Normative Anforderungen bei der Ausbildung von Journalisten in der Krisen- und Kriegsberichterstattung


Bachelorarbeit, 2014

132 Seiten, Note: 1,8


Leseprobe


Zusammenfassung
Diese Bachelorarbeit befasst sich im wesentlichen mit den normativen Anforderungen
der Ausbildung von Journalisten, deren Arbeitsumfeld die Krisen- und
Kriegsberichterstattung ist. Die methodischen Grundlagen dieser Arbeit sind in der
Gesamtheit Auswertungen von unterschiedlichen Sach- und Fachbüchern der
Publizistik, der Kommunikationswissenschaft und nicht zuletzt Publikationen von
Journalisten selbst, die von ihrer Arbeit aus Krisen und Kriegen berichten. Ergänzend zu
der vorhandenen und als Grundlage dienenden Literatur werden Veröffentlichungen aus
den Print- bzw. Onlinemedien des deutschsprachigen Raumes genutzt, um Aussagen
und Auffassungen in dieser Arbeit zu untermauern. Die Veränderungen im Journalismus
führen dazu, dass es immer neue wissenschaftliche Forschungsergebnisse gibt. Im
Schwerpunkt befassen sich die Untersuchungen allerdings mit der Frage, wie sich der
Journalismus verändern wird, ob Onlineangebote zunehmen und die gedruckte Version
der Tagespresse geringer werden wird. Bei all diesen Untersuchungen wurde das
Arbeitsumfeld der Journalisten in der Krisen- und Kriegsberichterstattung
vernachlässigt. Nach dem Irak- Krieg 2003 gab es einige Fragestellungen, die sich
ausschließlich mit dem ,,embedded journalism" befasst haben. Letzter Forschungsstand
aus dem Arbeitsumfeld der Krisen- und Kriegsberichterstattung befasst sich mit der
Frage, wie Journalisten aus einem bestimmten atypischen Arbeitsumfeld berichten. Die
Bedeutung dieser Berichterstattung ist unbestritten hoch und nimmt einen besonderen
Stellenwert in der Tagespresse und den übrigen Medienkanälen ein. Schlussfolgernd
stellen sich folgende Fragen:
· Wie können sich JournalistenInnen wirksam vorbereiten, um aus Krisen
oder Kriegen berichten zu können?
· Welche Strategien können bzw. müssen entwickelt werden, um mehr
Sicherheit bei der Berichterstattung zu generieren?
Bei der Analyse der vorliegenden Literatur muss festgestellt werden, dass nahezu alle
Publikationen diesen Fragen wenig Aufmerksamkeit geschenkt haben. Ein Umdenken
soll zukünftig dazu führen, Journalisten und Redaktionen dazu zu bewegen, sich
bewusster mit der Frage der Sicherheit auseinander zu setzen und aktiv daran zu wirken.

Abstract
This bachelor's thesis explores the foundational background and prerequisites need by
journalists reporting in war and conflict zones. The methodological basis of this thesis is
the analysis and evaluation of the applicable Media and Communications Studies
academic and research literature, in addition to firsthand accounts from journalists who
have reported from such areas. In addition to these sources, examples from both
German print and online media will be analyzed in light of the literature to examine and
highlight the central themes.
A new scientific investigation of war journalism is necessary, in particular the evolution
of modern journalism in the context of the rapid rise of online journalism and apparent
decline of the printed medium. In every existing study of war and conflict zone
journalism, the journalist's work environment was taken for granted and neglected. But,
the experience of "embedded journalism" in the Iraq War has raised pivotal questions
about that environment in need of answering. In particular, it is vital to explore the
effect that the environment a journalist works in affects his/her reporting.
The significance war and conflict zone reporting is undisputable and of immense
importance for both the daily press and remaining media channels and two questions are
central to this type of journalism. First, how can journalists effectively prepare
themselves to be able to report from war and conflict zones? And, which strategies can
and must be developed to serve/to guarantee greater safety while reporting in dangerous
areas?
The analysis of the available literature showed that very little attention was given to
these two critical questions, making it clear that the status quo needs to be challenged.
Journalism is in need of a paradigm shift. Research needs to be devoted to new
guidelines for journalists and editorial offices that take into account the safety issues
facing journalists in war and conflict zones, and take an active role guaranteeing a safer
environment for the journalists stationed in dangerous areas.

Schlagwörter:
· Krisen- und Kriegsberichterstattung,
· Stringer,
· Fixer,
· Sensibilisierung,
· Postraumatisches Belastungssyndrom (PTBS).
Keywords:
· Crises- and war journalism,
· stringer,
· fixer,
· embedded journalism.

,,Deutsche Journalisten sollten in Afghanistan nicht arbeiten dürfen. Denn ihre
Berichterstattung ist tendenziös, miserabel, inkompetent und dilettantisch. Sie können es
allemal mit ihren indischen Kollegen aufnehmen, die über die schneebedeckten
Berge im Ruhrgebiet schreiben." (Ashwin Raman 2008)
Mein Dank gilt all meinen Interviewpartnern, Freunden und Kollegen,
die mich unterstützt und immer wieder neu inspiriert haben.
Meinen ganz besonderen Dank richte ich aber an den Kollegen und Freund
Ashwin Raman, der mir immer mit Rat und Kritik zur Seite steht.

Inhaltsverzeichnis
1. Bezugsrahmen...3
1.1 Relevanz der Thematik ...3
1.2 Terminologie ...4
1.2.1 Definition des Begriffs ,,Krise"...4
1.2.2 Definition des Begriffs ,,Krieg"...5
1.2.3 Definition der ,,Krisen- und Kriegsberichterstattung" ...6
1.3 Forschungsstand - Krisen und Kriegsberichterstattung in der Gegenwart...8
1.3.1 Herausforderungen und Probleme...10
1.3.2 Arbeiten als embedded journalist ...12
1.3.3 Mythen und Motive - Die Arbeit im Krisengebiet...15
1.3.4 Schutz und Vorbereitung - Prävention oder Kostenfaktor?...18
1.3.5 Nachsorge - Risiken von Trauma und Burnout...22
1.3.6 Motivation...26
2. Empirischen Untersuchung...27
2.1 Fragestellung...27
2.2 Auswahl der Methode ...28
2.3 Konzeption des Fragenkatalog...30
2.4 Auswahl der Interviewpartner...31
2.5 Durchführung der Interviews ...35
2.6 Auswertung der Interviews ...36
3. Ergebnisse...36
3.1 Vorbereitung auf einen Auslandseinsatz ...36
3.2 Gefahren vor Ort - Die Arbeit im Krisengebiet...39
3.3 Die Rolle des UN- Ausbildungszentrum der Bundeswehr ...42
3.4 Die Rolle der Redaktion in Krisen, Kriegen oder Katastrophen...48
4. Fazit...51
5. Reflexion und Schlussbetrachtung...54
Quellenverzeichnis ...56
Seite 1

Onlinequellen ...60
Anhang
Anlage A1: Fragenkatalog...62
Anlage A2: Interview mit Carsten Dombrowski (Bundeswehr) ...65
Anlage A3: Interview mit Ansgar Glatzel (Bundeswehr) ...71
Anlage A4: Interview mit Martin Günther (Bundeswehr) ...73
Anlage A5: Interview mit Peter Hille (Deutsche Welle) ...76
Anlage A6: Interview mit Daniel van Moll (freier Fotograf) ...86
Anlage A7: Interview mit Daniel Klein (Bundeswehr)...92
Anlage A8: Interview mit Ashwin Raman (SWR) ...101
Anlage A9: Interview mit Johannes Viersbach (Deutsche Welle..)...108
Anlage A10: Interview mit Markus Werner (Bundeswehr) ...126
Seite 2

1.Einleitung
,,
Wir waren ja auf dem Weg in die Türkei, wollten eigentlich nur noch einen Müllsack
mit Verbandsmaterial und Medikamenten in einem Krankenhaus abgeben, dann wären
wir sofort rausgefahren. Uns erschien das nicht als übermäßig gefährlich, weil wir
nicht ständig die Schutzwesten in Aleppo anhatten.
Außerdem hatten wir nur Westen für das Kernteam dabei, nicht für unseren Guide und
unseren Fahrer. Dass nur wir gut geschützt im Auto sitzen und die beiden anderen nicht,
dass wollten wir nicht. Im Nachhinein ist das vielleicht dumm gewesen."
1
1.1 Relevanz der Thematik
Heute ist Bildung und Ausbildung der Maßstab einer ökonomischen und kulturellen
Entwicklung in vielen Ländern der Welt. Die Ausbildung bildet hierbei nicht nur die
Grundlage der eigenen, persönlichen Werte, sondern bildet in der Gesamtstruktur das
wirtschaftliche und nicht zuletzt Intellektuelle System einer Gesellschaft.
Eine Ausbildung definiert sich nicht zuletzt darüber, dass inhaltliche Werte, Fähigkeiten
und Fertigkeiten mehrheitlich standardisiert vermittelt werden. Viele Ausbildungen bzw.
Berufe entstanden im Verlauf einer gesellschaftlichen Entwicklung. Standen noch vor
20 Jahren handwerkliche Berufe im Vordergrund, so werden zunehmend Ausbildungen
und Studiengänge angeboten, die sich auf digitale Verarbeitung, Verbreitung etc.
stützen. Technische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen tragen letztlich
auch dazu bei, Inhalte zu verändern und Ausbildungen den Gegebenheiten anzupassen.
Im Journalismus in theoretischer und angewandter Form ist das nicht anders.
Als erstmals am 25. Februar 1839 vom Astronomen Johann Heinrich von Mäder in der
Vossischen Zeitung die Fotografie zum Text verwendet wurde, veränderte sich der
Journalismus. So standardisierte das Lichtbild die journalistische Textform, wie es zum
heutigen Zeitpunkt nahezu normal ist, als Journalist crossmedial
2
zu arbeiten.
Seite 3
1
Vgl. Armbruster, Jörg (2013): ,,Ich hab die Nase voll"; abrufbar unter: http://www.taz.de/!122394/;
aufgerufen am 25.12.2013.
2
Crossmediales Arbeiten bedeutet, über mehrere Informationskanäle hinweg zu kommunizieren. Im
Journalismus kann dies bedeuten, neben dem Text auch Bilder und Videos (vorrangig in Online-
Publikationen) zu verwenden.

Allerdings gibt es neben den journalistischen Darstellungsformen auch die
unterschiedlichsten beruflichen Schwerpunkte. Stichworte hierbei sind
Datenjournalismus, Medienjournalismus, Fernsehjournalismus und Onlinejournalismus.
Aber auch die Begriffe Krisen- oder Kriegsjournalismus fallen immer häufiger im
Zusammenhang mit dem beruflichen Umfeld. Viele der beruflichen Schwerpunkte und
Inhalte können aus der Bezeichnung selbst definiert werden. So auch die des Krisen-
oder Kriegsjournalisten. Doch was steckt dahinter und gibt es einen speziellen
Ausbildungsgang für Interessierte? Was ist das Besondere für die Journalisten
3
, wenn
sie sich in Krisenregionen vorwagen, um von dort redaktionell zu arbeiten?
1.2 Terminologie
Die aufgeworfene Fragestellung kann weiterhin nur Gegenstand einer
wissenschaftlichen Untersuchung sein, wenn grundlegende Begriffe zuvor definiert und
erklärt werden. Allerdings unterliegen auch diese dem fortschreitenden Wandel im
Sprachgebrauch, der Ethik und den zugeschriebenen Inhalten bestimmter Begriffe. Die
nachfolgenden Begriffserklärungen basieren auf einer Vielzahl wissenschaftlicher und
publizistischer Grundlagen und wurden für die vorliegende Arbeit zusammengefasst.
1.2.1 Definition des Begriffs ,,Krise"
Als Krise wird zunächst allgemein ein Wendepunkt bezeichnet. Der Wortstamm selbst
ist aus dem griechischen Krínein übersetzt und wurde aus dem lateinischen Wort Krisis
4
übersetzt. Darüber hinaus wird eine schwierige bis gefährliche Situation bezeichnet. Sie
kann sich u.U. über vorherige Signale ankündigen, oder sogar plötzlich über Betroffene
hereinbrechen. Die Bezeichnung Krise lässt sich in den unterschiedlichsten
Zusammenhängen wiederfinden. So z.B. in der Medizin, in der Unternehmensführung-
und Kommunikation, bis hin zum Journalismus. Hier wird der Begriff allerdings nicht
im Zusammenhang mit einer bestimmten Form, sondern der Herkunft der
Berichterstattung genannt. Gemeint ist damit, aus welcher Region berichtet ein
Korrespondent und was hat sich vor Ort ereignet. Die Besonderheit im Journalismus ist
zudem die Verbindung des Wortes mit Naturkatastrophen und anderen
Seite 4
3
Im weiteren Verlauf der Arbeit werden damit sowohl männliche, als auch weibliche Journalisten
bezeichnet.
4
Duden- Das Fremdwörterbuch.

schwerwiegenden Ereignissen, in denen Mensch und Natur
5
einen großen Schaden
genommen haben. In den Medien werden derartige Erlebnisse auch als Katastrophe
bezeichnet. In den unterschiedlichen Publikationen lassen sich sowohl die Begriffe
Katastrophe oder Krise wiederfinden, die zu einem Großteil gleiche oder ähnliche
Ereignisse beschreiben.
1.2.2 Definition des Begriffs ,,Krieg"
Hierbei kann festgestellt werden, dass keine einheitliche Begriffserklärung existiert.
Zwar wird in vielen Zusammenhängen immer wieder von organisierten und
bewaffneten Auseinandersetzungen gesprochen, der Terminus selbst findet dann immer
Anwendung, wenn von Kriegshandlungen gesprochen oder geschrieben wird.
6
Im
allgemeinen Verständnis wird als Krieg verstanden, wenn es sich bei einer
Auseinandersetzung
7
innerhalb einer oder mehrerer gesellschaftlichen Gemeinschaften
um das Durchsetzen von politischen, ideologischen und auch wirtschaftlichen
Interessen handelt.
8
Es stehen sich also eine oder auch mehrere Konfliktparteien in
einem Raum
9
gegenüber und tragen diesen Konflikt entweder teilweise, oder sogar
vollständig unter Anwendung von Waffengewalt aus.
10
Bilke verweist allerdings darauf,
dass es im Kontext der Berichterstattung noch keine militärische Intervention bedeutet,
auch wenn es in Medienberichten häufiger Verwendung fand. Ihr Hinweis gilt dem
Kosovo- Konflikt, in dem sich Reporter den ,,Deutungsversuchen politischer
Entscheidungsträger" hingaben.
11
Seite 5
5
Vgl. Müller (2013): abrufbar unter: http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/die-philippinen-nach-taifun-
haiyan-es-war-wie-eine-atombombe/9089406.html; aufgerufen am 27.12.2013.
6
Vgl. Humanitäres Völkerrecht in bewaffneten Konflikten - Handbuch (1992) Bundesministerium der
Verteidigung Abteilung Verwaltung und Recht II 3 (Hsg.): Art. 212 II. Kriegshandlungen.
7
meist unter Anwendung von Waffen und Gewalt.
8
Vgl. Schuirmann (2013): S 80.
9
Dies kann z.B. ein, aber auch mehrere Länder sein, wie z.B. beim Sechs- Tage- Krieg 1967, in dem ein
Krieg zwischen Jordanien, Kuwait, Israel, Sudan, Jemen, Algerien und Saudi- Arabien formell erklärt
worden ist.
10
Vgl. Humanitäres Völkerrecht in bewaffneten Konflikten - Handbuch (1992) Bundesministerium der
Verteidigung Abteilung Verwaltung und Recht II 3 (Hsg.): Art. 202 I. Bewaffnete Konflikte.
11
Vgl. Bilke (2008): S.140 f.

Die Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung
12
der Universität Hamburg, die als
Teil der Forschungsstelle Kriege, Rüstung und Entwicklung Forschungsprojekte z.B. im
Bereich der Kriegsursachentheorie tätig ist, hat sich ebenso umfassend mit der Thematik
befasst und definiert den Terminus ,,Krieg" aus ihrer Sicht wie folgt:
I. ,,an den Kämpfen sind zwei oder mehr bewaffnete Streitkräfte beteiligt, bei
denen es sich mindestens auf einer Seite um reguläre Streitkräfte (Militär,
paramilitärische Verbände, Polizeieinheiten) der Regierung handelt;
II. auf beiden Seiten muss ein Mindestmaß an zentralgelenkter Organisation der
Kriegführenden und des Kampfes gegeben sein, selbst wenn dies nicht mehr
bedeutet als organisierte bewaffnete Verteidigung oder planmäßige Überfälle
(Guerillaoperationen, Partisanenkrieg usw.);
III. die bewaffneten Operationen ereignen sich mit einer gewissen
Kontinuierlichkeit und nicht nur als gelegentliche, spontane Zusammenstöße, d.h.
beide Seiten operieren nach einer planmäßigen Strategie, gleichgültig ob die
Kämpfe auf dem Gebiet einer oder mehrerer Gesellschaften stattfinden und wie
lange sie dauern.
Kriege werden als beendet angesehen, wenn die Kampfhandlungen dauerhaft, d.h.
für den Zeitraum von mindestens einem Jahr, eingestellt bzw. nur unterhalb der
AKUF-Kriegsdefinition fortgesetzt werden."
13
1.2.3 Definition des Begriffs ,,Krisen- und Kriegsberichterstattung"
Der Journalismus trägt viele Facetten in sich, angefangen von den zahlreichen
Darstellungsformen. Aber ebenso umfangreich ist auch das Arbeitsumfeld von
Journalisten. Aus historischer Perspektive entstand diese besondere Art der
Berichterstattung zunächst durch Reiseberichte. Die ersten zielgerichteten Berichte von
und aus einem Krieg entstanden Ende des 19.Jahrhunderts mit dem kubanischen
Aufstand von 1895 und der Seeschlacht um 1898. Für letzteres wurde sogar eigens eine
Yacht gechartert, um unmittelbar vom Ort des Geschehens berichten zu können.
14
Die Journalisten, die zu Beginn des 20.Jahrhunderts aus dem Balkankrieg oder später
von der Westfront des Ersten Weltkrieges berichteten, wurden nicht zuletzt als
journalistische Schlachtenbummler bezeichnet, weil sie direkt vom Geschehen vor Ort
Seite 6
12
Im nachfolgenden abgekürzt als AKUF verwendet.
13
Vgl. AKUF (2012): Universität Hamburg; abrufbar unter: http://www.sozialwiss.uni-hamburg.de/
publish/Ipw/Akuf/kriege_aktuell.htm, aufgerufen am 27.12.2013.
14
Vgl. Klein/ Steinsiek (2006): S.11.

schrieben oder fotografierten. Heute bildet diese besondere Art der Berichterstattung
einen nicht ganz unwesentlichen Teil des Journalismus.
Die Journalisten selbst sind auf die unterschiedlichste Art und Weise organisiert. So
können sie zuweilen über Redaktionen als festangestellte Redakteure arbeiten. Hierbei
werden allerdings oft Ort und vor allem auch Umfang des Content aus einer bestimmten
Region vorgegeben.
Frei arbeitende Journalisten suchen sich den Ort, die Region, die Redaktion und nicht
zuletzt den Inhalt und Schwerpunkt ihrer Geschichten selbst. Foggensteiner geht beim
Verständnis vom Begriff der Kriegsberichterstattung noch einen Schritt weiter und teilt
die Kriegsberichterstatter in drei Gruppen ein:
I. ,,Journalisten, deren bevorzugter Aufenthaltsort das Hotel, die Hotelbar, die
Hotellobby oder Pressekonferenzen sind. Sie verlassen den sicheren Ort nur, um
an notwendigen Pressekonferenzen, Botschaftsterminen oder Briefings
15
teilzunehmen. Sie sind Hotelberichterstatter
(ebda., S. 51)
. Dort verkehren Sie mit
zweck- und informationsdienlichen Personen, die sie für ihre Berichterstattung
benötigen.
II.Journalisten, die sich zwar in der Region des Geschehens befinden, aber die
Handlungen vor Ort nur aus einer sichereren Entfernung betrachten. Sie
analysieren zuvor das Arbeitsrisiko und versuchen damit eine Gefahrensituation
zu vermeiden. Sie werden Reporter am Fensterbrett des Krieges genannt
(ebda.,
S. 52)
.
III.Die dritte Gruppe nach Foggensteiner sind die Abenteurer und todessüchtigen
Haudegen
(ebda., S. 50 ff.)
. Sie sind die Frontberichterstatter, die sich durch ihren
Einsatz einen nicht unwesentlichen Karrieresprung erhoffen. Im ,,Kampf" um
eine einzigartige Story würden sie auch in das Zentrum des Geschehens
gehen."
16
Zusammenfassend ist also wichtig, dass der Ort und die Tätigkeit in einem engen
Zusammenhang zueinander stehen. Krisen, Kriege und Katastrophen sind somit das
maßgebliche Umfeld für diese spezielle Form der Berichterstattung. Eine klare
Formulierung, in welcher Art berichtet werden muss, gibt es nicht. Somit fließt jede
Form der Veröffentlichung aus einem der schon genannten Regionen in die Definition
ein. Fotografen, Kameramänner, Journalisten unterstehen nach Auffassung dieser
Seite
7
15
Briefing stammt aus dem engl. Sprachgebrauch und wird in Militärs als wichtiger Gesprächstermin-
auch Meeting bezeichnet.
16
Vgl. Foggensteiner, (1993): S. 30.

wissenschaftlichen Arbeit denselben Kriterien und werden daher nicht weiter
voneinander abgegrenzt.
Die Krisen- und Kriegsberichterstattung ist eine sehr besondere Form der
Korrespondenz und erfordert journalistisch, wie auch redaktionell professionelles
Know-how. Inhaltliche Grundlagen, wie z.B. durch eine Ausbildung, einen Studiengang
oder einer Weiterbildung gibt es allerdings nicht. Grundlagen dafür werden entweder
durch ältere Journalisten vermittelt, oder durch learning by doing sich selbst angeeignet.
1.3 Forschungsstand -
Die Krisen- und Kriegsberichterstattung in der Gegenwart
Der Arbeitsalltag und das berufliche Umfeld ist zum einen nicht mit dem redaktionellen
Leben aus dem Inland vergleichbar. Auch ohne wissenschaftliche Erkenntnis ist das
Berichten aus einem Umfeld, dem u.U. eine Infrastruktur fehlt, in der sich der
Korrespondent Gefahren aussetzt, etc. mit nichts Vergleichbarem zu ersetzen. Viele
Aspekte müssen betrachtet und nicht zuletzt auch beachtet werden, damit die
Recherchearbeit nicht zu einem Desaster wird.
Seit dem immer häufiger von einem Umbruch im Journalismus gesprochen wird, seit
dem zunehmend das Internet die Vormachtstellung im Journalismus einzunehmen
scheint, werden Jahr für Jahr neue Studien aus dem beruflichen Umfeld veröffentlicht.
Neue Tätigkeitsfelder sind entstanden und etablieren sich im redaktionellen Alltag. Der
Kriegsjournalismus, bzw. die Krisen- und Kriegsberichterstattung wurden bisher aus
verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet. Der Beruf an sich, die Inhalte und
Schwerpunkte, vor allem aber die Motivation derer, die sich unter Umständen in Gefahr
begeben, lassen ein wenig Einblick in die Arbeit der Journalisten zu. Biografien oder
Tagebücher der Journalisten sind daher immer häufigere Quellen. Julian Reichelt,
Antonia Rados, Bettina Gaus, Ulrich Tilgner oder Christoph Maria Fröder. Letzterer
berichtete als Journalist nicht zuletzt über den Einmarsch der Roten Khmer in
Kambodscha oder aus dem Irak. Sie alle berichten von sich und ihrer Arbeit sowie von
den Widrigkeiten und Herausforderungen. Kristina Isabel Schwarte und Sandra Dietrich
nahmen den Irak- Krieg 2003 zum Anlass, sich mit einer neuen Methode der Arbeit im
wissenschaftlichen Kontext zu befassen. ,,Embedded Journalism" nimmt hier seither
Seite
8

eine zentrale Rolle ein, wenn es sich dabei um die Berichterstattung aus einem
militärischen Umfeld handelt.
Beide Autorinnen beleuchten dabei sehr genau, welche journalistischen Gefahren, aber
auch welche Vorteile bei dieser neuen Art der Recherche den Journalisten erwarten. Die
Wissenschaftler Stephan Weichert und Leif Kramp veröffentlichten 2011 ,,Die
Vorkämpfer - Wie Journalisten über die Welt im Ausnahmezustand berichten". Hier
kommen Journalisten zu Wort, um über ökonomische Zwänge in der Berichterstattung
zu sprechen, aber auch über Recherchestrategien und ihre Netzwerke vor Ort. Die
wissenschaftliche Publikation beider Autoren zeigt im Lösungsansatz Modelle und
Handlungsempfehlungen, die der Berichterstattung in den jeweiligen Szenerien zu Gute
kommen sollen. Darüber hinaus, gibt es eine Reihe weiterer wissenschaftlicher
Ergebnisse. Der Medienwissenschaftler Martin Löffelholz fasst in dem Handbuch
,,Kriegs- und Krisenberichterstattung" Daten zusammen, die er durch erfahrene
Journalisten evaluiert hat. In dem bisher einzigen Standardwerk zum Thema geht er von
der Bedeutung über die Vorbereitung und dem Auslandseinsatz, bis hin zur Gefahr der
posttraumatischen Belastungsstörung. Eine weitere Publikation im Zusammenhang zur
Kriegsberichterstattung ist im Rahmen einer Dissertation von Jörg Schuirmann
17
entstanden. Er untersuchte das Thema aus rechtshistorischer und medienethischer Sicht,
welches unter dem Titel ,,Rahmenbedingungen der medialen Kriegsberichterstattung"
steht. Aber auch die Bundeszentrale für politische Bildung hat eine Bildungs- DVD
18
veröffentlicht, in der es um Kriegsnachrichten und deren Folgen sowie um den Beruf
des Kriegsreporters geht. Fast alle bisherigen Publikationen befassen sich mit den
Inhalten, Ergebnissen und der Qualität
19
von Recherchereisen, den Aufgaben, der
Praxis
20
und den Herausforderungen
21
, aber weniger mit greifbaren Anhaltspunkten zur
Vorbereitung und der Sicherheit
22
der journalistischen Arbeit in Krisen- oder
Kriegsgebieten.
1.3.1 Herausforderungen und Probleme
Seite 9
17
Vgl. Schuirmann (2013).
18
Krieg in den Medien ­ Ein multimediales Lernangebot für Schule und Jugendarbeit.
19
Vgl. Bilke (2008): S. 89 ff.
20
Vgl. Strübing (2012): S. 84 ff.
21
Vgl. Weichert/ Kramp (2011): S.216 ff.
22
Vgl. Reporters without Borders (2010): S.14.

Zunächst einmal hat sich die Arbeit selbst grundlegend einem Wandel unterzogen,
sowohl im Ausland, als auch im Inland. Die Informationsbeschaffung und - Verbreitung
ist durch die Nutzung des Internet und den digitalen Medien beschleunigt worden. Eine
Recherche kann somit in den Grundzügen an nahezu jedem Ort der Welt durchgeführt
werden, ohne auch nur einen einzigen Schritt im Krisengebiet gegangen zu sein. Durch
diese Beschleunigung ist aber auch der Druck unter den Journalisten um ein Vielfaches
gestiegen, die ,,Story" als erster in die Redaktion zu übermitteln. Außerdem reihen sich,
vor allem in den arabischen Ländern, neben den Journalisten auch immer mehr Blogger
und Teile der Bevölkerung bei der Nachrichtenverbreitung ein.
,,Der Sender aus Katar
23
strahlte Bilder und Informationen aus, die ihn über
Twitter und Facebook erreichten. [...] Im Übrigen waren in Ägypten
Mobiltelefone ebenso wichtig wie Al-Jazeera und die neuen Medien. Während vor
dem Umbruch nur knapp ein Viertel der Bevölkerung über einen Internetzugang
verfügte, besaßen mehr als zwei Drittel aller Ägypter ein Handy. So wurden auch
Informationen über die Proteste per Telefon oder per Sammel-SMS verteilt.
Darüber hinaus haben Smartphones, insbesondere durch ihre Kamerafunktion und
die Möglichkeit zu twittern, dabei geholfen, Informationen und Bilder zeitnah und
weit zu verbreiten und dadurch Massen zu mobilisieren."
24
Diese Form der Informationsverbreitung, wie sie El Difraoui in seinen Ausführungen zu
den Revolten im Arabischen Frühling beschreibt, haben allerdings auch einen bitteren
Beigeschmack in den Medien hinterlassen. So kam es in der Vergangenheit vor, dass
Medien auf Informationen, vor allem aus schwer zugänglichen Kriegsgebieten,
eingingen, ohne sie verifizieren zu können. Unabhängige Quellen innerhalb Syriens gibt
es kaum. Ein Großteil der Bilder und Videos, aber auch der Statusmeldungen aus
verschiedenen Landes- oder Stadtteilen, kommt über die Kriegsparteien selbst.
25
Allerdings beginnt die Herausforderung schon bei der Planung einer Reise in ein
Krisen- oder Kriegsgebiet. Diese Regionen sind infrastrukturell stark geschwächt, denn
Flughäfen können ggf. nicht angeflogen werden, Straßensperren können eine direkte
Reiseroute erschweren oder sogar unmöglich machen. Unter Umständen können
Seite
10
23
Hier ist der arabische Fernsehsender Al- Jazeera gemeint.
24
Vgl. El Difraoui, Asiem Dr. (2011): Die Rolle der neuen Medien im Arabischen Frühling; erschienen
bei der Bundeszentrale für politische Bildung Online; abrufbar unter: http://www.bpb.de/internationales/
afrika/arabischer-fruehling/52420/die-rolle-der-neuen-medien?p=0; aufgerufen am: 06.01.2014.
25
Vgl. Eiermann, Martin (2012): Warum Islamisten keine Pyramiden sprengen; abrufbar unter :http://
www.theeuropean.de/martin-eiermann/11802-falschmeldung-aus-aegypten: aufgerufen am 06.01.2014.

Reporter durch Militär daran gehindert werden, dichter an den Ort des Geschehens zu
gelangen und werden mit wertlosen Informationen abgespeist.
26
,,Ich will nicht leugnen, dass sich Journalisten in Krisengebieten genauso wie
sonst wo auf dem Planeten nicht doch in gewissen Situationen sehr oft einspannen
lassen und einspannen lassen wollen, anders gesagt, sie machen es, ohne es zu
merken."
27
Eine weitere Tücke bei der Arbeit sind die kulturellen und sprachlichen Barrieren. Oft
sind es auch kulturelle und religiöse Zwänge, die dazu führen, dass sich
JournalistenInnen in Gefahr bringen, nur einer Geschichte hinterher zu gehen.
,,Ich rate erst mal jedem davon ab, so etwas zu machen. Wenn ich in Afghanistan
bin, trage ich afghanische Klamotten. Ich kann einigermaßen Paschtu. Und auch
wegen meiner Hautfarbe habe ich Vorteile. Aber ein Europäer fällt in solchen
Ländern sofort auf. Von daher rate ich jedem Europäer, wenn es richtig brennt,
nicht dort hinzugehen."
28
Erfordert es die Situation dennoch, muss sich der Reporter zuvor im Klaren sein, wie er
sich bei seiner Arbeit schützen kann. Hierfür gibt es die unterschiedlichsten Ansätze.
Helm, Schutzweste und Presseausweis allein genügen in einem fremden Land nicht, um
sicher arbeiten zu können. Denn selbst in einem vermeintlich demokratischen Land
kann die Gefahr, verwundet oder sogar getötet zu werden, sehr nahe sein. So wurden
bisher mindestens 45 JournalistenInnen durch Schüsse verletzt, die nachweislich durch
israelische Soldaten während Kampfhandlungen gezielt gegen die Pressearbeit
abgegeben wurden.
29
Hilfreich sind vor allem Stringer und Fixer, die vor allem dafür
sorgen, dass die Geschichten, die vor Ort recherchiert wurden, den redaktionellen
Ansprüchen genüge tun und veröffentlicht werden können.
30
Aber hier sollte sich der
Journalist nicht blauäugig auf Kontakte Dritter verlassen.
Seite 11
26
Vgl. Weichert/ Kramp (2011): S.:41.
27
Vgl. Rados (2009): S.:37.
28
Vgl. A8: Interview mit Ashwin Raman; S. 103.
29
Vgl. Büttner/ von Gottberg/ Metze- Mangold (2004): S. 44 f.
30
Vgl. Löffelholz/ Trippe/ Hoffmann (2008): S. 100.

,,Ich bin mit einem Kollegen, einem deutsch-amerikanischen Journalisten, nach
Somalia gefahren und habe voll auf seine Erfahrungen und Kontakte vertraut. Das
war ein Fehler, weil ich gemerkt habe, dass er in diesem Gebiet keine Erfahrungen
hatte und uns im Endeffekt unbewusst beide in Gefahr gebracht hat. [...] es stellte
sich heraus, dass das nicht stimmte. Aber da waren wir schon da. Und es war nur
Glück, dass ich lebendig herausgekommen bin. Der Kollege ist entführt worden
und ist immer noch in Geiselhaft."
31
Sichere Kontakte lassen sich nicht nach Ankunft in einem fremden und von Krise und
Krieg geschüttelten Land herstellen. Sich auf Kontakte verlassen zu können, ihnen zu
vertrauen, ist ein langwieriger und steiniger Weg.
Der Idealfall, sich im Rahmen seiner journalistischen Schwerpunkte lange im Voraus
um einheimische Vertraute und Mitarbeiter zu bemühen, scheitert oft an den
unterschiedlichsten Variablen. Die redaktionelle Flexibilität verlangt daher oft seinen
Tribut und Entscheidungen werden vor Ort spontan getroffen. Hilfreich können dann
zum Beispiel Mitarbeiter von NGOs, Hilfsorganisationen und einheimische Mitarbeiter
dieser Organisationen sein.
32
Unter Umständen lassen sich dann diese Kontakte nutzen,
um zum Beispiel in geschützten Fahrzeugen mitfahren zu können.
1.3.2 Arbeiten als embedded Journalist
Eine besondere Form der Berichterstattung aus einem Krisen- oder Kriegsgebiet ist das
embedding. Erstmals mit dem Krieg in Vietnam, in den 1960er Jahren, berichteten
Journalisten u.a. aus dem Schutz der Soldaten heraus und der Krieg kam nach in Hause
in die Wohnzimmer. Dies verlief aber eher aus Spontanität, denn bislang war das
Berichten aus der Mitte der kämpfenden Truppe heraus für fremde Journalisten
unüblich. Darüber hinaus unterlagen die Journalisten noch der Selbstzensur des Zweiten
Weltkrieges. Keine Berichterstattung sollte amerikanische Soldaten diskreditieren und
somit die Moral der eigenen Truppe schwächen.
33
Die zielgerichtete Berichterstattung
übernahmen schon im Zweiten Weltkrieg die Propagandaeinheiten, die für die
Seite
12
31
Vgl. A8: Interview mit Ashwin Raman; S. 102.
32
Vgl. Weichert/ Kramp (2011): S. 43.
33
Vgl. Bilke (2008): S. 43.

Wochenschau
34
im Kino Filmaufnahmen produzierten. Erst mit dem Irak- Krieg 2003
wurde das embedding als Kommunikationsstrategie der US- Streitkräfte gezielt
eingesetzt. Seine zaghaften Anfänge fanden aber schon zwei Jahre zuvor bei den
Angriffen auf Afghanistan statt. Nachdem das US- Militär jeglichen Zugang zu den
Kriegsschauplätzen unterbanden, wurde die Truppe immer stärker unter Druck gesetzt.
Erste Versuche wurden unternommen, Journalisten in Truppenteile zu integrieren, damit
diese dann kontrolliert berichten können.
35
Die strategische und politische Analyse des
Militärs im Anschluss der Berichterstattung zeigte Wirkung, denn im Vergleich zu
vorherigen Veröffentlichungen wurde jetzt positiv berichtet. Mit dem Golf- Krieg 2003
verbesserte das Pentagon diese Strategie der Informationspolitik drastisch und fasste
dies am 10. Februar 2003 im US- Headquarter in Stuttgart- Vaihingen als Grundregeln
für embedded journalists
36
zusammen. Auch die Bundeswehr macht inzwischen davon
Gebrauch. Hier dürfen sich unter gewissen Voraussetzungen nur Journalisten im
Einsatzführungskommando Potsdam akkreditieren, die eine redaktionelle Festanstellung
nachweisen können.
37
Die Redaktion wird dann aufgefordert, eine Haftungsfreistellung
zu unterzeichnen. In diesem Zusammenhang muss außerdem der Rechercheort,
Umfang, Dauer und Medium aufgelistet werden. Vor Ort bei der Truppe ist es dann dem
Journalisten nur noch sehr schwer möglich, die Geschichte zu ,,drehen", denn die aus
Potsdam erteilte Akkreditierung gilt ausschließlich für den genehmigten Umfang und
Inhalt der Reise.
38
Seite 13
34
In Deutschland ab den 1930er Jahren eigens für das Kino einmal wöchentlich produzierte
Nachrichtenbeiträge. Ab Kriegsbeginn wurde dann auch direkt von und über die Front berichtet. Die
Bundeswehr nutzt ein ähnliches Prinzip der Propaganda mit dem Einsatzkamerateam (EKT), erstmals seit
dem Einsatz im Kosovo.
35
Vgl. Bilke (2008): S. 78.
36
Ist in englischer Originalversion in der Anlage als Public Affairs Guidance (PAG) on embedding media
[...] gekennzeichnet.
37
Diese Auflage bezieht sich nach Aussage des Einsatzführungskommandos nur auf solche Regionen wie
Afghanistan, dem Kosovo und überall dort, wo mit der Gefahr für Leib und Leben zu rechnen ist.
38
Vgl. Armbruster (2008): S.112.

Zusammenfassend gibt es unterschiedliche Sichtweisen zum embedding. Erfahrene
Journalisten weisen daher immer wieder darauf hin, dass man genau abwägen muss, ob
diese Arbeitsweise sinnvoll ist.
39
Tabelle 1:
Arbeiten als embedded journalist ­ Pro und Kontra
(Jörg Armbruster
40
, Sandra Dietrich
41
, Kristina Isabel Schwarte
42
)
Pro
Contra
Es bietet eine Möglichkeit der
zahlreichen Recherchemöglichkeiten.
40
Es besteht die Gefahr, dass sich der
Journalist instrumentalisieren lässt.
40
Kann ein Weg der Recherche sein,
wenn andere Methoden ergebnislos,
oder die Gefahren vor Ort zu groß
sind.
40
Der Journalist kann embedded nur so weit
recherchieren, wie es das Militär duldet.
40
Es ist die einzige Alternative, um über
Soldaten im Einsatz berichten zu
können.
40
Bei einem dauerhaften Einsatz embedded
besteht die Gefahr, die Objektivität
gegenüber dem Militär zu verlieren ­
Distanzverlust.
41
Wenn die Heimatredaktion neben dem
eingebetteten Reporter auch weitere
Journalisten für die Recherche in das
Gebiet entsenden.
40
Unter Umständen werden Reporter vom
Militär abgewiesen, wenn diese von außen
versuchen an den Ort des Geschehens zu
gelangen.
41
Boot- Camps bzw. Sicherheits- und
Erste Hilfe Trainings können Leben
retten und sensibilisieren.
42
Ausbildung durch das (US-) Militär kann im
Vorfeld schon dazu beitragen, in eine
unvorteilhafte Position zu führen.
42
Der eingebettete Journalist muss
häufig Kontakt zur Heimatredaktion
halten ­ Nutzung der militärischen
Infrastruktur.
40
Es besteht häufig Militärzensur - Texte,
Bilder etc. müssen durch den Presseoffizier
genehmigt werden. Bei einem Verstoß kann
das bis zum Ausschluss führen.
42
Der Journalist kann versuchen, seinen
Handlungsspielraum zu erweitern.
40
Selbstzensur führt dazu, dass Journalisten
über Vorfälle, die die Soldaten in einem
anderen Licht darstellen, nicht mehr so
berichten, wie es stattgefunden hat.
41
Seite
14
39
Vgl. Armbruster (2008):In Löffelholz/ Trippe/ Hoffmann: Krisen und Kriegsberichterstattung. Ein
Handbuch: S.113.
40
Vgl. Armbruster (2008): S. 113.
41
Vgl. Dietrich, (2007): S. 92 ff.
42
Vgl. Schwarte (2007): S. 84 ff.

Pro
Contra
Die eingebetteten Journalisten müssen
sich weder um eine Unterkunft, noch
um die Verpflegung bemühen.
41
Der Journalist kann nicht sicher stellen, dass
er als embedded auch an die Orte gelangt,
die für ihn relevant sind.
41
Der Reporter kann unmittelbar vom
Ort des Geschehens berichten und ist
zudem bei Gefechtshandlungen durch
die Soldaten geschützt.
41
Embedded Journalism führt zu einer sehr
einseitigen Berichterstattung. Die Realität
verschwindet hinter der Medienrealität.
41
Bei der abschließenden Betrachtung muss, so beschreibt es Armbruster selbst,
ideologiefrei entschieden werden.
43
Wenn es der Einsatz und die Sicherheitslage
erfordert und der Rezipient davon Kenntnis erlangt, ist an der Vorgehensweise nichts
verwerflich. Des Weiteren ist der Sicherheitsaspekt in einem Kriegsgebiet nicht ganz
unwesentlich und sollte berücksichtigt werden.
44
1.3.3 Mythen und Motive - Die Arbeit im Krisengebiet
Der Typus des Kriegsberichterstatters hat sich im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte
stark verändert. Stanley Karnow
45
äußerte sich zum Vietnamkrieg, nicht zuletzt aus
seinem eigenen Rollenverständnis heraus, wie folgt
46
: ,,Journalisten seien während des
Vietnamkriegs eigentlich gar keine Journalisten gewesen, sondern Historiker."
In der Krisen- und Kriegsberichterstattung gibt es den Mythos des heroischen, allein
kämpfenden Journalisten. Er war der ,,Gentlemen unter den Gentlemen".
47
Doch diese
Art des Journalisten trifft man heute nur noch selten an. Sicherlich gab es schon zu
Beginn der speziellen Berichterstattung eine gewisse Faszination, die vom Militär und
dem Phänomen Krieg ausging.
48
Nach Klein und Steinsieck sind die Reporter noch in
der heutigen Zeit bemüht, Vertrauen damit aufzubauen, indem sie ihr eigenes
Seite
15
43
Vgl. Armbruster (2008): In Löffelholz/ Trippe/ Hoffmann: Krisen und Kriegsberichterstattung. Ein
Handbuch: S. 113.
44
Vgl. Dietrich (2007): S. 116.
45
Stanley Abram Karnow (04. Febr. 1925 ­ 27. Jan. 2013) war ein mehrfach ausgezeichneter
amerikanischer Journalist und Historiker.
46
Vgl. Klein (2011): S. 47.
47
Vgl. Strübing (2012): S. 16.
48
Vgl. Klein/ Steinsiek (2006): S. 22.

Rollenverständnis und ihre Persönlichkeit zum Ausdruck bringen wollen.
49
Und Hoff
sagt dazu, dass
Krisenreporter aus einem ganz besonderen Holz geschnitzt sind. ,,Sie
sind schnell, zäh, abgebrüht, und sie zucken frühestens, wenn der Artikel im Druck oder
der Film sendefertig ist."
50
Dabei ist auch nach wie vor Teamarbeit nicht unbedingt die
große Stärke der Journalisten in diesen Regionen.
51
Unter Berücksichtigung aller Kriterien gehören zum Typus Krisenberichterstatter alle
Beteiligten der Medienberichterstattung, unabhängig für welches Medium sie vor Ort
arbeiten oder gearbeitet haben. Allzu oft werden Kameraleute und Fotografen
ausgeklammert und nur Redakteure der unterschiedlichsten TV- Sender und Journalisten
der verschiedensten Magazine und Zeitungen in den Fokus genommen. Den Mythos des
verwegenen und nahezu unverwundbaren Reporters, der das Blut und Leid seiner
Einsätze wie ein Hund das Wasser abschüttelt, gibt es nicht.
52
Doch die öffentliche
Wahrnehmung des Kriegsreporters ist längst eine andere. Am Ort des Geschehens
bedarf es anderer Kriterien als Heldentum, oder Sensationsgier, um durch spektakuläre
Geschichten seiner Karriere einen Schub zu verleihen.
53
Doch die Realität sieht oft
anders aus. Nicht zuletzt sind es die beruflichen Umstände, Zufälle, die den Journalisten
an die Orte des Krieges oder einer Katastrophe führen. Ashwin Raman sagt dazu:
,,Das war eine Art Zufall. Ich bin während des Vietnamkrieges in Vietnam
gewesen und habe dort viel geschrieben. Dann gab es die russische Invasion in
Afghanistan, welches das Nachbarland von Indien ist. Auch dort war ich und habe
viel Zeit mit der Mudhschaheddin
54
verbracht. Dann gab es den Bürgerkrieg in
Nicaragua ­ und irgendwie habe ich dann so einen Stempel bekommen, dass ich
solche Geschichten mache, sogenannte Kriegsberichterstattung."
55
Seite 16
49
Vgl. Klein/; Steinsieck (2006): S. 9.
50
Vgl. Hoff, Hans (2010); Therapie für Kriegsreporter - Ein Alphabet der Gefühle, abrufbar unter: http://
www.sueddeutsche.de/kultur/therapie-fuer-kriegsreporter-ein-alphabet-der-gefuehle-1.379368: aufgerufen
am 08.01.2014.
51
Vgl. Rados (2009): S. 81.
52
Vgl. Hoff (2010).
53
Vgl. Weichert/ Kramp (2011): S. 35.
54
Mudschaheddin sind muslimische Freiheitskämpfer, die im sowjetisch- afghanischen Krieg 1979 bis
1989 gegen die sowjetischen Invasoren in Afghanistan gekämpft haben.
55
Vgl. A8: Interview mit Ashwin Raman; S. 102 f.

Todd Heissler, Fotograf der New York Times sagt zu seiner eigenen Motivation, dass er
Geschichte erleben und darüber berichten wollte.
56
Karnows Zitat, Journalisten seien
auch Historiker, ist nicht zuletzt für wenige Reporter Motivation, um sich an Orte zu
begeben, an denen es Außergewöhnliches zu erleben gibt. Aber nicht jeder ist vom
Krieg fasziniert und wird dadurch in den Bann gezogen. Einige wenige versuchen sich
zu arrangieren und den stereotypischen Bildern zu entkommen. Nina Bermann, eine
mehrfach ausgezeichnete Dokumentarfotografin sagt dazu, dass sie nicht den Krieg
sehen und darüber berichten möchte, sie wolle ihn aus einer anderen Perspektive zeigen,
wie es noch niemand zuvor getan hat.
57
Dennoch versuchen sich immer wieder
Journalisten daran, um ihrer beruflichen Karriere einen entsprechenden Nachdruck zu
verleihen. Armbruster wirft zugleich Fragen auf, mit denen zukünftige Reporter in
einem Krisen- oder Kriegsgebiet auseinandersetzen müssen
58
:
· Bin ich stressresistent und behalte die Nerven wenn es hart zu geht?
· Kann ich in solch einer Situation sachlich und wahrhaftig bleiben?
· Objektive Berichterstattung trotz Zensur?
Aber oft stecken keine festen Absichten dahinter. Nicht wenige Journalisten, Fotografen
und Kameraleute ,,rutschen" durch das berufliche Umfeld in den Bereich der Krisen-
und Kriegsberichterstattung. ,,In den Beruf bin ich langsam reingerutscht. [...] Seit sechs
Jahren bin ich fest beim ZDF und hauptsächlich in Niedersachsen tätig, werde aber
immer wieder in Krisensituationen in Auslandseinsätze geschickt oder mache
Urlaubsvertretungen für Kollegen im Ausland", so die persönliche Aussage von Alex
Alfes, der als Kameramann für das öffentlich- rechtliche Fernsehen arbeitet.
59
Aber
auch andere Wege führen zur beruflichen Verwirklichung in diesem speziellen
journalistischen Umfeld.
Hier kann auch die Arbeit für NGOs eine dienliche und dankbare Grundlage bilden. So
berichtet Daniel van Moll in einem Interview über seine ersten Schritte weg vom
privaten Fernsehen, hin zur Fotografie auf dem internationalen Parkett. Ihn führte es bei
Seite
17
56
Vgl. Kamber (2013): S. 201.
57
Vgl. Kamber (2013): S. 213.
58
Vgl. Armbruster (2010): S. 55.
59
Vgl. Alfes, Alex, (2011); Als Kameramann in Krisengebieten arbeiten- ,,Das lässt niemanden kalt",
abrufbar unter: http://www.einstieg.com/berufswahl/mein-job-erfahrungsberichte/medien-journalismus/
news/das-laesst-niemanden-kalt.html: aufgerufen am 02.12.2013.

seinem ersten Auftrag in den Kongo, um von dort für eine NGO über Kindersoldaten zu
berichten. Doch ist der Schritt, sich in dieses für viele Anfänger noch unbekanntes
journalistisches Umfeld zu begeben, nicht ganz ungefährlich.
Bei Ausbruch des Irak- Krieges 2003 zog es viele freie Journalisten in das Land
zwischen Tigris und Euphrat. Einige unter ihnen gingen zum ersten Mal in ein
Kriegsgebiet und waren unzureichend ausgebildet dafür. Hendrik Zörner, der
Pressesprecher des Deutschen Journalistenverbandes (DJV) erinnert sich an eine
Anfrage eines Journalisten, dem man in diesem Zusammenhang lediglich eine
Telefonnummer und viel Glück mit auf dem Weg geben konnte.
60
Der Mythos des
Abenteurers muss inzwischen mit der Realität- nämlich verwundet, verschleppt oder
sogar getötet zu werden- vertauscht werden.
1.3.4 Schutz und Vorbereitung - Prävention oder Kostenfaktor?
Neben den ständig aktualisierten Zahlen, getöteter, verwundeter, misshandelter oder
verschleppter Journalisten weltweit erschütterte 2006 ein Ereignis die deutsche
Medienlandschaft. Die freie Journalistin Karen Fischer und ihr Lebensgefährte, der
Techniker Christian Struwe wurden in der afghanischen Provinz Baghlan von
unbekannten Tätern getötet.
61
Im Juli 2007 erschütterte erneut ein Ereignis die Medien.
der 22-jährige Reuters- Fotograf Namir Noor Eldeen und sein 40-jähriger Fahrer und
Assistent Said Chmagh wurden von einer US- Hubschrauberbesatzung in Bagdad
getötet.
62
,,Er sitzt auf einem Gartenstuhl in Washington vor seiner Patientenwohnung in der
Nähe eines Militärkrankenhauses. Silva holt sich dort neue Beine ab. [...] Er will
den Suchhund fotografieren, macht einen Schritt nach vorn. Es ist eine
sowjetische Antipersonenmine aus Plastik, sie nimmt Silva den rechten
Unterschenkel, sein rechtes Knie, sie öffnet seinen Unterleib, zerstört seine
Harnröhre, zerstört seinen Anus und lässt seine Blase platzen."
63
Seite 18
60
Vgl. Bota, Alice (2006); Ahnungslos ins Krisengebiet. Das Risiko freier Journalisten ist besonders
hoch- weil die Vorbereitung fehlt; abrufbar unter: http://bit.ly/1hTQidh: aufgerufen am 02.12.2013.
61
Vgl. Bota (2006).
62
Vgl. Flade, Florian (2010): US- Soldaten töten Reuters- Journalisten in Irak; abrufbar unter: http://
www.welt.de/politik/ausland/article7069862/US-Soldaten-toeten-Reuters-Journalisten-in-Irak.html:
aufgerufen am 14.01.2014.
63
Vgl. Kamber (2013): S. 9 f.

Dazu verzeichnet der gemeinnützige Verein Reporter ohne Grenzen seit dem Jahr
2002
64
insgesamt 769 getötete Journalisten.
65
Alarmierende Zahlen, denkt man an den
stetig wachsenden Content der Auslandsberichterstattung.
Dies allein ist vielleicht nicht zuletzt den wachsenden Anforderungen an die Reporter,
aber auch dem wachsenden Druck der Branche durch Honorarsenkungen und
Budgetkürzungen geschuldet.
66
Diese Entwicklung unterliegt nicht zuletzt
wirtschaftlichen Zwängen, die sich massiv auf die Qualität der Berichterstattung und auf
die Art und Weise der Recherchen in einem Krisen- oder Kriegsgebiet auswirkt.
Nach Ansicht von Dieter Prinz, Berufsgenossenschaft BG ETEM, ist die Ausbildung
von Journalisten im Bereich der Krisen- und Kriegsberichterstattung im allgemeinen
schlechter geworden. Auch er stützt sich auf die sich immer stärker wandelnde Branche
und vor allem der daraus resultierenden wirtschaftlichen Situation von freien
JournalistenInnen.
67
Eine und damit auch einzige Alternative für die Aus- und
Weiterbildung von Journalisten in diesem Bereich bietet das UN - Ausbildungszentrum
im fränkischen Hammelburg. Es ist Teil in der Infanterieschule der Bundeswehr und
wurde im Oktober 1999 in den Dienst genommen. Die Ausbildung der Journalisten dort
am Ausbildungszentrum wurde in Zusammenarbeit mit der Berufsgenossenschaft BG
ETEM gestaltet und nennt sich ,,Schutz und Verhalten in Krisenregionen". Dieses
Handlungstraining gliedert sich in vier Abschnitte und kann, je nach Wunsch bis an
gewisse Grenzen variabel verändert werden:
68
· ,,Verhalten in besonders belastenden Situationen" (ehemals Geiselnahme/ -haft)
· ,,Handlungstraining bei komplexen Lagen mit dem Schwerpunkt
sanitätsdienstliche Unterstützung";
· ,,Verhalten bei unterschiedlichen Bedrohungslagen", Einsatz von Schusswaffen
und Sprengmitteln zur Sensibilisierung und Erkennung von Gefahren;
Seite 19
64
Vgl. Reporter ohne Grenzen: Jahresbilanzen Pressefreiheit; abrufbar unter: https://www.reporter-ohne-
grenzen.de/pressearchiv/jahresbilanzen-pressefreiheit/: aufgerufen am 14.01.2014.
65
Hierbei wurden lediglich die Zahlen der getöteten JournalistenInnen berücksichtigt, jedoch nicht die
Zahlen der Medienassistenten, Blogger, Bürgerjournalisten etc..
66
Vgl. Weichert, Stephan (2013): Die große Musterschau. Ein Rückblick auf Auslandsberichterstattung-
medial offen; abrufbar unter: http://www.grimme-institut.de/html/index.php?id=1674: aufgerufen am
14.01.2014.
67
Vgl. Bota (2006).
68
Diese Ausbildung am UN- Ausbildungszentrum wurde nicht ausschließlich für Journalisten
konzipiert, sondern auch für eine Vielzahl anderer Personenkreise, die sich beruflich in einem
Krisen- oder Kriegsgebiet aufhalten müssen.

· ,,Verhalten unter Kampfmittelbedrohung"- Erkennen und Handeln mit dem
Schwerpunkt der Counter- Improvised Explosive Device (C-IED).
Nach Angaben der Berufsgenossenschaft ist das Ziel der Ausbildung, eine Hilfestellung
bei der Arbeit in schwierigen Regionen zu geben. Grundlegende Kenntnisse des
Selbstschutzes und der Gefahrenvermeidung, sowie die sanitätsdienstliche Ausbildung
und Stressverarbeitung sollen hierbei den Schwerpunkt bilden.
69
Primär ist jeder Journalist dafür selbst verantwortlich, sich auch im Zusammenhang mit
den Aufenthalten im Ausland eigenverantwortlich aus- und weiterzubilden. Redaktionell
gibt es Ansätze, die maßgeblich sein sollten, um das Risiko einer Verletzung,
Verwundung, Inhaftierung o.ä. vorzubeugen. Die Deutsche Welle, mit Sitz in Bonn, hat
seit der Tötung der freien Journalistin Karen Fischer und dem Techniker Christian
Struwe in Afghanistan einen besonderen Weg eingeschlagen.
,,Dann hat die Deutsche Welle ziemlich lange gebraucht, sich vernünftig zu
positionieren und Stellung zu beziehen. Das hat meines Erachtens einen relativ
großen Imageverlust nach außen bedeutet und einen Vertrauensverlust nach
innen."
70
Intern wurden inzwischen Regelungen getroffen, die zunächst einmal eine offizielle
Akkreditierung für die freie Arbeit der Sendeanstalt vorsieht. Sollte das
Gefahrenpotential für das Gebiet, in dem der Journalist recherchieren möchte, zu groß
sein, wird sein Antrag durch den verantwortlichen Security Officer
71
abgelehnt.
72
Innerhalb der Deutschen Welle wird erst nach einer Ausbildung
entschieden, ob der Journalist in ein krisen- oder kriegsgeschütteltes Land reisen kann.
An dieser Stelle wird primär das UN- Ausbildungszentrum genutzt und sollten die
dortigen Kapazitäten
73
nicht genügen, so wird auf eigene Ressourcen zurückgegriffen.
Seite 20
69
Vgl. Lehrgang für Journalisten in Krisenregionen; S. 134.
70
Vgl. A9: Interview mit Johannes Viersbach, S. 108 f.
71
Die Aufgabe des Security Officers der Deutschen Welle sieht vor, ständigen Kontakt zu offiziellen
Behörden im In- und Ausland zu halten, Evakuierungspläne mit dem Auswärtigen Amt abzustimmen und
darüber hinaus für die Aus- und Weiterbildung der JournalistenInnen weltweit zu sorgen. Sollte es zu
einer außerordentlichen Gefahrenlage kommen, so richtet er einen Krisenstab ein und betreut Angestellte
und Reporter der Sendeanstalt.
72
Vgl. Anlage A9: Interview mit Johannes Viersbach, S. 112.
73
Vgl. Termine und Anmeldung für die Journalistenausbildung; abrufbar unter: http://bit.ly/1aZZAMX:
aufgerufen am 14.01.2014.

In diesem Fall werden z.B. Ausbilder der Polizei engagiert, die im Rahmen ihrer
Möglichkeiten ein knapp zweitägiges Ausbildungsprogramm für die Journalisten
durchführen, die zukünftig in ein Krisengebiet gehen sollen. Viersbach, der Security
Officer der Deutschen Welle fügt noch hinzu, dass ein solcher Vorfall wie in
Afghanistan, als die beiden zu Tode gekommen sind, wird es nicht mehr geben. ,,Denn
wenn Leute für uns tätig sind, dann sind die auch in unserem Auftrag unterwegs, sowohl
Feste als auch Freie."
Allerdings sind diese Maßnahmen nicht abschließend alles, was sich ein Journalist im
Vorfeld seiner Reise an Vorbereitungen überlegen muss. Noch eine Vielzahl weiterer
Aspekte muss hier betrachtet werden, wenn es sich um eine Reiseplanung und
Prävention handelt. Maßnahmen wie der Abschluss einer Zusatzversicherung für reale
Risiken im Kriegsgebiet, die Ausstattung mit spezieller Bekleidung
74
, Mobilfunk oder
sogar Satellitentechnik
75
sind ebenso von großem Vorteil. Allerdings werden einige der
genannten Faktoren aus Kostengründen eingespart. Das führt dazu, dass die Einstellung
vieler Reporter zu den Sicherheitsmaßnahmen ihrer Redaktion eher gespalten ist und sie
ihre Unzufriedenheit darüber äußern. Vor allem freien Journalisten fällt es schwer, die
hohen Zusatzprämien der Versicherungen für Invalidität oder Tod zu zahlen.
76
Nicht
wenige Reporter legen sich ein eigenes Portfolio an Ausrüstung und Zusatzausstattung
für ihre Arbeit an. Peter Hille sagt aus eigener Erfahrung dazu:
"Dadurch, dass ich eben auch auf einem Fahrrad durch Afrika gefahren bin,
hatte ich auch entsprechend ein Equipment privat: Solarpanel,
Wasseraufbereitungstabletten und solche Sachen, die man
v i e l l e i c h t a u c h i n e i n e m K r i s e n g e b i e t o d e r e i n e m
Katastrophengebiet mal ganz gut brauchen könnte."
77
Hinzu kommen aber auch elementare Dinge wie sprachliche und landeskundige
Kompetenzen, sowie ein vertrauensvolles und funktionierendes Netzwerk an Stringern
Seite
21
74
In diesem Zusammenhang sollte möglichst auf eine Armee- Bekleidung verzichtet werden, um damit
nicht zu provozieren oder bei der Ausübung der Arbeit in einem Kriegsgebiet mit einem Soldaten
verwechselt zu werden - Eigenschutz! Funktionswäsche ist u.a. in einem Outdoor- Shop erhältlich,
Schutzausstattung kann z.B. über Presseverbände gemietet werden.
75
Vgl. Strübing (2012): S. 22.
76
Vgl. Strübing (2012): S. 81.
77
Vgl. A7: Interview mit Peter Hille: S. 78.

und Fixern im jeweiligen Land. Aber auch das Reisebudget sollte so kalkuliert werden,
dass eine Aufenthaltsverlängerung oder Reiseänderung jederzeit möglich ist.
78
,,Nur in Einzelfällen kommen Korrespondenten zum Einsatz, die bereits auf ein
umfangreiches Fachwissen über ihre Region zurückgreifen können. Das Gros der
Korrespondenten ist thematisch-inhaltlich nur bedingt auf die Arbeit vorbereitet.
[...] In weniger günstigen Fällen treten entsendete Korrespondenten allerdings
auch aus Regional-, Sport- oder Unterhaltungsredaktionen hervor, und berichten
dann, ohne auf dezidierte Auslandserfahrungen verweisen zu können, über ganze
Erdteile."
79
Nach Ansicht von Mücke neigen selbst ,,einflussreiche Leitmedien" dazu, Abstriche bei
den Kompetenzen um Regionalwissen, Fremdsprachen und Auslandserfahrung zu
machen, um unerfahrene Kollegen ins Ausland zu entsenden. Aber auch bürokratische
Hürden müssen bedacht und gemeistert werden. Akkreditierungen, Arbeits- und
spezielle Dreh- oder Fotografiergenehmigungen müssen beantragt und ggf. bezahlt
werden. Mit einer gewissen bürokratischen Willkür in bestimmten Ländern muss daher
immer gerechnet werden. Sprachliche und vor allem landeskundliche und kulturelle
Barrieren gehören zu den wesentlichen Punkten der Vorbereitung einer Reise.
1.3.5 Nachsorge - Risiken von Trauma und Burnout
Der psychische Gesundheitszustand wurde bislang nahezu ausschließlich an haupt- und
ehrenamtlichen Einsatzkräften des Rettungsdienstes, der Feuerwehr, der Landes- oder
Bundespolizei, der Bundeswehr oder der Bundesanstalt des Technischen Hilfswerkes
untersucht. Zudem ist die Geschichte der Traumaforschung noch recht jung. Sie begann
nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, da man Spätfolgen der Inhaftierung in
Konzentrationslagern untersuchen wollte. Erst später begann man auch unter Soldaten
zu forschen, die eine Verhaltensänderung nach dem Vietnam- Krieg in einem auffälligen
Ausmaß zeigten. Inzwischen wurden verschiedene Forschungsprojekte im Auftrag des
Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe durchgeführt. Sie zeigen
wie desiderat die Vor- und vor allem die Nachsorge bei bestimmten Einsätzen ist. Die
Bundeswehr selbst definiert inzwischen einen drastischen Anstieg der PTBS
80
Seite 22
78
Vgl. Strübing (2012): S.23.
79
Vgl. Mükke (2008): S. 14.
80
Posttraumatisches Belastungssyndrom - im weiteren Verlauf PTBS geschrieben.
Ende der Leseprobe aus 132 Seiten

Details

Titel
Normative Anforderungen bei der Ausbildung von Journalisten in der Krisen- und Kriegsberichterstattung
Hochschule
Macromedia Fachhochschule der Medien Hamburg
Note
1,8
Autor
Jahr
2014
Seiten
132
Katalognummer
V376509
ISBN (eBook)
9783668538115
ISBN (Buch)
9783668538122
Dateigröße
888 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Journalismus, Krisen- und Kriegsberichterstattung, Ausbildung, Krise, Krieg, Anforderungen, stringer, fixer, sensibilisierung, ptbs, embedded journalism
Arbeit zitieren
Enno Heidtmann (Autor:in), 2014, Normative Anforderungen bei der Ausbildung von Journalisten in der Krisen- und Kriegsberichterstattung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/376509

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