Sprachgeschichtliche Analyse eines Briefs von Martin Luther


Hausarbeit, 2010

13 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt
1.
Einleitung
2.
Sprachgeschichtliche Analyse des Briefs ,,Luther an Hans Kohlhase,
Bürger zu Cöln an der Spree" vom 8. Dezember 1534
2.1
Zur Textgattung ,,Brief"
2.2
Zum Hintergrund der Entstehung, dem Inhalt und der Struktur des Briefs
2.2.1
Anlass
2.2.2
Inhalt und Struktur
2.3
Sprachgeschichtliche Analyse
2.3.1
Graphemik
2.3.2
Phonologie
2.3.3
Morphologie
2.3.4
Syntax
2.3.5
Wortschatz
3.
Schluss
4.
Literaturverzeichnis
5.
Anhang

3
1. Einleitung
Es ist in der Wissenschaft wohl unstrittig, dass Martin Luther mit seiner
Bibelübersetzung einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung des Deutschen in
Richtung des Neuhochdeutschen geleistet hat. Er sollte vielleicht nicht als der
,,Schöpfer des Neuhochdeutschen" (Stedje 1999: 123) angesehen werden, doch
er förderte zweifellos entscheidende Entwicklungen und Tendenzen zur
Herausbildung überregionaler Normen, die bereits im Gange waren. Damit kann
man ihn und sein Schaffen als eine Art Katalysator beschreiben, wie dies von
Bernhard Lohse (1997: 67) getan wird. Diese Aussage kann man dann treffen,
wenn man von seinen Texten spricht, die für eine breite Öffentlichkeit bestimmt
waren. Es lag Luther hier sehr daran, möglichst allgemein verständlich zu
schreiben, bzw. zu übersetzen, wie man in seinem Sendbrief vom Dolmetschen
lesen kann (vgl. Aland 1990: 79). So nutzt er beispielsweise nicht nur das
Ostmitteldeutsche sondern, wenn er mögliche Verständnisprobleme befürchtete,
auch das Oberdeutsche.
Aber wie gestalten sich nun die Texte Luthers, die nicht für die öffentliche
Rezeption gedacht waren ­ auf welchem Stand ist hier sein Deutsch? Diese Frage
bekommt eine besondere Relevanz, bedenkt man, dass Luther inmitten einer
Übergangszeit gelebt hat. Dies ist nun nicht nur geschichtlich zu verstehen,
sondern auch sprachlich. Kann man die Reformationszeit als Ereignis zwischen
Mittelalter und Neuzeit ansehen, so befindet sich auch die damalige Sprache in
einem solchen Übergang. Es findet eine Entwicklung vom Mittelhochdeutschen hin
zum Neuhochdeutschen statt. Die Besonderheiten des Frühneuhochdeutschen als
,,Sprache einer Übergangszeit" (Stedje 1999: 115) machen sich daran bemerkbar,
dass insgesamt keine Einheitlichkeit vorherrscht. Es finden Wandlungsprozesse
statt, welche sich allerdings über die gesamte Zeit des Frühneuhochdeutschen im
Aufbau befinden. Einen annähernden Abschluss kann man erst mit dem Beginn
des Neuhochdeutschen ausmachen.
Astrid Stedje (vgl. 1999: 133 ff.) und Gerhard Philipp (vgl. 1980) haben nun
auf dieser Basis Systematiken erstellt, mit deren Hilfe man frühneuhochdeutsche
Texte analysieren und bezüglich des Kriteriums, ob sich der Text noch inmitten
der Uneinheitlichkeit des Frühneuhochdeutschen oder schon in einer relativen
Nähe zum Neuhochdeutschen befindet, bewerten kann. Jene Übersichten sollen
der vorliegenden Arbeit zu Grunde gelegt werden.
Aufgrund des begrenzten Umfangs der Hausarbeit muss natürlich auch eine
Auswahl bezüglich des zu analysierenden Texts getroffen werden. Es stellt sich
hierbei als interessant dar, einen Brief zu nutzen, der im letzten Viertel von
Luthers Leben entstanden ist, da man hier der Frage nachgehen kann, in wie weit
sich sein persönliches Schreiben an Entwicklungen in Richtung eines
Neuhochdeutschen orientiert hat, ähnlich wie dies eben durch die
Bibelübersetzung geschehen ist. Ausgewählt wurde der Brief ,,an Hans Kohlhase,
Bürger zu Cöln an der Spree" (WA Br VII) vom 08. Dezember 1534.

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2. Sprachgeschichtliche Analyse des Briefs ,,Luther an Hans
Kohlhase, Bürger zu Cöln an der Spree" vom 8. Dezember 1534
a. Zur Textgattung ,,Brief"
Da in dieser Arbeit ein Brief Grundlage sprachwissenschaftlicher Analysen ist, soll
zu Beginn kurz auf die Definition und Genese dieser Textgattung eingegangen
werden. Grundlage dafür ist der Eintrag
Brief
des Literaturlexikons aus dem
Metzler-Verlag (2007: 98).
Vom lateinischen Wort
brevis (libellus)
abstammend versteht man unter einem
Brief ein kurzes Schreiben, Schriftstück oder eine Urkunde, das, bzw. die Teil
eines kommunikativen Vorgangs ist und über eine konventionalisierte Form
verfügt. Nur durch die Verschriftlichung erlangt ein Brief seine Tauglichkeit zur
Kommunikation mit Abwesenden. Er verfügt über die Grundfunktionen der
Information, des Appells und der Selbstmanifestation. Zu unterscheiden sind des
Weiteren zwei Arten des Briefs: der eigentliche (pragmatische) und der
uneigentliche
1
(ästhetische).
Relevant für die Darstellung der Entstehung des Briefes sind zwei Aspekte:
Zum einen, dass die Briefsprache für eine sehr lange Zeit lateinisch, aber vor
allem im 17. Jahrhundert auch französisch gewesen ist. Weiterhin ist festzuhalten,
dass der Brief bezüglich des Aufbaus grundsätzlich bis zur Zeit des Humanismus
sehr stark an der Rhetorik der Antike orientiert war. Dies impliziert, dass er in fünf
funktional gebundene Teile gegliedert sein musste (vgl. Mennecke 1983: 144):
1. Salutatio (die Anrede)
2. Exordium (die Einleitung)
3. Narratio/Argumentatio (die Erzählung)
4. Petitio (die Bitte)
5. Conclusio (der Schluss)
Innerhalb dieses Briefaufbaus galten außerdem verschieden starke
Reglementierungen. Eine besondere Bedeutung kam der Salutatio zu. Erasmus
von Rotterdam schrieb dazu: ,,Wer sich darin einen Fehler erlaubt, den trifft nicht
nur die Schande der Unkenntnis, sondern der Makel des Religionsfrevels [...]"
(Smolak 1980: 128). In der Anrede musste sowohl der soziale Rang des
Adressaten korrekt angegeben, als auch das Verhältnis, in dem die Briefpartner
zueinander stehen, festgehalten sein. In den anderen vier Teilen hingegen konnte
eine annähernde, aber natürlich angemessene, literarische Freiheit herrschen.
Diese im Mittelalter und der Frühen Neuzeit etablierte und praktizierte
ars dictandi
(vgl. Mennecke 1983: 144) war schließlich mehr Kunstfertigkeit denn Kunst im
heutigen Sinne. Es stand demnach das handwerkliche Geschick im Mittelpunkt.
1
Ein uneigentlicher Brief liegt dann vor, wenn einer der Gesprächspartner, der Anlass oder der
Gegenstand nicht real sind. An die Stelle der pragmatischen Funktion treten hierbei ästhetische
Absichten.

5
Allerdings muss angemerkt werden, dass es vor allem die Reformation und ihre
Akteure waren, die versuchten, eben diese starren Formen zu überwinden. Bei
vielen von ihnen dominierte auch nicht das Lateinische, sondern der Kanzleistil
2
oder sogar eine persönliche Ausdrucksweise (vgl. Burdorf 2007: 98).
b. Zum Hintergrund der Entstehung, dem Inhalt und der Struktur des
Briefs
i. Anlass
Wie im Abschnitt ,,Zur Textgattung ,Brief`" bereits beschrieben wurde, ist ein
pragmatischer Brief, um den es sich bei dem vorliegenden zweifelsohne handelt,
immer als Teil einer Kommunikation zwischen mindestens zwei Gesprächspartnern
zu sehen. Luther antwortet Hans Kohlhase
3
in dem zu analysierenden Brief.
Kohlhase bat Luther Anfang Dezember 1534 schriftlich um Rat. Ihm waren auf
einer Geschäftsreise nach Leipzig im Jahre 1532 durch den Richter des Junkers
Günther von Zaschwitz zwei Pferde mit der Begründung, er habe sie gestohlen,
beschlagnahmt worden. Außerdem verpasste er durch diese Situation die
Herbstmesse und machte so ein großes Verlustgeschäft, da er dort Waren
verkaufen wollte. Es kam zu einer Gerichtsverhandlung unter der Vermittlung des
Kurfürsten von Brandenburg Joachim I. ,,Nestor". Diese fand am 13. Mai 1533 in
Düben statt. Kohlhase klagte hier auf Schadensersatz, wurde jedoch abgewiesen.
Er appellierte daraufhin erfolglos an den Kurfürsten von Sachsen Johann Friedrich
,,den Großmütigen". Frustriert ob seines Versagens auf dem rechtlichen Weg
schrieb er am 15. Februar 1534 einen Fehdebrief an Günther von Zaschwitz und
Kursachsen. Darauf folgten Brände, die in Wittenberg gelegt wurden, das Kloster
Zinna wurde angegriffen und die Herrschaft Teupitz, so wie der Adel in Zossen
wurden bedrängt. Es ist nicht eindeutig zu klären, ob alle diese Taten durch
Kohlhase verübt worden sind, aber es gilt als belegt, dass er zumindest teilweise
daran beteiligt gewesen ist. Der Kurfürst von Sachsen lenkte daraufhin ein und
gewährte Kohlhase eine Entschädigung von 600 Gulden, die er jedoch kurze Zeit
später wieder verwarf. Daraufhin wandte sich Kohlhase schriftlich an Luther, um
zu erfragen, wie er sich nun weiter verhalten solle.
Nachzulesen ist dieser Hintergrund zum einen in den Text- und
Syntaxuntersuchungen von Monika Rössing-Hager (vgl. 1972: 356), so wie in dem
Kommentar zu Luthers Brief an Hans Kohlhase in der Weimarer Ausgabe (WA Br
VII, Nr. 2151).
2
Gemeint ist hier die sächsische Kanzleisprache, die beispielsweise bei Luthers Bibelübersetzung
genutzt wurde. Sie stellt die Voraussetzung für die Herausbildung einer den Dialekten
übergeordnete Standardsprache dar.
3
Die Briefe zwischen Martin Luther und Hans Kohlhase stellen die historische Quelle zu Heinrich
von Kleists Novelle ,,Michael Kohlhaas" dar.
Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Sprachgeschichtliche Analyse eines Briefs von Martin Luther
Hochschule
Universität Erfurt
Note
1,7
Autor
Jahr
2010
Seiten
13
Katalognummer
V376345
ISBN (eBook)
9783668535701
ISBN (Buch)
9783668535718
Dateigröße
431 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
sprachgeschichtliche, analyse, briefs, martin, luther
Arbeit zitieren
Marcus Patzer (Autor:in), 2010, Sprachgeschichtliche Analyse eines Briefs von Martin Luther, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/376345

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