Zentrale Thesen und Kritik von Pierre Bourdieus "Die männliche Herrschaft"

Eine Rezension des Werks von Pierre Bourdieu


Hausarbeit, 2015

17 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis
1.
Einleitung
2
2.
Die männliche Herrschaft
4
1.
Die Naturalisierung der männlichen Herrschaft
7
2.
Symbolische Gewalt
8
3.
Die Reproduktion der männlichen Herrschaft
9
4.
Lösungsansätze
11
3.
Schlussbemerkung & Kritik
13
4.
Literaturverzeichnis
16

2
1.
Einleitung
Pierre Bourdieus 1998 erschienenes Spätwerk Die männliche Herrschaft ist bis heute
Bourdieus vielleicht unbeachtetes Werk. Obwohl es viele seiner vorherigen Theorien über
Habitus, Kapital, symbolische Gewalt und Herrschaftsverhältnisse zusammenführt und
sich abschließend ausdrücklich mit der Geschlechterordnung beschäftigt, hat sich bisher
nur ein kleiner Kreis in der Soziologie mit dem Werk auseinandergesetzt, indes es von
Seiten der Feminist_innen vor allem Kritik erntete.
1
Bourdieu wurde am 1.8.1930 in Dengui in Frankreich geboren. Trotz seines Status als
Beamtensohn und guter Schüler, fühlte sich Bourdieu dort, wie auch später im Internat,
welches er verabscheute, als Außenseiter. Dieses Gefühl des Fremdsein, des nicht dazu
gehören, ist etwas, das ihn später auch als Akademiker beschäftigte, wo er, mal absichtlich,
mal den Umständen geschuldet, diese Position weiter bekleidete.
Dies ist überraschend, gehören
Bourdieus Thesen sonst zum Kanon der neueren Soziologie, während sein Konzept des
Habitus auch in der Geschlechterforschung Beachtung gefunden hat.
Bis 1954 studierte Bourdieu Philosophie in Paris. Während dieses Studiums, welches
klassisch-philosophisch sehr theoretisch war, kam Bourdieu bereits mit Personen und
Denkrichtungen in Kontakt, mit denen er sich im Lauf seiner Arbeit auseinandersetzen
würde. In Algerien, wo er ab 1955 seine Militärzeit ableistete, begann sowohl seine
Zuwendung zur Empirie und Soziologie, wie auch sein Wunsch Wissenschaft mit
Engagement zu verbinden. Auch in seinem weiteren Leben verband er Wissenschaft mit
politischem Aktivismus, welcher in der Gründung der Zeitschrift liber mündete. Er sah sie
als Forum für den wissenschaftlichen Diskurs aller Disziplinen, sowie als Möglichkeit für
Wissenschaftler ihre Expertise und Stimme politischen Bewegungen zu leihen.
Über Bourdieu als Privatperson ist nur wenig bekannt. Er selbst legte auch bei der
Betrachtung seiner eigenen Person sein Augenmerk eher auf die Strukturen und Umstände,
welche ihn als Individuum geformt hatten.
2
Pierre Bourdieu starb am 23.1.2002 in Paris. Zu seinen bekanntesten Werken gehören Die
feinen Unterschiede (frz. 1979), Sozialer Sinn (frz. 1980) und Homo academicus (frz.
1984).
Im Rahmen dieser Hausarbeit habe ich mich fast ausschließlich mit dem Werk Die
männliche Herrschaft beschäftigt.
1
Vgl. Dölling, 177.
2
Vgl. Fuchs-Heinritz/König, 294ff.

3
Ziel dieser Arbeit ist es einen kurzen und verständlichen Umriss dieses Buches zu geben,
sowie auf die zentralen Thesen einzugehen und eine substantielle Kritik zu formulieren.
Als Quelle für diese Aufstellung und Kritik dienten mir einige Bücher und Texte über
Bourdieus Leben und Werk, sowie meine eigene reflexive Betrachtung der Lektüre. Die
wichtigsten Werke waren: Pierre Bourdieu ­ eine Einführung von Werner Fuchs-Heinritz
und Alexandra König, Bourdieu Handbuch herausgegeben von Gerhard Fröhlich und
Boike Rehbein sowie Feminism after Bourdieu von Lisa Adkins und Beverley Skeggs.

4
2.
Die männliche Herrschaft
Einer der Hauptgründe für die Verfassung dieses Werkes war Bourdieus eigene
Beschäftigung mit der feministischen Literatur der Zeit. Diese habe, laut Bourdieu, eine
,,eine gänzlich neue, enorme, empirische Arbeit geleistet" und die Sozialwissenschaften so
beachtlich vorangebracht.
3
Zu Anfang seines Buches beschäftigt sich Bourdieu mit den herrschaftlichen Strukturen
der Berber der Kabylei. Sie dienen ihm in gewisser Weise exemplarisch, um zentrale
Mechanismen der männlichen Herrschaft aufzudecken. Laut Bourdieu ist diese ,,Art
Laborversuch"
4
notwendig, um nicht die eigene (westliche) Form der männlichen
Herrschaft mit Hilfe von Denkweisen zu erklären, welche selbst Produkt dieser Herrschaft
sind. In seiner Analyse der männlichen Herrschaft macht er einen kleinen Umweg, indem
er sich mit der Kabylei beschäftigt, welche ,,fremd und vertraut zugleich"
5
Dies wird im Laufe des ersten Kapitels deutlich. So benennt Bourdieu bestimmte
Verhaltensweisen und Denkschemata der Berber und verweist dann auf die anglo-
amerikanische bzw. westeuropäische Gesellschaft, in der gleiche oder ähnliche
Mechanismen der männlichen Herrschaft wie symbolische Gewalt oder die Naturalisierung
der Herrschaft, vergleichbare Auswirkungen haben. Ein gutes Beispiel dafür ist Bourdieus
Beschreibung der Sozialisationsarbeit. Frauen, als ,,durch Mangel definierte Entität",
können nur durch eine ,,doppelte Negation" Tugenden besitzen.
ist.
6
Frauen werden deshalb
Schranken des Körpers auferlegt, die bestimmen wie sie sich zu geben, zu halten, zu
bewegen haben und schließlich zur Dispositionen werden, die antagonistisch den
männlichen Formen des Körpers und Verhaltens gegenüberstehen. In der Kabylei als
Extremform, gibt es solche Beschränkungen des Körpers, die für Frauen vor allem auf die
zur Schaustellung der Unterwerfung hinauslaufen
7
. Im Habitus der europäisch-
amerikanischen Frauen münden diese in Geboten wie: ,,lächeln, die Augen niederschlagen,
Unterbrechungen dulden usf."
8
Wie dieses Beispiel zeigt ist die ethnologische Betrachtung dieser sozialen Welt ,,wie eine
Art ,,Detektor" noch so schwacher Spuren und unzusammenhängender Bruchstücke der
3
Vgl. Dölling, 172.
4
Bourdieu, 14.
5
ebd., 14.
6
ebd., 51.
7
Vgl. ebd., 52.
8
ebd., 53.

5
androzentristischen Weltsicht."
9
Diese erkannten Strukturen schärfen die Sicht auf die
soziale Ordnung in der man selbst sozialisiert ist und helfen so das sonst ,,Unbewusste" zu
erkennen.
10
Zentral im zweiten Kapitel des Buches ist Bourdieus Vermittlung des Standpunkts, dass
,,die Struktur [...] beide Seiten des Herrschaftsverhältnis ihren Zwängen [unterwirft]."
11
Möglich ist dies durch die Inkorporation des Habitus. Mal explizit, mal durch Suggestion
oder Demonstration werden, Männern wie Frauen, in einer Art ,,Dressur der Körper", die
männlichen oder weiblichen Dispositionen eingeprägt.
12
Es werden klare Grenzen gezogen
zwischen dem Weiblichen, welches an sich nicht-männlich ist, und dem Männlichen,
welches an sich nicht-weiblich ist. Inhärent in dieser Differenzierung ist auch, dass
gleiches Verhalten verschieden bewertet werden kann. So drohen Frauen, wenn sie
Verhalten zeigen welches ,,männlich" konnotiert ist, wie ,,Aggressivität, Sicherheit im
Auftreten, ,,Rollendistanz", sogenannte natürliche Autorität usf.", ihre ,,Weiblichkeit" zu
verlieren.
13
Andererseits sind es genau diese Fähigkeiten, die oft verlangt werden, wenn es
um das Besetzen von Positionen der Macht geht. Die Herrschenden werden so strukturell
bevorzugt, während die Beherrschten von Positionen der Macht, ökonomisch wie politisch,
ferngehalten werden,
14
Außerdem werden Frauen durch die konstante Betrachtung des eigenen Körpers durch sich
selbst, durch andere und durch sich selbst aus dem Blickwinkel der herrschenden, d.h.
männlichen Kategorien, objektiviert.
was dazu beiträgt, die Strukturen schlussendlich zu reproduzieren.
15
Sie befinden sich in einer konstanten Position des
Wahrgenommenwerdens, in der der eigene Körper kein Körper für sie selbst, sondern ein
Körper für andere ist.
16
Da es schlussendlich die männlichen Kategorien sind, die den Grad
und die Art der Objektivierung bestimmen, werden die Frauen in eine symbolische
Abhängigkeit gedrängt.
17
Die Männer hingegen nehmen an Spielen der Macht teil, von welchen die Frauen
ausgeschlossen sind. Sich für diese Spiele zu begeistern ist ,,gesellschaftlich konstituiert
und konditioniert."
18
9
ebd., 97.
Sie geben sich diesen Spielen wie Kindern hin, geben den Spielen
10
Vgl. ebd. 98.
11
ebd. 122.
12
ebd. 99.
13
ebd. 111.
14
Vgl. ebd. 106
15
Vgl. 112ff.
16
Vgl. ebd. 119.
17
Vgl. ebd. 120f.
18
ebd. 132f.
Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Zentrale Thesen und Kritik von Pierre Bourdieus "Die männliche Herrschaft"
Untertitel
Eine Rezension des Werks von Pierre Bourdieu
Hochschule
Universität Erfurt
Veranstaltung
Soziologische Theorien II
Note
1,3
Autor
Jahr
2015
Seiten
17
Katalognummer
V376359
ISBN (eBook)
9783668535688
ISBN (Buch)
9783668535695
Dateigröße
506 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bourdieu, Männliche Herrschaft, Thesen, Kritik
Arbeit zitieren
Sian Birkner (Autor:in), 2015, Zentrale Thesen und Kritik von Pierre Bourdieus "Die männliche Herrschaft", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/376359

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