veräußerungserlös innerhalb von sechs Monaten in begünstigtes Vermögen investiert wird. Die sogenannte Reinvestitionsklausel ist in § 13a Abs. 6 S. 3 und 4 ErbStG kodifiziert. Werden Überentnahmen, die 150 T€ übersteigen getätigt entfällt die Verschonung vollumfänglich. Beim Abschlag für familiengeführte Unternehmen gem. § 13a Abs. 9 ErbStG ist ein Wertabschlag, vor Anwendung der Prüfschwelle von bis zu 30 % möglich. Dafür sind langfristige gesellschaftsvertragliche Abfindungs-, Ausschüttungs- u. Veräußerungsbeschränkungen erforderlich und über einen Zeitraum von 20 Jahren einzuhalten.

Die Bewertung erfolgt gem. § 12 ErbStG auf Grundlage der Bestimmungen des BewG. Entsprechend richtet sich diese für Anteile an Kapitalgesellschaften und Betriebsvermögen nach dem Börsenkurs oder durch abgeleitete Verkäufe innerhalb der letzten zwölf Monate. Ist keiner dieser Werte zu ermitteln, hat der Steuerpflichtige ein Wahlrecht zwischen ertragswertorientierten (zukunftsorientierten) Verfahren oder dem (vergangenheitsorientierten) vereinfachten Ertragswertverfahren.[7] Voraussetzung zur Ausübung des Wahlrechts ist, dass die Bewertung nicht zu offensichtlich falschen Ergebnissen führt § 199 Abs. 1 BewG.

Die Übernahme der Schenkungsteuer durch den Schenker gem. § 10 Abs. 2 ErbStG beeinflusst die BMG. Die Berechnung erfolgt auf Grundlage der Vermögensübertragung zzgl. der Schenkungsteuer.

Eine Stundung für die auf begünstigtes Vermögen anfallende ErbSt ist bei Erwerb von Todes wegen gem. § 28 ErbStG für sieben Jahre möglich, das erste Jahr wird zinslos gewährt wird.

Die Ermittlung des begünstigten Vermögens erfolgt nach § 13b ErbStG. Die im § 13a Abs. 1 S. 1 ErbStG verankerte Prüfschwelle i. H. v. 26 Mio. € führt bei deren Überschreiten zur Prüfung der §§ 13c Abs. 1 und 28a Abs. 1 S. 1 ErbStG . Letzterer beinhaltet ein Wahlrecht zwischen abschmelzendem Verschonungsabschlag und der Verschonungsbedarfsprüfung. Für verbundene Unternehmen nach § 13b Abs. 9 S. 1 ErbStG ist eine Verbundvermögensaufstellung zu erstellen.[8] Diese bildet die Basis bei der Bestimmung der Verwaltungsvermögensquote (nachfolgend nur VVQ), beim Finanzmitteltest und beim anteiligen Schuldenabzug.[9]

Der abschmelzende Verschonungsabschlag gem. § 13c Abs. 1 ErbStG ist anwendbar für begünstigtes Vermögen ab 26 Mio. €. Die Verschonungsabschläge werden jedoch in Stufen von jeweils 750 T€ um 1 % gekürzt. Die Verschonungsbedarfsprüfung gem. § 28a ErbStG, kann zu einem teilweisen oder vollständigen Erlass der auf begünstigtem Vermögen festgesetzten ErbSt führen.

Mit Nutzung eines Nachfolgezeitraums der größer als zehn Jahre ist, können Verschonungsabschlag, Abzugsbetrag und persönliche Freibeträge mehrfach genutzt werden, §§ 14 Abs. 1 S. 1 und 13a Abs. 1 S. 2 ErbStG.

Die ErbSt für begünstigtes Vermögen wird nach dem persönlichen Steuersatz gem. § 19 Abs. 1 ErbStG ermittelt. Durch den Entlastungsbeitrag gem. § 19a ErbStG wird die Steuerbelastung der in Stkl. I anfallenden Steuerbelastung gleichgestellt. Im Ergebnis ist der Entlastungsbetrag der Unterschiedsbetrag aus der angewendeten Stkl. und der Stkl. I.[10]

Die Investitionsklausel gem. § 13b Abs. 5 S. 1 ErbStG ermöglicht die Umwandlung von begünstigungsfähigen in begünstigtes Vermögen.

Nießbrauch führt im Allgemeinen zur Verringerung des steuerpflichtigen Erwerbs. Die Verpflichtungen sind nach den allgemeinen Vorschriften über die Bewertung zu ermitteln und von der Zuwendung in Abzug zu bringen.[11]

2.2 Methodische und betriebswirtschaftliche Grundlagen der betrieblichen Steuerpolitik

Die betriebliche Steuerpolitik kann als zielgerichtete, d. h. planmäßige Ausnutzung steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten verstanden werden. Diese Gestaltungsmöglichkeiten lassen sich gliedern in die nachfolgenden Aktionsparameter:

1. steuerliche Wahlrechte (vom Gesetzgeber ausdrücklich eingeräumt),

2. steuerliche Ermessensspielräume (die faktisch gegeben sind – aufgrund unklarer Rechtsbegriffe oder einer ungeklärten Rechtslage),

3. steuerlich orientierte Sachverhaltsgestaltungen (betriebliche Aufbauelemente und Funktionen z. B. Rechtsformwahl).[12]

Einzahlungen sind – da sie als gleichbleibend angesehen werden – bei der steuerlichen Partialplanung nicht zu berücksichtigen, dementsprechend werden nur Steuer(aus)zahlungen berücksichtigt.[13] Wie im Laufe der Arbeit erkennbar wird, sind bei vielen Alternativen die Auszahlungszeitpunkte identisch, sodass die Steuerwerte direkt miteinander verglichen werden können. Eine Ausnahme bildet hier die vorweggenommene Erbfolge. Diese generiert, sofern sie nur zum Zwecke der Reduktion der Steuerlast durchgeführt wurde, eine frühere Steuerentstehung. Eine zeitlich nachverlagerte Steuerzahlung kommt bei Stundung in Betracht. Diese ist aber i. d. R. (hoch) verzinslich, damit entfällt die Berechnung des Steuerbarwerts (gem. § 238 AO mit 6 % p. a.). Durch die hohe Verzinsung ergibt sich eine Gestaltungsoption bei Nießbrauch, vgl. Abschnitt 3.2 dargestellt. Durch Gestaltungsmaßnahmen werden häufig auch andere Steuerarten betroffen. Diese werden nur in die Betrachtung einbezogen, sofern deren Bedeutung für die Beurteilung der Vorteilhaftigkeit beachtlich ist und selbige nicht nur ertragssteuerlich motivierte Tatbestände zur Steuerverlagerung darstellen. Dem Zeitpunkt der Übertragung des Unternehmens geht ein erheblicher Planungszeitraum voran.[14] Nachdem der Unternehmenswert und die Höhe des VVs ermittelt wurden, können mittels Veranlagungssimulationen oder der mathematischen Methode – mithilfe von Gesamtbelastungsformeln –, die Gestaltungsalternativen ermittelt werden, die zum steueroptimalen Ergebnis führen.[15] Im Folgenden werden die Berechnungen stark vereinfacht und nur in Bezug auf die ErbSt dargestellt. Ein Rechtsformwechsel vor der Übertragung kann eine vorteilhafte Gestaltung darstellen.[16] Sind bei einer Personengesellschaft Grundstücke involviert, ist dieser Wechsel fünf Jahre[17] vor Übertragung zu realisieren. Die Einlage von VV oder Finanzmitteln muss länger als zwei Jahre vor dem Übertragungszeitpunkt zurückliegen, damit diese zum begünstigungsfähigen Vermögen zählen. Weiterhin sind steuerpolitische Maßnahmen zur Beeinflussung des Unternehmenswertes im dreijährigen Zeitraum vor Übertragung durchzuführen, sofern die Bewertung nach dem vereinfachten Ertragswert erfolgen kann. Geeignet hierfür ist eine zielführende Steuerpolitik, die entsprechende Wahlrechte, Ermessensspielräume und Sachverhaltsgestaltungen bei der Bilanzierung und Bewertung ausnutzt.[18] Bei gestreckten Übertragungen wiederholen sich die vorbereitenden Tätigkeiten im Zeitraum vor der weiteren Übertragung. Ermessensspielräume ergeben sich bei der unentgeltlichen Unternehmensnachfolge – wie oben ausgeführt –, um Einfluss auf die Unternehmensbewertung zu nehmen. Dies dient der Beeinflussung der Bemessungsgrundlage, u. a. für die Verwaltungsvermögensquote. Das VV wird in Abschnitt 3.3 gesondert betrachtet. Daher erfolgt die Klassifizierung unter Auslassung der Ermessensspielräume in Wahlrechte für begünstigtes Vermögen, sonstige Wahlrechte und allgemeine Sachverhaltsgestaltungen,
wie in Abbildung 1 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Wichtige Aktionsparameter der unentgeltlichen Unternehmensnachfolge

Im Folgenden wird anknüpfend an die steuerplanerische Untersuchung der Wahlrechte für das begünstigte Vermögen und den allgemeinen Sachverhaltsgestaltungen, die Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne einer Modifizierung des Vermögens vom begünstigungsfähigen zum begünstigten untersucht.

3 Steuerplanerische Untersuchung

3.1 Wahlrechte für begünstigtes Vermögen

Zu den wichtigsten Wahlrechten gehören der Verschonungsabschlag und der Abzugsbetrag. Durch die Steuerbefreiung i. H. v. 100 % für Unternehmen mit einem Unternehmenswert von bis zu 26 Mio. € ist die Optionsverschonung als steueroptimale Lösung herauszustellen. Auch bei geringer Unterschreitung der Behaltensfrist oder der Lohnsumme kann im Vergleich zur Regelverschonung die Optionsverschonung vorteilhafter sein, da die Nachversteuerung geringer ausfallen kann als die lediglich 85%ige Steuerbefreiung der Regelverschonung.[19] Bei Verletzung der Behaltensfristen kann durch die Reinvestitionsklausel, wie bereits unter dem Abschnitt 2.1, ausgeführt der schädliche Anteil in begünstigtes Vermögen investiert werden, um die Nachversteuerung zu vermeiden.[20]

Der Abschlag für familiengeführte Unternehmen ist für alle im ErbStG zur Verfügung gestellten Optionen anwendbar, somit auch für die Abschmelzung des Verschonungsabschlags.[21] Problematisch kann bei der Ausgestaltung als familiengeführtes Unternehmen sein, dass Minderheitsgesellschafter häufig keinen Einfluss auf die Ausschüttungshöhe nehmen können.[22] Darüber hinaus kann sich deren Einfluss auf das Unternehmensgeschehen im Laufe der folgenden Jahre ändern. Werden die Voraussetzungen nicht eingehalten, führt dies zum nachträglichen Wegfall des Abschlags mit der Folge der Nachversteuerungspflicht.[23] In Abbildung 4 wird die Vorteilhaftigkeit grafisch dargestellt.

Für Erwerbe oberhalb der Prüfschwelle von 26 Mio. €, kann nur noch der abschmelzende Verschonungsabschlag in Anspruch genommen werden. Dieser ist nur bis zu einer bestimmten Höhe vorteilhaft.[24] Bspw. führt ein Erwerb i. H. v. 50,75 Mio. € bei der abschmelzenden Optionsverschonung zu einem steuerpflichtigen Anteil von 33 %, dies entspricht 16,75 Mio. €. Steigt der Erwerb auf 51,5 Mio. € ist, c. p. ein Anteil von 34 % steuerpflichtig, ergo 17,51 Mio. €. Dies zieht bei einer Erhöhung des Erwerbs um 750 T€, eine Erhöhung der BMG um 763 T€ nach sich. Hier ist die Regelbesteuerung vorteilhafter. Infolgedessen ist zu prüfen ob eine Umqualifizierung von begünstigten Vermögen in schädliches Verwaltungsvermögen möglich ist. Zu bedenken ist zudem, dass selbst kleine Überschreitungen der Schwellenwerte große Auswirkungen auf die Steuerlast haben. Dies zeigt das Beispiel in Tabelle 2:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Abschmelzender Verschonungsabschlag

Für zusätzlich übertragenes Betriebsvermögen in Höhe von 100 € ist eine ErbSt i. H. v. 195.030 € zu entrichten. Als Alternative zum abschmelzenden Verschonungsabschlag bietet sich dem Steuerpflichtigen eine Verschonungsbedarfsprüfung. Eine Kombination beider Verfahren ist nicht möglich. Bei der Verschonungsbedarfsprüfung sind 50 % des bereits beim Erwerber vorhandenen Vermögens und 50 % des mitübertragenen nicht begünstigten Betriebsvermögens zur Begleichung der Steuerschuld einzusetzen. Bedeutsam ist, dass zur Ermittlung des verfügbaren Vermögens zukünftige Erwerbe innerhalb eines 10-Jahres-Zeitraums zu berücksichtigen sind. Diese Erwerbe sind von der Person des Schenkers oder Erblassers unabhängig.[25] Art und Umfang der zukünftigen Schenkung bzw. des Erbanfalles wurden durch den Gesetzgeber nicht eingeschränkt, d. h., jede Gelegenheitsschenkung müsste abgelehnt [oder angezeigt] werden.[26] Ein späterer Erwerb i. S. d. ErbStG unterliegt demnach nicht nur erneut insgesamt der ErbSt, es sind auch 50 % zur Nachzahlung der erlassenen Steuer anzusetzen.[27] Bei einem Nacherwerb ab 26 Mio. € verbleiben netto 20 % in Stkl. I und 0 % bei einem Erwerb ab 13 Mio. € in Stkl. III.[28] Die Übertragung auf eine (vermögenslose) Stiftung[29] oder eine (nur mit Stammkapital ausgestattete) GmbH (von Todes wegen)[30] führt zu einem Erlass der Steuer, da sowohl die GmbH als auch die Stiftung über kein einzusetzendes Vermögen verfügt. Unter Umständen kann diese extreme Gestaltung auch einen Gestaltungsmissbrauch darstellen (§ 42 AO).[31] Die Verschonungsbedarfsprüfung unterliegt denselben Voraussetzungen wie die der Optionsverschonung; § 28a Abs. 4 Nr. 1 u. 2 ErbStG. Die Abbildung 3, Seite 16 veranschaulicht die Wirkungen des abschmelzenden Verschonungsabschlags und der Verschonungsbedarfsprüfung anhand einer Vergleichsrechnung.

Zum Antrag auf Stundung gem. § 28 ErbStG kann alternativ der gem. § 222 AO gestellt werden. Letzterer ist unabhängig davon, ob es sich um begünstigtes Vermögen handelt.[32] Aufgrund der hohen Verzinsung sollte geprüft werden, ob ein Bankkredit eine günstigere Alternative darstellt.

3.2 Allgemeine Sachverhaltsgestaltungen

Als unentgeltliche Nachfolgeformen der Übertragung stehen drei Arten der Übertragung zur Verfügung: Vererbung, Schenkung und Stiftung.[33] Handlungsalternativen aufgrund der Nachfolgeform ergeben sich in steuerlicher Hinsicht aus den Normen, die entweder nur im Todesfall oder zu Lebzeiten anwendbar sind und auf die Erbersatzsteuer bei Stiftungen. Der Nachfolgezeitraum beinhaltet die zeitliche Streckung der Übertragung des Eigentums. Die Vorteile wurden unter den rechtlichen Grundlagen in Abschnitt 2.1 bereit erläutert. Die Nachfolgeranzahl wirkt ähnlich, sofern die Übertragungen auf mehrere Nachfolger erfolgen. Das Fallbeispiel in Kapitel 4 zeigt zudem die Wirkungen des Nachfolgezeitraums und der Nachfolgeranzahl.

Zur Investitionsklausel erfolgt eine Darstellung in Abschnitt 3.3.

Zweckdienlich kann ein Rechtsformwechsel [34] in Bezug auf die Nachfolge sein, wenn der Abschlag für familiengeführte Unternehmen in Anspruch genommen werden soll. Einzelunternehmen können diesen Abschlag bereits in Ermangelung eines Gesellschaftervertrages nicht nutzen. Der Abschlag ist Einzelunternehmen verwehrt.[35] Eine Sachverhaltsgestaltung in Form einer Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft oder GmbH & Co. KG kann folglich eine vorbereitende Maßnahme darstellen.[36]

Durch Nießbrauch ist eine Verringerung der BMG realisierbar. Dies ist dann der Fall, wenn die Begünstigten nicht der Schenker selbst bzw. sein Ehegatte sind. In einem solchen Fall, sieht das ErbStG nur die Begünstigung in Form einer Stundung vor. Deren Ablösung ist jederzeit zum Barwert möglich § 25 Abs. 1 S. 1 ErbStG. Der Steuervorteil ergibt sich aus der erhöhten Abzinsung, somit können erhebliche Steuervorteile generiert werden.[37]

3.3 Vom begünstigungsfähigen zum begünstigten Vermögen

Grundsätzlich ist das VV, ausgenommen der jungen Finanzmittel und des jungen VVs, begünstigungsfähiges Vermögen. In § 13b Abs. 4 ErbStG wird das VV abschließend enumerativ dargestellt.[38] Dies sind bspw. der Überschuss der Finanzmittel über die Schulden, sofern sie 15 % des Betriebsvermögens oder der Gesellschaft übersteigt und Anteile an Kapitalgesellschaften mit einer Beteiligungshöhe von ≤ 25 %.[39] Das VV wird um einen unschädlichen Teil von 10 % des Nettoverwaltungsvermögens gekürzt.[40] Das übrige VV unterliegt der Regelbesteuerung. Der prozentuale Anteil, also die VVQ am Betriebsvermögen ist maßgeblich dafür, ob und in welcher Höhe eine Verschonung gewährt wird. Viele Wahlrechte beziehen sich ausschließlich auf das begünstigte Vermögen (s. Abschnitt 3.1). Dies macht deutlich, warum Gestaltungsmaßnahmen hier besonders große Wirkung entfalten. Im Folgenden werden drei Aktionsparameter näher betrachtet.

Die Investitionsklausel gem. § 13b Abs. 5 S. 1 ErbStG ermöglicht die Umwandlung in begünstigtes Vermögen. Die Investition muss nach vorgefasstem Plan des Erblassers innerhalb von zwei Jahren nach Erwerb, in begünstigungsfähiges Vermögen, das zu Gewinneinkünften i. S. d. EStG führt, erfolgen. Es sollte grundsätzlich vor Übertragung Konzepte, ggf. unterschiedliche des Erblassers vorliegen.[41] Dies sollten regelmäßig aktualisiert werden um eine gewisse Flexibilität zu erlangen. Die Zurechnung zum VV entfällt rückwirkend.[42]

Das Deckungsvermögen für die Altersvorsorgeverpflichtungen gehört nicht zum VV, sofern es die Höhe der Rückstellung nicht übersteigt. Die Höhe der Rückstellung ergibt sich aus der Handelsbilanz, da der Steuerbilanzwert nicht dem gemeinen Wert entspricht.[43] Die kurzfristige Zuführung von Finanzmitteln vor Übertragung, bis zur Rückstellungshöhe zählt nicht zu den „jungen Finanzmitteln“ sofern sie dem Zugriff der anderen Gläubiger entzogen sind.[44]

Die Anteile an Kapitalgesellschaften mit einer Beteiligungshöhe von bis zu 25 %, zählen zum Verwaltungsvermögen. Dem Steuerpflichtigen stehen folgende Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung:

- Der Hinzuerwerb weiterer Anteile
- Die Umwandlung bestehender Gesellschafterdarlehen in Nennkapital
- Der Rückkauf eigener Anteile
- Die Entnahme, bzw. Einlage von Anteilen, um bisher mittelbare und unmittelbare gehaltene Anteile zu verringern
- Poolvereinbarungen, die eine einheitliche Stimmrechtsausübung mit Verfügungsbeschränkung von Gesellschaftern mit einem insgesamt 25 % übersteigenden Anteil[45]

In Abbildung 2 erfolgt eine (nicht abschließende) Übersicht möglicher Parameter zur Veränderung des VV und der VVQ.

[...]


[1] Vgl. Schneeloch, D. Steuerpolitik 2009, S. 297.

[2] Vgl. Frieling, M., Familienstiftung 2015, S. 1.

[3] Vgl. Rautenstrauch, G., Unternehmensnachfolge 2002, S. 85.

[4] Vgl. Schneeloch, D. Steuerpolitik 2009 S. 8–9.

[5] Jeweils am begünstigungsfähigen Betriebsvermögen.

[6] Vgl. Eisele, D. Erbschaftsteuerreform 2017, S. 22.

[7] Vgl. Eisele, D. Erbschaftsteuerreform S. 99, 2017, 102 - 103.

[8] Vgl. Korezkij, L., Verwaltungsvermögenstest 2016 S. 2435

[9] Vgl. Eisele, D. Erbschaftsteuerreform 2017, S. 68.

[10] Vgl. Horschitz/Gross/Schnur/Lahme/Zipfel, Erbschaftsteuer 2014, Rn. 541.

[11] Vgl. Troll/Gebel/Jülicher/Gebel, Nießbrauch 2016 Tz. 910.

[12] Vgl. Schneeloch, D. Steuerpolitik 2009, S. 3.

[13] Vgl. Schneeloch, D. Steuerpolitik 2009, S. 72.

[14] Vgl. Frieling, M., Familienstiftung 2015, S. 71.

[15] Vgl. Schneeloch, D. Steuerpolitik 2009, S. 6.

[16] Vgl. Hannes, F., Verschonung 2016, S. 558.

[17] Vgl. auch § 5 Abs. 1 GrEStG Behaltensfrist bei grunderwerbsteuerfreier Übertragung.

[18] Vgl. Frieling, M., Familienstiftung 2015, S. 150.

[19] Vgl. Frieling, M., Familienstiftung 2015, S. 133.

[20] Vgl. Eisele, D., Erbschaftsteuerreform 2017, S. 22.

[21] Vgl. Hannes, F., Verschonung, 2016 S. 556.

[22] Vgl. Hannes, F., Verschonung, 2016 S. 559.

[23] Vgl. Hannes, F., Verschonung, 2016 S. 558.

[24] Vgl. Koretzkij L., Abschmelzungsmodell 2017, S. 189–190.

[25] Vgl. Hannes, F., Verschonung 2016, S. 561.

[26] Vgl. Wachter, T., Konturen 2016, S. 706.

[27] Vgl. Hannes, F., Verschonung 2016, S. 560.

[28] Vgl. Hannes, F., Verschonung 2016, S. 560.

[29] Vgl. Theuffel-Werhahn, B., Familienstiftungen 2017, S. 17–19.

[30] Vgl. Wachter, T., Konturen 2016, S. 707.

[31] Vgl. Theuffel-Werhahn, B., Familienstiftungen 2017, S. 19; Wachter, T., Konturen 2016, S. 707.

[32] Vgl. Eisele, D. Erbschaftsteuerreform 2017, S. 83.

[33] Vgl. Hering/Olbrich, Unternehmensnachfolge 2003, S. 63.

[34] Zu beachten sind hier jedoch die Wirkungen auf andere Steuerarten. Bei der Übertragung von Grundstücken auf eine GmbH fällt Grunderwerbsteuer an. Die Übertragung der Wirtschaftsgüter kann zu Buchwerten erfolgen § 4 Abs. 2 UmwStG (eine Aufdeckung stiller Reserven kann sich aber auch positiv auswirken, wenn der abgebende Eigner z. B. Freibeträge gem. § 16 Abs. 4 EStG nutzen kann und beim Nachfolger nach Übertragung ertragsteuerminderndes Abschreibungspotenzial generiert werden kann). Als „Einmann-Gesellschaft“ bietet sich eine Umwandlung in eine GmbH & Co. KG an. Hier können Grundstücke gem. § 5 Abs. 2 GrEStG steuerfrei übertragen werden. Bei dieser Gesellschaftsform kann aber wiederum kein Einfluss auf die Einkünfte des geschäftsführenden Gesellschafters genommen werden HE 13a.4 (2) ErbStR, wohl aber der Familienangehörigen. Auch sind die Kosten einer solchen Umwandlung in die Vorteilhaftigkeitsanalyse einzubeziehen.

[35] Vgl. Thonemann-Micker/Krogoll, Analyse 2016, S. 2316.

[36] Vgl. Hannes, F., Verschonung 2016, S. 558.

[37] Vgl. Janssen/Nickel, Unternehmensnießbrauch 1998, S. 127.

[38] Vgl. Eisele, D. Erbschaftsteuerreform 2017, S. 39.

[39] Vgl. Viskorf/Löcherbach/Jehle, Überblick 2016, S. 2426.

[40] Vgl. Eisele, D. Erbschaftsteuerreform 2017, S. 65.

[41] Vgl. Thonemann-MIcker/Krogoll, Fragestellungen 2016, S. 386.

[42] Vgl. Korezkij, L., Verwaltungsvermögenstest 2016 S. 2440.

[43] Vgl. Geck, R., Verschonung, 2016, S. 128 u. 550. Der handelsrechtliche Ansatz der Rückstellung ist höher, da für die Steuerbilanz gem. § 6a EStG ein (überhöhter) Zinssatz zur Abzinsung von 6 % vorgegeben ist.

[44] Vgl. Viskorf/Löcherbach/Jehle, Überblick 2016, S. 2428.

[45] Vgl. Frieling, M. Familienstiftung 2015, S. 122.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Aktionsparameterüberblick der Erbschaft- und Schenkungsteuerplanung bei der unentgeltlichen Unternehmensnachfolge
Untertitel
Beispielhafte Vorteilhaftigkeitsanalyse
Hochschule
FernUniversität Hagen
Note
1,7
Autor
Jahr
2017
Seiten
24
Katalognummer
V376683
ISBN (eBook)
9783668539716
ISBN (Buch)
9783668539723
Dateigröße
579 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Erbschaft Schenkung Unternehmensnachfolge
Arbeit zitieren
Andrea Betz (Autor:in), 2017, Aktionsparameterüberblick der Erbschaft- und Schenkungsteuerplanung bei der unentgeltlichen Unternehmensnachfolge, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/376683

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