Der Turmbau zu Babel


Seminararbeit, 2002

18 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1) Einleitung

2) Textwahrnehmung
2.1) Abgrenzung und Kontext
2.2) Übersetzungsvergleich

3) Syntaktische Analyse
3.1) Aufbau
a) Exposition
b) Selbstaufforderung der Menschen
c) Reaktion Gottes
d) Namensätiologie für Babel
e) Schema
3.2) Gefüge
3.3) Künstlerischer Ausdruck

4) Semantische Analyse
4.1) Intertextualität
4.2) Inhalt
4.3) Werthaltungen

5) Wachstumsschichten des Textes
5.1) Literarkritik
5.2) Einordnung in den historischen Kontext

6) Theologische Gesamtdeutung

7) Anhang: Genesis 11,
a) Lutherbibel
b) Einheitsübersetzung
c) Übersetzung Martin Bubers

8) Literaturverzeichnis

1) Einleitung

Die Geschichte des Turmbaus zu Babel ist zum einen vor allem deshalb interessant, weil in ihr der offenkundige Gegensatz zwischen Wissenschaft und biblischer Erzählung deutlich wird. Kinder hören von dieser Geschichte und nehmen sie als hinreichende Erklärung für die Mannigfaltigkeit von Völkern und Sprachen, mit zunehmender Bildung jedoch verliert die Turmbaugeschichte unter dem Eindruck der wissenschaftlich erforschten (und nachvollziehbaren) Sprachgeschichte an Glaubwürdigkeit. Daher stellt sich die Frage: Warum schreibt jemand so eine Geschichte nieder, und warum wurde sie als ein Zeugnis des Wirken Gottes in die Bibel aufgenommen? Das Beispiel der Turmbaugeschichte als eine der ersten Geschichten, die die Bibel erzählt, steht daher exemplarisch für einen möglichen Weg, Erzählungen der Bibel zu verstehen.

Als Basis dieser Exegese dient mir die Lutherbibel als „meine“ Bibel, zur weiteren Untersuchung des Textes richt ich mein besonderes Augenmerk auf die Übersetzung Martin Bubers. Dessen Übersetzung ist für den Laien schwer verständlich, liest man sie aber neben einer anderen gängigen Übersetzung, können sich durch seine Übersetzung noch weitere oder andere Bedeutungen des biblischen Textes ergeben. Daneben nutze ich noch die Einheitsübersetzung als „katholisches Standardwerk“, die sich der Übersetzung der Lutherbibel jedoch sehr ähnelt.

2) Textwahrnehmung

2.1) Abgrenzung und Kontext

Die Erzählung vom „Turmbau zu Babel“ bildet den Schluß der jahwistischen Urgeschichte, fügt sich aber nicht nahtlos in die Urgeschichte ein. „Hat man in der Völkertafel von der Verzweigung des Stammes Noah in viele Völker gehört, so stimmt damit der Anfang von Kap. 11 nicht recht zusammen, weil er noch einmal die Einheit und Einsprachigkeit der Menschheit voraussetzt.“[1] Nach Kap. 10 ist bereits erklärt, daß die Erde von verschiedenen Völkern eingenommen ist, in 11,1 „werden wir plötz-

lich in eine Zeit zurückversetzt, wo alle Welt Eine Sprache und Eine Zunge war.“[1] Die Turmbaugeschichte setzt nochmal da an, wo auch Kap. 6 beginnt und über die Zerstreuung der Völker berichtet. „Beide Abschnitte müssen nebeneinander gehört werden, weil sie gewiß mit Absicht trotz ihrer Gegensätzlichkeit nebeneinandergestellt sind.“[2] Die Vielfalt und Zerstreuung der Völker wird in Gen 11,1-9 als ursprünglich nicht gottgewollt, sondern als Strafe für das sündhafte Auflehnen gegen Gott dargestellt. „In diesem Endergebnis geht die Geschichte von der Sprachverwirrung natürlich weit über das von der Völkertafel gezeichnete Bild hinaus.“[3] Die Turmbaugeschichte setzt der natürlichen, genealogischen Teilung der Völker in Gen 6-10 somit einen göttlichen Eingriff voraus.

Dieses Ende der Urgeschichte ist Bedingung für das Einsetzen der Heilsgeschichte in Gen 12. Die Urgeschichte hat die steigende Zerrüttung des Verhältnisses zwischen der Menschheit und Gott gezeigt, die Turmbaugeschichte schließt die Urgeschichte nun mit einer Strafe Gottes ab. Im Kontrast zu Gen 12,1-3 wird dort die Gnade Gottes deutlich, nach der Strafe folgt sogleich der Heilswille Gottes. Der Blick geht weg von der Menschheit als Gesamtes und zentriert sich auf einen von Gott ausgewählten Menschen, der Empfänger von Gottes Heilsverheißungen wird und Stellvertreter für die Menschheit wird: „...in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden“ (Gen 12,3)

2.2) Übersetzungsvergleich

Beim Vergleich der Lutherbibel, der Einheitsübersetzung und der Übersetzung Martin Bubers fallen einige wenige Unterschiede auf. Der erste deutliche Unterschied fällt in Vers 3 auf: In der Lutherbibel heißt es, ähnlich wie in der Einheitsübersetzung: „Wohlauf, laßt uns Ziegel streichen und brennen! – und nahmen Ziegel als Stein und Erdharz als Mörtel.“ Buber dagegen übersetzt: „Heran! backen wir Backsteine und brennen

wir sie zu Brande! So war ihnen der Backstein statt des Bausteins und

Roherdpech war ihnen statt Roterdmörtels.“ Zum einen scheint Buber mit „backen wir Backsteine“ und „brennen ... zu Brande“ hier eine figura etynologica wiedergeben zu wollen, zum anderen betont er, anders als die beiden anderen Versionen die Verwendung der verwendeten Materialien statt anderer und nicht als anderer Materialien.

In Vers 5 weicht nun die Einheitsübersetzung ab: Während die Lutherbibel „Da fuhr der Herr hernieder “ und Buber „ER fuhr nieder “ wiedergeben, heißt es in der Einheitsübersetzung „Da stieg der Herr herab,“ Stärker als „niederfahren“ betont „herabsteigen“ hier die „Abwärtsbewegung“ Gottes, das Herabsteigen von seinem Thron hinunter zu den Menschen.

Die Übersetzung Bubers weicht in Vers 6 nun wieder signifikant von den anderen Übersetzungen ab: In der Lutherbibel heißt es: „ ... nun wird ihnen nichts mehr verwehrt werden können...“, die Einheitsübersetzung ist dem ähnlich: „Jetzt wird ihnen nichts mehr unerreichbar sein,“ Buber dagegen übersetzt: „ ... nichts wäre nunmehr zu steil,“ Nach unserem Sprachverständnis betonen die beiden ersten Übersetzungen die unbegrenzten Möglichkeiten der Menschen, während diese Wahrnehmung bei Buber durch die Wiedergabe mit „steil“ weniger stark ins Bewußtsein gerät.

Zu guter Letzt kann man Abweichungen in den Übersetzungen in Vers 9 erkennen. Zum einen steht bei der Einheitsübersetzung und bei Buber eine Übersetzung des Wortes „Babel“ an das Wort anschließend in Klammern: Die Einheitsübersetzung übersetzt „Babel“ mit „Wirrsal“, Buber mit „Gemenge“. Die Lutherbibel verzichtet auf diese zusätzliche Erklärung. Zum anderen geben die Einheitsübersetzung und Buber am Schluß der Turmbaugeschichte einen anderen Maßstab als die Lutherbibel wieder. Es heißt „ ... über die ganze Erde zerstreut.“ (Einheitsübersetzung) und „ ... zerstreut ... übers Antlitz aller Erde.“ (Buber), wogegen die Lutherbibel einen kleineren Maßstab benutzt, bei dem das Umfassende und Universale der Zerstreuung weniger stark bewußt wird: „ ... zerstreut ... in alle Länder.“

3) Syntaktische Analyse

3.1) Aufbau

In der Geschichte vom Turmbau zu Babel lassen sich zwei Erzählfäden erkennen. Es scheint, „daß die Erzählung möglicherweise aus zwei einander sehr ähnlichen Varianten zusammengewoben ist, nämlich einer Turmbaurezension (die Menschheit baut einen Turm, um sich einen Namen zu machen) und einer Stadtbaurezension (baut eine Stadt, um sich nicht zu zerstreuen; dementsprechend verwirrt Gott ihre Sprache, - zerstreut sie über die Erde).“[1] Diese Schichten lassen sich etwa wie folgt voneinander abtrennen: Die eine erzählt: Und es geschah, daß die ganze Erde eine Sprache und einerlei Worte hatte. Und sie sprachen zu einander: Wohlauf, laßt uns Ziegel formen und brennen, wir wollen eine Stadt bauen, damit wir nicht zerstreut werden. Da stieg Gott herab, die Stadt zu besehen, die die Menschen bauten. Und Gott sprach: Das ist nur der Anfang ihres Tuns, nun wird ihnen nichts verwehrt werden können, was sie sich vornehmen werden. Und Gott zerstreute sie von dort über die ganze Erde hin. Und sie hörten auf, die Stadt zu bauen.

Die andere Schicht teilt mit: Und es geschah, als sie nach Osten wanderten, fanden sie eine Ebene im Land Schinar und ließen sich dort nieder. Und sie sprachen: Wohlauf, wir wollen einen Turm bauen, dessen Spitze bis in den Himmel reicht, damit wir uns nicht über die ganze Erde zerstreuen. Da stieg Gott herab, um den Turm zu sehen, den die Menschen erbaut hatten. Und Gott sprach: Ein Volk sind sie und haben alle dieselbe Sprache. Wohlauf, wir wollen hinabsteigen und ihre Sprache verwirren, so daß keiner mehr die Sprache des anderen verstehe. Übrig bleiben ein Halbvers in Vers 3 („ ... und nahmen Ziegel als Stein und Erdharz als Mörtel“) und Vers 9, indem die Ergebnisse beider Rezensionen vermischt werden, der Name der Stadt wird durch die Strafe für den Bau des Turms erklärt.

[1] von Rad 1972, S. 112

[1] Schreiner 1975, zitiert nach: J. Wellhausen, Die Composition des Hexateuch und der historschen Bücher des Alten Testaments, Berlin 1963, S. 11

[2] von Rad 1972, S. 116

[3] Ebd.

[1] von Rad 1972, S. 114

[2] Vgl. ebd. und Schreiner 1975, S. 19

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Der Turmbau zu Babel
Hochschule
Universität Kassel  (Institut für Theologie)
Veranstaltung
Einführungsseminar zur Auslegung des Alten Testaments
Note
1,3
Autor
Jahr
2002
Seiten
18
Katalognummer
V3759
ISBN (eBook)
9783638123259
Dateigröße
538 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Babel, Babylon, Genesis, Turmbau, Exegese, 1.Mose
Arbeit zitieren
Thomas Diehl (Autor:in), 2002, Der Turmbau zu Babel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3759

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